Mönchspfeffer

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Mönchspfeffer

Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus)

Systematik
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Viticoideae
Gattung: Vitex
Art: Mönchspfeffer
Wissenschaftlicher Name
Vitex agnus-castus
L.

Der Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Vitex in der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae).

Er wird in der Umgangssprache auch Keuschbaum, Keuschlamm (Übersetzung von lateinisch Agnus castus[1]) oder Liebfrauenbettstroh genannt, weil er angeblich den Geschlechtstrieb abschwächt. Weitere Namen sind Abrahamstrauch, Athenbaum, Pfeffersalz und Tanis. Das spiegelt sich auch im wissenschaftlichen Namen wider: lateinisch agnus bzw. altgriechisch ἁγνός ‚Lamm‘, und lateinisch castus ‚keusch‘. Der Mönchspfeffer wird heute in der Naturheilkunde vor allem beim prämenstruellen Syndrom, bei Zyklusstörungen und unerfülltem Kinderwunsch eingesetzt.

Habitus des Mönchspfeffers
Blütenstand
Blätter

Der laubabwerfende Strauch oder Baum kann eine Höhe von über 5 Metern erreichen und hat hellbraune, vierkantige und fein behaarte Zweige.

Die aromatischen, gestielten Blätter stehen kreuzgegenständig und sind handförmig (drei) fünf- bis sieben (neun)zählig gefingert. Der Blattstiel ist bis 7 Zentimeter lang. Die eilanzettlichen bis lanzettlichen und spitzen bis zugespitzten, meistens ganzrandigen, bis zu 11 Zentimeter langen Fingerblättchen sind kurz gestielt und unterseits heller sowie kurz filzig behaart.

Die duftenden Blüten stehen in dichten Scheinquirlen in endständigen, fein behaarten Blütenständen und haben eine violette, blaue, rosa oder weiße Farbe. Die kleinen, kurz gestielten Blüten sind zwittrig mit doppelter Blütenhülle. Der kleine, becherförmige Kelch mit kurzen Zipfeln ist außen fein gräulich behaart. Die außen fein gräulich behaarte Krone ist zweilippig, der mittlere Unterlappen ist vergrößert. Die 4 didynamischen Staubblätter sind vorstehend. Der Fruchtknoten ist oberständig mit langem, schlankem Griffel und zweilappiger Narbe. Es ist ein Diskus vorhanden. Optisch ist der Mönchspfeffer wegen der Blätter dem Hanf und in der Blüte dem Schmetterlingsflieder (Buddleja davidii) ähnlich, weshalb es leicht zu Verwechselungen kommen kann.

Die rundliche, dunkelbraune Frucht ist eine etwa 2–3 mm große, bis viersamige und glatte, harte Steinfrucht mit einem haltbaren hellbräunlichen Kelch. Der becherförmige Kelch bedeckt die Frucht bis etwa zur Hälfte bis zwei Drittel.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 32.[2]

Blütezeit ist Juli bis August. Die Treibzeit ist je nach Ortsbedingungen unterschiedlich, meist von April bis Juni. Die bevorzugten Standorte sind feuchte Plätze und Flussufer.

Der ursprüngliche Verbreitungsraum des Mönchspfeffers erstreckt sich vom Mittelmeerraum über Südwestasien bis zur Krim und bis Pakistan.[3]

Blütenstand der weißblühenden Form 'alba'
Früchte des Mönchspfeffers

Die griechische Göttin Hera war der Legende nach auf Samos unter einem Keuschbaum (Lygos) geboren worden.[4] Einmal im Jahr vereinigte sie sich auf Samos mit ihrem Gatten Zeus unter einem Keuschbaum. Ein Bad im Imbrasos erneuerte danach ihre Jungfräulichkeit. Die Feiern der Tonaia, τωναία, bei denen das Kultbild der Göttin mit Keuschbaumzweigen umwunden wurde, erinnerten an dieses Ereignis. Dieser Baum, früher auch „Athenbaum“[5][6] genannt, stand am Altar in Heraion auf Samos und wurde unter anderem von Pausanias beschrieben.[7] Den Griechen galt Mönchspfeffer damit als Symbol der keuschen Ehe. Dioscurides beschreibt den Keuschbaum als Anaphrodisiakum.

„Agnos, Keuschlammstrauch, […] bei den Römern als wilder Pfeffer bekannt, ist ein baumartiger Strauch, welcher an Flüssen und Felsküsten wächst […] Er wird Agnos genannt, weil ihn bei den Thesmophorien die Weiber, welche ihre Keuschheit bewahren, als Lager nutzten […] oder weil er, getrunken, den Drang zum Beischlaf mäßigt.“

Die fleischigen, rotschwarzen Früchte wurden als Gewürz und Anaphrodisiakum verwendet. In den Klostergärten des Mittelalters wuchsen neben Gewürz- und Heilpflanzen auch Pflanzenarten, die der „Abkehr von weltlicher Liebe“ dienten. Die Mönche konnten die scharf schmeckenden Samen als Gewürz für ihre Speisen nehmen und hatten einen willkommenen Nebeneffekt. Im Mittelalter wurde der Mönchspfeffer zum Symbol des enthaltsamen Mönchslebens. Auch im Antidotarium Nicolai kommt Agnus castus (dessen Blüten, flos agni, dort Verwendung finden)[8] vor. Franz von Sales (1567–1622) erwähnt die Anwendung von Agnus Castus (Mönchspfeffer) in seinem Büchlein Philothea im 13. Kapitel (Ratschläge zur Bewahrung der Keuschheit):

