Glockenmuseum (Herrenberg)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Glockenmuseum Herrenberg)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Glockenmuseum Stiftskirche Herrenberg
Logo
Logo



  • Logo auf Infotafel „Maxima“
  • Größte Glocke des Geläuts „Gloriosa“
Daten
Ort Kirchgasse 7, Herrenberg, Deutschland Welt-IconKoordinaten: 48° 35′ 48,5″ N, 8° 52′ 15,6″ O
Art
Eröffnung 1990
Besucheranzahl (jährlich) 6500 (2015)
Betreiber
Verein zur Erhaltung der Stiftskirche Herrenberg e. V.
Website
ISIL DE-MUS-980718

Das Glockenmuseum Herrenberg (auch: Glockenmuseum Stiftskirche Herrenberg) befindet sich in der evangelischen Stiftskirche zu Herrenberg. Es wurde im Jahr 1990 auf Vorschlag des damaligen Herrenberger Dekans Dieter Eisenhardt gegründet und wird vom Verein zur Erhaltung der Stiftskirche koordiniert.

Das Museum zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass ein Großteil der Ausstellungsstücke nicht ausgedient hat, sondern seine althergebrachte Aufgabe noch immer erfüllt. Die Armsünderglocke gilt als die älteste erhaltene Glocke in Württemberg.[1] Die Besucher können beobachten, wie die Glocken dem Uhrenschlag dienen und wie sie zu verschiedenen Tages- und Kirchenjahreszeiten nach einer festgelegten Läuteordnung schwingend geläutet werden. Aufbauend auf der Gloriosa mit dem Nominal b0 bildet die Nominalfolge der Glocken eine Tonleiter über zweieinhalb Oktaven.

Die Glockensammlung umfasst neben dem ursprünglichen Herrenberger Geläut und verschiedenen neu gegossenen Glocken auch Einzelstücke aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Besonders beachtenswert ist eine gotische Zuckerhutglocken und der Nachguss einer über 850 Jahre alten Bienenkorbglocke aus Thüringen, aber auch einige hervorragende Exemplare neuerer Glockengießerkunst. Die elf neuen Glocken des Zimbelgeläutes wurden von acht verschiedenen Glockengießern in Deutschland, Österreich und der Schweiz gegossen. Historisch gesehen kann die ganze deutsche Glockengeschichte in Beispielen gezeigt werden, mit 36 (Stand 2015) läutbaren Glocken befindet sich hier das größte Geläut zumindest Europas, hinzu kommen unter anderem noch 50 bespielte Carillon-Glocken und eine stündlich genutzte Schlagglocke, andere sind so befestigt, dass sie mit einem Hammer oder Klöppel von Hand angeschlagen werden können. Insgesamt sind so von den rund 120 Glocken knapp 100 tatsächlich noch zu hören.

Eine der Wegmarken am „Alten Eichamt“

Seit dem Jahr 2009 befinden sich auf dem Weg vom Bahnhof zur Stiftskirche mit dem Glockenmuseum etwa 40 in den Boden eingelassene Pflastersteine, die den Weg zum Museum auch ortsunkundige Besucher leicht finden lassen.[2]

Die einzelnen Wegmarken wurden aus Glockenbronze in einer von der Bauhütte der Stiftskirche zu Herrenberg gestalteten Form gegossen, von den örtlichen Technischen Diensten verlegt und der Stadt Herrenberg finanziert.[2]

Zu sehen ist das Logo des Glockenmuseums Stiftskirche Herrenberg, die Spitze der stilisierten Zwiebel in Richtung des Museums weisend, und die Aufschrift „Glockenmuseum Stiftskirche“ unter der Überschrift „Glockenweg“.[2]

Vergleich einiger (25 Stück) Glocken nach Durchmesser, Nominal, Bezeichnung und Gewicht
Nr. Bezeichnung Gussjahr Gießer Gussort Gewicht
(kg)
Ø
(mm)
Nominal
(16tel)
Funktion
1 Gloriosa 1965 Emil Eschmann Rickenbach (Schweiz) 3628 1830 b0 +3 Erstläuten und Abendläuten (Festtage)
2 Dominika 1999 Gießerei Bachert Heilbronn 3095 1640 c1 +4 Erstläuten und Abendläuten (Sonntage)
3 Vaterunserglocke 2020 Albert Bachert Neuenkirchen 2476 1570 d1 +3 Ersatz für die Guldenglocke
4 Betglocke 1949 Anton Gugg Straubing 1300 1310 es1 ±0 Abendläuten (Werktage, 18:00)
5 Reformationsglocke 1783 Benjamin Körner Görlitz 1268 1340 es1 +5
6 Mittagsglocke vor 1483 Hans Eger Reutlingen 1250 1250 f1 +4 Mittagsläuten, 12:00
7 Kreuzglocke 1954 Gießerei Kurtz Stuttgart 823 1080 g1 +5 Gedächtnisläuten (Werktage, 11:00/15:00)
8 Osanna um 1300 unbez. in Schlesien 320 850 as1 +3
9 Taufglocke 1954 Gießerei Kurtz Stuttgart 563 960 a1 +3 Taufhandlung
10 Zeichenglocke 1569 Franziscus Voillard 528 930 b1 –1 Zweitläuten (Sonn-/Festtag)
11 Predigtglocke 1752 Paulus Strobel Speyer 450 890 b1 +6
12 Angelusglocke 1962 Friedrich Wilhelm Schilling Heidelberg 310 770 c2 +5 Werktag, nach 18:00
13 Schiedglocke um 1490 Horne Stargard (Pommern) 285 800 c2 +7 Werktag, nach 11:00/15:00
Apollonia 1875 Carl Rosenlaecher Konstanz 347 810 des2 ±0 Arbeitsbeginn Bauhütte
14 Primglocke 1877 Kirchdörfer Schwäbisch Hall 180 670 d2 +3 Morgenläuten Werktags, 09:00
15 Wachtglocke 1924 Wieland-Werke Ulm 130 610 es2 +9 Marktläuten (Di/Sa, 08:00)
Feuerglocke 1909 Gebr. Grassmayr Feldkirch (Österreich) 150 640 e2 +3 Feuerglocke
16 Heilig-Geist 1997 Gießerei Bachert Bad Friedrichshall-Kochendorf 117 580 f2 +6 Segen
Ratsglocke 1855 Martin Bachert Dallau 82 530 des3 +3
17 Armsünderglocke um 1230 unbez. in Württemberg 132 560 f2 +7/g2 Sabbatläuten (Sa, 17:55)
Zimbelgeläut

