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Kaland

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Kalandhaus in Lüneburg

Kaland (Kalandsbruderschaften) ist die Bezeichnung für Bruderschaften von Geistlichen und Laien, die im Mittelalter in vielen nordwestdeutschen Städten verbreitet waren. Das Wort Kaland ist von dem lateinischen Wort „kalendae“ abgeleitet. Es bedeutet den ersten Tag eines Monats und bezieht sich auf den Brauch der Mitglieder eines Kalands, sich regelmäßig zum Gottesdienst an diesem Tag zu treffen.

Zweck der Zusammenkünfte des Kalands war die Abhaltung von Gottesdiensten und die gemeinsame Verrichtung wohltätiger Werke. Die Kalande gedachten außerdem gemeinschaftlich ihrer verstorbenen Mitglieder (memoria). Die Treffen wurden mit einer reichhaltigen Mahlzeit beendet.

In vielen Städten besaßen die Bruderschaften eigene Häuser für ihre Treffen. Bereits 1437 wird in Lüneburg „des kalandes hus“ erwähnt, nach dem die dortige Kalandstraße benannt ist.[1] Das heute noch erhaltene Kalandhaus in der Kalandstraße 12 wurde wohl um 1480/91 von der Kalandsbrüderschaft erbaut.[2] 1491 wurde dem Warburger Kaland ein ehemaliger Adelshof, die Curia Romana gestiftet. 1541 bestand in Geithain eine „Kalandstube“ an der Nikolaikirche, die noch heute im Museum des Pfarrhauses zu besichtigen ist.

Im späten Mittelalter wurden mit dem wachsenden Wohlstand der Mitglieder die Treffen immer üppiger. Dadurch wandelte sich die Kurzbezeichnung „Kaland“ über „Kolund“ schließlich zu „Kohlhund“, einem Schimpfwort für „Zechbruder“ oder „Prasser“. In der Reformationszeit kam es zu wachsender Kritik an dem Verhalten der Kalandsbruderschaften und führte in protestantischen Ländern zu deren Auflösung. Davon berichtet auch eine unter der Ägide des Leipziger Professors Joachim Feller (1638–1691) verfasste Dissertation: „Die Calender aber waren Häuser, darinnen die Geistlichen Bier ausschencken liessen, und da die geistlichen Fratres ihre Zechen zu halten pflegten. Daher man noch immer von den Trunckenbolden zu sagen pfleget: Er calendert die gantze Woche hindurch“.[3]

Im katholisch gebliebenen Westfalen ging ein Drittel der Bruderschaften erst im 19. und 20. Jahrhundert ein. Der Große Kaland in Münster und der Kaland in Neuenheerse bestehen noch heute. Der Kaland in Meschede wurde 2023 wiederbegründet.

In Lübeck gibt es noch eine Kaland-Schule und einen Kalandsgang (Hundestr. 31).

In Alt-Berlin erfolgte die Gründung der dort auch Kalandsorden oder Elendsgilde genannten Gemeinschaft im Jahr 1344 durch Ludwig I. Das Versammlungshaus stand in der Nähe der Marienkirche (später Klosterstraße Nummer 92). Die Gemeinschaft war eine sehr einflussreiche und weit verzweigte Brüderschaft von Geistlichen und Laien. Zweck war die gegenseitige Förderung und Unterstützung sowie die Betreuung Hilfsbedürftiger und Reisender.[4] Verschiedene Straßen Berlins trugen den Namen Kaland oder Elendsgilde.[5]

Bekannte Kalandsbruderschaften

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Das Datum bezeichnet die jeweils früheste urkundliche Erwähnung. Die Gründung kann jedoch früher erfolgt sein.

