Cristobalit

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Cristobalit
Offene und geschlossene Cristobalit-Kugel (weiß) in Obsidian (schwarz)
Größe: 5,9 cm × 3,8 cm × 3,8 cm
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Crs[1]

Chemische Formel SiO2
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/D.01
IV/D.01-030

4.DA.15
75.01.01.01
Ähnliche Minerale Quarz, Tridymit, Coesit
Kristallographische Daten
Kristallsystem tetragonal (α-Cristobalit)
kubisch (β-Cristobalit)
Kristallklasse; Symbol tetragonal-trapezoedrisch; 422
hexakisoktaedrisch; 4/m32/m
Häufige Kristallflächen {111}
Zwillingsbildung häufig, Durchdringungszwillinge nach dem Spinell-Gesetz; Verwachsungsebene (111)
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 6,5
Dichte (g/cm3) 2,33
Spaltbarkeit keine
Bruch; Tenazität muschelig
Farbe farblos, weiß, zum Teil gelblich; farblos im Dünnschliff
Strichfarbe weiß
Transparenz durchscheinend bis undurchsichtig
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindex n = 1,485 bis 1,487
Doppelbrechung δ = 0,003
Optischer Charakter negativ (α-Cristobalit)
Achsenwinkel 2V = k. A.
Pleochroismus nicht bekannt
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten unlöslich in Wasser und Säuren,
Ausnahme: Flusssäure (HF)
Gut löslich in Natriumcarbonat-Schmelzen (Na2CO3)
Besondere Merkmale keine

Cristobalit ist ein eher selten vorkommendes Mineral und eine natürlich auftretende Hochtemperatur-Modifikation des Siliciumdioxids (SiO2). Chemisch betrachtet ist es damit eine kristalline Form des Anhydrids der Kieselsäure. Cristobalit selbst existiert in zwei Modifikationen, tetragonaler α-Cristobalit (Tiefcristobalit) und kubischer β-Cristobalit (Hochcristobalit), die strukturell sehr eng miteinander verwandt sind. Letztere kristallisiert in einer vom Diamant abgeleiteten Struktur und ist damit auch vergleichbar mit der Kristallstruktur der Zinkblende (ZnS).

Etymologie und Geschichte

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Die Erstbeschreibung von Cristobalit geht auf Gerhard vom Rath aus dem Jahr 1884 zurück. Der Name leitet sich von der Typlokalität in der Nähe von San Cristóbal (Chiapas, Mexiko) ab.[2] Die erste Strukturaufklärung von Cristobalit mit Hilfe der Röntgenbeugung erfolgte 1925.[3]

Nach der Strunz’schen Systematik, die die Minerale nach ihrer chemischen Zusammensetzung ordnet, wird Cristobalit in der Mineralklasse der Oxide mit einem Stoffmengenverhältnis Metall:Sauerstoff=1:2 eingeordnet und ist dort zusammen mit Coesit, Melanophlogit, Mogánit, Opal, Quarz, Stishovit und Tridymit Mitglied der Quarzgruppe.

Die Systematik von Dana ordnet die Minerale nach ihrer Kristallstruktur und da beide Cristolbalit-Modifikationen aus über alle vier Ecken verknüpften [SiO4]-Tetraedern aufgebaut sind, bei der sich für Silicium eine Koordinationszahl von 4 und für Sauerstoff von 2 ergibt, werden diese nach der Systematik von Dana den Gerüstsilikaten zugeordnet.

Kristallstruktur

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Cristobalit bildet sich bei Temperaturen oberhalb von 1470 °C und liegt bei Standardbedingungen als metastabiler α-Cristobalit vor. Die Tieftemperaturform α-Cristobalit (Tiefcristobalit) wandelt sich bei Temperaturen von ca. 240–275 °C (abhängig von der Reinheit) in die Hochtemperaturform β-Cristobalit (Hochcristobalit) um. Die höhere Symmetrie des β-Cristobalit kommt dabei durch eine gekoppelte Drehschwingung der [SiO4]-Tetraeder zustande, wodurch sich der Bindungswinkel der Si-O-Si-Bindungen von 147° im tetragonalen α-Cristobalit in 180° ändert. Streng genommen ist die höhere Symmetrie nur eine Momentaufnahme der fortdauernden Schwingungen der Tetraeder, die gemittelt die kubische Symmetrie ergibt. Unterhalb von ca. 240 °C frieren die Schwingungen ein und die niedrigere tetragonale Symmetrie ist beobachtbar.

