Gerichtsverfassungsgesetz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Gerichtsverfahrensgesetz)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) regelt in Deutschland die Gerichtsverfassung eines Teils der ordentlichen Gerichtsbarkeit, nämlich der streitigen Zivilgerichtsbarkeit und der Strafgerichtsbarkeit. Nach § 13 GVG ist es auch anzuwenden in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

Basisdaten
Titel: Gerichtsverfassungsgesetz
Abkürzung: GVG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland   
Rechtsmaterie: Rechtspflege, Gerichtsverfassungsrecht
Fundstellennachweis: 300-2
Ursprüngliche Fassung vom: 27. Januar 1877
(RGBl. S. 41)
Inkrafttreten am: 1. Oktober 1879
(§ 1 EGGVG a. F.)
Neubekanntmachung vom: 9. Mai 1975
(BGBl. I S. 1077)
Letzte Änderung durch: Art. 4 G vom 30. Juli 2024
(BGBl. I Nr. 255 vom 2. August 2024)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
3. August 2024
(Art. 7 G vom 30. Juli 2024)
GESTA: D034
Weblink: Text des GVG
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Bis zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 als Teil der Reichsjustizgesetze war die Justizverfassung Angelegenheit der einzelnen Staaten des Deutschen Kaiserreichs. Durch das Gerichtsverfassungsgesetz wurde eine einheitliche Gerichtsverfassung des Deutschen Reiches begründet.[1] Das GVG regelte u. a. die einheitliche Errichtung von Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten im gesamten Deutschen Reich ab dem 1. Oktober 1879.[2]

Neben dem Gerichtsverfassungsgesetz wurden 1877 auch die Zivilprozessordnung, die Strafprozessordnung und die Konkursordnung mit den zugehörigen Einführungsgesetzen beschlossen. Bis auf die Konkursordnung, die am 1. Januar 1999 von einer Insolvenzordnung abgelöst wurde, gelten die Reichsjustizgesetze bis heute.

Gerichtsverfassung der anderen Gerichtsbarkeiten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das GVG stellt keine Gesamtregelung des Gerichtsverfassungsrechts dar. Dieses findet sich teilweise im Grundgesetz selbst (Art. 92 bis Art. 104 GG), insbesondere in den Bestimmungen über das Bundesverfassungsgericht und über die verschiedenen Gerichtsbarkeiten. Weitere einschlägige Regelungen sind in Ausführung der grundlegenden Bestimmungen im Verfassungsrecht neben dem GVG in folgenden Gesetzen enthalten: Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG), Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), Finanzgerichtsordnung (FGO) und Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Dem GVG kommt insofern besondere Bedeutung zu, als das BVerfGG und die genannten Verfahrensgesetze der anderen Gerichtsbarkeiten einzelne Vorschriften im GVG ausdrücklich für entsprechend anwendbar erklären. Darüber hinaus sind nach der VwGO, der FGO und dem SGG dann, wenn in diesen Gesetzen nichts anderes bestimmt ist, unter Umständen auch sonstige Vorschriften des GVG entsprechend anzuwenden.

Einzelregelungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im GVG finden sich unter anderem Regelungen über

Regelungen des GVG, die kraft ausdrücklicher Verweisung auch in den anderen Gerichtsbarkeiten anzuwenden sind, sind unter anderem

  • Bestimmungen über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den einzelnen Gerichtsbarkeiten, über die Verweisung an das zuständige Gericht eines anderen Rechtswegs und über die Bindung diesbezüglicher Entscheidungen für andere Gerichte,
  • allgemeine Vorschriften über das Präsidium des Gerichts und die Geschäftsverteilung und
  • Regelungen über die Öffentlichkeit der Verhandlungen, über Ordnungsmittel und Sitzungspolizei und über die Gerichtssprache.

Ergänzende Regelungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das GVG regelt auch für die ordentlichen Gerichte das Gerichtsverfassungsrecht nicht vollständig. Weitere Regelungen finden sich unter anderem im Deutschen Richtergesetz (DRiG), im Rechtspflegergesetz (RPflG) und im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

Übergangsregelungen und andere Bestimmungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Ergänzung des Gerichtsverfassungsgesetzes hatte der historische Gesetzgeber im selben Jahr das Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG) erlassen. Hier sind das Inkrafttreten sowie Übergangsregelungen aufgenommen. Daneben bestehen hier ergänzende Vorschriften wie die Behandlung von Justizverwaltungsakten und die Insolvenzstatistik.

  • Kissel/Mayer: Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Kommentar. 10. Auflage. Verlag C. H. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-76447-9.
Kommentierung der Vorschriften des GVG, soweit diese Zivilgerichte betreffen u. a. in
  • Zöller: Zivilprozessordnung (ZPO). Kommentar. 33. Auflage. Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln 2020, ISBN 978-3-504-47025-8.
  • Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle: Zivilprozessordnung (ZPO). Kommentar. 79. Auflage. Verlag C. H. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-75500-2.
Kommentierung der Vorschriften des GVG, soweit diese Strafgerichte betreffen u. a. in
  • Meyer-Goßner/Schmitt: Strafprozessordnung (StPO). Kommentar. 64. Auflage. Verlag C. H. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-76761-6.
  • Löwe/Rosenberg: Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz: StPO. Band 10: GVG; EGGVG. 26. Auflage. Verlag De Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3-89949-489-1.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Eduard Kern: Geschichte des Gerichtsverfassungsrechts, München 1954, S. 124; Werner Schubert: Die deutsche Gerichtsverfassung (1869–1877)., Frankfurt am Main 1981, S. 22 ff.
  2. Jahrbuch der deutschen Gerichtsverfassung (1880)