29. Waffen-Grenadier-Division der SS „RONA“ (russische Nr. 1)
29. Waffen-Grenadier-Division der SS „RONA“ (russische Nr. 1) | |
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Truppenkennzeichen | |
Aktiv | August 1944 bis 1945 |
Staat | Deutsches Reich |
Streitkräfte | Waffen-SS |
Truppengattung | Grenadiere |
Typ | Division |
Gliederung | Siehe Gliederung |
Farben | weiß, blau und rot |
Führung | |
Liste der | Kommandeure |
Insignien | |
Ärmelabzeichen | |
Kragenspiegel |
Die 29. Waffen-Grenadier-Division der SS „RONA“ (russische Nr. 1) war eine Division der Waffen-SS, die im Sommer 1944 durch die Umgliederung der Waffen-Sturm-Brigade RONA entstehen sollte, jedoch wurde die Aufstellung nie durchgeführt. Die Abkürzung RONA von Russkaja Oswoboditelnaja Narodnaja Armija (russisch РОНА – Русская Освободительная Народная Армия) bedeutet auf Deutsch Russische Nationale Befreiungsarmee.
Nach ihrem Kommandeur, dem Brigadeführer (äquivalent dem Generalmajor) der Waffen-SS Bronislaw Wladislawowitsch Kaminski, wird die Einheit auch oft als Kaminski-Brigade bezeichnet. Die Division durfte auf Befehl Hitlers nur in der Partisanenbekämpfung eingesetzt werden. Sie wurde noch vor Kriegsende wegen Unzuverlässigkeit aufgelöst.
Kaminski-Brigade
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Kaminski-Brigade hatte ihren Ursprung im Jahre 1941 in Lokot, einer Stadt im Gebiet Brjansk (Südrussland). Nachdem die Stadt durch die 2. Panzerarmee erobert worden war, zogen sich viele Einheiten der Roten Armee in die Wälder der Umgebung zurück, um von dort aus die deutschen Versorgungslinien anzugreifen. Die deutschen Besatzer erlaubten daraufhin dem Bürgermeister der Stadt, Konstantin Woskobojnik (auch: Woskobojnikow), einem Klassenkameraden Kaminskis,[1] eine Miliz in der Stärke von 500 Mann aufzustellen. Diese Einheit bewährte sich im Kampf gegen die Partisanen, deren Aktivitäten rasch nachließen.
Nachdem Woskobojnik im Kampf gefallen war,[1] ernannte der Oberbefehlshaber der 2. Panzerarmee, Generaloberst Schmidt, am 19. August 1942 Kaminski zum neuen Kommandeur und erlaubte ihm, die Einheit aufzustocken. Bis zum Herbst 1943 wuchs sie zu einer Brigade von 10.000 Mann an, die in fünf Infanterieregimenter, eine Artillerieabteilung mit 36 Feldgeschützen, eine gepanzerte Einheit mit 24 erbeuteten T-34-Panzern und verschiedene Nachschubeinheiten gegliedert war. Zusammen mit der SS-Sondereinheit Dirlewanger wurde die Brigade zur Partisanenbekämpfung im Rücken der Heeresgruppe Mitte eingesetzt.
Als die Rote Armee das Operationsgebiet der Brigade erreichte, zog diese sich, unter Mitnahme ihrer Familienangehörigen und ihres Viehs, im Herbst 1943 nach Westen zurück und wurde dem Chef der SS-Bandenkampfverbände, Erich von dem Bach-Zelewski, unterstellt.
RONA
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1944 nahm die Einheit den Titel „Russische Volksbefreiungsarmee“ an (russisch РОНА – Русская Освободительная Народная Армия – RONA – Russkaja oswoboditelnaja narodnaja armija). Als Hoheitsabzeichen trugen die Angehörigen statt der kyrillischen die lateinischen Initialen „RONA“ auf dunkelgrünem Grund über einem weißen Schild mit rotem Rand, in dem sich ein schwarzes Kreuz befand, am linken Ärmel.
Zum 1. August 1944 wurde die Division offiziell aufgestellt und bereits wenige Tage später bei der Niederwerfung des Warschauer Aufstands eingesetzt, wobei sie bei den Massakern von Wola und Ochota durch besondere Grausamkeit und umfangreiche Plünderungen auffiel. Unter einem Vorwand wurde Kaminski samt seinem Stab nach Łódź gelockt und auf Anordnung Bach-Zelewskis nach einem kurzen Standgerichtsverfahren als Plünderer erschossen. Gegenüber seinen Untergebenen wurde die Version verbreitet, Kaminski sei in einen Hinterhalt von Partisanen geraten. Laut Heinz Guderians Memoiren wurde Kaminski jedoch wegen seines Vorgehens in Warschau erschossen, auch um einen anrüchigen Zeugen zu beseitigen.[2]
Nach den Ereignissen in Warschau wurde die noch in Aufstellung befindliche Division immer wieder zur Niederschlagung von Aufständen, etwa in der Slowakei, herangezogen. Im November 1944 schließlich wurde der Versuch, die Division auf volle Stärke zu bringen, aufgegeben. Die Reste der RONA, etwa 3.000 Mann, wurden auf dem Truppenübungsplatz Münsingen in das Grenadier-Regiment 1602 der 600. Infanterie-Division (russ.) der Russischen Befreiungsarmee General Wlassows eingegliedert. Die Divisionsnummer 29 wurde Anfang März 1945 an eine italienische SS-Einheit erneut vergeben.
