Haas’sche Schriftgiesserei
Die Haas’sche Schriftgiesserei war eine Schriftgiesserei in Basel und Münchenstein.
Unternehmensgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Unternehmen ging zurück auf Johann Jakob Genath der Ältere, der in Basel eine Druckerei mit Schriftgiesserei besass. In dritter Generation unter Johann Rudolf Genath ging es 1740 über auf Johann Wilhelm Haas aus Nürnberg, der 1718 in die Schriftgiesserei eingetreten war. 1758 wurde Johann Wilhelm Haas Basler Bürger.
Sein Sohn Wilhelm Haas-Münch erfand eine verbesserte Handpresse aus Metall und erweiterte den Betrieb um eine Druckerei. Dank der von ihm und seinem Sohn Wilhelm Haas-Decker eingeführten typografischen Erneuerungen und dem gezielten Aufbau internationaler Geschäftsbeziehungen entwickelte sich das Unternehmen zur führenden Schriftgiesserei der damaligen Schweiz und zu den bedeutendsten in Europa. Ab 1786 wurde der Betrieb unter dem eigenen Namen geführt. Im Jahr 1852 wurde die Schriftgiesserei von den Söhnen des jüngeren Wilhelm, Georg Wilhelm Haas und Karl Eduard Haas, verkauft.
Im 20. Jahrhundert wurde die Haas’sche Schriftgiesserei massgeblich von Eduard Hoffmann geprägt. Dieser leitete von 1937 – anfangs gemeinsam mit Max Krayer – bis zu seiner Pensionierung 1965 die Geschäfte. 1968 übernahm sein Sohn Alfred Hoffmann die Leitung der Firma.[1] 1927 war der Betrieb in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden. Hauptaktionäre waren die D. Stempel AG und die H. Berthold AG. 1954 übernahm Stempel einen Teil der vormals von Berthold gehaltenen Aktien und wurde Mehrheitsaktionär. Das Hauptgeschäft der Haas’schen Schriftgiesserei lag auf der Gestaltung und Produktion von Schriften für den Bleisatz. Seit den 1950er Jahren wurden aber vermehrt auch Schriftentwürfe für Dritte lizenziert. In seiner Hochzeit in den 1960er Jahren zählte das Unternehmen Rund 120 Angestellte.[2]
Zu den erfolgreichsten für die Giesserei geschaffenen Entwürfen zählt neben der Clarendon-Schriftfamilie, zweifellos die 1956 als Neue Haas Grotesk veröffentlichte Helvetica. Weitere bedeutende Schriften sind eine von Edmund Thiele geschnittene Bodoni, die Diethelm-Antiqua von Wilhelm Diethelm, Bravo von Emil Neukomm, Graphique von Hermann Eidenbenz, ITC Novarese von Aldo Novarese und Unica von André Gürtler, Christian Mengelt und Erich Gschwind.[3]
Im Jahr 1989 übernahm Linotype die Haas’sche Schriftgiesserei. Der Betrieb in Münchenstein wurde stillgelegt. In das ehemalige Giessereigebäude zog die Rudolf Steiner Schule Münchenstein ein.[4]
Architektur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das eigenwillige Fabrikgebäude, das für die Schriftgiesserei 1921 in Münchenstein errichtet wurde, stammt vom Architekten Karl Gottlieb Koller, der sich zuvor einen Ruf mit grossen Hotelanlagen im Engadin geschaffen hatte. Charakteristisch sind die Dächer einzelner, zu einer Halle aneinandergereihter Häuschen, deren parabelförmige Kreuzgratgewölbe auf Pfeilern ruhen. In den Zwickeln der Dächer liegen Dachfenster, um genügend Tageslicht für die Arbeit der Schriftgiesser zu haben.[5]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Albert Bruckner: Schweizer Stempelschneider und Schriftgiesser. Geschichte des Stempelschnittes und Schriftgusses in Basel und der übrigen Schweiz von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Haas’sche Schriftgiesserei, Münchenstein 1943.
- Heinrich Fleischhacker: 400 Jahre Haas’sche Schriftgiesserei AG. Rückblick – Gegenwart – Ausblick. In: Librarium. Band 27, Nr. 1, 1984, S. 49–68 (e-periodica.ch).
- Arnold Schneider, Gustaf Adolf Wanner, Paul Göttin: 400 Jahre Haas 1580–1980. Haas’sche Schriftgiesserei, Münchenstein 1980.
- Brigitte Schuster: The Haas Typefoundry Ltd. in an International Environment. Changes and Developments in its Organisation and Operation. In: Footnotes. A/B; 2016/2017, S. 38–47, 50–56.
- Gustaf Adolf Wanner: 400 Jahre Haas’sche Schriftgiesserei. In: Basler Stadtbuch 1980, S. 181–184.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Stefan Hess: Haas. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Wilhelm Haas «Vater» (23.8.1741–8.6.1800). In: Index typographorum editorumque Basiliensium. Abgerufen am 5. März 2019.
- Haas’sche Schriftgießerei. (PDF) In: klingspor-museum.de. Abgerufen am 6. März 2019.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Typografie Haas’sche Schriftgiesserei, abgerufen am 26. Januar 2021
- ↑ Brigitte Schuster: The Haas Typefoundry Ltd. in an International Environment. In: Footnotes. A/B; 2016/2017, S. 38–47, 50–56.
- ↑ François Rappo: Schweizer Schriftgestaltung. In: Museum für Gestaltung Zürich (Hrsg.): 100 Jahre Schweizer Grafik. Lars Müller Publishers, Zürich 2014, ISBN 978-3-03778-352-8, S. 274–283, S. 277.
- ↑ Unsere Schule. In: Rudolf Steiner Schule Münchenstein. Abgerufen am 5. März 2019.
- ↑ Gutenbergstrasse 1. In: Basel-Landschaft: Kantonales Inventar der geschützten Kulturdenkmäler. Abgerufen am 5. März 2019.
Koordinaten: 47° 30′ 59,2″ N, 7° 36′ 39,4″ O; CH1903: 612980 / 262869