Niedersächsisches Landesarchiv (Abteilung Osnabrück)
Die Abteilung Osnabrück ist eine von acht Abteilungen des Niedersächsischen Landesarchivs. Sie ist zuständig für die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes sowie deren Rechts- und Funktionsvorgänger in der kreisfreien Stadt Osnabrück und in den Landkreisen Osnabrück, Emsland und Grafschaft Bentheim.
Im Rahmen von Kooperationen werden außerdem die Archive der Stadt Osnabrück, des Landkreises Osnabrück und der meisten kreisangehörigen Kommunen sowie der Universität und Hochschule Osnabrück in der Abteilung Osnabrück verwahrt und betreut.[1]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nachdem Osnabrück 1866 zusammen mit dem Königreich Hannover zum Preußischen Staat gelangt war, erfolgte die Gründung des Staatsarchivs Osnabrück, dessen erster Archivar Dr. Hermann Veltmann im Februar 1869 seinen Dienst antrat. Das Archiv befand sich zu dieser Zeit im Osnabrücker Schloss. Unter anderem aufgrund der schlechten räumlichen Unterbringung gab es mehrfach Bestrebungen, das Staatsarchiv nach Hannover zu verlegen. Um einen Abzug des Archivs zu verhindern stellte die Stadt Osnabrück dem Preußischen Staat 1910 unentgeltlich ein Grundstück an der Schloßstraße Ecke Schloßwall zum Neubau des Staatsarchivs zur Verfügung. 1917, mitten im Ersten Weltkrieg, konnte der Archivzweckbau fertiggestellt und bezogen werden.[2]
Während des Zweiten Weltkriegs war ein Großteil der Bestände ausgelagert. Bei einem Luftangriff am 26. September 1944 wurde das Verwaltungsgebäude durch einen Bombentreffer zerstört. Archivgut kam nicht zu Schaden. Das ausgelagerte Archivgut konnte bis Ende des Jahres 1946 wieder nach Osnabrück zurückgeholt werden. Bis zum Wiederaufbau des zerstörten Verwaltungsgebäudes in den Jahren 1954 und 1955 befanden sich die Dienst- und Verwaltungsräume übergangsweise mit im Magazingebäude.[3] Aufgrund der wachsenden Bestände des Staatsarchivs wurde in den Jahren 1983 bis 1986 ein weiteres Magazingebäude errichtet.
2005 erfolgte die Eingliederung des Staatsarchivs Osnabrück in das Niedersächsische Landesarchiv. In den Jahren 2006 und 2007 wurde schließlich das Verwaltungsgebäude barrierefrei umgebaut und der Öffentlichkeitsbereich mit Lesesaal, technischem Benutzerraum und Konferenzraum in das Erdgeschoss sowie die Dienst- und Verwaltungsräume in das Obergeschoss verlegt.[4]
Bestände
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Abteilung Osnabrück verwahrt etwa zehn Regalkilometer Akten, 26.500 Urkunden sowie 45.000 Karten und Pläne. Neben den Unterlagen der zu betreuenden Behörden sind in der Abteilung Osnabrück unter anderem die älteren Personenstandsregister der Standesämter der Stadt Osnabrück und des Landkreises Osnabrück, verschiedene regionale Zeitungen, Nachlässe sowie Vereins- und Firmenarchive überliefert.[5]
Die Dienstbibliothek umfasst circa 65.000 Bände mit regionalgeschichtlichem Schwerpunkt. In der ebenfalls in der Abteilung Osnabrück verwahrten Bibliothek des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück (Historischer Verein) sind etwa 25.000 Bände überliefert.[6]
Die Bestände der Abteilung Osnabrück sind nicht sachthematisch (Pertinenzprinzip), sondern nach ihrer Herkunft (Provenienzprinzip) folgendermaßen geordnet:
- staatliche Provenienz (Reposituren, Rep): Die staatlichen Bestände enthalten Schriftgut der staatlichen Behörden und Gerichte sowie der Vorgängerterritorien seit dem Mittelalter
- kommunale Provenienz (Deposita, Dep): Archive von Städten und Gemeinden, z. B. Bad Iburg, Bramsche, Fürstenau, Georgsmarienhütte, Haselünne, Melle, Meppen, Osnabrück, Papenburg und Quakenbrück sowie das Archiv des Landkreises Osnabrück
- private/sonstige Provenienz (Deposita, Dep / Erwerbungen, Erw): Archiv der Universität und Hochschule Osnabrück, Adels-, Guts- und Hofarchive, Archive von Firmen, Vereinen, Verbänden, Bildungseinrichtungen und sozialen Organisationen, private Nachlässe
- Sammlungsgut (Slg): Zeitungen, Plakate, Flugblätter, Feldpostbriefe, Wappen, Siegel, Münzen
- Karten (K): Aus konservatorischen Gründen wurden die oftmals großformatigen Karten und Pläne zwecks besserer Aufbewahrung aus allen Beständen zusammengefasst.
Nutzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jeder hat gemäß dem Niedersächsischen Archivgesetz im Rahmen der Benutzungsordnung das Recht Archivgut zu nutzen. Allerdings sind gegebenenfalls Schutzfristen, zum Beispiel für personenbezogene Unterlagen oder Unterlagen, die Geheimhaltungsvorschriften unterliegen, zu beachten. Für wissenschaftliche Zwecke kann die Nutzung auf Antrag bereits vor Ablauf der Schutzfristen genehmigt werden.[7]
Die im Niedersächsischen Landesarchiv – Abteilung Osnabrück überlieferten Bestände und Archivalien können online über das Archivinformationssystem Arcinsys recherchiert werden. Nutzer können nach der Registrierung in Arcinsys über das System einen Nutzungsantrag stellen und dann Archivalien für die Einsichtnahme im Lesesaal vorbestellen. Auch die umfangreiche Dienstbibliothek mit regionalgeschichtlichem Schwerpunkt ist über einen Online-Katalog recherchierbar. Eine Vorbestellung der Veröffentlichungen kann per Telefon oder E-Mail erfolgen.
Die Nutzung der Archivalien und Literatur erfolgt im Lesesaal des Niedersächsischen Landesarchivs – Abteilung Osnabrück. Neben den Öffnungszeiten des Archivs sind hier die Archivalien-Aushebezeiten zu beachten. Eine Ausleihe ist nicht möglich. Einige Unterlagen, wie zum Beispiel die Zeitungen, werden aus konservatorischen Gründen nicht mehr im Original, sondern auf Mikrofilm, Mikrofiche oder als Digitalisat für die Einsichtnahme bereitgestellt. Reproduktionen der Archivalien können gegen Entgelt in Auftrag gegeben werden. Seit Juli 2017 ist außerdem auf Antrag die kostenlose Anfertigung von Reproduktionen mit eigenen Kameras für den privaten und persönlichen Gebrauch durch Benutzer möglich.[8]
Archivare
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Archivleitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1868–1886 Hermann Veltmann
- 1886–1888 Karl Herquet
- 1888–1897 Friedrich Philippi
- 1897–1901 Max Bär
- 1901–1906 Georg Winter
- 1907–1910 Bruno Krusch
- 1910–1916 Robert Arnold
- 1912–1924 Rudolf Martiny
- 1916–1931 Erich Fink
- 1931–1934 Erich Graber
- 1934–1938 Wilhelm Smidt
- 1939–1965 Günther Wrede
- 1965–1977 Theodor Penners
- 1977–1989 Horst-Rüdiger Jarck
- 1989–1991 Wolf-Dieter Mohrmann
- 1991–2002 Gerd Steinwascher
- 2002–2020 Birgit Kehne
- seit 2021 Thomas Brakmann
Archivare
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- um 1870 August Ludwig Meyer (nur Volontariat)
- 1880–1895 Hermann Forst
- 1895–1898 Johannes Kretzschmar
- 1898–1900 Hans Spangenberg
- 1900–1903 Otto Merx
- 1911–1912 Hermann Bier
- 1932–1934 Ulrich Grotefend
- 1933–1936 Hans Schubert
- 1936–1944 Ernst Beins
- 1936–1955 Hermann Schröter
- 1937–1938 Otto Koser
- 1945–1958 Eberhard Crusius
- 1963–1974 Hans-Joachim Behr
- 1965–1970 Ottokar Israel
- 1974–2004 Werner Delbanco
- 1982–1983 Christine van den Heuvel (Referendarin)
- 1988–1990 Roland Rölker (Erstellung des Urkundenbuchs Stift Börstel)
- 2003–2012 Nicolas Rügge
- 2005–2014 Stephanie Haberer
