Kostenüberdeckung
Eine Kostenüberdeckung liegt in der Kostenrechnung und Plankostenrechnung vor, wenn die Istkosten in einer Rechnungsperiode oberhalb der Sollkosten liegen. Gegensatz ist die Kostenunterdeckung. Auch die künftig erst entstehenden Gesamtkosten unterliegen – wie alle Unternehmensdaten – einer Unternehmensplanung, die speziell Kostenplanung genannt wird. Um tatsächliche oder geplante Kosten voneinander zu unterscheiden, gibt es Istkosten und Sollkosten. Die Istkosten ergeben sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung, die Sollkosten aus der Plankostenrechnung.[1]
Ermittlung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Formal handelt es sich um eine Kostenunterdeckung , wenn die Istkosten niedriger sind als die Sollkosten:[2]
- .
Sind die Istkosten höher als die Sollkosten, liegt eine Kostenüberdeckung vor:[3]
- .
Kostenüber- und Kostenunterdeckung sind unerwünschte Planabweichungen, die durch die Abweichungsanalyse aufgedeckt werden.[4]
Anwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Vergleich zwischen Ist- und Sollkosten dient der Kostenkontrolle.
- Kostenkontrolle in der Kostenträgerzeitrechnung: Im Betriebsabrechnungsbogen werden Ist-Gemeinkosten mit Soll-Gemeinkosten verglichen, wodurch die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Kostenstellen überprüft werden kann.
- Kostenkontrolle in der Kostenträgerstückrechnung: Man vergleicht die mit Normalkosten durchgeführte Vorkalkulation mit der auf Istkosten basierenden Nachkalkulation für einen Kostenträger.
- Beispiel
In der Kostenträgerzeitrechnung können Über-/Unterdeckungen im Betriebsabrechnungsbogen ermittelt werden. Folgende Annahmen liegen dem Beispiel zugrunde: Ein Unternehmen kalkuliert mit Normal-Zuschlagsätzen, die sich als Durchschnittswert der Ist-Zuschlagsätze der vergangenen zwölf Monate ergeben haben:
Materialbereich | 10 % |
---|---|
Fertigungsbereich | 200 % |
Verwaltungsbereich | 20 % |
Vertriebsbereich | 15 % |
In der laufenden Rechnungsperiode sind die folgenden Einzelkosten entstanden:
Materialeinzelkosten | 100.000 € |
---|---|
Fertigungseinzelkosten | 25.000 € |
Es ergibt sich der folgende Betriebsabrechnungsbogen:
Kostenbereich | Material | Fertigung | Verwaltung | Vertrieb |
---|---|---|---|---|
Summe Ist-Gemeinkosten | 12.000 | 40.000 | 31.860 | 30.090 |
Zuschlagsgrundlage | 100.000 | 25.000 | 177.000 | 177.000 |
Ist-Zuschlagsatz | 12,00 % | 160,00 % | 18,00 % | 17,00 % |
Normal-Zuschlagsatz | 10,00 % | 200,00 % | 20,00 % | 15,00 % |
Normal-Gemeinkosten | 10.000 | 50.000 | 37.000 | 27.750 |
Über-/Unterdeckung | - 2.000 | + 10.000 | + 5.140 | - 2.340 |
Insgesamt liegt über alle Kostenbereiche eine Kostenüberdeckung von +10.800 € vor.
Erläuterungen zu den einzelnen Tabellenzeilen:
- Ist-Gemeinkosten
- Willkürliche Annahmen über die Höhe der Istkosten in der abgelaufenen Periode.
- Zuschlagsgrundlage
- Bei der Zuschlagsgrundlage im Material- und Fertigungsbereich handelt es sich um die Einzelkosten aus der Aufgabenstellung. Im Verwaltungs- und Vertriebsbereich gelten die Herstellungskosten auf Ist-Kostenbasis aus der nächsten Tabelle als Zuschlagsgrundlage: Herstellungskosten (HK) = Materialeinzelkosten (MEK) + Materialgemeinkosten (MGK) + Fertigungseinzelkosten (FEK) + Fertigungsgemeinkosten (FGK) = 177.000 €.