„Wer sich auf das Kraut Agnus castus bettet, wird selbst keusch und schamhaft. So wird auch dein Herz von jeder Makel und böser Lust gereinigt, wenn es im Heiland ruht, dem wahrhaft reinen und makellosen Lamm.“

Der pflanzenkundige Pietro Andrea Mattioli schreibt in seinem Kreuterbuch in der Ausgabe von 1626:

„Er nimmt die Begierde zum Venushandel und solches tut nicht allein der Samen, sondern auch die Blätter und Blumen, nicht aber nur so man sie esset, sondern auch wenn man sie im Bett verstreut.“

Medizinische Verwendung

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Mönchspfeffer ist eine Heilpflanze, deren Frucht (Agni casti fructus) zur Behandlung des Prämenstruellen Syndroms eingesetzt werden kann. Wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe sind bizyklische Diterpene, Iridoidglykoside, lipophile Flavonoide, Triglyceride, Öl- und Linolsäure sowie ätherische Öle.[9]

Mönchspfeffer fördert die Hormonregulation bei unregelmäßigem Zyklus. Getestet wurde u. a. die Wirkung bei Mastodynie. Hierbei zeigte sich unter Behandlung mit Agnus-Castus-Präparaten eine Besserung der prämenstruellen Mastodynie, die wahrscheinlich dem Ansteigen des Progesteronspiegels geschuldet ist. Da Mönchspfeffer die Bildung des Gelbkörperhormons fördert, werden die entsprechenden Arzneimittel mit zum Teil belegbaren Erfolgen auch bei Unfruchtbarkeit infolge von Gelbkörperschwäche oder erhöhten Gelbkörperspiegeln angewendet. Eingesetzt wird industriell hergestellter und standardisierter Extrakt, der kontinuierlich während des gesamten Menstruationszyklus eingenommen wird. Als Nebenwirkung kann es zu Juckreiz kommen. Durch die gestagenartige Wirkung verlängert sich häufig die Follikularphase, sodass der Nutzen bei verlängerten Zyklen fraglich ist.

Außerdem wurde eine vertreibende Wirkung (als Repellent) gegen Zecken und andere blutsaugende Arthropoden nachgewiesen.[10]

Wirkungsmechanismus

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Es wird angenommen, dass einige Stoffe, die in der Pflanze gefunden wurden, Einfluss auf die Hypophyse haben. Das könnte den Effekt auf den Hormonhaushalt erklären. Eine Studie hat gezeigt, dass Inhaltsstoffe des Mönchspfeffers am Opioidrezeptor binden. Diese Tatsache könnte dafür verantwortlich sein, dass Mönchspfeffer Beschwerden des Prämenstruellen Syndroms lindert.[11] Der Wirkungsmechanismus ist noch nicht zur Gänze verstanden.[12] In geringeren Dosen, wie sie in vergangenen Jahrhunderten zur Unterdrückung des sexuellen Verlangens eingesetzt wurden, hemmt Mönchspfeffer die Aktivierung der Dopamin-2-Rezeptoren über kompetitive Bindung, was zu einem leichten Anstieg der Prolaktinfreisetzung führt. In höheren Konzentrationen ist die Bindungsaktivität ausreichend, um die Freisetzung von Prolaktin zu verringern. Eine Studie hat herausgefunden, dass die Behandlung 20 gesunder Männer mit höheren Mönchspfeffer-Dosen mit einem leicht gesenkten Prolaktinspiegel einherging, niedrigere Dosen aber im Vergleich zum Placebo einen leichten Anstieg induzierten.[13] Die wirksamen Substanzen sind vermutlich Diterpene mit Dopamin-analoger Wirkung[14] mit hemmender Wirkung auf das Hormon Prolaktin. Eine Senkung des Prolaktins beeinflusst den FSH (Follikelstimulierendes Hormon)- und Östrogenspiegel im weiblichen Körper. Über die Wirkung auf den Prolaktinspiegel ist eine Senkung des Testosteron-Spiegels bei Männern als Wirkung plausibel, die sich auf Libido und Spermienproduktion auswirken kann.[15] Über diesen Wirkungsweg ist die seit der Antike berichtete Wirkung als Anaphrodisiakum erklärbar.

Kontraindikationen

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In der Schwangerschaft sollte Mönchspfeffer aufgrund möglicher Komplikationen nicht eingenommen werden.[16][17] Mädchen und stillende Frauen sollten ebenfalls keinen Mönchspfefferextrakt einnehmen. Frauen mit Krankheiten, deren Verlauf von Geschlechtshormonen beeinflusst werden kann, wie Brustkrebs und Tumoren der Hirnanhangdrüse, dürfen Mönchspfefferextrakt nicht einnehmen.