Rekrutierung und personelle Zusammensetzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kaminski hatte anfangs weitgehende Freiheiten bei der Rekrutierung seiner Männer. Aus wie vielen Angehörigen welcher Nationalitäten sich seine „Russische Volksbefreiungsarmee“ zu einem bestimmten Zeitpunkt zusammensetzte, ist allerdings unbekannt. Laut dem Historiker Norman Davies handelte es sich dabei überwiegend um Russen und Belarussen, allerdings nicht um Ukrainer, wie viele Polen annahmen.[3]
Gliederung als 29. Waffen-Grenadier-Division der SS
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Waffen-Grenadier-Regiment der SS 72 (russisches Nr. 1)
- Waffen-Grenadier-Regiment der SS 73 (russisches Nr. 2)
- Waffen-Grenadier-Regiment der SS 74 (russisches Nr. 3)
- Waffen-Artillerie-Regiment der SS 29 (russisches Nr. 1)
- SS-Füsilier-Bataillon 29
- SS-Pionier-Bataillon 29
- SS-Panzerjäger-Abteilung 29
- SS-Nachrichten-Abteilung 29
- SS-Versorgungs-Regiment 29
- SS-Veterinär-Kompanie 29
- SS-Sanitäts-Kompanie 29
- SS-Feldersatz-Bataillon 29
Kommandeure
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1.–28. August 1944 Waffen-Brigadeführer Bronislaw Wladislawowitsch Kaminski
- 28. August bis 27. September 1944: SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Christoph Diehm
- 27. September bis Oktober 1944: SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei Heinrich Jürs
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Christopher Ailsby: Die Geschichte der Waffen-SS.
- Reuben Ainsztein: Jüdischer Widerstand im deutschbesetzten Osteuropa während des Zweiten Weltkriegs. Oldenburg 1993, S. 363 ff.
- J. Armstrong: Soviet Partisans in World War II. Madison 1969, S. 237, 544.
- Alexander Dallin: The Kaminsky Brigade. A Case-Study of Soviet Disaffection. In: Revolution and Politics in Russia (= Russian and East European Series, Vol. 41). Indiana University Press, 1972.
- Ernst von Dohnányi (nicht aufgeklärtes Pseudonym): Kampf gegen sowjetische Guerillas. In: Franklin Mark Osanka (Hg.): Der Krieg aus dem Dunkel. 20 Jahre kommunistische Guerillakämpfe in aller Welt. Köln 1943, S. 153–167. (Der Artikel behandelt die Frühphase der Brigade Kaminski.)
- Erich Hesse: Der sowjetische Partisanenkampf 1941–1944. Göttingen 1969, S. 176.
- Zenon Rudny: Kontrowersje wokół Brigadeführera Bronisława Kamińskiego. In: Dzieje Najnowsze 38 (1996), Heft 3–4, S. 87–97.
- Watili Wilenchik: Die Partisanenbewegung in Weißrußland 1941–1944. In: Forschungen zur osteuropäischen Geschichte, 34 (1984), hier S. 257 ff.
- Gordon Williamson: Die SS – Hitlers Instrument der Macht.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eintrag bei www.zweiter-weltkrieg-lexikon.de ( vom 9. März 2013 im Internet Archive)
Einzelnachweise und Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Zum Tod Woskobojniks am 8. Januar 1942 finden sich in der Literatur ebenso verschiedene Angaben wie zum Verhältnis der beiden Männer zueinander. Manchen Werken zufolge „beerbte“ Bronislaw Kaminski seinen Vorgänger in seinem Amt, nachdem dieser im Kampf mit russischen Partisanen getötet worden oder einem gezielten Mordanschlag des NKWDs zum Opfer gefallen war. Demnach hätte Kaminski bereits zuvor schon als dessen rechte Hand, zumindest aber als einer der wichtigsten Untergebenen fungiert. Anderen Darstellungen zufolge sollen die beiden sogar Freunde gewesen sein und Kaminski quasi von Anfang an die Nummer Zwei in der Befehlshierarchie eingenommen haben. Nach Franz W. Seidler: Die Kollaboration 1939–1945. Zeitgeschichtliche Dokumentation in Biographien. 2., durchgesehene und erweiterte Aufl., Herbig-Verlag, München u. a. 1999, ISBN 3-7766-2139-7, S. 281, habe sich Kaminski Bürgermeister Woskobojnik erst später „zur Verfügung“ gestellt, womit wohl auch verbunden war, dass er sich in der Hierarchie erst einmal „hocharbeiten“ musste.
- ↑ Heinz Guderian: Erinnerungen eines Soldaten (Autobiografie). 18. Auflage. Motor-Buchverlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-87943-693-2.
- ↑ Norman Davies: Europe at War 1939–1945: No Simple Victory. Pan Macmillan 2006, S. 210.