- Ist-Zuschlagsatz
- Quotient aus Ist-Gemeinkosten und Zuschlagsgrundlage
- Normal-Zuschlagsatz
- Annahme aus Aufgabenstellung
- Normal-Gemeinkosten
- In allen vier Kostenbereichen ergeben sich die Normal-Gemeinkosten als Produkt aus Normal-Zuschlagsatz und Zuschlagsgrundlage. Im Verwaltungs- und Vertriebsbereich gelten als Zuschlagsgrundlage die in der nächsten Tabelle ermittelten HK auf Normalkostenbasis (185.000 €).
- Über-/Unterdeckung
- Differenz zwischen Normal-Gemeinkosten und Ist-Gemeinkosten.
Istkosten | Normalkosten | Ü-/U-Deckung | |
---|---|---|---|
Materialeinzelkosten (MEK) | 100.000 | 100.000 | |
+ Materialgemeinkosten (MGK) | 12.000 | 10.000 | - 2.000 |
+ Fertigungseinzelkosten (FEK, Fertigungslöhne) | 25.000 | 25.000 | |
+ Fertigungsgemeinkosten (FGK) | 40.000 | 50.000 | + 10.000 |
= Herstellkosten (HK) | 177.000 | 185.000 | |
+ Verwaltungsgemeinkosten (VWGK) | 31.860 | 35.400 | + 5.140 |
+ Vertriebsgemeinkosten (VTGK) | 30.090 | 26.550 | - 2.340 |
= Selbstkosten (SK) | 238.950 | 249.750 | + 10.800 |
Kommunalabgabengesetz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kostenüberdeckung ist auch ein Rechtsbegriff des öffentlichen Rechts. Die landesrechtlichen Kommunalabgabengesetze (KAG) sehen beispielsweise in § 6 Abs. 4 KAG NRW vor, dass Kostenüberdeckungen am Ende eines Kalkulationszeitraumes (maximal drei Jahre) innerhalb der nächsten vier Jahre auszugleichen sind, Kostenunterdeckungen sollen innerhalb dieses Zeitraumes ausgeglichen werden. Werden die erhobenen Kommunalabgaben nicht im selben Jahr durch kommunale Ausgaben verbraucht, liegt eine kommunale Kostenüberdeckung vor. In diesem Falle sind gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB und § 43 Abs. 6 GemHVO NRW Rückstellungen zu bilden.[5]
Abgrenzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Kostendeckung ist ein Grundsatz der Preiskalkulation, wonach die Gesamtkosten durch die Umsatzerlöse oder Erträge gedeckt sein sollen. Sie betrifft daher ausschließlich die Gewinn- und Verlustrechnung und nicht auch die Plankostenrechnung.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Lothar Haberstock: Kostenrechnung I, Einführung mit Fragen, Aufgaben und Lösungen. 4., Auflage. Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler KG, Wiesbaden 1980, ISBN 3-470-70408-2.
- Wolfgang Kilger: Einführung in die Kostenrechnung. 3., durchgesehene Auflage. Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 1987, ISBN 3-409-21069-5.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Dieter Pentzek, Kostenplanung und Kostenkontrolle, 1996, S. 13
- ↑ Bernhard Pellens/Nils Crasselt/Walther Busse von Colbe, Lexikon des Rechnungswesens, 2011, S. 514
- ↑ Helmuth Jost, Kosten- und Leistungsrechnung, 1992, S. 250
- ↑ Josef Kloock, Kostenrechnungsprüfung, in: Wolfgang Lück (Hrsg.), Lexikon der Rechnungslegung und Abschlussprüfung, 1998, S. 484
- ↑ Institut der Wirtschaftsprüfer (Hrsg.), Fachnachrichten, 12/2010, S. 2