Rundfunkrat

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Hörfunkrat)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Rundfunkrat (beim ZDF: Fernsehrat, beim Deutschlandradio: Hörfunkrat) ist bei deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten das oberste für die Programmkontrolle zuständige Aufsichtsgremium.[1]

Ein Rundfunkrat überwacht die Einhaltung des gesetzlichen Sendeauftrags. Zudem soll der Rundfunkrat im Sinne des vom Gesetzgeber erdachten Vielfaltssicherungskonzepts die Offenheit des Zugangs zum Programm der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten für verschiedene gesellschaftlich relevante Gruppen garantieren. Der Rundfunkrat bestimmt jedoch nicht die Programmplanung; diese ist Aufgabe des Intendanten. Der Rundfunkrat berät ihn lediglich im Hinblick auf die Programmgestaltung.

Wichtige Aufgaben der Rundfunkräte sind z. B. Wahl und Beratung des Intendanten, Überwachung der Einhaltung der gesetzlich normierten Programmgrundsätze, Wahl von Mitgliedern des Verwaltungsrates und Genehmigung des Haushalts sowie des Jahresberichts.

Gesetzliche Grundlage

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die gesetzlichen Bestimmungen für die Rundfunkräte legen die Länder fest. Aufgaben und Mitgliederzahl der Rundfunkräte der Sendeanstalten variieren entsprechend den unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen in den Ländern (derzeit zwischen 26 (Radio Bremen) und 74 (SWR)).

Zusammensetzung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Rundfunkrat setzt sich aus Mitgliedern verschiedener Vereinigungen zusammen, die im jeweiligen Rundfunkstaatsvertrag (RStV) aufgezählt sind. Dies sind z. B. Gewerkschaften, Frauenverbände, Kirchen und Fraktionen. Diese entsenden eigenständig ihre Vertreter. Der Rundfunkrat soll einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden. Die Mitglieder der Rundfunkräte werden je nach Sender für vier (z. B. ZDF), fünf (SWR) oder sechs (MDR) Jahre von den im RStV genannten Vereinigungen entsendet.[2] Dabei bleibt es den jeweiligen Vereinigungen intern überlassen, ihre Vertreter durch Wahl oder Ernennung zu bestimmen.[3]

Das Bundesverfassungsgericht hat 2014 ein Urteil zur Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gesprochen. Das Gericht erließ dabei ein „Gebot der Vielfaltsicherung“ bei der Besetzung der Rundfunkräte. Der „Anteil der staatlichen und staatsnahen Mitglieder“ wurde ausdrücklich auf höchstens ein Drittel der gesetzlichen Mitglieder des jeweiligen Gremiums begrenzt, um die Staatsferne sicherzustellen.[4]

Kritik wird beispielsweise daran geübt, dass zwar die Kirchen im Rundfunkrat vertreten sind, jedoch meistens keine Vertreter von anderen relevanten Religionsgemeinschaften, Atheisten und Agnostikern. Auch kann einem sich ändernden Bevölkerungsquerschnitt nur durch einen neuen Staatsvertrag Rechnung getragen werden. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Beitragszahler bei der Zusammensetzung des Rates keinerlei Mitsprache- oder Wahlrecht haben.[5]

Vertreter von LGBT-Verbänden sind im Fernsehrat des ZDF, im Hörfunkrat des Deutschlandradios sowie in den Rundfunkräten vom Saarländischen Rundfunk, Radio Bremen, WDR, rbb und MDR. Keine Vertretung hat diese gesellschaftliche Gruppe in den Rundfunkräten von NDR, Hessischer Rundfunk und Bayerischem Rundfunk.[6]

In einer Studie des Netzwerkes Neue Deutsche Medienmacher*innen untersucht Fabian Goldmann alle 542 Mitglieder der Rundfunkräte (ARD-Anstalten, Deutschlandradio, Deutsche Welle und ZDF). Er kommt zu dem Ergebnis, dass weder die Räte ihrem Anspruch, die Vielfalt der Gesellschaft zu repräsentieren, gerecht würden, noch dass benachteiligte Gruppen ausreichend anzutreffen seien. Goldmann kommt zum Fazit, dass eine aus seiner Sicht gerechtere Repräsentation am fehlenden politischen Willen scheitere, wobei hier unter einer "gerechten Repräsentation" verstanden wird, dass nach erwünschten biologischen Merkmalen diskriminiert werden soll gemäß der identitätspolitischen Weltsicht. Zur Verbesserung schlägt er unter anderem rotierende Sitze, Losverfahren und regelmäßige Neubewerbungen für einige Plätze vor.[7][8] Dass der Rundfunkrat den Vorstellungen der Studie nicht entspricht, ist insofern nicht überraschend, da nicht alle seine Mitglieder identitätspolitische Überzeugungen teilen. Zudem ist bezüglich der Objektivität der Studie die staatliche Unabhängigkeit in Frage zu stellen: So stellte ein Artikel der Neuen Zürcher Zeitung fest, dass die Organisation der Medienmacher im Jahr 2020 etwa 1,892 Millionen Euro an privaten und öffentlichen Fördergeldern für ihre Projekte erhalten hatte, während Einnahmen durch Spendengelder, Mitgliedsbeiträge und Preisgelder im gleichen Zeitraum etwa 43.000 Euro ausmachten.[9]

Trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Staatsferne stellt der Media Ownership Monitor Germany 2024 eine auffällige Verbindung z. B. des ZDF Fernsehrates in die Politik fest. Zwar entspricht die Zusammensetzung den gesetzlichen Bestimmungen des ZDF-Staatsvertrages. Dennoch bestünde die Möglichkeit durch die Politik, die Posten im Fernsehrat mit weniger staatsnahen Mitgliedern zu besetzen. So finden sich im ZDF-Fernsehrat aktuell eine aktive Bundesministerin, zwei aktive Landesminister, neun aktive Staatssekretäre und -minister, ein Mitglied des Bundestages sowie eine Regierungssprecherin.[10]

Liste der Rundfunk-, Fernseh- und Hörfunkräte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Liveübertragungen der Sitzungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Derzeit bieten sieben der elf Aufsichtsgremien einen öffentlichen Livestream der Sitzungen an. Bei den Rundfunkräten von HR und NDR wird die Öffentlichkeit der Sitzungen inzwischen ausschließlich via Livestream hergestellt.

Die Sitzungen der Verwaltungsräte, welche die Finanzen der Anstalten beaufsichtigen, tagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit.[11]

Interesse an den Übertragungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die sieben Gremien, die ihre Sitzungen streamen, erreichen teilweise hohe dreistellige Zuschauerzahlen. Beim BR-Rundfunkrat verfolgten im Schnitt 757 Personen die Sitzungen online (Januar 2023 bis Juli 2024). Der SWR-Rundfunkrat meldet niedrige dreistellige Zahlen, der NDR-Rundfunkrat durchschnittlich 110 Aufrufe pro Sitzung (2023). Der SR-Rundfunkrat verzeichnete zweistellige Abrufzahlen pro Sitzungstag. Bei der Wahl von Norbert Himmler zum ZDF-Intendanten im Juli 2021 gab es über 12.000 Sichtungen.[11]

Mitglieder des Rundfunkrats der einzelnen Landesrundfunkanstalten:

Mitglieder des Rundfunkrats der Bundesrundfunkanstalten:

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Die einzelnen Rundfunkräte im Überblick. Abgerufen am 14. Juli 2024.
  2. Rundfunkrat. 20. März 2019, abgerufen am 14. Juli 2024 (Archivlink).
  3. Bayern.Recht. Bayerische Staatskanzlei, abgerufen am 15. Juli 2024.
  4. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 25. März 2014 - 1 BvF 1/11 -, Rn. (1-135).
  5. Kritik am Prinzip des Rundfunkrates. Abgerufen am 25. Juli 2018.
  6. Jetzt ist es amtlich: Queers kontrollieren den MDR mit. In: queer.de. 22. April 2021, abgerufen am 22. April 2021.
  7. Fabian Goldmann: Wen vertreten eigentlich die Rundfunkräte von ARD und ZDF? In: Übermedien. 3. August 2022, abgerufen am 3. August 2022 (deutsch).
  8. 75 Jahre öffentlich-rechtliche Rundfunkräte - Welche Gesellschaft soll das abbilden? - Mangelnde Vielfalt in Rundfunkräten und was dagegen hilft. Neue Deutsche Medienmacher*innen, abgerufen am 3. August 2022.
  9. Anna Schneider: Von wegen Vielfalt: Die Neuen Deutschen Medienmacher fordern Diversität, aber fördern Einfalt. In: NZZ.ch. 18. März 2021, abgerufen am 27. Juli 2024.
  10. Politischer Einfluss auf Medien in Deutschland. In: Media Ownership Monitor Deutschland 2024. Global Media Registry (GMR), 2024, abgerufen am 14. September 2024.
  11. a b Rundfunkräte gehen auf Sendung. 30. August 2024, abgerufen am 2. September 2024.