Jangtse-Glattschweinswal

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Jangtse-Glattschweinswal

Jangtse-Glattschweinswal

Systematik
Ordnung: Wale (Cetacea)
Überfamilie: Delfinartige (Delphinoidea)
Familie: Schweinswale (Phocoenidae)
Gattung: Glattschweinswale (Neophocaena)
Art: Östlicher Glattschweinswal (Neophocaena asiaeorientalis)
Unterart: Jangtse-Glattschweinswal
Wissenschaftlicher Name
Neophocaena asiaeorientalis (asiaorientalis)
Pilleri & Gihr, 1972

Der Jangtse-Glattschweinswal (Neophocaena asiaeorientalis (asiaeorientalis)) ist eine Art oder Unterart aus der Familie der Schweinswale, die ausschließlich im Jangtse-Fluss in der Volksrepublik China vorkommt. Die Systematik der Glattschweinswale ist umstritten.

Glattschweinswale erreichen eine Länge von 1,30 bis 2,27 Metern und werden etwa 40 bis 72 Kilogramm schwer. Die maximale Länge und das Maximalgewicht werden jedoch nur selten erreicht. Die Schädellänge liegt bei 21 bis 29,5 cm. Die Schnauze ist breit, kurz und zwischen 7,7 bis 9,7 cm lang. Der Kopf ist abgerundet und stumpf, mit einer steilen Stirn. Sie haben kleine Augen und kleine Zähne. Die Rückenflosse fehlt, stattdessen sind hinten Reihen von körnigen Erhebungen, die sich bis zur Vorderseite der Schwanzflosse erstrecken. Jüngste Forschungen ergeben, dass diese mit dem Nervensystem verbunden sind.[1][2]

Im Unterschied zu den meisten anderen Walen, deren Körper sich muskulös und fest anfühlt, ist der Rumpf des Jangtse-Glattschweinswal relativ weich. Die Färbung ist grau. Neugeborene sind dunkelgrau und werden mit zunehmendem Alter heller.[3]

Dieser Glattschweinswal ist sehr aktiv, schwimmt knapp unter der Oberfläche und überrascht mit plötzlichen, blitzschnellen Bewegungen. Wenn sie auftauchen – wobei sie sich gerne auf die Seite drehen –, bleibt die Wasseroberfläche beinahe ohne Bewegung. Sie stecken gelegentlich den Kopf aus dem Wasser, um sich umzusehen, springen aber sehr selten.[4] Sie sind- im Gegensatz zu den Verwandten im Meer- recht lebendig und haben sich am Bootsverkehr gewöhnt.[5] Die Glattschweinswale sind sehr gesellige Tiere. Meist sind sie in kleinen Gruppen von 3 bis 6 Tieren, selten bis zu 20 Tiere oder alleine unterwegs. Jungtiere bleiben stets am Rücken der Mutter. Wenn schlechtes Wetter bevorsteht, holen sie öfters Luft wegen des niedrigen Luftdrucks.[6] Sie haben die Fähigkeit, durch Lautäußerungen zu kommunizieren. Klicken, Pfeifen und Quietschen dienen der sozialen Bindung, der Navigation und der Suche nach Beute. Forscher haben sogar individuelle Stimmsignaturen gefunden, die es ihnen ermöglichen, sich gegenseitig zu erkennen.[7] Männchen sind im Alter von 4–5 Jahren, Weibchen im Alter von 5–6 Jahren geschlechtsreif. Die Tragzeit beträgt 11 Monate, die Stillzeit beträgt 6–15 Monate. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Tiere beträgt 20–30 Jahre, das älteste Tier wurde 33 Jahre alt.[8] Ihre Nahrung besteht aus kleinen Fischen, Krebsen und Garnelen.[3]

