Medaka

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Medaka, Wildform, gefangen in Hamamatsu, Präfektur Shizuoka, Japan, Aquarienaufnahme

Unter Medaka (メダカ), auch Japanischer Reisfisch oder Reiskärpfling, versteht man südostasiatische Fische aus der Gattung Oryzias und der Familie der Reisfische (Adrianichthyidae), die als Aquarienfische und Modellorganismus in der biologischen Forschung von Bedeutung sind. Derzeit sind zwei Arten beschrieben: Der Südliche Medaka Oryzias latipes und der Nördliche Medaka Oryzias sakaizumii. Beide Arten und vor allem aus diesen Arten herausgezüchtete Farbformen werden als Medaka bezeichnet.

Südlicher Medaka Oryzias latipes von Yonago, Präfektur Tottori auf Honshū, Japan, Wildform. Man erkennt im Sonnenlicht bereits Farbreflexe, auf denen bei der Zucht von Farbformen aufgebaut wurde.

Medaka erreichen eine Länge von bis zu etwa dreieinhalb Zentimetern. Ihr Körper ist seitlich abgeflacht, der Kopf macht etwa ein Viertel der Standardlänge aus. Das Maul ist endständig mit etwa gleich langen Kiefern oder etwas längerem Unterkiefer. Die Augen sind mittelgroß und ragen nicht über die Kopfoberseite. Die Schuppen sind relativ große Cycloidschuppen, von denen entlang des Körpers 28 bis 32 liegen. Der Körper ist durchscheinend mit verstreut liegenden, dunklen Melanophoren, die von der Rückseite des Kopfes bis zum Ansatz der Rückenflosse und auf der Flanke vom Kopf bis zur Schwanzflosse mehr oder weniger deutliche dunkle Reihen bilden. Der Kiemendeckel und das Peritoneum sind silbrig; letzteres ist bei den Weibchen etwa rechteckig, bei den Männchen kleiner und dreieckig. Die Rückenflosse weist 5 bis 7 Strahlen auf, die Afterflosse hat 17 bis 22. Die Schwanzflosse hat in der oberen und unteren Hälfte je einen ungegliederten und vier bzw. fünf gegliederte Strahlen sowie dorsal fünf und ventral sechs prokurrente Strahlen. Die Zahl der Branchiostegalstrahlen liegt bei fünf bis sechs, die der Wirbel bei 27 bis 32.[1]

Geschlechtsunterschiede

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Medaka „Miyuki Blue“, Männchen, bei dem man auf der linken Bildseite deutlich die verlängerten Flossenstrahlen der Afterflosse und die dadurch im Vergleich mit weiblichen Medaka breitere Afterflosse sieht

Bei beiden Arten und bei den aus ihnen gezüchteten Farbformen sind bei den Männchen die Strahlen der Rückenflosse fadenförmig verlängert und die Membran zwischen den letzten beiden Rückenflossenstrahlen (5 und 6) ist gekerbt, während diese bei den Weibchen nicht verlängert und gekerbt sind. Auch die Strahlen der Afterflosse sind bei den Männchen deutlich verlängert (siehe Foto rechts). Die Brustflossen haben 9 bis 11 und die Bauchflossen 5 bis 7 Strahlen, die bei den Weibchen teilweise verlängert sind und fast bis zur Afterflosse reichen.[2]

Medaka in einem kleinen Gewässer in Katori, Japan

Der Medaka kommt von Laos und Vietnam bis Ostchina und Korea und auf den japanischen Inseln von den Ryūkyū-Inseln bis Honshū vor.[1] Er besiedelt meist stehende oder langsam fließende Süß- und Brackgewässer wie Tümpel oder Reisfelder.[3]

Der Medaka wurde 1846 von Coenraad Jacob Temminck und Hermann Schlegel wissenschaftlich als Poecilia latipes beschrieben.[4] 1866 wurde diese Art von Albert Günther einer Gattung Haplochelus zugeordnet und 1901 von David Starr Jordan und John O. Snyder in die Gattung Aplocheilus gestellt. 1906 beschrieben Jordan und Snyder dann die Gattung Oryzias mit dem Medaka als einziger und Typusart, die sich von Aplocheilus durch das Fehlen von Zähnen am Pflugscharbein unterscheide.[5] Tatsächlich fehlt in der Gattung Oryzias das Pflugscharbein.[6] Der Gattungsname Oryzias bezieht sich auf das Vorkommen der Fische in Reisfeldern (Gattungsname Oryza), das Artepitheton latipes bei Oryzias latipes leitet sich von lateinisch latus „breit“ und pes „Fuß“ her.[5] Im Jahr 2012 wurden die nördlichen Medaka als Oryzias sakaizumii von Asai, Senou & Hosoya erstbeschrieben und von der südlichen Art Japans Oryzias latipes getrennt.[7] Oryzias sakaizumii wurde vom Art-Epithet her nach Dr. Mitsuru Sakaizumi benannt, einem Molekulargenetiker an der Universität Niigata, der Pionierarbeit auf dem Gebiet der molekularen phylogenetischen Untersuchung japanischer Reisfische geleistet hat.[7]

Verwendung in der biologischen Forscbung

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Wie auch Zebrabärblinge (Danio rerio) sind Medaka wichtige biologische Modellfische, weil das genetische Instrumentarium, das für diesen Organismus zur Verfügung steht, in letzter Zeit erweitert wurde. Die Beliebtheit von Medaka als Modellorganismus hat bei Entwicklungsbiologen bereits zu wichtigen Erkenntnissen hinsichtlich der genetischen und molekularen Mechanismen über die Entwicklung und Evolution von Wirbeltieren geführt.[8]

