Modularer Verband
Ein modularer Verband im Sinne der Ordnungstheorie ist ein Verband, der die folgende selbst-duale Bedingung erfüllt (Modularitätsgesetz):
- impliziert
Modulare Verbände treten in der Algebra und vielen anderen Bereichen der Mathematik auf. So bilden beispielsweise die Untervektorräume eines Vektorraums (und allgemeiner die Untermoduln eines Moduls über einem Ring) einen modularen Verband.
Jeder distributive Verband ist modular.
In einem nichtmodularen Verband, kann es dennoch Elemente geben, die das Modularitätsgesetz zusammen mit beliebigen Elementen und erfüllen (unter der Bedingung ). Ein solches Element heißt modulares Element. Noch allgemeiner kann man Paare von Elementen betrachten, die das Modularitätsgesetz für alle Elemente erfüllen. Ein solches Paar heißt modulares Paar, und es gibt mehrere mit der Semimodularität zusammenhängende Verallgemeinerungen von Modularität, die auf diesen Begriff aufbauen.
Einführung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Modularitätsgesetz kann man als ein eingeschränktes Assoziativgesetz auffassen, das die beiden Verbandsoperationen in ähnlicher Weise verknüpft wie das Assoziativgesetz für Vektorräume die Körpermultiplikation mit der skalaren Multiplikation. Die Einschränkung ist nötig, da sie aus folgt.
Man kann leicht überprüfen, dass aus in jedem Verband folgt. Daher kann man das Modularitätsgesetz auch wie folgt formulieren:
- Modularitätsgesetz (Variante)
- impliziert .
Indem man für den Term einsetzt, kann man das Modularitätsgesetz wie folgt durch eine Gleichung ausdrücken, die ohne Vorbedingungen erfüllt sein muss:
- .
Das zeigt (unter Benutzung von Begriffen aus der universellen Algebra), dass die modularen Verbände eine Untervarietät der Varietät der Verbände bilden. Daher sind alle homomorphen Bilder, Unterverbände und direkten Produkte von modularen Verbänden wieder modular.
Der kleinste nichtmodulare Verband ist der „Pentagonverband“ , der aus fünf Elementen besteht, so dass , und nicht mit oder mit vergleichbar ist. Für diesen Verband gilt , im Widerspruch zum Modularitätsgesetz. Jeder nichtmodulare Verband hat eine Kopie von als Unterverband.
Nach Richard Dedekind, der das Modularitätsgesetz entdeckte, werden modulare Verbände manchmal heute noch als Dedekindverbände bezeichnet.
Diamant-Isomorphiesatz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für je zwei Elemente eines modularen Verbandes kann man die Intervalle und betrachten. Zwischen ihnen gibt es die ordnungserhaltenden Abbildungen
- und
- ,
definiert durch und .
-
In einem modularen Verband sind die angedeuteten Abbildungen and Isomorphismen und invers zueinander.
-
Gegenbeispiel zum Diamant-Isomorphiesatz in einem nichtmodularen Verband
Die Zusammensetzung ist eine ordnungserhaltende Abbildung vom Intervall in sich selbst, die außerdem die Ungleichung erfüllt. Das Beispiel zeigt, dass diese Ungleichung i. A. keine Gleichung sein muss. In einem modularen Verband gilt dagegen immer die Gleichung. Da der duale Verband zu einem modularen Verband wieder modular ist, ist ebenso die Identitätsabbildung auf ; daher sind und Isomorphismen zwischen diesen beiden Intervallen.
Dieser Satz wird als Isomorphiesatz für modulare Verbände oder manchmal auch als Diamant-Isomorphiesatz (für modulare Verbände) bezeichnet. Ein Verband ist genau dann modular, wenn der Diamant-Isomorphiesatz für jedes Paar von Elementen gilt.
Der Isomorphiesatz für modulare Verbände ist analog zum dritten Isomorphiesatz in der Algebra, und er ist eine Verallgemeinerung des Verbandssatzes.