Verbreitung des Jangtse-Glattschweinswals

Lebensraum und Verbreitung

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Das Verbreitungsgebiet der Art ist begrenzt auf einen 1.700 Kilometer langen Abschnitt des Jangtsekiang samt seinen Nebenflüssen und Seen in Zentral- und Ostchina. Dieser reicht von der Mündung ins Ostchinesische Meer nahe Shanghai bis zum Mittellauf nahe dem Dreischluchten-Staudamm. Jetzt ist es stark geschrumpft bis auf den Jangtsekiang an sich und den Dongting-See und den Poyang-See. Das Verbreitungsgebiet der Glattschweinswale reicht nicht über diesen Flussabschnitt hinaus, da sich daran Stromschnellen als natürliches Hindernis anschließen.

Im 18. Jahrhundert wurden insgesamt vier Glattschweinswalarten beschrieben, wobei die Beschreibung in den meisten Fällen nur auf einem einzigen Exemplar beruhte. Die Gattung wurde 1899 durch den amerikanischen Zoologen Theodore Sherman Palmer beschrieben.[9] Im 20. Jahrhundert galt die Gattung als monotypisch mit Neophocaena phocaenoides als einziger Art und drei Populationen oder Unterarten.[10] 2011 wurde eine zweite, schon 1972 beschriebene Art revalidiert und die Gattung Neophocaena damit in die Arten Glattschweinswal (Neophocaena phocaenoides) und Östlicher Glattschweinswal (Neophocaena asiaeorientalis) aufgespalten. Letzterer wurde in zwei Unterarten aufgeteilt: den Jangtse-Glattschweinswal (N. a. asiaeorientalis) und die häufigere im Salzwasser lebende Unterart N. a. sunameri aus südkoreanischen und japanischen Gewässern.

Eine Studie aus dem Jahr 2018 sieht in den beiden Unterarten von N. asiaeorientalis jedoch zwei eigene Arten. Die signifikante Differenzierung der Populationen, der seit langer Zeit fehlende Genfluss und die einzigartige Divergenz durch die Anpassung an die unterschiedlichen Lebensräume, Salzwasser und Süßwasser, machten demnach deutlich, dass es sich um zwei Arten handelt.[10] In diesem Fall beschreibt der wissenschaftliche Name N. asiaeorientalis den Jangtse-Glattschweinswal und N. sunameri den Östlichen Glattschweinswal, was der ursprünglichen Beschreibung von Pilleri und Gihr aus dem Jahr 1972 entspricht.[10] Die Einordnung hat sich bisher nicht durchgesetzt.

Gefährdung und Bestandsentwicklung

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Jangtse-Glattschweinswale in Hälterung bei der Chinesischen Akademie der Wissenschaften

Durch die starken Eingriffe in den Lebensraum ist der Jangtse-Glattschweinswal sehr selten geworden. Die Wahrscheinlichkeit, in den nächsten 100 Jahren auszusterben, wird als hoch bewertet.[11] Die IUCN listet den ihn in der Kategorie „vom Aussterben bedroht“ (Critically Endangered).[12] In den letzten 40 Jahren ist der Bestand der Jangtse-Glattschweinswale rapide gesunken. So gab es in den 1990ern noch 3600 Tiere, nach einer Zählung im Jahr 2006 nur noch 1800, im Jahr 2017 noch 1012 Tiere. Danach hat sich der Bestand etwas erholt, bei einer Zählung am 28. Februar 2022 gab es 1249 Tiere, davon 595 im Jangtsekiang, 492 im Poyang-See und 162 im Dongting-See.[13]

Die Gefahren für die Glattschweinswale sind erheblich. Der stark gestiegene Schiffsverkehr führt häufig zu Kollision mit den Walen und beeinträchtigt durch den großen Lärmpegel ihre Kommunikation und Orientierungsfähigkeit. Viele Glattschweinswale verenden auch als Beifang in Netzen oder sterben durch illegale Fischfangmethoden. Die Sandbaggeraktivitäten auf dem Jangtse verändern den Flussgrund und beeinträchtigen darin lebende Kleinstlebewesen und die Beutefische der Wale. Durch die Überfischung wird die Beuteknappheit für den Schweinswal zusätzlich verstärkt. Vereinzelt kommt es auch zu Umweltunfällen am Jangtse, die im schlimmsten Fall zur Vergiftung ganzer Walgruppen führen.

