Margarethe Ottillinger
Margarethe Ottillinger (auch Ottilinger; * 6. Juni 1919 in Steinbach[1], Niederösterreich; † 30. November 1992 ebenda) war eine österreichische Beamtin und Managerin.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Margarethe Ottillinger studierte an der damaligen Hochschule für Welthandel (heute Wirtschaftsuniversität) in Wien und promovierte 1941 zur Doktorin der Handelswissenschaften.[1] Nach Kriegsende arbeitete sie als Konsulentin beim österreichischen Bundesminister für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung, Peter Krauland.
Am 5. November 1948 wurde Ottillinger an der alliierten Zonengrenze (Ennsbrücke) auf dem Weg nach Wien von sowjetischen Soldaten aus Kraulands Auto heraus verhaftet, wegen „Spionage“ zu 25 Jahren Haft verurteilt und verbrachte sieben Jahre in sowjetischen Gefängnissen. Ob es sich bei dieser Aufsehen erregenden Affäre um einen „Schuss vor den Bug“ des als sehr US-freundlich geltenden Ministers handelte oder ob dieser sogar selbst in die Affäre Ottillinger verwickelt war, wie der Journalist Beppo Beyerl 2006 andeutete, ist unklar.[2]
1955 wurde Ottillinger schwerkrank aus der Haft entlassen und kehrte nach Österreich zurück, wo sie am 25. Juni in Wiener Neustadt eintraf.[3] Das Bild, das sie auf einer Trage liegend zeigte, ging um die Welt. Noch im selben Jahr nahm sie ihre Tätigkeit in der OMV Aktiengesellschaft auf. Bereits 1956 wurde sie als einzige Frau in den Vorstand berufen und hatte diese Position bis zu ihrer Pensionierung 1982 inne.[1]
Schon 1956 wurde sie von der sowjetischen Justiz rehabilitiert.[2] Am 16. März 1994, also posthum, wurde sie auf Basis des russischen „Gesetzes über die Rehabilitierung von Opfern politischer Repressionen“ von allen ihr zur Last gelegten Vorwürfen endgültig freigesprochen.[3]
Die tiefgläubige Ottillinger trat unter anderem als großzügige Förderin des Baus der sogenannten Wotrubakirche auf. In ihren letzten Jahren trat sie als Terziarin in die Ordensgemeinschaft der Servitinnen ein. Sie wurde am Friedhof Mauer bestattet.[4] Der Platz vor dieser Kirche in Wien-Liesing (23. Bezirk) wurde im Jahr 2012[5] (Einweihung am 9. Juni 2013[6]) nach ihr Ottillingerplatz benannt. 2017 wurde nach ihr der Margarete-Ottillinger-Park in Liesing benannt.[7][8]
Rezeption und Nachwirken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Leben und Wirken wurde im Rahmen einer Universum History-Dokumentation mit Ursula Strauss unter dem Titel Spiel mit dem Feuer – Der Fall Margarethe Ottilinger im Jahr 2015 verfilmt.[9]
Ihrem Leben widmet sich auch ein Einpersonenstück im Rahmen des Formats Portraittheater, das am 17. Oktober 2022 im Theater Drachengasse und der Wirtschaftsuniversität Wien Uraufführung feierte. Anita Zieher spielt Margarethe Ottillinger nach Originalzitaten und Texten von Sandra Schüddekopf.[10]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Catarina Carsten: Der Fall Ottillinger. Eine Frau im Netz politischer Intrigen. Herder, Wien u. a. 1983, ISBN 3-210-24728-5.
- Stefan Karner (Hrsg.): Geheime Akten des KGB. „Margarita Ottilinger“. Leykam, Graz 1992, ISBN 3-7011-7261-7. (PDF)
- Ingeborg Schödl: Im Fadenkreuz der Macht. Das außergewöhnliche Leben der Margarethe Ottillinger. Czernin, Wien 2004, ISBN 3-7076-0175-7.
- Stefan Karner (Hrsg.): Im Kalten Krieg der Spionage: Margarethe Ottillinger in sowjetischer Haft 1948–1955. Unter Mitarbeit von Sabine Nachbaur, Dieter Bacher und Harald Knol, Studien Verlag, Innsbruck 2016, ISBN 978-3-7065-5521-0.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eintrag zu Margarethe Ottillinger im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Die Entführung der Margarethe Ottilinger
- Zeitungsartikel über Margarethe Ottillinger in den Historischen Pressearchiven der ZBW
- Zeitungsartikel zu Margarete Ottillinger Österreichische Nationalbibliothek
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c Margarethe Ottillinger: das bewegte Leben der ersten OMV Vorstandsdirektorin OMV Blog: Die faszinierende Welt der OMV vom 1. März 2016.
- ↑ a b Beppo Beyerl: Margarethe Ottilinger – Eine energische Kämpferin. Wiener Zeitung vom 24. Juni 2006.
- ↑ a b Die Entführung der Margarethe Ottillinger Die Presse vom 24. April 2013.
- ↑ Grabstelle Margarethe Ottillinger, Wien, Friedhof Mauer, Gruppe 59, Reihe 1, Nr. 31.
- ↑ Straßenlexikon. 21. Oktober 2014, abgerufen am 13. August 2023.
- ↑ Ottillingerplatz wird in Mauer eingeweiht. 29. Mai 2013, abgerufen am 13. August 2023.
- ↑ mandl_mcapelli: Liesing - Sitzung der Bezirksvertretung Liesing am 29. Juni 2017. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 10. Dezember 2017; abgerufen am 10. Dezember 2017.
- ↑ Was haben Dr. BERTHA NEUMANN, Dr. MARGARETE OTTILLINGER & Dr. HELENE LIESER gemeinsam? Abgerufen am 29. Dezember 2018.
- ↑ SPIEL MIT DEM FEUER – DER FALL MARGARETHE OTTILLINGER auf Epo-Film abgerufen am 4. September
- ↑ Auftritt für starke Frauen: Das außergewöhnliche Leben der OMV-Managerin Margarethe Ottilinger. Der Standard vom 25. Oktober 2022
Personendaten | |
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NAME | Ottillinger, Margarethe |
ALTERNATIVNAMEN | Ottilinger, Margarete; Ottilinger, Margarita |
KURZBESCHREIBUNG | österreichische Beamtin und Managerin, Opfer des Stalinismus |
GEBURTSDATUM | 6. Juni 1919 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 30. November 1992 |
STERBEORT | Wien |