  • Calender, oder, Calands, Kalands-Brüder, oder Calender-Herren. In: Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste. Band 5, Leipzig 1733, Sp. 241 f.
  • Verein für Geschichte der Mark Brandenburg (Hrsg.): Märkische Forschungen. Band 4. George Gropius, Berlin 1850, Gesamtwerk (Digitalisat) (google.de).
  • Georg Wolpers: Die Kalandsbruderschaften im Eichsfelde besonders die Kalande zu Duderstadt und Seeburg. Verlag Mecke, Duderstadt 1928.
  • Wilhelm Averesch: Ein münsterländischer Kaland – ein Beitrag zur Geschichte der Kalande. Wattenscheid 1942.
  • Franz Flaskamp: Kalandsbruderschaften. In: Lexikon für Theologie und Kirche, 1960, 5, Sp. 1255 (Google).
  • Engelhart von Weichs: Die Mitglieder der Kalandbruderschaft Meschede. In: Westfälische Zeitschrift, 1967, 117, S. 155 ff.; lwl.org (PDF; 41 MB).
  • Thomas Frank: Kalandsbruderschaften. In: Lexikon für Theologie und Kirche, 1996, 5, Sp. 1140 (Google).
  • Karl Hengst, Michael Schmitt: Lob der brüderlichen Eintracht. Die Kalandsbruderschaften in Westfalen. 650 Jahre Kaland in Neuenheerse. Paderborn 2000.
  • Franz-Josef Jakobi: Der Große Kaland am Dom zu Münster. In: Josef Albers (Hrsg.): Der Große Kaland am Dom zu Münster. Bearb. von Thomas Kortmann. Münster 2002, S. 30–47.
  • Rainer B. Brackhane: Der Herforder Kaland. Rückblick auf eine Bruderschaft mit wohl einzigartigem Schicksal. In: Historisches Jahrbuch für den Kreis Herford 2017. Bielefeld 2016, ISBN 978-3-7395-1024-8, S. 9–24.
  • Karl-Heinz Bannasch: Der Reformationsplatz im Herzen Spandaus. Mit Betrachtungen zum Spandauer Kaland. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, 2022, Jg. 118, S. 463–476 (mit weiteren Quellen zum Spandauer Kaland).
Wiktionary: Kaland – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Wilhelm Reinecke, Uta Reinhardt, Gustav Luntowski: Die Straßennamen Lüneburgs. De Sulte Band 15. Edition Ruprecht, Göttingen 2007 (5. Auflage).
  2. Doris Böker: Hansestadt Lüneburg mit Kloster Lüne. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen Band 22.1. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2010, S. 468 (Digitalisat)
  3. Joachim Feller: Dissertatio solennis de fratribus Kalendariis. Notis verò illustrata et edita a Christiano Francisco Paullini. Andreae für Knochius, Frankfurt 1692, S. 31f.
  4. K. L. Kapps: Berlin: Neuer und vollständiger Führer durch Berlin, Potsdam und Umgebung Berlins. K. L. Kapp, Berlin 1873, S. 23.
  5. Kalandsgasse. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins
  6. Johann Heinrichs von Falckenstein: Thüringische Chronicka. Des Zweyten Buchs Anderer Theil. Johann Wilhelm Ritschel, Erfurt 1738.
  7. Friedrich Wilhelm August Bratring: Die Grafschaft Ruppin in historischer, statistischer und geographischer Hinsicht ein Beitrag zur Kunde der Mark Brandenburg. Haym, Berlin 1799, S. 414 (google.de).
  8. Dietrich Denecke, Helga -Maria Kühn: Göttingen: Von den Anfängen bis zum Ende des Dreissigjährigen Krieges. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1987, S. 545 (google.de).
  9. Wilhelm Reinecke: Geschichte der Stadt Lüneburg – Zweiter Band. Nachdruck, Heinrich Heine Buchhandlung K. Neubauer, Lüneburg 1977.
  10. Johann H. Steffens: Historische und diplomatische Abhandlungen in Briefen einige besondere Merkwürdigkeiten der Stadt Zelle im Lüneburgischen betreffend. Gsellius, Zelle 1763, S. 161 bis 162 (google.de).
  11. Johann Ludewig Dilschmann: Diplomatische Geschichte und Beschreibung der Stadt und Festung Spandau, Berlin 1785, S. 46–47.
  12. Karl-Heinz Bannasch: Der Reformationsplatz im Herzen Spandaus. Mit Betrachtungen zum Spandauer Kaland. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jg. 118 (2022), S. 463–476.
  13. Danneil, Johann Friedrich: Kirchengeschichte der Stadt Salzwedel. Mit einem Urkundenbuch. Hrsg.: C. A. Schwetschke und Sohn. 1842, S. 53 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10023976_00065~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  14. Ernst Fidicin: Berlin, historisch und topographisch dargestellt. C. H. Jonas, Berlin 1843, S. 8.
  15. Franz Flaskamp: Die Kalands-Bruderschaft zu Wiedenbrück, Mitglieder- und Totenlisten, 1343–1854. Aschendorff, Münster 1957.
  16. Nicolaus Heutger: Die Tempelherren einst und heute – Zum 50. Jubiläum der Reaktivierung des Tempelherren-Ordens in Deutschland. Lukas Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-86732-017-7, S. 76
  17. Kreisarchiv Warendorf, Stadt Warendorf U 39
  18. Rudolf Preising Der Werler Kaland und seine Mitglieder. Schriften der Stadt Werl Reihe A, Heft 3, Dietrich Coelde-Verlag, Werl 1958, S. 9.
  19. Kreisarchiv Warendorf, Stadt Beckum U 58
  20. Gotthard Kießling, Peter Barthold: Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland. Denkmäler in Westfalen. Kreis Höxter. Band 1.1: Stadt Warburg. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2015, ISBN 978-3-7319-0239-3.
  21. Rudolf Schmidt: Wriezen – Geschichte der Stadt in Einzeldarstellungen. Band 1: Neudruck der Ausgabe von 1931 des Kreisausschußes Oberbarnim. Bildungs- und Beschäftigungsverein Wriezen, Bad Freienwalde 1999.
  22. Johann Friedrich Christian Kampe: Ältere Geschichte der Herrschaft Ruppin und der Stadt Neuruppin bearbeitet und kommentiert von André Stellmacher. Klaus Becker Verlag, Potsdam 2021, ISBN 978-3-88372-063-0, S. 217 (google.de).
  23. Arnold Nöldeke: Marienkapelle auf der Neustadt. In: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, Band 1, Heft 2, Teil 1. Selbstverlag der Provinzialverwaltung, Theodor Schulzes Buchhandlung, Hannover 1932, S. 209 f. (Neudruck: Verlag Wenner, Osnabrück 1979, ISBN 3-87898-151-1)