Lobt Gott, ihr Christen alle gleich

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Nikolaus Herman: Lobt Gott, ihr Christen alle gleich, 1561 (1895)
EG 27 Lobt Gott, ihr Christen alle gleich (Orgel: Matthias Roth)
Als MIDI

Lobt Gott, ihr Christen alle gleich ist ein Kirchenlied zum Weihnachtsfest, dessen Text und Melodie von Nikolaus Herman (um 1480–1561) stammen und in den 1550er Jahren erstmals veröffentlicht wurden.

Überlieferungsgeschichte

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Weihnachts-Introitus Puer natus est nobis in gregorianischer Quadratnotation;[1] im Tetrardus authenticus:

Die Erstveröffentlichung des vollständigen Textes wird traditionell auf das Jahr 1560 datiert, als er zusammen mit der Melodie in Wittenberg gedruckt wurde.[2] Die Melodie war zuvor schon 1554 mit anderem Text Kommt her, ihr lieben Schwesterlein veröffentlicht worden.[3][4] Eine unfertige und druckfehlerbehaftete Frühfassung von Text und Melodie ist allerdings bereits um 1550 in einer Liedflugschrift Drey geistliche Weyhnacht/ lieder, vom Newgebornen kindlin Jesu/ für die kinder im Joachimstal nachweisbar.[5][6]

Die erste Zeile wird seit Beginn des 17. Jahrhunderts auch in der Variante Lobt Gott, ihr Christen, allzugleich gesungen.[3] So lautet meist auch die Überschrift von Orgelbearbeitungen aus dieser Zeit.

Das ursprünglich achtstrophige Weihnachtslied fand in einer sechsstrophigen Fassung (1.2.3.6.7.8) Aufnahme in das Evangelischen Gesangbuch (Nr. 27), in das ELKG Evangelisch-Lutherisches Kirchengesangbuch (Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche), und in das Mennonitische Gesangbuch (MG 262), sowie in einer vierstrophigen (1.2.3.8) in das katholische Gotteslob (GL 247; GLalt 134).

Thema des Textes ist die Kondeszendenz Gottes in der Menschwerdung des Sohnes und die Vergöttlichung des von der Sünde erlösten Menschen – der „fröhliche Wechsel“. Der Text wurde in mehrere Sprachen übersetzt.

1. Lobt Gott, ir Christen, alle gleich,
In seinem höchsten thron,
Der heut schleust auff sein Himelreich,
|: Und schenckt uns seinen Son. :|

2. Er kömpt aus seines Vaters schos
Und wird ein Kindlein klein,
Er leit dort elend, nackt und blos
|: In einem Krippelein. :|

3. Er eussert sich all seiner gewalt,
Wird nidrig und gering
und nimpt an sich eins knechts gestalt,
|: Der Schöpffer aller ding. :|

4. Er leit an seiner Mutter brust,
Ir milch, die ist sein speis,
An dem die Engel sehn irn lust,
|: Denn er ist Davids reis. :|

5. Das aus sein stamm entspriessen solt
In dieser letzten zeit,
Durch welchen Gott auffrichten wolt
|: Sein Reich, die Christenheit. :|

6. Er wechselt mit uns wunderlich,
Fleisch und Blut nimpt er an
und gibt uns inn seins Vatern reich
|: die klare Gottheit dran. :|

7. Er wird ein Knecht und ich ein Herr,
das mag ein Wechsel sein,
Wie könnd er doch sein freundlicher,
|: Das herze Jhesulein. :|

8. Heut schleust er wider auff die thür,
zum schönen Paradeis,
der Cherub steht nicht mehr darfür.
|: Gott sey lob, ehr und preis. :|[7]

Die Melodie zeigt Anklänge an geistliche Bergreihen.[8] Herman benutzte die Melodie eines Johannisreigens, dem er den Rhythmus einer Allemande gab.[9]

Die Weise zeigt aber auch deutliche Verwandtschaft mit der gregorianischen Introitus-Antiphon Puer natus est nobis (Ein Kind ist uns geboren), die im siebenten Kirchenton komponiert ist.[10]

Die durch Tonrepetitionen rhythmisch vorwärtsdrängende Melodie wurde vor allem im Barock vielfach musikalisch bearbeitet.