Modulare Paare
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In jedem Verband versteht man unter einem modularen Paar ein Paar von Elementen, so dass für alle Elemente , die erfüllen, die Gleichung gilt. In anderen Worten sind die modularen Paare die Paare, für welche die eine Hälfte des Diamant-Isomorphiesatzes gilt. Der französische Ausdruck für „modulares Paar“ ist couple modulaire. Ein Paar heißt auf Französisch paire modulaire, falls sowohl als auch modulare Paare sind. Ein Verbandselement heißt (rechts)modulares Element, falls für alle Elemente das Paar modular ist.
Manche Verbände haben die Eigenschaft, dass für jedes modulare Paar auch das Paar modular ist. Ein solcher Verband heißt M-symmetrischer Verband. Einige Autoren, zum Beispiel Fofanova, bezeichnen solche Verbände als semimodulare Verbände. Da jeder M-symmetrische Verband semimodular ist und für Verbände von endlicher Länge auch die Umkehrung gilt, kann dies nur für gewisse unendliche Verbände zu Verwirrung führen. Da ein Verband genau dann modular ist, wenn jedes Paar von Elementen modular ist, ist jeder modulare Verband M-symmetrisch. Im oben beschriebenen Verband ist das Paar modular, nicht aber das Paar . Folglich ist nicht M-symmetrisch. Der mit einem Mittelpunkt versehene Hexagonverband ist M-symmetrisch, aber nicht modular. Da ein Unterverband von ist, bilden die M-symmetrischen Verbände keine Untervarietät der Varietät der Verbände.
M-Symmetrie ist kein selbstdualer Begriff. Ein dual-modulares Paar ist ein Paar, welches im dualen Verband modular ist, und ein Verband heißt dual M-symmetrisch oder M*-symmetrisch falls der duale Verband M-symmetrisch ist. Man kann zeigen, dass ein endlicher Verband genau dann modular ist, wenn er M-symmetrisch und M*-symmetrisch ist. Dieselbe Äquivalenz gilt für unendliche Verbände, welche die aufsteigende Kettenbedingung (oder die absteigende Kettenbedingung) erfüllen.
Einige weniger wichtige Begriffe stehen im engen Zusammenhang hierzu. Ein Verband heißt kreuzsymmetrisch, falls für jedes modulare Paar das Paar dual modular ist. Aus Kreuzsymmetrie folgt M-Symmetrie, aber nicht M*-Symmetrie. Daher ist Kreuzsymmetrie nicht zur dualen Kreuzsymmetrie äquivalent. Ein Verband mit einem kleinsten Element 0 heißt ⊥-symmetrisch falls für jedes modulare Paar , welches erfüllt, das Paar ebenfalls modular ist.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Garrett Birkhoff: Lattice Theory. 3. Auflage. AMS, Providence, RI 1973, ISBN 0-8218-1025-1.
- Richard Dedekind: Ueber die von drei Moduln erzeugte Dualgruppe. In: Mathematische Annalen. Band 53, Nr. 3, 1. September 1900, ISSN 0025-5831, S. 371–403, doi:10.1007/BF01448979.
- George Grätzer: General Lattice Theory. 2. Auflage. Birkhäuser, Basel / Boston 1998, ISBN 3-7643-5239-6.
- Hans Hermes: Einführung in die Verbandstheorie (= B. Eckmann, B. L. van der Waerden [Hrsg.]: Grundlehren der mathematischen Wissenschaften in Einzeldarstellungen mit besonderer Berücksichtigung der Anwendungsgebiete. Band 73, Nr. 7). 2. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg 1967, doi:10.1007/978-3-642-86524-4.
- L. A. Skornyakov: Modular lattice. In: Michiel Hazewinkel (Hrsg.): Encyclopedia of Mathematics. Springer-Verlag und EMS Press, Berlin 2002, ISBN 1-55608-010-7 (englisch, encyclopediaofmath.org).
- Gábor Szász: Einführung in die Verbandstheorie. Akademiai Kiado, Budapest 1962, OCLC 13475544.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Modular lattice. In: PlanetMath. (englisch)
- Free Modular Lattice Generator Eine Open Source browser-basierte Webanwendung, die einige freie modulare Verbände erzeugen und visualisieren kann.