Um die Artenvielfalt entlang des Flusses weiterhin zu erhalten, verhängte China im Januar 2020 ein vollständiges Fischereiverbot in 332 Schutzgebieten im Flussbecken des Jangtse-Flusses. Dieser Schritt wurde später auf ein 10-jähriges Moratorium für die Hauptströme und die bedeutenden Zuflüsse des Jangtse-Flusses ab dem 1. Januar 2021 erweitert.

Am 4. Februar 2021 überarbeitete China die Liste der gefährdeten Wildtiere des Landes und hob den Schutz von 65 Wildtierarten, darunter der Jangtse-Glattschweinswal, von der zweithöchsten auf die strengste Schutzstufe 1 an.[14] Internationale Organisationen wie der WWF setzen sich intensiv für den Schutz der Art ein und arbeiten dafür mit den chinesischen Institutionen und Behörden zusammen.[15][16]

Aufgrund der anhaltenden Schutzbemühungen konnten Schweinswale an Orten, an denen sie bereits verschwunden waren, wie Nantong oder Yangzizhouzhen am Ganjiang (Nebenfluss des Jangtsekiang) wieder gesichtet werden.[17][18][19]

Zusätzlich wurde ein Zuchtprogramm in menschlicher Obhut gestartet. Das Baiji-Delfinarium wurde 1992 am Institut für Hydrobiologie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Wuhan gegründet und ermöglicht die Untersuchung von Faktoren, die den Schweinswal betreffen, insbesondere die Reproduktionsbiologie wie saisonale Veränderungen der Fortpflanzungshormone und des Paarungsverhaltensverhaltens.[20] Im jahr 2005 wurde erstmals ein Jungtier geboren.[20] Seitdem konnten viele erfolgreiche Geburten verzeichnet werden, inzwischen auch in zweiter Generation.[21]

