Vergrämung
Vergrämung bzw. Vergrämen (aus der Jägersprache, Wortherkunft von Gram: ursprüngliche Bedeutung „Groll“, heute eher „Sorge“) bezeichnet die wiederholte Störung und das dadurch bewirkte Vertreiben von Wildtieren.[1][2][3] Vergrämung wird sowohl im Wildtiermanagement[4] als auch bei Konflikten mit Wildtieren in Wohn- und Wirtschaftsgebäuden eingesetzt.
Methoden
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wenn die Störungen nicht mit unmittelbar negativen Erfahrungen verbunden sind, kann es zu Gewöhnungseffekten bei den Wildtieren kommen, welche die Wirksamkeit der Maßnahmen reduzieren (so z. B. bei der klassischen Vogelscheuche, welche nach kurzer Zeit ihren Effekt verliert).[4] Um den erwünschten Effekt zu erzielen, kann es zudem notwendig sein, dass die angewandten Vergrämungsmaßnahmen wiederholt werden müssen.[5] Andernfalls ist es möglich, dass die vergrämten Tiere zwar den betreffenden Ort wechseln bzw. meiden, es aber nicht zu einer Verknüpfung des unerwünschten Verhaltens mit dem Störreiz kommt und eine Verhaltensänderung des Tieres im Sinne einer negativen Konditionierung somit ausbleibt.[5] Damit es zu einer erfolgreichen, negativen Konditionierung kommt, ist es daher wichtig, dass das Tier im Rahmen der Vergrämung in klar erkennbaren Situationen wiederholt mit Strafreizen konfrontiert wird.[5]
Wenn Vergrämung mit dem Töten von Individuen, oder der Zerstörung von Nestern einhergeht, so unterliegt dies dem jeweiligen Naturschutz- bez. Jagdrecht. Dabei gelten für invasive Arten, wie z. B. Nutrias, oft andere Regelungen, als für im Gebiet heimische Arten.[6]
Mögliche Methoden zur Vergrämung sind:
- gezielte Tötung einzelner Individuen, um die übrigen Individuen zum Verlassen der Gegend zu bewegen,[4]
- Zerstörung von Nistplätzen (oder Gelegen), Schlafplätzen, Höhlen, Bauten, Rückzugsorten, u. ä.[7]
- Konfrontation mit natürlichen Fressfeinden, wie etwa Greifvögel im Rahmen der Beizjagd oder durch den Einsatz von Hunden,[4] oder deren Imitation, etwa durch Flugdrohnen oder Fesseldrachen[8]
- Schmerzimpulse, z. B. durch Gummigeschosse oder elektrische Schläge an Elektrozäunen[5]
- akustische Störungen, z. B. durch Schreckschusswaffen, Knallgeräte, Ultraschallgeräte, Sprengstoff (Vergrämungsexplosion),[9] Prädatorenrufe vom Tonband, o. ä.[10]
- optische Störungen, z. B. irritierende bzw. reflektierende Gegenstände[8]
- olfaktorische Störungen, z. B. unter Zuhilfenahme übelriechender Substanzen[10] oder dem gezielten Einsatz von Pheromonen
- bauliche Maßnahmen bei Wohn- und Wirtschaftsgebäuden (defensive Architektur, sowie nachträgliche, bauliche Veränderungen[11])
- unerreichbar aufbewahrte Abfälle, z. B. durch speziell gesicherte Behälter für Bio- und Restmüll, z. B. um Waschbären fernzuhalten[12]
Zur Durchführung der Vergrämungsmaßnahmen werden mitunter spezielle Personen angestellt, so z. B. mit den vor allem in historischen Zeiten existenten, sogenannten „Wingertschützen“ (auch Weinbergsschützen bzw. Feld-/Weinbergshüter) oder in neuerer Zeit die mit der Vogelabwehr zwecks Vermeidung von Vogelschlag beauftragten Berufsjäger an großen Flughäfen.[10][13]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ilse Haseder, Gerhard Stinglwagner: Knaurs Großes Jagdlexikon, Weltbild, Augsburg 2000, ISBN 3-8289-1579-5
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ vergrämen | Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft. In: Duden. Abgerufen am 17. Dezember 2020: „vergrämen [...] wiederholt stören und dadurch verscheuchen“
- ↑ vergrämen. In: DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 17. Dezember 2020: „vergrämen [...] wiederholt stören u. dadurch verscheuchen“
- ↑ Haseder, S. 831
- ↑ a b c d Geva Peerenboom, Fanny Betge, Christof Janko und Ilse Storch: Wildtiermanagement im Siedlungsraum – Ein Handbuch für Kreise und Kommunen in Baden-Württemberg. Professur für Wildtierökologie und Wildtiermanagement, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau, Freiburg im Breisgau 2020, ISBN 978-3-00-056272-3, Vergrämung, S. 63 (d-nb.info [PDF]).
- ↑ a b c d Ilka Reinhardt, Petra Kaczensky, Jens Frank, Felix Knauer, Gesa Kluth: Konzept im Umgang mit Wölfen, die sich Menschen gegenüber auffällig verhalten - Empfehlungen der DBBW (= BfN-Skripten. Nr. 502). Bundesamt für Naturschutz (BfN), Bonn 2018, ISBN 978-3-89624-239-6, S. 10, doi:10.19217/skr502 (archive.org [PDF; abgerufen am 1. Juni 2020]).
- ↑ Nutria. Management- und Maßnahmenblatt Bundesamt für Naturschutz, abgerufen am 2. September 2024
- ↑ Sascha Rösner, Thomas Isselbächer: Gutachten zur Abwehr von Vögeln in der Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz. Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz, Marburg a. d. Lahn 2003 (117 S., archive.org [PDF]).
- ↑ a b Wildgänse: Vergrämung. In: lfl.bayern.de. Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), abgerufen am 18. Dezember 2020.
- ↑ Hunderte Fische im Main qualvoll verendet: So gehen die Fischer mit dem Schaden um. 16. April 2019, abgerufen am 5. September 2021.
- ↑ a b c Sascha Rösner, Thomas Isselbächer: Gutachten zur Abwehr von Vögeln in der Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz. Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz, Marburg a. d. Lahn 2003 (117 S., archive.org [PDF]).
- ↑ Bauschäden. Marder vertreiben – so werden Sie Marder langfristig los Selber machen, abgerufen am 2. September 2024
- ↑ Waschbär im Garten? Spannende Fakten zum maskierten Bären. Intelligenz: Waschbär knackt jedes Schloss Lebendiges Museum Online, abgerufen am 1. September 2024
- ↑ David Krenz: Vogelvergrämer am Flugplatz: Alle Vögel sind schon weg. In: spiegel.de. DER SPIEGEL, 12. Januar 2012, abgerufen am 18. Dezember 2020.