Katz & Goldt

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Katz & Goldt (auch: Katz und Goldt) ist ein 1996 vom Zeichner Stephan Katz und vom Schriftsteller Max Goldt gegründetes Comicduo. Ihre Comics erscheinen regelmäßig im Satiremagazin Titanic und auf ihrer Website.

Katz, der unter anderem für das Magazin Luke & Trooke zeichnete, hatte Goldts Texte bereits ohne dessen Wissen für Comics verwendet.[1] Im Dezember 1994 schickte er Goldt einen Brief mit Zeichnungen zu dessen Texten. Die ersten gemeinsamen Arbeiten schickten sie einander per Post zwischen ihren Wohnorten Bielefeld und Hamburg. Persönlich lernten sie sich bei einer Ausstellung in Hamburg im Januar 1996 kennen. Die ersten Comics erschienen in Bielefelder Stadtmagazinen und der Lokalausgabe der taz. Katz zog 1997 nach Berlin, Goldt lebt dort ebenfalls. Seit den 2010er Jahren konzentriert Goldt sein literarisches Schaffen auf die Arbeit an Comics. Eine kurze Geschichte des Comicduos veröffentlichte Goldt 2021 auf ihrer Webpräsenz.[2]

Ab Ende der 1990er Jahre erschienen Comics in der Titanic, wo Goldt seit 1989 Kolumnen schrieb, außerdem in den Magazinen Strapazin, Eulenspiegel[3] und Zitty, für die Katz auch Titelbilder gestaltete.[4][5] 2002 veröffentlichten sie einen Comic über den Besuch eines Vortrags des amerikanischen Comiczeichners Ben Katchor an der American Academy auf den Berliner Seiten der FAZ,[6] außerdem erschienen Comics in der Wochenendbeilage der Süddeutschen Zeitung. Zwischen 2003 und 2007 erschienen die Comics wöchentlich im Zeitmagazin Leben. Ganzseitige Comics erschienen jeweils auf der letzten Seite des Intro-Magazins bis zu dessen Einstellung im Jahr 2018.[7]

Die Comics erscheinen seit 1997 in Alben, zunächst in schwarz-weiß im Verlag Jochen Enterprises bis zu dessen Insolvenz im Jahr 2000. Seit dem Wechsel zu Carlsen Comics 2001 erscheinen die Comics in Farbe, die ersten drei Alben erschienen 2001 als Neuauflagen mit Hardcover. Daraufhin erschienen zwei Bände bei Rowohlt Taschenbuch. Seit 2007 erscheinen die Katz & Goldt Bücher bei Edition Moderne. Neben einer Website entstand auch das Textillabel "Rumpfkluft".[8]

Formate, Arbeitsweise und Gattungen

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Die Comics, die in der Titanic erscheinen, bestehen heute meistens aus zwei Seiten mit je vier Bildzeilen mit Leserichtung entlang der Zeilen. Neben den doppelseitigen Geschichten gibt es einseitige Geschichten und einzelne Bilder, die häufig keinen Titel tragen und teilweise in den jährlich herausgegebenen Wandkalendern[9] erscheinen. Für die zweiseitigen Geschichten schreibt Goldt ein Skript, zu dem Katz anschließend Zeichnungen entwirft. Goldt beschreibt die Arbeit von Katz & Goldt mit den Gattungen „Cartoon / Witzzeichnung“.[2][10][11] Die Gattung der Graphic Novel lehnen sowohl Katz als auch Goldt ab.[12] Sie grenzen sich außerdem gegenüber Satire und Karikatur ab, deren Konventionen in einzelnen Comics parodiert werden.

Thema sind Elemente der urbanen Alltagskultur wie Jugendkulturen, sexuelle Orientierungen[13] und Lebensstile, modische, musikalische und gastronomische[14] Trends. Behandelt werden Benimmregeln, etwa Speise- und Tischsitten,[15] das korrekte Tragen von Kleidung und Accessoires. Zahlreiche Comics handeln von Gesprächen von Paaren sowie zwischen Eltern und ihren Kindern.[16] Themen der Parodie sind auch gesellschaftliche Bewegungen wie Feminismus und die LGBT-Bewegung, Body Positivity[17] sowie die Umbenennung von Orten aus identitätspolitischen Gründen.[18]

In den Arbeiten von Katz & Goldt werden Jargon und Soziolekt bestimmter Gruppen sowie sprachliche Trends, Floskeln und Modewörter parodiert. Gegenstand sind Namen und Slogans von Firmen,[19] Geschäften, Produkten und Gastronomiebetrieben sowie neudeutsche Bezeichnungen von Berufen.[20] Parodiert werden Anglizismen, Jugendsprache und unkorrekte Apostrophe, Formulierungen des Feuilletons sowie geschlechtergerechte Sprache.[21]