Der Schmelzpunkt von Cristobalit beträgt 1713 °C.[4]

Im Dünnschliff unter dem Mikroskop zeigt Cristobalit noch schwächere Licht- und Doppelbrechung als Quarz. Ersteres führt zu einem negativen Relief gegenüber stärker lichtbrechenden Mineralen, das Zweite zu blassen Grautönen bei der Beobachtung unter gekreuzten Polarisatoren. Ein markantes Merkmal ist häufig die sogenannte „Ballenstruktur“: Bei der Umwandlung von Hoch- in Tief-Cristobalit tritt eine Volumenverminderung um etwa 7 % auf, was zur Ausbildung charakteristischer Kontraktionsrisse führt, die das Mineralkorn in rundliche Bruchstücke („Ballen“) zerteilen.[5]

Modifikationen und Varietäten

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Cristobalit existiert in zwei Modifikationen, dem tetragonalen α-Cristobalit (Tiefcristobalit) und dem kubischen β-Cristobalit (Hochcristobalit). Beide Strukturen bestehen aus eckenverknüpften [SiO4]-Tetraedern, die sich nur darin unterscheiden, dass die Tetraeder leicht unterschiedlich zueinander verdreht sind. Die kristallographischen Daten beider Modifikationen sind in der Tabelle angegeben.

Kristallographische Daten für Cristobalit
Modifikation α-Cristobalit[6] β-Cristobalit[7]
Alternativname Tiefcristobalit Hochcristobalit
Kristallsystem tetragonal kubisch
Kristallklasse tetragonal-trapezoedrisch; 422 hexakisoktaedrisch; 4/m32/m
Raumgruppe P41212 (Nr. 92)Vorlage:Raumgruppe/92 Fd3m (Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227[8]
Gitterparameter a = 4,98 Å
c = 6,95 Å
a = 7,1315[9] - 7.166[7] Å
Zahl der Formeleinheiten (Z) 4 8

Als einzige bisher bekannte Varietät wird der knollig-traubig bis faserig entwickelte Lussatit genannt. [10]

Bildung und Fundorte

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Gelartiger Cristobalit aus Sarliève, Cournon-d’Auvergne, Auvergne, Frankreich (Sichtfeld 3 mm)
Mikrokristalline Paragenese aus Pseudobrookit (gelber Sphärolith), Hämatit (rötliche Nadel) und Cristobalit (weiße Kügelchen an der Hämatitnadel) vom Berg Wannenköpfe bei Ochtendung, deutsche Vulkaneifel

Cristobalit ist als primärer Bestandteil der Grundmasse von SiO2-reichen Vulkaniten bekannt, aber selten. Häufiger tritt er als Neubildung bei der Entglasung saurer vulkanischer Gläser wie Obsidian oder glasreichem Rhyolith auf. Als metamorphe Neubildung tritt Cristobalit etwa in SiO2-reichen Bildungen der Sanidinit-Fazies, wie etwa manchen Buchiten, aber auch in Impaktiten auf. Daneben bildet er einen röntgenographisch nachweisbaren Bestandteil mancher Opale.[5]

Von Cristobalit sind 372 Fundorte bekannt.[11]

In Deutschland ist eine Vielzahl von Fundorten bekannt. Die meisten von ihnen liegen in Rheinland-Pfalz im Eifel-Gebirge, andere Fundorte in Rheinland-Pfalz sind der Königsberg bei Wolfstein im Nordpfälzer Bergland oder bei Braubach im Rhein-Lahn-Kreis. In Bayern gibt es einen Fundort im Fichtelgebirge, in Schwaben und in der Oberpfalz. Auch in Hessen gibt es drei Fundorte. In Nordrhein-Westfalen gibt es zwei Fundorte bei Aachen und einen im Sauerland. In Sachsen gibt es einen Fundort, in Königshain bei Görlitz in der Oberlausitz. In Thüringen gibt es einen Fundort bei Gera.

In Österreich gibt es sechs Fundorte. Im Burgenland gibt es einen Fundort am Pauliberg bei Kobersdorf im Bezirk Oberpullendorf und einen in Kohfidisch im Bezirk Oberwart. In Kärnten gibt es einen Fundort in der Gemeinde St. Paul im Lavanttal im Bezirk Wolfsberg. Drei Fundorte gibt es in der Steiermark: Einer in Bad Gleichenberg, einer in Bad Radkersburg und einer in Graz.

In der Schweiz wurde bisher nur ein Fundort entdeckt, nämlich in Breno in der Gemeinde Alto Malcantone im Kreis Breno im Kanton Tessin.

Weitere Fundorte gibt es in Algerien, der Antarktis, Argentinien, Australien, Aserbaidschan, Bolivien, Brasilien, Chile, China, Costa Rica, Dänemark, Ecuador, Fidschi, Frankreich, Georgien, Griechenland, Island, Indien, im Indischen Ozean, Indonesien, Israel, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan, Mexiko, Mosambik, Namibia, Neuseeland, Nigeria, im Pazifischen Ozean, Pakistan, Papua-Neuguinea, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Saint Lucia, der Slowakei, Spanien, Tunesien, der Türkei, Ungarn, der Ukraine, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten von Amerika.[12]

Auch außerhalb der Erde konnte Cristobalit nachgewiesen werden. Zum einen fand er sich in Gesteinsproben vom Krater Gale auf dem Mars[13] und zum anderen in verschiedenen Gesteinsproben auf dem Mond in der Nähe der Landestellen der Mondmissionen Apollo 11, Apollo 14, Apollo 16 und Apollo 17.[14]

Synthetische Herstellung

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Cristobalit wird technisch aus reinem Quarzsand bei hohen Temperaturen hergestellt.