Einzelnachweise

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  1. 洪巧芸, 姚秋如: 揭開江豚神秘的面紗. In: 中華鯨豚協會. 25. Mai 2017, archiviert vom Original am 10. März 2018; abgerufen am 9. März 2018 (chinesisch).
  2. J Y Wang, Timothy Frasier, S C Yang, Bradley White: Detecting recent speciation events: The case of the finless porpoise (genus Neophocaena)[J]. In: Heredity. 101. Jahrgang, Nr. 2, 2008, S. 145 - 155, doi:10.1038/hdy.2008.40 (englisch, researchgate.net).
  3. a b Russell A. Mittermeier & Don E. Wilson: Phocoenidae, S. 528–545 in Handbook of the Mammals of the World – Volume 4 Sea Mammals, Lynx Edicions, Barcelona 2014, ISBN 978-84-96553-93-4.
  4. Thomas A. Jefferson, Samuel K. Hung: Neophocaena phocaenoides. In: Mammalian Species. Band 746, Nr. 1, 2004, ISSN 0076-3519, S. 1, doi:10.1644/746 (oup.com [abgerufen am 10. November 2023]).
  5. 江豚的特征和习性. In: 央视网. 16. März 2017, archiviert vom Original am 11. August 2019; abgerufen am 9. März 2018 (chinesisch).
  6. 李阳阳: 长江江豚为何升级为一级保护动物? In: 科普中国网. 蝌蚪五线谱, 13. Juni 2017, archiviert vom Original am 11. August 2019; abgerufen am 9. März 2018 (chinesisch).
  7. Was ist der Jangtse-Schweinswal: Wasserwunder? 2. August 2023, abgerufen am 10. November 2023.
  8. 香港海豚保育學會: 江豚. 香港海豚保育學會, archiviert vom Original am 6. März 2009; abgerufen am 23. Februar 2009 (chinesisch (Hongkong)).
  9. Biological Society of Washington, Smithsonian Institution: Proceedings of the Biological Society of Washington. v.13 (1899–1900). Biological Society of Washington, Washington 1899 (biodiversitylibrary.org [abgerufen am 10. November 2023]).
  10. a b c Xuming Zhou, Xuanmin Guang, Di Sun, Shixia Xu, Mingzhou Li, Inge Seim, Wencai Jie, Linfeng Yang, Qianhua Zhu, Jiabao Xu, Qiang Gao, Alaattin Kaya, Qianhui Dou, Bingyao Chen, Wenhua Ren, Shuaicheng Li, Kaiya Zhou, Vadim N. Gladyshev, Rasmus Nielsen, Xiaodong Fang, Guang Yang: Population genomics of finless porpoises reveal an incipient cetacean species adapted to freshwater. In: Nature Communications. Band 9, Nr. 1, 10. April 2018, ISSN 2041-1723, doi:10.1038/s41467-018-03722-x, PMID 29636446, PMC 5893588 (freier Volltext) – (nature.com [abgerufen am 10. November 2023]).
  11. Zhigang Mei, Shiang-Lin Huang, Yujiang Hao, Samuel T. Turvey, Weiming Gong, Ding Wang: Accelerating population decline of Yangtze finless porpoise (Neophocaena asiaeorientalis asiaeorientalis). In: Biological Conservation. Band 153, 1. September 2012, ISSN 0006-3207, S. 192–200, doi:10.1016/j.biocon.2012.04.029 (sciencedirect.com [abgerufen am 10. November 2023]).
  12. IUCN: Neophocaena asiaeorientalis ssp. asiaeorientalis: Wang, D., Turvey, S.T., Zhao, X. & Mei, Z.: The IUCN Red List of Threatened Species 2013: e.T43205774A45893487. International Union for Conservation of Nature, 24. Februar 2012 (iucnredlist.org [abgerufen am 10. November 2023]).
  13. m.thepaper.cn
  14. ANZEIGE: Bedrohte Glattschweinswale im Jangtse-Fluss gesichtet. In: FAZ.NET. 5. August 2021, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 10. November 2023]).
  15. Jangtse Glattschweinswale im WWF-Artenlexikon. Abgerufen am 10. November 2023 (deutsch).
  16. Tears for the Yangtze Finless Porpoise. Abgerufen am 10. November 2023 (englisch).
  17. 我市滨江公园水域出现长江江豚-南通市人民政府. Abgerufen am 10. November 2023.
  18. 江西交通广播: 渔民退出“江湖” 江豚频繁造访南昌. In: k.sina.cn. 6. September 2021, archiviert vom Original am 6. September 2021; abgerufen am 6. September 2021 (chinesisch).
  19. 网易: 长江禁渔成效大,江西发现30头江豚群!玩了“两个月”,实属罕见. In: www.163.com. 4. September 2021, archiviert vom Original am 6. September 2021; abgerufen am 6. September 2021 (chinesisch).
  20. a b Ding Wang, Yujiang Hao, Kexiong Wang, Quingzhong Zhao, Daoquang Chen, Zhuo Wei, Xianfeng Zhang: Aquatic Resource Conservation. The first Yangtze finless porpoise successfully born in captivity (4 pp). In: Environmental Science and Pollution Research - International. Band 12, Nr. 5, September 2005, ISSN 0944-1344, S. 247–250, doi:10.1065/espr2005.08.284 (springer.com [abgerufen am 10. November 2023]).
  21. Wuhan Yangtze Finless Porpoise Breeding and Conservation Center Inaugurated at IHB----Institute of Hydrobiology, Chinese Academy of Sciences. Abgerufen am 10. November 2023.