Birma-Weichschildkröte

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Birma-Weichschildkröte

Birma-Weichschildkröte (Nilssonia formosa)

Systematik
Ordnung: Schildkröten (Testudines)
Unterordnung: Halsberger-Schildkröten (Cryptodira)
Familie: Weichschildkröten (Trionychidae)
Unterfamilie: Gewöhnliche Weichschildkröten (Trionychinae)
Gattung: Indische Weichschildkröten (Nilssonia)
Art: Birma-Weichschildkröte
Wissenschaftlicher Name
Nilssonia formosa
(J. E. Gray, 1869)

Die Birma-Weichschildkröte (Nilssonia formosa), auch Burma-Weichschildkröte genannt, ist eine Art aus der Gattung der Indischen Weichschildkröten. Sie kommt aus Myanmar.

Die maximale Carapaxlänge beträgt 57 Zentimeter, über die Rundung gemessen 65 Zentimeter. Auf dem olivfarbenen Rückenpanzer befinden sich vier charakteristische Augenflecke (ähnlich denen auf Pfauenfedern), die mit zunehmendem Alter verblassen.[1] Höhere Anzahlen an Augenflecken (fünf, sechs oder sieben) können vorkommen, wobei die zusätzlichen Augenflecken kleiner ausfallen.[2] Der Kopf zeigt ein dunkles Muster auf hellerem Grund; bei Schlüpflingen sind diese Stellen orangefarben. Der Bauchpanzer ist gräulich.

Die Generationslänge der Birma-Weichschildkröte beträgt etwa 30 Jahre; die Geschlechtsreife wird mit etwa zehn Jahren erreicht, die Lebensdauer ist unbekannt. Die Weibchen legen ihre Eier auf Sandbänke im Fluss, wobei ein Gelege etwa 20 Eier umfasst. Die Inkubationszeit ist unbekannt.

Lebensraum und Verbreitung

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Die Birma-Weichschildkröte ist eine im Wasser lebende Art und bevorzugt große Flüsse mit einem sandigen Substrat. Sie lebt in Myanmar entlang der drei Flüsse Irrawaddy (mit dem Nebenfluss Chindwin),[3] Saluen und Sittaung auf bis zu 200 Metern Höhe über dem Meeresspiegel. Mögliche Vorkommen in Yunnan (China) und Thailand wurden nicht bestätigt, daher gilt die Art als endemisch in Myanmar.

Nutzung und Gefährdung

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Die Birma-Weichschildkröte wurde in Ostasien zum Verzehr gehandelt, ist inzwischen aber nur noch selten anzutreffen. In Myanmar werden die Eier von der lokalen Bevölkerung gesammelt; die Art ist dort seit 1994 gesetzlich geschützt. Seit 2008 gilt die Birma-Weichschildkröte als vom Aussterben bedroht (critically endangered); sie wird seit 2013 auch im Appendix II des Washingtoner Artenschutzübereinkommens aufgeführt. Die weltweite Population dieser Art ist den vergangenen 90 Jahren um etwa 80 Prozent zurückgegangen, vor allem durch Übernutzung und Lebensraumverluste. Im Irrawaddy-Delfinschutzgebiet in Myanmar ging der Weichschildkrötenbestand seit etwa 2005 zurück, vor allem durch illegalen Handel aufgrund der hohen Nachfrage nach Weichschildkröten im südlichen China.[4] Weitere Bedrohungen sind die erhöhte Sedimentation und der starke Bootsverkehr auf Flüssen, illegales Fischen mittels Dynamit, Elektroschocks und Gift, die fortwährende Besiedlung von Flussufern und die Auswirkungen der Goldförderung.

Forschungsgeschichte

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Die schwarz-weiße Zeichnung zeigt zwei junge Schildkröten nahe beieinander. Die rechte hat einen großen Kopf mit großen Augen und einer kleinen, relativ spitzen Schnauze. Ihr flacher Rückenpanzer zeigt vier schwarze Augenflecken mit dünnen weißen Rändern, umgeben von einer verschwommenen Marmorierung, die bis zum Rand des Panzers reicht.
Birma-Weichschildkröte (rechts) als Trionyx formosus, Zeichnung von 1869

Erstbeschrieben wurde die Birma-Weichschildkröte 1869 von John Edward Gray anhand eines in Alkohol konservierten Jungtiers als Trionyx formosus.[5] Drei Jahre später benannte er die von ihm beschriebene Art in Nilssonia formosa um und schuf damit eine neue Gattung.[6]