  • Paul Wagler: Agnos. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,1, Stuttgart 1893, Sp. 832–834.
  • Norbert M. Borengässer: Agnus castus – Ein Kraut für alle Fälle. In: F. S. Chartulae, W. Speyer (Hrsg.): Jahrbuch für Antike und Christentum. Erg.-Band 28. Münster 1998, S. 4–13 (mit Literatur).
  • Norbert M. Borengässer: Keuschlamm. In: Reallexikon für Antike und Christentum. Band XX, 2004, S. 800–803 (mit Literatur).
  • Bettina Rahfeld: Mikroskopischer Farbatlas pflanzlicher Drogen. Band 3, 2017, S. 250.
  • Marilena Idžojtić: Dendrology. Academic Press, 2019, ISBN 978-0-444-64175-5, S. 707.
  • Henri Alain Liogier: Descriptive Flora of Puerto Rico and Adjacent Islands. Volume IV, UPR, 1995, ISBN 0-8477-2337-2, S. 387 f.
  • A. Pulle: Flora of Suriname. Vol. IV, Part 2, Bussy, 1938, S. 304–307.
Commons: Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Vgl. auch Ute Obhof: Rezeptionszeugnisse des „Gart der Gesundheit“ von Johann Wonnecke in der Martinus-Bibliothek in Mainz – ein wegweisender Druck von Peter Schöffer. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018, S. 25–38, hier: S. 34 (Agnus castus „schapfmulle“).
  2. Vitex pseudo-negundo bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis
  3. Rafaël Govaerts (Hrsg.): VitexWorld Checklist of Selected Plant Families des Royal Botanic Gardens, Kew, abgerufen am 21. Januar 2018.
  4. Marielouise Cremer: Hieros gamos im Orient und in Griechenland. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik. Band 48, 1982, S. 283–290.
  5. Petrus Hotton: Thesaurus Phytologicus. Das ist: Neu-eröffneter und reichlich-versehener Kräuter-Schatz: Worinnen Alle in der Artzney-Kunst gebräuchliche Gewächse, welche in allen 4. Theilen der Welt, sonderlich aber in Europa herfürkommen […]. Johann Leonhard Buggel und Johann Andreas Seitz, 1738, S. 541.
  6. Heinrich Marzell: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen. 5 Bände, Leipzig, ab Band 3 Stuttgart/Wiesbaden, Band 4, S. 1207.
  7. Pausanias VII,4,4
  8. Wouter S. van den Berg (Hrsg.): Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolaï (Ms. 15624–15641, Kon. Bibl. te Brussel) met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolaï. Hrsg. von Sophie J. van den Berg, N. V. Boekhandel en Drukkerij E. J. Brill, Leiden 1917, S. 196.
  9. Heinz Schilcher: Leitfaden Phytotherapie. Urban & Fischer, München 2007, ISBN 978-3-437-55348-6, S. 147 f.
  10. Heinz Mehlhorn, Günter Schmahl, Jürgen Schmidt: Extract of the seeds of the plant Vitex agnus castus proven to be highly efficacious as a repellent against ticks, fleas, mosquitoes and biting flies. In: Parasitology Research. Band 95, Nr. 5, 2005, S. 363–365.
  11. D. E. Webster, J. Lu, S.-N. Chen, N. R. Farnsworth, Z. Jim Wang: Activation of the μ-opiate receptor by Vitex agnus-castus methanol extracts: Implication for its use in PMS. In: Journal of Ethnopharmacology. Band 106, Nr. 2, 2006, S. 216–221, doi:10.1016/j.jep.2005.12.025, PMID 16439081.
  12. D. E. Webster, Y. He, S. N. Chen, G. F. Pauli, N. R. Farnsworth, Z. J. Wang: Opioidergic mechanisms underlying the actions of Vitex agnus-castus L. In: Biochemical Pharmacology. Band 81, Nr. 1, 1. Januar 2011, S. 170–177.
  13. Zsuzsanna Hajdú, Judit Hohmann u. a.: Diterpenoids and flavonoids from the fruits of Vitex agnus-castus and antioxidant activity of the fruit extracts and their constituents. In: Phytotherapy Research. Band 21, 2007, S. 391, doi:10.1002/ptr.2021.
  14. W. Wuttke, H. Jarry, V. Christoffel, B. Spengler, D. Seidlová-Wuttke: Chaste tree (Vitex agnus-castus) – Pharmacology and clinical indications. In: Phytomedicine. Band 10, 2003, S. 348–357.
  15. Paul Grant, Shamin Ramasamy: An Update on Plant Derived Anti-Androgens. In: International Journal of Endocrinology and Metabolism. Band 10, Nr. 2, 2012, S. 497–502, doi:10.5812/ijem.3644.
  16. C. Daniele, J. Thompson Coon, M. H. Pittler, E. Ernst: Vitex agnus castus: a systematic review of adverse events. In: Drug Safety. Band 28, Nr. 4, 2005, S. 319–332, doi:10.2165/00002018-200528040-00004, PMID 15783241.
  17. Chaste Tree. Drugs.com, abgerufen am 22. April 2015.