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Erich Fink: Die geschichtliche Entwicklung des Staatsarchivs in Osnabrück. In: Osnabrücker Mitteilungen: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück (Historischer Verein). Band 49, 1927, S. 283–285; Bib.-Signatur: BS IX 38, 49
- Ulrich Grotefend: Das preußische Staatsarchiv zu Osnabrück. In: Westfalen. 28. Jahrgang, Heft 1–2, 1933, S. 57–64; Bib.-Signatur: 1400/34
- Isabelle Guerreau: Das Königliche Staatsarchiv in Osnabrück. Chronik eines Archivzweckbaus am Anfang des 20. Jahrhunderts. In: Osnabrücker Mitteilungen: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück (Historischer Verein). Band 122, 2017, S. 151–164; Bib.-Signatur: BS IX 38, 122
- Stephanie Haberer: „dem Königlichen Staatsarchiv ad depositum übergeben“: Stadtarchive aus dem Landkreis Osnabrück im Staatsarchiv Osnabrück. In: Osnabrücker Mitteilungen: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück (Historischer Verein). Band 116, 2011, S. 279–288; Bib.-Signatur: BS IX 38, 116
- Kayser: Das neue Staatsarchiv in Osnabrück 1918. (= Zentralblatt der Bauverwaltung. Nachrichten der Reichs- und Staatsbehörden / hrsg. im Preußischen Finanzministerium. Nr. 77); Bib.-Signatur: Fol. 2800/30
- Birgit Kehne: Per aspera ad astra oder Wie das Staatsarchiv Osnabrück bei laufendem Betrieb umgebaut wurde. In: Archiv-Nachrichten Niedersachsen. Mitteilungen aus niedersächsischen Archiven. Band 11, 2007, S. 104–108; Bib.-Signatur: 5100/421, 2007
- Birgit Kehne: Ein Archiv vom Kopf auf die Füße stellen. Das Niedersächsische Landesarchiv – Staatsarchiv Osnabrück wurde umgebaut. In: Archivar – Zeitschrift für Archivwesen. Band 61, 2008, Nr. 2, S. 152–155; Bib.-Signatur: 320/29, 61
- Birgit Kehne: Geburtsstunde schlug in preußischer Zeit. Das Niedersächsische Landesarchiv – Staatsarchiv Osnabrück. In: De Utroiper. Jahrgang 27, 2008, Nr. 1, S. 23–26; Bib.-Signatur: A I 366, 27 oder 2500/502, 27
- Birgit Kehne: Auswirkungen der Gebietsreform auf die archivische Überlieferung: das Beispiel Osnabrück. In: Archiv-Nachrichten Niedersachsen. Mitteilungen aus niedersächsischen Archiven. Band 13, 2009, S. 39–41; Bib.-Signatur: 5100/421, 2009
- Birgit Kehne: 140 Jahre Staatsarchiv Osnabrück? In: Archiv-Nachrichten Niedersachsen. Mitteilungen aus niedersächsischen Archiven. Band 13, 2009, S. 131–133; Bib.-Signatur: 5100/421, 2009
- Mirella Libera und Anna Philine Schöpper: Wege und Möglichkeiten zur verbesserten Betreuung kommunaler Deposita im Nds. Landesarchiv – Staatsarchiv Osnabrück. Ein Sachstands- und Erfahrungsbericht. In: Archiv Nachrichten Niedersachsen: Mitteilungen aus niedersächsischen Archiven. Band 15, 2011, S. 135–138; Bib.-Signatur: 5100/421, 2011
- Theodor Penners: Das Niedersächsische Staatsarchiv zu Osnabrück. Zum 37. Deutschen Archivtag. In: Der Archivar. Band 12, 1959, Nr. 3, S. 177–182; Bib.-Signatur: 320/29, 12
- Theodor Penners: Besuch im Staatsarchiv Osnabrück. In: Osnabrücker Land. Heimat-Jahrbuch. 1976, S. 11–18; Bib.-Signatur: 2444 b, 1976
- Theodor Penners: Übersicht über die Bestände des Niedersächsischen Staatsarchivs in Osnabrück. Osnabrück 1976; Bib.-Signatur: BS IV b 01 01. Ex.
