Mechlorethamin

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Strukturformel
Struktur von Mechlorethamin
Allgemeines
Freiname Chlormethin[1]
Andere Namen
  • 2-Chlor-N-(2-chlorethyl)-N-methylethanamin (IUPAC)
  • N,N-Bis(2-chlorethyl)-N-methylamin
  • Bis(2-chlorethyl)(methyl)azan
  • Stickstofflost
  • N-Lost
  • HN2
Summenformel C5H11Cl2N
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 200-120-5
ECHA-InfoCard 100.000.110
PubChem 4033
ChemSpider 3893
DrugBank DB00888
Wikidata Q418011
Arzneistoffangaben
ATC-Code

L01AA05

Wirkstoffklasse

Alkylantien

Eigenschaften
Molare Masse 156,05 g·mol−1
Dichte

1,12 g·cm−3 (bei 25 °C)[2]

Schmelzpunkt

−60 °C[2]; 109–111 °C (Hydrochlorid)[3]

Siedepunkt

87 °C (bei 24 hPa)[2]

Dampfdruck

0,39 hPa (bei 20 °C)[2]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[4]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 300​‐​314​‐​317​‐​334​‐​350
P: 201​‐​261​‐​264​‐​280​‐​301+310​‐​305+351+338[4]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Mechlorethamin (auch Chlormethin, Stickstofflost) ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Zytostatika zur Therapie von Morbus Hodgkin und anderen Krebserkrankungen.

Die Substanz wirkt als Alkylans und ist stark zellgiftig.

Pharmazeutische Verwendung

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Der Wirkstoff wird als Salz der Salzsäure, Mechlorethaminhydrochlorid[5] bzw. Chlormethinhydrochlorid, verwendet.[3] Chlormethinhydrochlorid ist ein weißer bis cremefarbener, kristalliner hygroskopischer Feststoff, der sehr schwer löslich in Wasser, teilweise löslich in Ethanol und löslich in Aceton ist.[6]

Klinische Angaben

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Mechlorethamin wird angewendet zur palliativen Therapie bei generalisiertem Morbus Hodgkin. Ebenfalls kann es beim Bronchialkarzinom und generalisiertem Lymphosarkom eingesetzt werden.[7] Es zeigte in Studien beim Plattenepithelkarzinom der Lunge gegenüber anderen Alkylantien Vorteile in der Überlebensrate der Patienten.

Bei chronischen Leukämien und ebenfalls bei akuten Leukämien ist es nicht die Therapie der Wahl. Auf Notfallsituationen sollte es beschränkt bleiben, wenn es notwendig ist, eine rasche Verminderung einer bedrohlich hohen Leukozytenzahl zu erreichen.

Kontraindikationen

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Bei Patienten mit durch Knochenmarkbefalls hervorgerufener Thrombozytopenie, Leukopenie und Anämie sollte der Einsatz unter Einbeziehung des Risikos der Verstärkung dieser Blutbildungstörungen abgewägt werden. Beim Vorliegen von Infektionskrankheiten ist die Anwendung von Mechlorethamin kontraindiziert.

Wechselwirkungen

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Eine Impfung mit Lebendvirus-Impfstoffen sollte nur nach Abklärung des hämatologischen Status erfolgen, da Mechlorethamin einen immunsupprimierenden Effekt aufweist.

Schwangerschaft und Stillzeit

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Stickstoff-Loste können fetale Missbildungen verursachen, besonders in der Frühschwangerschaft. Daher ist bei der Verabreichung an Frauen das voraussichtliche Risiko abzuwägen. Bei schwangeren Patientinnen sollte bis zum dritten Trimenon die Anwendung vermieden werden.

Unerwünschte Wirkungen

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Übelkeit, Erbrechen und Auswirkungen auf das blutbildende System können zur Dosislimitierung zwingen. Haarausfall und Schwerhörigkeit können auftreten. Ebenfalls sind Appetitlosigkeit, Schwäche und Diarrhoe bei der Therapie mit Mechlorethamin beschrieben.

Studien berichten über eine immunsuppressive Wirkung von Mechlorethamin. Nachgewiesen ist ein hemmender Effekt von Mechlorethamin auf den Metabolismus von Lymphozyten.[8][9] Der Einsatz des Mechlorethamin kann Patienten für bakterielle, virale oder Pilzinfekte prädisponieren.