Erzählverfahren

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Charakteristisch für die Erzählweise von Katz & Goldt ist das Abschweifen und Assoziieren. Einige Comics enthalten autofiktionale Elemente.[22] Die Comics spielen überwiegend in der Gegenwart, manchmal in zeitlosen Phantasiewelten.[23] Es gibt metaleptische Verfahren, etwa wenn Figuren Inhalt, Typografie oder Schriftbild von Denk- und Sprechblasen oder Onomatopoetika kommentieren, wenn sich ein Gedanke über Denkblasen mehrerer Figuren erstreckt oder wenn eine Figur den Anruf eines Lesers entgegennimmt.[24] Es gibt bewusste Anschlussfehler, etwa wenn sich Bilder oder Schilder im Hintergrund ändern. Manche Comics enthalten Reime und gereimte Gedichte.[25]

Ausgewählte Skripts aus den Jahren 2008 bis 2015 veröffentlichte Goldt im Band Räusper. Comic-Skripts im Dramensatz (2015) als Dramolette. Darin führt er ein vom Schriftsetzer Martin Z. Schröder eigens für das Buch entwickeltes typografisches Zeichen für die Darstellung von Denkblasen im Dramensatz ein.

Die Komik und der selbstreflexive Humor von Katz & Goldt wurden von Andreas Platthaus unter anderem mit dem Kontrast zwischen der stilistisch komplexen Sprache Goldts und dem scheinbar naiven Zeichenstil von Katz erklärt: "Dieses Gespann, das unter dem Motto „The duo that does what duos should do“ arbeitet, passt nicht nur in die eindrucksvolle Humoristenreihe von Moers bis Rubinowitz, es führt sie an. Niemand sonst in Deutschland hat einen so unverwechselbaren gezeichneten Witz zu bieten."[26] Als Markenzeichen nennt Platthaus eine „pointierte verbale Abstrusität“. Als charakteristisch wird in Rezensionen der Verzicht auf Pointen gesehen.[27][28]

Der Schriftsteller Daniel Kehlmann bezeichnete die Arbeiten von Katz & Goldt in seiner Laudatio bei der Verleihung des Kleist-Preises 2008 an Goldt als zentralen Teil von dessen Werk: „Und hätte er nichts geschaffen als sie, der Preis stände ihm immer noch zu. Goldts Zugriff adelt auch hier das scheinbar Unseriöse, und aus der Energie populärer Formen gewinnt seine Kunst eine Kraft und Originalität, wie sie aus den Seminarräumen der Universitäten nie hätte kommen können.“[29]

Die Arbeiten von Katz & Goldt waren 2002 Teil der Ausstellung „Deutsche literarische Comics“ (4. November bis 21. Dezember) im Goethe-Institut Inter Nationes in Barcelona[30][31] und später mehrerer Sammelausstellungen im Frankfurter Caricatura Museum für Komische Kunst.[32][33] 2003 fand ihre bisher einzige Einzelausstellung „Witzaufkleber, BRD, ca. 1978“ in der Cartoonfabrik Berlin (29. August bis 19. Oktober 2003) statt.[34][35][36] 2004 traten sie beim Fumetto-Comicfestival in Luzern auf.[37] Dort wurde ihr Video Weingestüt Schokoladenmosel uraufgeführt.[38][39] 2008 waren sie Teil der Ausstellung „Comics made in Germany 1947–2007“ in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt.[40]

  • Max Goldt: Der Krapfen auf dem Sims – Betrachtungen, Essays u. a. Alexander Fest Verlag 2001, ISBN 3-8286-0156-1, S. 173–175.
  • Max Goldt: „Ein Comicduo ziert sich und zieht sich zurück“ / „Die nichtgehaltene Rede“, in ders.: Wenn man einen weißen Anzug anhat. Ein Tagebuch-Buch. Rowohlt 2002, ISBN 3-498-02493-0, S. 74–76 / 92–95.
  • Max Goldt: Räusper: Comic-Skripts in Dramensatz. Rowohlt Berlin 2015, ISBN 978-3-87134-820-4.
  • Johannes G. Pankau (Hrsg.): Pop, pop, populär. Popliteratur und Jugendkultur (Ausstellung Pop-Pop-Populär – Popliteratur und Jugendkultur; eine Veröffentlichung der Forschungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg im Rahmen der 30. Oldenburger Kinder- und Jugendbuchmesse). Bremen: Aschenbeck & Isensee, 2004, ISBN 978-3-89995-149-3, S. 191 f.

