Herrenhaus Hohen Luckow

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Gut Hohen Luckow)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Herrenhaus auf dem Gut Hohen Luckow
Der Rittersaal im Herrenhaus
Der rote Salon im Herrenhaus
Angela Merkel und George W. Bush während des G8-Gipfels

Das Herrenhaus Hohen Luckow ist ein Herrenhaus im Ort Hohen Luckow des Ortsteils Bölkow in der Gemeinde Satow in Mecklenburg-Vorpommern. Der gesamte Komplex besteht neben dem Herrenhaus aus Wirtschaftsgebäuden, dem Landschaftspark und den umliegenden Ländereien.

Wappentafel im Rittersaal (Zust. 1987)

Das Gut Hohen Luckow befand sich seit dem späten Mittelalter bis 1810 im Besitz der Familie von Bassewitz. Das heutige Herrenhaus wurde 1707 von Christoph von Bassewitz erbaut. Der Große Saal ist mit den farbigen Wappen seiner 32 Urururgroßeltern geschmückt. Nach seinem Tod erbte sein Vetter dritten Grades Detlof Hans von Bassewitz Hohen Luckow und übernahm die Bezahlung der auf dem Gut lastenden Schulden sowie die Auszahlung an die Verwandten. Zuvor hatte er bereits von seinem Vetter ersten Grades Adolf Friedrich von Bassewitz u. a. die Güter Bibow, Jarchow, Holldorf und Neuhof geerbt.

Ab 1810 wechselte das Gut mehrfach den Besitzer, bis es ab 1840 in den Besitz der Familie von Brocken überging, beginnend mit dem mecklenburgischen Domänenrat[1] Georg Philipp von Brocken. Er war verheiratet mit Sophie von Schmidt. Die Tochter Louise heiratete auf Hohen-Luckow 1853 den Gutsbesitzer und Erbschenk Arthur von Landsberg.[2] Erbe wurde der Sohn Georg von Brocken (1828–1891), Ehrenritter des Johanniterordens und auch Herr auf Schloss Dobbin als Nebengut.[3] Berühmtes (angeheiratetes) Mitglied dieser Familie war Carl-Friedrich von Langen. Dieser war mit Christa, geborene von Brocken (* 1892; † 1975), verheiratet und gewann 1928 olympisches Gold im Dressurreiten. Das Paar wurde im Folgejahr geschieden. Das Gut war bis 1918 ein Lehngut und gehörte zur Ritterschaft im Bezirk des ritterschaftlichen Amtes Bukow bei Bad Doberan im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin. Im Jahre 1888 betrug die zugehörige landwirtschaftliche Fläche 1.072 Hektar, und es gab 4 bäuerliche Besitzhöfe in Erbpacht und eine Mühle auf dem Gut.[4] Damit gehörte das Gut zu den größten landwirtschaftlichen Betrieben des Landes. 1896 bestätigen sich die Daten zur Besitzesgröße.[5] Von der Zeit kurz vor der großen Wirtschaftskrise veröffentlicht das letztmals amtlich publizierte Güter-Adressbuch Mecklenburg die Gesamtgröße von 1000 ha. Davon waren 56 ha Waldfläche. Schwerpunkt des Gutsbetriebes war die intensive Schweinezucht und eine sehr große Schafsviehwirtschaft mit 710 Tieren in den Ställen. Es gab eine eigene landwirtschaftliche Betriebs-Krankenkasse. Seit 1918 gehörte das Besitztum im Erbgang Christa Freifrau von Langen, geborene von Brocken, namentlich in der v. Brocken`sche Hauswirtschaft organisiert.[6] Die Gutsbesitzerin wählte als Hauptwohnsitz bis nach 1941 das Herrenhaus in Pötenitz. Sie lebte nach der Bodenreform in Bayern.[7]

1945 wurde der Besitz enteignet und mit der Umwandlung zu einem volkseigenen Gut verstaatlicht. Das Herrenhaus war das Verwaltungsgebäude des Gutes. Das Gut bewirtschaftete mit 265 Angestellten in dieser Zeit 2.400 Hektar Nutzfläche, dazu große Bestände von Kühen, Mastrindern, Mastschweinen, Schafen und Pferden. Nach der Wende ging der Besitz 1994 wieder in Privatbesitz über. Der Boden um das Gutshaus ist sehr fruchtbar und wird landwirtschaftlich genutzt. Gutseigen sind etwa 800 Hektar Ackerland, wobei durch Hinzupachtung eine wesentlich größere Fläche bewirtschaftet wird. Der Schwerpunkt der Landwirtschaft liegt auf Milchproduktion und Ackerbau.