- Thorsten Unger: „Die Universitätsverwaltung beabsichtigt […] Aussonderungen von Altschriftgut vorzunehmen.“ Zur Genese des gemeinsamen Archivs der Universität und der Hochschule Osnabrück. In: Archiv-Nachrichten Niedersachsen. Mitteilungen aus niedersächsischen Archiven. Band 17, 2013, S. 117–122; Bib.-Signatur: 5100/421, 2013
- Das Gedächtnis der Universität: Uni richtet Archiv im Niedersächsischen Landesarchiv – Staatsarchiv Osnabrück ein. In: Unizeit. Universität Osnabrück / Hrsg.: Der Präsident der Universität Osnabrück; 2011 Nr. 2, S. 22; Bib.-Signatur: 2300/423 e, 2011
- Reisebericht des Geh. Archivrats Dr. Roger Wilmans über eine Dienstreise nach Osnabrück [betr. Errichtung des Staatsarchivs Osnabrück] mit zugehöriger Korrespondenz, Münster 1868. Kopien aus der Dienstregistratur des Staatsarchivs Münster. Bib.-Signatur: 320/188
- Georg Winter: Schicksale des Osnabrücker Archivs in der Franzosenzeit und unter hannoverscher Herrschaft. In: Osnabrücker Mitteilungen: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück (Historischer Verein). Band 29, 1904, S. 233–278; Bib.-Signatur: BS IX 38, 29
- Günther Wrede: Kriegsschicksale der Osnabrücker Archive. In: Osnabrücker Mitteilungen: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück (Historischer Verein). Band 62, 1947, S. 233–235; Bib.-Signatur: BS IX 38, 62
- Günther Wrede: Das neue Verwaltungsgebäude des Niedersächsischen Staatsarchivs in Osnabrück. In: Archivalische Zeitschrift. Band 54, 1958; Bib.-Signatur: 320/107
- Günther Wrede: Die Ausbildung des Nachwuchses in der Niedersächsischen Archivverwaltung am Niedersächsischen Staatsarchiv in Osnabrück. In: Archivar. Band 17, 1964, S. 210–214; Bib.-Signatur: 320/29, 17
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Niedersächsisches Landesarchiv - Abteilung Osnabrück
- Online-Katalog der Dienstbibliothek des Niedersächsischen Landesarchivs - Abteilung Osnabrück
- Osnabrücker Geschichtsblog – Blog des Historischen Vereins
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Niedersächsisches Landesarchiv - Standort Osnabrück am 18. Dezember 2018
- ↑ Erich Fink: Die geschichtliche Entwicklung des Staatsarchivs in Osnabrück. In: Osnabrücker Mitteilungen. Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück (Historischer Verein). Band 49, 1927, S. 283–285; Bib.-Signatur: BS IX 38, 49; Ulrich Grotefend: Das preußische Staatsarchiv zu Osnabrück. In: Westfalen. 28. Jahrgang, Heft 1–2, 1933, S. 57–64; Bib.-Signatur: 1400/34; Birgit Kehne: 140 Jahre Staatsarchiv Osnabrück? In: Archiv-Nachrichten Niedersachsen. Mitteilungen aus niedersächsischen Archiven. Band 13, 2009, S. 131–133; Bib.-Signatur: 5100/421, 2009
- ↑ Günther Wrede: Kriegsschicksale der Osnabrücker Archive. In: Osnabrücker Mitteilungen. Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück (Historischer Verein). Band 62, 1947, S. 233–235; Bib.-Signatur: BS IX 38, 62; Günther Wrede: Das neue Verwaltungsgebäude des Niedersächsischen Staatsarchivs in Osnabrück. In: Archivalische Zeitschrift. Band 54, 1958; Bib.-Signatur: 320/107
- ↑ Birgit Kehne: Per aspera ad astra oder Wie das Staatsarchiv Osnabrück bei laufendem Betrieb umgebaut wurde. In: Archiv-Nachrichten Niedersachsen. Mitteilungen aus niedersächsischen Archiven. Band 11, 2007, S. 104–108; Bib.-Signatur: 5100/421, 2007
- ↑ Archivinformationssystem Arcinsys am 18. Dezember 2018
- ↑ Online-Katalog der Dienstbibliothek des Niedersächsischen Landesarchivs - Standort Osnabrück am 18. Dezember 2018
- ↑ Niedersächsisches Archivgesetz und Benutzungsordnung für das Niedersächsische Landesarchiv
- ↑ Niedersächsisches Landesarchiv am 18. Dezember 2018
Koordinaten: 52° 16′ 7,3″ N, 8° 2′ 42,7″ O