Aus demselben Ort in Myanmar, Pegu, stammte der in Alkohol eingelegte Kopf eines erwachsenen Tieres, den er 1870 als Trionyx peguensis beschrieb und 1873 in eine neue Gattung, Isola, stellte; es handelt sich um ein subjektives Synonym von Nilssonia formosa. Ebenfalls zur Birma-Weichschildkröte gehört das nach Gray benannte Synonym Trionyx grayii Theobald 1875.[7]

Meylan ordnete die Birma-Weichschildkröte 1987 nach morphologischen Analysen als Schwestertaxon der Gattung Aspideretes ein;[8] diese Gattung wurde nach genetischen Untersuchungen[9] 2007 von Praschag et al. in Nilssonia integriert.[10]

  • Uwe Fritz und Peter Havaš: Checklist of Chelonians of the World (Memento vom 1. Mai 2011 im Internet Archive), Seite 316 (PDF, 904 KB).
  • Anders G. J. Rhodin, John B. Iverson, Roger Bour, Uwe Fritz, Arthur Georges, H. Bradley Shaffer und Peter Paul van Dijk: Turtles of the World: Annotated Checklist and Atlas of Taxonomy, Synonymy, Distribution, and Conservation Status (9th Ed.). In: Chelonian Research Monographs. Band 8, 2021, S. 329 (englisch, online [PDF; 42,1 MB] – Kurzbeschreibung).
Commons: Birma-Weichschildkröte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Anders G.J. Rhodin, Andrew D. Walde, Brian D. Horne, Peter Paul van Dijk, Torsten Blanck und Rick Hudson: Turtles in Trouble: The World’s 25+ Most Endangered Tortoises and Freshwater Turtles. 2011, S. 53 (englisch, online [PDF; 2,7 MB]).
  2. Steven G. Platt, Tint Lwin, Aung Lin Htet, Kalyar Platt, Peter Paul van Dijk und Thomas R. Rainwater: Nilssonia formosa (Burmese Peacock Softshell Turtle). Morphometrics, Coloration, and Photograph of Neonate. In: Herpetological Review. Band 47, Nr. 1, 2016, S. 126 (englisch, online [PDF; 8,6 MB]).
  3. Gerald Kuchling, Win Ko Ko, Tint Lwin, Sein Aung Min, Khin Myo Myo, Thin Thin Khaing (II), Win Win Mar und Thin Thin Khaing (I): The softshell turtles and their exploitation at the upper Chindwin River, Myanmar: range extensions for Amyda cartilaginea, Chitra vandijki, and Nilssonia formosa. In: Salamandra. Band 40, 2004, S. 281–296 (englisch, deutsch, online [PDF; 16,8 MB]).
  4. Steven G. Platt, Tint Lwin, Naing Win, Htay Lin Aung, Kalyar Platt und Thomas R. Rainwater: An interview-based survey to determine the conservation status of Softshell Turtles (Reptilia: Trionychidae) in the Irrawaddy Dolphin Protected Area, Myanmar. In: Journal of Threatened Taxa. Band 9, Nr. 12, 2017, S. 10998–11008 (englisch, online [PDF; 7,4 MB]).
  5. John Edward Gray: Notes on the families and genera of tortoises (Testudinata), and on the characters afforded by the study of their skulls. In: Proceedings of the Zoological Society of London. 1869, S. 217–219 (englisch, digitalisiert).
  6. John Edward Gray: Notes on the mud-tortoises of India (Trionyx, Geoffroy). In: The Annals and magazine of natural history; zoology, botany, and geology. Series 4. Band 10, 1872, S. 332–333 (englisch, digitalisiert).
  7. William Theobald: Observations on some Indian and Burmese species of Trionyx, with a rectification of their synonymy and a description of two new species. In: Proceedings of the Asiatic Society of Bengal. 1875, S. 176 (englisch, digitalisiert).
  8. Peter Andre Meylan: The phylogenetic relationships of soft-shelled turtles (family Trionychidae). In: Bulletin of the American Museum of Natural History. Band 186, 1987, S. 77, 92–93 (englisch, online).
  9. Tag N. Engstrom, H. Bradley Shaffer und William P. McCord: Multiple Data Sets, High Homoplasy, and the Phylogeny of Softshell Turtles (Testudines: Trionychidae). In: Systematic Biology. Band 53, Nr. 5, 2004, S. 704–705, doi:10.1080/10635150490503053 (englisch).
  10. Peter Praschag, Anna K. Hundsdörfer, A. H. M. Ali Reza und Uwe Fritz: Genetic evidence for wild-living Aspideretes nigricans and a molecular phylogeny of South Asian softshell turtles (Reptilia: Trionychidae: Aspideretes, Nilssonia). In: Zoologica Scripta. 2007, S. 1–10, doi:10.1111/j.1463-6409.2007.00282.x (englisch).