Schon zu DDR-Zeiten stand das Haus unter Denkmalschutz und wurde aufwendig mit Staatsmitteln restauriert. Diese Arbeiten wurden nach der Wende fortgesetzt. Das Herrenhaus ist bekannt für seinen Rittersaal und wird für Veranstaltungen, so auch von den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, genutzt. Einige Zimmer des Herrenhauses können gemietet werden.

1994 erwarb der Unternehmer Adolf Merckle das Gut und ließ es aufwendig restaurieren.

Stuckdecke im Rittersaal (Zust. 1987)

Adolf Merckle übernahm gemeinsam mit seiner Ehefrau Ruth und ihrer Nichte Karin Holland gleichzeitig das zu dem Gut gehörende Kirchenpatronat über die Hohen Luckower Kirche und restaurierten das Gotteshaus. Nach der Trockenlegung und Sanierung des spätgotischen Backsteinbaus wurden der barocke Kanzelaltar aus dem Jahre 1712 und der Taufengel aus dieser Zeit in den Jahren 1997 bis 1998 restauriert.[8]

Gemeinsam mit ihrem Ehemann Joachim Walther hat Karin Holland das Gut seit 1994 von ihren Verwandten, der Unternehmerfamilie Merckle, gepachtet und bewirtschaftet seitdem den landwirtschaftlichen Betrieb.

Am 6. Juni 2007 fand anlässlich des G8-Gipfels in Heiligendamm (siehe auch Gruppe der Acht) im Rittersaal ein informelles Abendessen statt. Anwesend waren die Staats- und Regierungschefs von Deutschland Angela Merkel, Frankreich Nicolas Sarkozy, Italien Romano Prodi, Japan Shinzō Abe, Kanada Stephen Harper, Russland Wladimir Putin, der Vereinigten Staaten George W. Bush und des Vereinigten Königreichs Tony Blair, sowie der Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso.

Unfall im August 2023

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am Samstag, den 19. August 2023, kam es bei finalen Erntearbeiten auf dem Gut Hohen Luckow zu einem folgenschweren Arbeitsunfall mit einem Mähdrescher. Dabei verlor ein studierter 25-jähriger Agraringenieur, der seit Mai 2023 fest angestellt war beide Beine. Ein sechsköpfiges Ärzteteam um Clemens Schafmayer, sämtliches OP-Besteck und rund 8 Blutkonserven wurden per Hubschrauber aus der Uni-Klinik Rostock eingeflogen. Das OP-Team aus der Universitätsklinik Rostock hatte ihm noch auf dem Acker während eines 1,5-stündigen Eingriffs beide Beine amputieren müssen. Dieser war zuvor seit über 1,5 Stunden fast bis zur Hüfte eingeklemmt. Am Unglücksort haben sich zum Zeitpunkt des tragischen Unfalls drei Personen befunden. Zwei 25-jährige Landwirte und eine 24 Jahre alte Erntehelferin. Der Plan war wohl, den Korntank leer zu schaufeln, allerdings mit eingeschalteten Förderschnecken. Dazu saß eine Person auf dem Fahrersitz. Zu dem schweren Unfall kam es vermutlich, weil die verunfallte Person in den Korntank stieg, ausrutschte und mit den Füßen in die Förderschnecken geriet. Landesweit wurde über diesen Unfall berichtet.

Der verunfallte Landwirt ist außer Lebensgefahr und plant zusammen mit seinem Chef Mähdrescher im Allgemeinen sicherer zu machen. Dafür soll ein bundesweites Projekt gegründet zu werden. Gitter über den gegenläufig drehenden Förderschnecken sollten die Sicherheit erhöhen, so der Geschäftsführer Walther. Dieses System gebe es bereits in den Überladewagen, also den Anhängern, die das Getreide weitertransportieren.

