Gesetz von der Unterschiedslosigkeit der Preise
Das Gesetz von der Unterschiedslosigkeit der Preise (auch Gesetz des einheitlichen Preises, Gesetz des Einheitspreises genannt; englisch law of one price) ist ein nach William Stanley Jevons benanntes Gesetz der Mikroökonomie und besagt, dass unter der Voraussetzungen der Abwesenheit von Handelshemmnissen, mit freiem Wettbewerb und mit freier Preisbildung identische Güter, die in unterschiedlichen Orten verkauft werden, einen Einheitspreis aufweisen müssten, wenn sie in derselben Währung ausgedrückt werden.
Allgemeines
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Außerhalb der Rechtswissenschaft (formales Gesetz) spricht man in den Wissenschaften von einem Gesetz, wenn aus einer Theorie orts- und zeitunabhängig allgemeingültige Aussagen abgeleitet werden, die weltweit gelten. Im Juni 1866 schrieb Jevons als Kernaussage seines Gesetzes, dass „...auf demselben offenen Markte zu irgend einem Zeitpunkt nicht zwei Preise für die gleiche Art von einem Gegenstand vorhanden sein können“.[1] Es handelt sich um ein empirisches Gesetz, von dem es Ausnahmen gibt.
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Gesetz besagt unter den Bedingungen des vollkommenen Marktes, dass für ein Gut nur ein einheitlicher Preis auf dem Markt entstehen muss, wenn räumliche, zeitliche, sachliche und persönliche Präferenzen entfallen sowie vollkommene Information vorliegt:
“In the same open market, at any moment, there cannot be two prices for the same kind of article.”
„Im gleichen vollkommenen Markt kann es zu keinem Zeitpunkt zwei Preise für das gleiche Gut geben.“
Bei Fehlen von vollkommener Information vermutet man einen temporär unvollkommenen Markt. Temporär deswegen, da auch bei fehlender vollkommener Information der Markt dadurch zu einheitlichen Preisen tendiert, dass die Marktteilnehmer die Preisgestaltung der anderen Marktteilnehmer beobachten und ihre Preisgestaltung an denen der Wettbewerber orientieren. Damit entsteht der einheitliche Preis ggf. zeitverzögert. Trifft eine der anderen Bedingungen nicht zu, ist der Markt unvollkommen.
Wertpapiere
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Gesetz des einheitlichen Preises besagt im Wertpapierhandel, dass zwei Finanzinstrumente, die identische Cashflows generieren, den gleichen Preis haben müssen. Dieses Prinzip der Optionspreistheorie kann als Basis zur Optionspreisermittlung dienen. Um den (unbekannten) Preis einer Option zu bestimmen, muss lediglich ein Portfolio mit bekanntem Preis gefunden werden, das die gleichen Cashflows wie die Option aufweist. Aufgrund des Gesetzes muss die Option den gleichen Preis wie das Portfolio haben.[2]
Arbitrage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Arbitrage bezeichnet die Möglichkeit eines risikolosen Gewinns ohne Einsatz von Eigenkapital. Möglichkeiten zur Arbitrage entstehen, wenn zwei identische Wertpapiere an verschiedenen Börsen unterschiedliche Börsenkurse aufweisen. Der Arbitrageur kann nun, im Idealfall ohne Einsatz eigenen Kapitals, das Wertpapier am teureren Handelsplatz leerverkaufen und sich am billigeren Handelsplatz mit der identischen Anzahl Wertpapiere eindecken. Sein Gewinn ist die Differenz aus den beiden Kursen. In einem effizienten Markt führt das Gesetz des einheitlichen Preises dazu, dass durch viele Arbitragegeschäfte keine Möglichkeiten zur Arbitrage mehr bestehen.[3]
Das Gesetz trifft empirisch nicht immer zu, was auf Handelshemmnisse wie Zölle und Steuern sowie unerwartete Wechselkursschwankungen zurückgeführt wird.[4]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- William Stanley Jevons: Theory of political economy, 1871
- Walter Kortmann: Mikroökonomik: Anwendungsbezogene Grundlagen, 4. Auflage, 2006, ISBN 9783790816983, Seite 354, online
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ William Stanley Jevons, Brief Account of a General Mathematical Theory of Political Economy, in: Journal of the Statistical Society of London, Juni 1866, Band XXIX; deutsch: von Otto Weinberger, Die Theorie der Politischen Ökonomie, 1924, S. 92
- ↑ David Ruppert, Statistics and Finance: An Introduction, Springer, 2006, ISBN 978-0387202709, S. 259 ff
- ↑ Thomas S. Y. Ho/Sang Bin Lee, The Oxford Guide to Financial Modeling: Applications for Capital Markets, Corporate Finance, Risk Management and Financial Institutions, Oxford University Press, 2004, ISBN 978-0195169621, S. 54 ff.
- ↑ Colin A. Carter, Futures and Options Markets: An Introduction, Waveland Press, 2007, ISBN 978-1-57766-553-3, S. 83 ff