Ein Teil von Patientinnen, die gegen Morbus Hodgkin nach dem MOPP-Schema (Mechlorethamin, Vincristin, Procarbazin, Prednison) behandelt wurden, entwickelten eine sekundäre Amenorrhoe.[10]

Mycosis fungoides

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Mechlorethamin wird auch in der topischen Behandlung eines kutanen T-Zell-Lymphoms vom Typ der Mycosis fungoides eingesetzt. Diese Indikation ist seit den 1950er Jahren beschrieben.[11] Zugelassen ist Mechlorethamin für diesen Anwendungsgebiet in den USA seit 2013 als Valchlor,[12] in der EU seit 2017 als Ledaga.[13] Es wird als Gel auf die erkrankten Hautstellen aufgetragen.[7] Eine systemische Bioverfügbarkeit ist bei der dermalen Anwendung vernachlässigbar.[7][14] Als unerwünschte Wirkungen traten in den Zulassungsstudien sehr häufig Dermatitiden, Juckreiz und Hautinfektionen und häufig Hautulzerationen und Blasenbildung sowie Hyperpigmentierung der Haut auf.[13]

Pharmakologische Eigenschaften

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Pharmakodynamik

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Die zytotoxische Wirkung des Mechlorethamin beruht als biologischer alkylierender Wirkstoff auf Einzel- und Doppelstrangbrüchen in der DNA von rasch proliferierenden Zellen. Die Toxizität ist mit einer LD50 (Ratte, i.v.) von 1,1 mg des Hydrochlorids pro kg Körpergewicht hoch.[3] In vitro zeigte Mechlorethamin toxische Effekte auf Zellen des Respirationstraktes bei Säugetieren.[15]

Pharmakokinetik

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Nach intravenöser Gabe wird es schnell in einen reaktiven Metaboliten umgewandelt. Die Ausscheidung erfolgt renal.

Handelspräparate

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Über den Safe Drinking Water and Toxic Enforcement Act of 1986 besteht in Kalifornien seit 1. Januar 1988 eine Kennzeichnungspflicht für Produkte, die Mechlorethamin enthalten.[16] Am 1. April 1988 wurde die Kennzeichnungspflicht auf das Hydrochloride erweitert.[17]

Einzelnachweise

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  1. INN Recommended List 4, World Health Organisation (WHO), 9. März 1962.
  2. a b c d Eintrag zu N-Methylbis(2-chlorethyl)amin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 1. Juni 2008. (JavaScript erforderlich)
  3. a b c Eintrag zu Chlormethin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 14. Juli 2019.
  4. a b Datenblatt Mechlorethamine hydrochloride bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 9. April 2011 (PDF).
  5. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Mechlorethaminhydrochlorid: CAS-Nr.: 55-86-7, EG-Nr.: 200-246-0, ECHA-InfoCard: 100.000.224, PubChem: 5935, ChemSpider: 5722, DrugBank: DBSALT000904, Wikidata: Q27124263.
  6. Assessment report Ledaga. Europäische Arzneimittelagentur, 15. Dezember 2016. [1]
  7. a b c Gerd Geisslinger, Sabine Menzel, Thomas Gudermann, Burkhard Hinz, Peter Ruth: Mutschler Arzneimittelwirkungen. Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie. Begründet von Ernst Mutschler, 11. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2020, ISBN 978-3-8047-3663-4. S. 854.
  8. Kenar et al. Effect of nitrogen mustard, a vesicant agent, on lymphocyte energy metabolism. Clin Chem Lab Med. 2006, PMID 17032138
  9. Purzyc et al. The influence of mechlorethamine on the activity of ecto-ATPase of rat lymphocytes. Ann Pharm Fr. 2001, PMID 11223577
  10. Schilsky et al. Long-term follow up of ovarian function in women treated with MOPP chemotherapy for Hodgkin's disease. Am J Med, 1981, PMID 7282743
  11. Kim YH. Management with topical nitrogen mustard in mycosis fungoides. In: Dermatologic Therapy. 2003, PMID 14686971.
  12. NDA 202317, FDA.
  13. a b Ledaga, Europäische Arzneimittelagentur.
  14. Chlormethin|Ledaga®|86|2019, Pharmazeutische Zeitung, Stand: 31. Mai 2021.
  15. Giuliani et al. Toxic effects of mechlorethamine on mammalian respiratory mucociliary epithelium in primary culture. Cell Biol Toxicol. 1994, PMID 7895152
  16. Nitrogen Mustard (Mechlorethamine). OEHHA, 1. Januar 1988, abgerufen am 2. Oktober 2024 (englisch).
  17. Nitrogen Mustard Hydrochloride (Mechlorethamine Hydrochloride). OEHHA, 1. April 1988, abgerufen am 2. Oktober 2024 (englisch).
  1. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Mechlorethaminhydrochlorid: CAS-Nr.: 55-86-7, EG-Nr.: 200-246-0, ECHA-InfoCard: 100.000.224, PubChem: 5935, ChemSpider: 5722, DrugBank: DBDBSALT000904, Wikidata: Q27124263.