Herrenhaus und Park

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das zweigeschossige, ockerfarbene Herrenhaus ist im barocken Stil erbaut, die zwei Ecktürme wurden im 19. Jahrhundert hinzugefügt. Das Herz des Hauses ist der Rittersaal im zweiten Stockwerk. Die Decke ist mit üppigem Stuck dekoriert. Der Stuck wurde von Clerici nach Entwürfen von Karl Maria Pozzi installiert. An der einen Seite des Saales dominiert ein großer, vergoldeter Kamin. An den Wänden sind Wandvertäfelungen mit den Familienwappen der Vorfahren der Erbauer angebracht. Allegorische Darstellungen in Stuckmedaillons schmücken die Wände. Die Entschlüsselung dieser Bilder war in der Entstehungszeit ein beliebtes Gesellschaftsspiel.

Der Park ist sehr weitläufig und war ursprünglich im barocken Stil angelegt, wurde später aber zu einem englischen Landschaftspark umgewandelt.

  • Dietmar Peil (Autor), Ruth Merckle (Vorwort, Bearbeitung), Karin Holland (Bearbeitung), Cynthia Schmidt (Illustrator): Gut Hohen Luckow – Die Embleme im Rittersaal, Schloß Hohen Luckow Verlag, 2004, ISBN 3-00-014473-0

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Neues allgemeines Deutsches Adels-Lexicon. In: Ernst Heinrich Kneschke im Verein mit mehreren Historikern (Hrsg.): Standardwerk der Genealogie. 2 (Bozepolski - Ebergassing), Nr. 16. Friedrich Voigt, Leipzig 1860, S. 81–82 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 31. Januar 2022]).
  2. Alexander Freiherr von Dachenhausen: Genealogisches Taschenbuch des Uradels. 1893. Band 2, v. Landsberg. Druck und Verlag von Friedrich Irrgang, Brünn 1893, S. 341 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 31. Januar 2022]).
  3. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser. 1911. In: "Der Gotha", publiziert bis 1942, Nachfolge in GHdA, seit 2015 in GGH. Fünfter Jahrgang Auflage. Briefadelige Häuser nach alphabetischer Ordnung. B, Brocken. Justus Perthes, Gotha 11. November 1910, S. 108–109 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 31. Januar 2022]).
  4. Traugott Mueller: Handbuch des Grundbesitzes im Deutschen Reiche - Die Grossherzogthümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz (Memento des Originals vom 16. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/gdz.sub.uni-goettingen.de, Rostock 1888, S. 48 f.
  5. Güter-Adreßbuch für Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz. 1896. Verzeichnis sämmtlicher Güter der Ritterschaft und des Großherzoglichen Domaniums, sowie der Erb-Pachthöfe. Nach amtlichen Quellen und auf Grund direkter Angaben bearbeitet. In: GAB. 1. Auflage. Ritterschaftliches Amt Grevesmühlen. Brünslow`sche Verlagsbuchhandlung (E. Brückner), Neubrandenburg 1896, S. 48–49 (uni-goettingen.de [abgerufen am 31. Januar 2022]).
  6. Ernst Seyfert, Hans Wehner, W. Baarck: Niekammer`s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbücher, Band IV. Landwirtschaftliches Adreßbuch der Rittergüter, Güter und Höfe von Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter, Güter und Höfe von ca. 20 ha aufwärts mit Angabe der Gutseigenschaft, der Gesamtfläche und des Flächeninhalts der einzelnen Kulturen. In: Mit Unterstützung vieler Behörden und der Landbünde zu Güstrow und Neubrandenburg (Hrsg.): 4. Letzte Ausgabe. 4. Auflage. IV Reihe Paul Niekammer. Verlag von Niekammer`s Adreßbüchern G.m.b.H., Leipzig 1928, S. 153 (g-h-h.de [abgerufen am 31. Januar 2022]).
  7. Hans Friedrich v. Ehrenkrook, Wilhelm v. Blaschek, Carola v. Ehrenkrook geb. v. Hagen, Friedrich Wilhelm Euler, Jürgen v. Flotow: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser / B (Briefadel nach 1400 nobilitiert). 1961. In: Deutsches Adelsarchiv (Hrsg.): GHdA. Band V, Nr. 26. C. A. Starke, 1961, ISSN 0435-2408, S. 23–24 (d-nb.info [abgerufen am 31. Januar 2022]).
  8. Ein Kirchlein grünet wo, wer weiß, im Lande in: FAZ vom 21. Juli 2011, Seite 32
Commons: Gut Hohen Luckow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 53° 59′ 1″ N, 11° 57′ 43″ O