Einzelnachweise

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  1. Detlef Kuhlbrodt: Gemeinschaftskitt für Kinder. In: Die Tageszeitung: taz. 4. Juli 1997, ISSN 0931-9085, S. 17 (taz.de [abgerufen am 11. März 2021]).
  2. a b Katz & Goldt | Der Schrank und die Schürze. Abgerufen am 10. März 2021.
  3. Eulenspiegel. Berliner Verlag., 2008, ISBN 978-3-359-01667-0 (google.de [abgerufen am 14. Juni 2021]).
  4. 2007 — Katz & Goldt, Katz & Goldt (36167D96C088D454). Abgerufen am 17. Juni 2021.
  5. Katz & Goldt | ZITTY Nr. 19/1998. Abgerufen am 24. Februar 2022.
  6. Besuch des Vortrags von Ben Katchor im Hans Arnhold Center am 14.02.2002, in: FAZ, 16. Februar 2002, BS 1
  7. „Angela Merkel hat etwas Spezielles“. Abgerufen am 10. März 2021.
  8. Katz & Goldt | Rumpfkluft – T-Shirt-Kollektion von Katz & Goldt. Abgerufen am 12. August 2024.
  9. |Katz & Goldt-Wandkalender. Abgerufen am 12. August 2024.
  10. Katz & Goldt | Witzzeichner sehen Witzbiere. Abgerufen am 14. September 2022.
  11. In einem Text bezieht sich Goldt auf die „Witzzeichnung“ Der ideale Mord (2004): Max Goldt: Vom Zauber des seitlich dran Vorbeigehens: Prosa und Szenen 2002–2004. Rowohlt, 2005, ISBN 978-3-498-02497-0, S. 149 (google.de [abgerufen am 24. Juli 2022]).
  12. Schriftsteller Max Goldt: "Humor ist etwas Individuelles". Abgerufen am 25. Februar 2022 (österreichisches Deutsch).
  13. Katz & Goldt | Drei Haselnüsse im Aschenbecher. Abgerufen am 12. August 2024.
  14. Katz & Goldt | Eine freimütige Utopie im Interesse der höheren Kulinarik. Abgerufen am 12. August 2024.
  15. Katz & Goldt | Die lange Nacht der Sprache. Abgerufen am 12. August 2024.
  16. Katz & Goldt | Der situative Einzelesser. Abgerufen am 12. August 2024.
  17. Katz & Goldt | Eine kerngesunde konfliktfähige Familie. Abgerufen am 12. August 2024.
  18. Katz & Goldt | Ruhmreich, humorvoll und sprungbereit (Die ideale Tante). Abgerufen am 3. August 2022.
  19. Katz & Goldt | Zündender Name für einen Pflegedienst? Abgerufen am 12. August 2024.
  20. Katz & Goldt | Recycling. Die zweite Stufe. Abgerufen am 12. August 2024.
  21. Katz & Goldt | Edelgas-Erlebniszentrum Kötzschenbroda. Abgerufen am 12. August 2024.
  22. Katz & Goldt | Ein Herrenschwätzchen hoch zu Roß. Abgerufen am 12. August 2024.
  23. Katz & Goldt | Flauschmonster – Geburtshelfer des Postmaterialismus. Abgerufen am 12. August 2024.
  24. Katz & Goldt | Beim türkischen Arzt. Abgerufen am 12. August 2024.
  25. Katz & Goldt | Kleine Dental-Reimerei. Abgerufen am 12. August 2024.
  26. Andreas Platthaus: „Katz und Goldt – das Duo, das das tut, was Duos tun sollten“, Goethe-Institut, Februar 2012, Archivlink
  27. Der Witz kommt raus. In: Der Tagesspiegel Online. 26. September 2003, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 23. Mai 2022]).
  28. Scharf, aber menschenfreundlich. In: Der Tagesspiegel Online. 14. Januar 2015, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 1. März 2022]).
  29. Der Seitlich-Vorbei-Geher. In: sueddeutsche.de. 17. Mai 2010, abgerufen am 2. Juli 2018.
  30. Deutsche Autoren in Spanien. 21. Dezember 2002, archiviert vom Original am 21. Dezember 2002; abgerufen am 13. Juli 2022.
  31. S T R A P A Z I N - N O: 6 8. Abgerufen am 14. Juli 2022.
  32. Ausstellung „40 Jahre TITANIC“ im Caricatura. Abgerufen am 11. Juli 2022.
  33. Christian Riethmüller: Caricatura Museum Frankfurt: Komische Zeiten! In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 11. Juli 2022]).
  34. Katz & Goldt - Ausstellungsplakat. Abgerufen am 12. Juli 2022.
  35. Katz & Goldt - AUSSTELLUNG IN BERLIN 29.08.-19. Oktober 2003. 26. Juli 2003, archiviert vom Original am 26. Juli 2003; abgerufen am 13. Juli 2022.
  36. Josef Engels: Keine Pornos mehr im Wald. In: DIE WELT. 22. September 2003 (welt.de [abgerufen am 18. März 2022]).
  37. Fumetto - Int. Comixfestival / Luzern / Schweiz / 2004. 17. Mai 2004, archiviert vom Original am 17. Mai 2004; abgerufen am 13. Juli 2022.
  38. Katz & Goldt | Weingestüt Schokoladenmosel. Abgerufen am 14. Juli 2022.
  39. Titanic. Titanic Verlag, 2004, S. 5 (google.de [abgerufen am 14. Juli 2022]).
  40. Bernd Dolle-Weinkauff: Comics made in Germany: 60 Jahre Comics aus Deutschland 1947–2007: eine Ausstellung der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt am Main und des Instituts für Jugendbuchforschung der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Harrassowitz, 2008, ISBN 978-3-447-05772-1.