So finden sich auch im Werk Johann Sebastian Bachs gleich mehrere von der Fassung 1554 abweichende Varianten der Melodie. In der Sammlung Kirchenlied (1938) wurde die Melodiefassung von BWV 151/5 (Schlusschoral der Kantate Süßer Trost, mein Jesus kömmt) verwendet, was viele katholische Diözesangesangbücher aus der Zeit vor der Einführung des Gotteslob übernahmen:


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}
verse = \lyricmode {
  Heut schleußt er wie -- der auf die Tür
  zum schö -- nen Pa -- ra -- deis,
  der Che -- rub steht nicht mehr da -- für,
  Gott sei Lob, Ehr und Preis, __
  Gott sei Lob, Ehr und Preis.
}

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Ins Dänische übersetzt, „Nu vil vi sjunge og være glad…“, zuerst von Hans Christensen Sthen 1578, neu übersetzt 1848 von Carl Joachim Brandt, bearbeitet 1885 und aufgenommen in das dänische Gesangbuch für Sønderjylland 1925. Die Fassung von Brandt erschien dann im dänischen Kirchengesangbuch, Den Danske Salmebog, Kopenhagen 1953, Nr. 91, übernommen in Den Danske Salmebog, Kopenhagen 2002, Nr. 110. Auch im Gesangbuch der dänischen Heimvolkshochschulbewegung, Højskolesangbogen, 18. Ausgabe, Kopenhagen 2006, Nr. 221 (Melodie von Thomas Laub, 1881).[11]

Commons: Lobt Gott, ihr Christen alle gleich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Choralbuch aus dem Klarissenkloster Bamberg (entstanden um 1500)
  2. Die Sontags || Euangelia/ vnd von den || fürnembstẽ Festen vber das gantze || Jar/ Jn Gesenge gefasset für Christliche || Hausueter vnd jre Kinder/ Mit fleis || corrigirt/ gebessert vnnd || gemehret/|| Durch || Nicolaum Herman im || Joachimsthal.|| Ein Bericht/ auff was thon vnd || Melodey ein jedes mag gesun=||gen werden.|| Mit einer Vorrede D. Pauli || Eberi/ Pfarherrs der Kirchen || zu Witteberg.|| ... || urn:nbn:de:gbv:3:1-201393.
  3. a b Theo Mang, Sunhilt Mang (Hrsg.): Der Liederquell. Noetzel, Wilhelmshaven 2007, ISBN 978-3-7959-0850-8, S. 1014–1015.
  4. S. B. B. Developers: Digitalisierte Sammlungen der Staatsbibliothek zu Berlin. Abgerufen am 10. Januar 2024.
  5. Drey geistliche Weynacht||lieder/ vom Newgebornen || kindlin Jesu/ f#[ue]r die kin=||der im Jochimstal.|| N. H.|| o. O., o. J. [1555]; staatsbibliothek-berlin.de.
  6. Joachim Stalmann: 27 – Lobt Gott, ihr Christen alle gleich. In: Gerhard Hahn, Jürgen Henkys (Hrsg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Band 13. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-50337-9, S. 16–22.
  7. Rudolf Wolkan (Hrsg.) Die Sonntags-Evangelia von Nicolaus Herman (1561). Tempsky, Prag/Wien/Leipzig 1895, S. 28 f.; Textarchiv – Internet Archive.
  8. Gerhard Heilfurth: Das Bergmannslied. Kassel 1954, S. 62 f. Zitiert nach: Ingeborg Weber-Kellermann: Das Buch der Weihnachtslieder. Schott, Mainz 1982, ISBN 3-7957-2061-3, S. 107.
  9. Ingeborg Weber-Kellermann: Das Buch der Weihnachtslieder. Schott, Mainz 1982, ISBN 3-7957-2061-3, S. 106 f.
  10. Markus Bautsch: Über Kontrafakturen gregorianischen Repertoires – Puer natus est, abgerufen am 3. Dezember 2014
  11. Vgl. Otto Holzapfel: Liedverzeichnis: Die ältere deutschsprachige populäre Liedüberlieferung mit weiteren Hinweisen = Online Update Januar bis März 2022 = Germanistik im Netz / GiNDok [UB Frankfurt/M] = http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/ files = Liedverzeichnis = Update 2023 "www.ebes-volksmusik.de" (obere Adressleiste des Browsers).