Auffallend sind die sehr verschiedenen Glockenformen, Joche und Klöppel der einzelnen Gießereien.

6 der Zimbelglocken erklingen samstags und sonntags um 12:05 Uhr nach dem Mittagsläuten und 8 Glocken bilden die Klangkrone des Hochfestplenums. Das „Vollgeläut“ aller 11 Zimbelglocken erklingt aus musikalischen Gründen niemals.

Nr. Bezeichnung Gussjahr Gießer Gussort Gewicht
(kg)
Ø
(mm)
Nominal
(16tel)
1 Adorate 1998 Glocken- und Kunstgießerei Rincker Sinn 112 550 g2 +5
2 Magnificate 2000 Petit & Gebr. Edelbrock Gescher 54 500 as2 +6
3 Laudate 1998 Gebr. Rüetschi Aarau (Schweiz) 88 510 a2 +6
4 Rogate 1999 Gießerei Bachert Heilbronn 67 460 b2 +7
5 Cantate 2000 H. A. Mark Brockscheid 59 430 c3 +7
6 Benedicate 1998 Gießerei Metz Karlsruhe 55 400 d3 +4
7 Glorificate 2001 Gießerei Metz Karlsruhe 29 340 d3 +6
8 Jubilate 1998 Gebr. Grassmayr Innsbruck (Österreich) 45 380 es3 +7
9 Audite 2002 Gießerei Perner Passau 41 350 e3 +6
10 Exultate 1998 Gießerei Metz Karlsruhe 34 340 f3 +8
11 Minima 1999 Gießerei Rincker Sinn 26 310 g3 +7

Sonstige Glocken

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bezeichnung Gussjahr Gießer Gussort Gewicht
(kg)
Ø
(mm)
Nominal
(16tel)
Bemerkung
Maxima 2000 H. A. Mark Brockscheid 6370 2210 f0 ±0 vor der Kirche abgestellt
Gussstahlglocke 1948 Bochumer Verein Bochum 2200 c1 vor der Kirche abgestellt
Aschara 1996 Gießereien Rincker und Lauchhammer Sinn 193 620 es2 +9 läutbar
Schlag 1687 Lorentz Kokeritz Stettin 100 610 des2 ±0 Stundenvorschlag
Segen 1964 Gießerei Rincker Sinn 46 440 b2 +4 im Dachreiter
Karolinger Nachguss Gießerei Rincker Sinn 48 440 ? läutbar
Haithabu Nachguss 2004 (Original 10. Jahrhundert)[3] Glockengießerei Rincker[3] Sinn[3] 29[3] 425[3] b2 +7[4] von Hand läutbar, Original im Wikinger Museum Haithabu

Am 24. Juni 2012 wurde ein Carillon mit 50 Glocken eingeweiht. Neben Konzerten erklingt dieses Musikinstrument täglich zu den liturgischen Läutezeiten und um 10, 16 und 21 Uhr.[5]

In dieser Regelmäßigkeit einmalig, sind die jeden ersten Samstag im Monat veranstalteten Glockenkonzerte, zu denen neben den Glocken des Hauptgeläuts immer auch die des Zimbelgeläuts und häufig des Carillons erklingen. Die Zusammenstellung und Abfolge des Läutens wird meistens von Campanologen oder den Pfarrern der Evangelischen Kirchengemeinde Herrenberg bestimmt.[6]

In weniger regelmäßigen Abständen finden, unabhängig von den Glockenkonzerten, Carillonkonzerte nationaler und internationaler Carilloneure statt.[7]

  • Klaus Hammer, Martin Zeller: Glockenmuseum Stiftskirche Herrenberg. 2. erw. Aufl. Verein zur Erhaltung der Stiftskirche Herrenberg e. V., Herrenberg 2016.
Commons: Glockenmuseum Stiftskirche Herrenberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Armsünderglocke, abgerufen am 24. November 2019.
  2. a b c Den Glocken auf der Spur; Amtsblatt Herrenberg; Seite 1; 26. August 2010
  3. a b c d e Glocken in historischer Ordnung. Glocken. In: Glockenmuseum Stiftskirche Herrenberg. Glockenmuseum Stiftskirche Herrenberg, abgerufen am 22. November 2016.
  4. Haithabuglocke. Glocken. In: Glockenmuseum Stiftskirche Herrenberg. Glockenmuseum Stiftskirche Herrenberg, abgerufen am 22. November 2016.
  5. Ein neues Carillon: Zwei Tonnen wiegen die Glocken auf: stuttgarter-zeitung.de, 7. April 2012
  6. [1], 14. Januar 2016
  7. [2], 14. Januar 2016