Verwendung als Schmuckstein: Schneeflockenobsidian

Cristobalit zeichnet sich durch seine hohe Weiße aus. Durch die starke Reflexion hat es als Pigment eine sehr hohe Farbsättigung. Es ist nicht so reinweiß wie Titandioxid (Titanweiß), jedoch weitaus leuchtkräftiger.

Es wird vor allem in verschiedenen Korngrößen als Pigment und Füllstoff verwendet, Feinmehle < 0,1 mm und Feinstmehle 8–12 µm in Farbmitteln, Grobmehle und Körnung für Wandputz. Cristobalitmehle finden weiterhin in Dentalkeramiken und Dichtstoffen Verwendung.

Obsidiane (vulkanisches Glas) mit eingeschlossenen Cristobalit-Kristallen finden häufig unter dem Handelsnamen Schneeflockenobsidian als Schmucksteine oder in Form kleiner Skulpturen Verwendung.

  • G. von Rath: Ueber cristobalit vom Cerro S. Cristóbal bei Pachuca (Mexico) In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaontologie, 1887, S. 198–199 (PDF)
  • W. A. Dollase: Reinvestigation of the structure of low cristobalite In: Zeitschrift für Kristallographie, Band 121, 1965, S. 369–377, doi:10.1524/zkri.1965.121.16.369 (PDF)
  • W. A. Deer, R. A. Howie, J. Zussman: An Introduction to the Rock Forming Minerals. Prentice Hall, Harlow 1992, ISBN 0-582-30094-0, S. 457 f. (englisch)
  • M. Okrusch, S. Matthes: Mineralogie. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-23812-3
  • U. Müller: Anorganische Strukturchemie. 5. Aufl., Teubner, Stuttgart 2006, ISBN 3-8351-0107-2, S. 184 f.
Commons: Cristobalite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. Füllstoffe (Memento vom 21. September 2008 im Internet Archive), Kremer Pigmente
  3. R. W. G. Wyckoff: The crystal structure of the high temperature form of cristobalite. In: American Journal of Science. Serie 5, Nr. 9, 1925, S. 448–459.
  4. William Alexander Deer, Robert Andrew Howie, J. Zussman: An Introduction to the Rock Forming Minerals Longman Scientific & Technical, 1966, S. 340–355, ISBN 978-0-582-44210-8
  5. a b W. E. Tröger: Optische Bestimmung der gesteinsbildenden Minerale. 2. Auflage. Band 2. Schweizerbart, Stuttgart 1969, S. 97–98.
  6. W. A. Dollase: Reinvestigation of the structure of low Cristobalite. In: Zeitschrift fuer Kristallographie, Kristallgeometrie, Kristallphysik, Kristallchemie. Nr. 121, 1965, S. 369–377, doi:10.1524/zkri.1965.121.16.369 (PDF 410,9 kB)
  7. a b D. R. Peacor: High-temperature single-crystal study of the cristobalite inversion. In: Zeitschrift für Kristallographie, Kristallgeometrie, Kristallphysik, Kristallchemie. Nr. 138, 1973, S. 127–220, doi:10.1524/zkri.1973.138.jg.274.
  8. 2.2.3.10 β-Cristobalit-Struktur. In: R. Alsfasser, Christoph Janiak, T. M. Klapötke, H.-J. Meyer: Moderne Anorganische Chemie. Hrsg.: Erwin Riedel. 3. Auflage. De Gruyter, Berlin [u. a.] 2007, ISBN 978-3-11-019060-1, S. 196. (abgerufen über De Gruyter Online)
  9. A. F. Wright, A. J. Leadbetter: The Structures of the β-Cristobalite Phases of SiO2 and AlPO4. In: The Philosophical Magazine: A Journal of Theoretical Experimental and Applied Physics. Volume 31, 1975, S. 1391–1401. [1]
  10. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 5. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2008, ISBN 978-3-921656-70-9.
  11. Mindat – Cristobalite
  12. Fundortliste für Cristobalit beim Mineralienatlas und bei Mindat
  13. Mindat – Fundort Gale Crater, Aeolis quadrangle, Mars
  14. Mindat – Fundorte für Cristobalit auf dem Mond an den Landeplätzen der Missionen Apollo 11, Apollo 14, Apollo 16 und Apollo 17