Hallenchor
Als Hallenchor bezeichnet im Kirchenbau man einen mehrschiffigen Chor mit gleicher oder annähernd gleicher Höhe der einzelnen Kirchenschiffe, jedoch ohne selbständige Belichtung des Mittelschiffs.[1] Führt das Seitenschiff der Halle als Chorumgang um den Chor herum, spricht man vom Hallenumgangschor. Der Binnenchor, das innere Chorpolygon, erhält sein Licht durch die Seitenschiffe bzw. durch den Chorumgang.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hallenchöre wurden hauptsächlich in Verbindung mit Hallenkirchen vor allem in der deutschen Hochgotik und Spätgotik erbaut. Der erste deutsche Hallenumgangschor ist derjenige des Doms zu Verden (bei Bremen), dessen erste Bauphase von 1290 bis 1323 war. In Süddeutschland ist der Pionierbau das Heilig-Kreuz-Münster von Schwäbisch Gmünd (ab zirka 1320 erbaut).
Allerdings entstanden schon im 11. Jahrhundert in romanischen Kirchen Westfrankreichs pseudobasilikale Umgangschöre, bei denen die Kämpfer von Tonnengewölbe und Halbkuppel des Binnenchors auf der Höhe der Scheitel der Kreuzrippengewölbe des Umgangs lagen.
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Notre-Dame la Grande in Poitiers, 1086 geweiht, romanisch, pseudobasilikal, mit niedrigem Kapellenkranz
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Dom zu Verden, hochgotisch, 1290–1306, ohne Kapellenkranz
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Gmünder Münster, spätgotisch, 1351–1381, Gewölbe ab 1491, mit niedrigem Kapellenkranz
Bauweisen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die genaue Ausgestaltung war unterschiedlich. Man kann grob in vier unterschiedliche Bauweisen unterscheiden:
- Chorumgang ohne Kapellenkranz, äußeres Strebewerk aus Strebepfeilern.
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Stadtkirche St. Jakobi in Chemnitz: mit Chorumgang, aber ohne Kapellenkranz
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Chorumgang der Chemnitzer Stadtkirche tangential
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In St. Nikolai (Spandau) setzen sich die Seitenschiffe in den Umgangschor fort.
- Hallenchor und niedriger Kapellenkranz bilden ein Mittelding aus Halle (drei gleich hohe Räume) und basilikalem Querschnitt mit Obergaden Die Strebepfeiler des Chorumgangs stehen auf den Trennwänden der Kapellen.
Das Gmünder Münster:
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Chorumgang mit niedrigem Kapellenkranz
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Binnenchor und Umgang gleich hoch, anschließende Kapellen unter den Obergaden
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Die Strebepfeiler an den Ecken des Kapellenkranzes, darüber Strebebepfeiler des Chorumgangs
- Die Kapellen oder darüber befindliche Emporen erreichen die Gewölbehöhe des Chorumgangs. Ihre Trennwände bilden ein inneres Strebewerk nach dem Prinzip des Saals, sodass auf ein äußeres Strebewerk verzichtet werden konnte.
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Münchener Frauenkirche, Gewölbe am Triumphkreuz von links nach rechts: Kapelle, Umgang, Binnenchor, Umgang, Kapelle
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Frauenkirche von Südosten: Sargmauer um Hallenschiff und Umgangschor, Schleppdach über den wenig niedrigeren Kapellen
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Die Franziskanerkirche in Salzburg, ohne äußeres Strebewerk
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Franziskanerkirche in Salzburg, Hallenchor mit Kapellenkranz und Emporen
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hans-Joachim Kunst: Die Entstehung des Hallenumgangchores. Der Domchor zu Verden an der Aller und seine Stellung in der gotischen Architektur. In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft, Jg. 18, 1969, S. 1–104. (Digitalisat im DFG-Viewer; Digitalisat auf jstor.org)
- Klaus-Jan Philipp: Polygonale dreischiffige Hallenchöre „ohne Umgang“. Anmerkungen zu einer Typologie spätmittelalterlicher Sakralarchitektur. In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft, Jg. 22, 1989, S. 51–60. (Digitalisat auf jstor.org)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hallenkirche, Hallenchor, auf denkmalstiftung-baden-wuerttemberg.de
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar (= Kröners Taschenausgabe. Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X (Digitalisat auf moodle.unifr.ch, abgerufen am 25. August 2024), S. 234: Hallenchor.