Medaka und Zebrabärblinge eignen sich ideal für diesen Zweck, da sich während ihrer Evolution beide vor ungefähr 110 Millionen Jahren von ihrem letzten gemeinsamen Vorfahren getrennt haben. Durch Vergleiche kann die Genomevolution von Wirbeltieren untersucht werden.[9]

Es existieren besonders in Japan vielerlei Farbformen, die aus den Wildformen herausgezüchtet wurden. Aber auch weltweit werden solche Farbformen als Aquarienfische oder über den Sommer in Miniteichen gehalten. Die Farbvielfalt ist so groß, dass sie inzwischen das Farbspektrum abdecken.[10] Vor ungefähr 400 Jahren entstanden bereits goldene (Himedaka) und weiße (Shiromedaka) Farbformen. Danach wurden orangene Medaka selektiert. Dabei gibt es mittlerweile Unterschiede in der Farbintensivität der jeweiligen Zuchtstämme. Oft werden orangefarbene Medaka generell unter dem Namen Yokihi oder Yang Guifeii angeboten,[11] falls nicht bereits eigene Benennungen spezieller orangeroter Farbtöne bei bestimmten Zuchtstämmen definiert wurden. In den letzten Jahrzehnten traten weitere Züchtungen auf: Miyuki (silberfarben), Lame (mit glänzenden Schuppen), Kouhaku (rot/weiß), Sanshoku (dreifarbig)[12], Orochi (schwarz)[13] und viele mehr.[14] In Japan sieht man häufig kleine Eimer oder Bottiche vor den Haustüren stehen, in denen sich Medaka tummeln. Bereits seit dem 17. Jahrhundert werden sie dort als Zierfische gehalten.[15]

Einzelnachweise

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  1. a b Lynne R. Parenti: A phylogenetic analysis and taxonomic revision of ricefishes, Oryzias and relatives (Beloniformes, Adrianichthyidae). In: Zoological Journal of the Linnean Society. Band 154, 2008, S. 494–610 (englisch, si-pddr.si.edu [PDF; 3,9 MB] Volltext).
  2. Toshinobu Asai, Hiroshi Senou und Kazumi Hosoya: Oryzias sakaizumii, a new ricefish from northern Japan (Teleostei: Adrianichthyidae). In: hthyol. Explor. Freshwaters, Vol. 22, No. 4, pp. 289-299, 7 figs., 1 tab., December 2011 © 2011 by Verlag Dr. Friedrich Pfeil, München, Germany – ISSN 0936-9902. Verlag Dr. Friedrich Pfeil, München, Germany, Dezember 2011, abgerufen am 22. Juli 2024.
  3. Medaka auf Fishbase.org (englisch)
  4. Coenraad Jacob Temminck, Hermann Schlegel: Les Poecilies. In: Fauna Japonica. 1846, S. 224–225 (französisch, Volltext französisch: S. 224, S. 225 und Abbildung Nummer V im Onlineangebot der Universität Kyoto).
  5. a b David S. Jordan, John O. Snyder: A REVIEW OF THE PŒCILIIDÆ OR KILLIFISHES OF JAPAN. In: Proceedings of the United States National Museum. Band 31, 1906, S. 287–290 (englisch, repository.si.edu [PDF; 319 kB] Volltext).
  6. Tokio Yamamoto: Systematics and Zoogeography. In: Tokio Yamamoto (Hrsg.): Medaka, Biology and Strains. Yugakusya Publisher, 1975, OCLC 3361739, S. 17–29 (englisch, bio.nagoya-u.ac.jp (Memento vom 23. September 2005 im Internet Archive) – Volltext).
  7. a b https://fishbase.de/summary/Oryzias-sakaizumii.html
  8. Joachim Wittbrodt, Akihiro Shima & Manfred Schartl: Medaka — a model organism from the far east. In: Nature Reviews Genetics volume 3, pages 53–64 (2002). nature.com, Dezember 2011, abgerufen am 22. Juli 2024.
  9. Joachim Wittbrodt, Akihiro Shima & Manfred Schartl: Medaka — a model organism from the far east. In: Nature Reviews Genetics volume 3, pages 53–64 (2002). nature.com, Dezember 2011, abgerufen am 22. Juli 2024.
  10. Sebastian und Richard Wolf: Der Japanische Reisfisch. In: neue.medaka-gesellschaft.de. neue.medaka-gesellschaft.de, abgerufen am 22. Juli 2024.
  11. Axel Eywill: Zuchtformen. medaka projekt メダカプロジェクト Oryzias latipes & Oryzias sakaizumii Reisfische aus Japan, abgerufen am 24. Juli 2024.
  12. Konstantin Volke: Medaka – der gefühlvolle Bonsaifisch. In: djg-magdeburg.de. ndjg-magdeburg.de, abgerufen am 22. Juli 2024.
  13. Ralph Panuschka: Unsere Fische. In: medaka.arpicon.de. medaka.arpicon.de, abgerufen am 22. Juli 2024.
  14. Konstantin Volke: Medaka – der gefühlvolle Bonsaifisch. In: djg-magdeburg.de. ndjg-magdeburg.de, abgerufen am 22. Juli 2024.
  15. Konstantin Volke: Medaka – der gefühlvolle Bonsaifisch. In: djg-magdeburg.de. ndjg-magdeburg.de, abgerufen am 22. Juli 2024.
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