Nikolait
Der Begriff Nikolaiten bezeichnete ursprünglich die Anhänger einer als häretisch beurteilten Gruppierung des frühen Christentums, die im Ruf stand, sexuelle Freizügigkeit zu fördern und die Teilnahme an Götzenopfern zu dulden. In der Zeit des mittelalterlichen Investiturstreits wurde davon abgeleitet ein Kleriker, der den Zölibat nicht hielt, abwertend als Nikolait bezeichnet.
Neues Testament und Kirchenväter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Neuen Testament sind die Nikolaiten in Offb 2,6 EU und Offb 2,15 EU erwähnt. Als Urheber der Bewegung wird traditionell der in der Apostelgeschichte 6,5 EU erwähnte Diakon Nikolaus angenommen.
Einige der frühen Kirchenschriftsteller, darunter der Kirchenvater Irenäus und Theodoret, erwähnen die Nikolaiten. Irenäus beschreibt kurz, dass sie ein zügelloses Leben führten und ihnen der Ehebruch und die Teilnahme an heidnischen Opfern nichts bedeute.[1] Auch Victorinus von Poetovio, der Verfasser eines der ältesten Kommentare der Offenbarung des Johannes (um 260 n. Chr.) berichtet, dass sie Fleisch von Götzenopfern äßen[2], nachdem dieses durch einen Exorzismus gereinigt worden war und Unzucht nach einem 8-tägigen Ausschluss aus der Gemeinschaft gesühnt wird.[3] Die Irrlehre bestand darin, Christen die Teilnahme an den heidnischen Opfermahlzeiten und Unzucht zu ermöglichen und dies als Ausdruck „christlicher Freiheit“ zu sehen.[3]
Hippolyt von Rom, der sich auf Irenäus stütze, glaubte, dass der in der Apostelgeschichte erwähnte Diakon Nikolaus Urheber der Häresie gewesen sei.[4] Clemens von Alexandria[5] entlastet den Diakon Nikolaus von der Anschuldigung, Verfechter der Promiskuität zu sein, welche die Gruppe angeblich als Ideal von ihm übernommen haben soll, und stellte die Behauptung als eine böswillige Verzerrung dar. Eusebius[6] schrieb, die Sekte habe nur kurze Zeit bestanden. Der Kirchenlehrer Thomas von Aquin führte später aus, die Nikolaiten hätten entweder die Polygamie oder das Konkubinat unterstützt.[7]
Mittelalter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Mittelalter wurden nichtzölibatär lebende Priester Nikolaiten genannt.[8] Humbert von Silva Candida prägte diese polemische Bezeichnung für verheiratete Kleriker.[9] Den Kampf gegen Nikolaitismus führten insbesondere Papst Leo IX. und Papst Alexander II.[10]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- H. Kraft: Die Offenbarung des Johannes; Handbuch zum Neuen Testament, Bd. 16a; Tübingen: Mohr (Siebeck), 1974; dort: Exkurs: Nikolaos und die Nikolaiten, S. 72 ff.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Gegen die Häresien, 26. Kapitel: Cerinth, die Ebioniten und Nikolaiten
- ↑ St. Victorinus von Pettau, Kommentar zur Apokalypse 2. I.
- ↑ a b Die „Lehre der Nikolaiten“ – was versteht man darunter? | Bibelbund. Abgerufen am 31. Juli 2023.
- ↑ Refutation of All Heresies or Philosophumena VII, xxvi.
- ↑ Stromata, III, iv.
- ↑ H. E., III, xxix.
- ↑ SCG III.124
- ↑ Meyers Enz. Lexikon, Bd. 17 S. 273, 1976.
- ↑ "Junge Ehemänner, soeben von fleischlicher Lust erschöpft, dienen am Altar. Und unmittelbar danach umarmen sie mit ihren vom unbefleckten Leib geheiligten Händen wieder ihre Frauen. Das ist ... eine Erfindung des Satans." Humbert von Silva Candida im Jahr 1054, zitiert nach K. Jäckel, S. 95, s. u.
- ↑ Herders Lexikon der Päpste, S. 24 u. 121, Herder, Freiburg im Breisgau 2010, ISBN 978-3-451-06200-1