Uruk

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Orchoe)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Uruk (Irak)
Uruk (Irak)
Uruk
Babylon
Bagdad
Ur
Uruk auf der Karte des Irak
Grundrisse von Uruk, Stadtteil Eanna
Animation der Stadt Uruk

Uruk (sumerisch Unug; biblisch Erech; griechisch-römisch Orchoe, Orchoi), das heutige Warka (arabisch الوركاء, DMG al-Warkāʼ), liegt etwa 20 km östlich des Euphrats in der Nähe der antiken Stadt Ur im südlichen Irak. Im Altertum lag die mesopotamische Stadt direkt am Fluss. Uruk trug früher den Beinamen Die Schafhürde. Die Stadt ist einer der bedeutendsten Fundorte im Zweistromland und ist namensgebend für die Uruk-Zeit (etwa 3500 bis 2800 v. Chr.). Sie ist zugleich eines der ältesten urbanen Zentren der Welt.

Uruk ist der Fundort der ersten Schrift. Es war bereits im ausgehenden 4. Jahrtausend v. Chr. eines der politisch führenden Zentren der sumerischen Frühzeit. Eine zweite große Blütephase erlebte Uruk in der hellenistischen Zeit in den letzten Jahrhunderten vor unserer Zeitrechnung. Hauptgötter sind die Göttin der Liebe und des Krieges Inanna/Ištar und der Himmelsgott An, deren Tempelanlagen das Stadtbild prägten.

Die archäologischen Stätten von Uruk zählen zusammen mit denen von Ur und Eridu und den Marschlandgebieten im Südirak[1] zum UNESCO-Welterbe.[2]

Die ersten Untersuchungen in Uruk führte der englische Geologe William Kennett Loftus in den Jahren 1849–1850 und 1854 durch. In den Jahren 1912 und 1913 begannen die Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft unter Julius Jordan und Conrad Preusser. Die Arbeiten wurden nach dem Ersten Weltkrieg 1928 wieder aufgenommen und bis 1939 fortgeführt. 1954 und in den folgenden Jahren wurden mehrere systematische Grabungen unter der Leitung von Heinrich Lenzen durchgeführt. Diese Grabungen brachten verschiedene alt-sumerische Dokumente und eine größere Anzahl von Rechts- und Lehrtafeln der Seleukiden-Zeit ans Tageslicht. Sie wurden von Adam Falkenstein und anderen deutschen Epigraphikern veröffentlicht; ein Teil davon befindet sich in der Uruk-Warka-Sammlung Heidelberg.

Die letzte deutsche Grabungskampagne vor dem Irak-Krieg wurde im Sommer 2002 unter der Leitung von Margarete van Ess vom DAI durchgeführt. Durch die Auswertung von Satellitenaufnahmen im Jahr 2005 wurden Berichte über Raubgrabungen in Uruk widerlegt.[3]

Seit 2024 steht ein digitaler Zwilling von Uruk zur Verfügung, mit dem verschiedene archäologischen Befunde am Computer visualisiert und untersucht werden können.[4]

Die Stadt und ihre Geschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ruine von Uruk ist mit einer Ausdehnung von 550 ha die größte Stadtruine des südlichen Babylonien. Die antike Stadt Uruk war über einen Zeitraum von etwa 5000 Jahren besiedelt, von der frühen Obed-Zeit (5. Jahrtausend v. Chr.) bis ins 3. Jahrhundert n. Chr. Das Zentrum der Stadt ist von den zwei Kultzentren der beiden Hauptgötter der Stadt geprägt. Das Viertel Kullaba ist mit dem Anu-Tempel und seinem Tempelturm (Zikkurat) der Hauptkultort des Himmelsgottes An, während der Eanna-Bezirk das Hauptheiligtum der Göttin Inanna/Ištar bildet.[5]

Schon ab etwa 3500 v. Chr. war Uruk ein großes urbanes Zentrum. Seine Lage an der Stelle, wo der mit Flößen und kleinen Booten befahrbare, einst fischreiche Euphrat in das südliche Sumpfland übergeht, deutet auf rege Handelstätigkeit. Um 3400 v. Chr. war der Siedlungshügel bereits 19 m hoch. Es kann wohl als ein oder sogar als das Zentrum der Entstehung der sumerischen Kultur bezeichnet werden. Diese Periode wird in der Archäologie „Späte Uruk-Zeit“ genannt und reicht etwa bis 3000 v. Chr. Zentrum der Stadt war das Heiligtum der Inanna, Eanna genannt. Schon im vierten vorchristlichen Jahrtausend erreichte dieses monumentale Ausmaße. Der bedeutendste Teil war der sog. „Kalksteintempel“ (engl. „limestone temple“, in der Abbildung des Grundrisses rechts oben, abgekürzt LT), bei dem es sich um einen ca. 70 × 30 m großen Bau handelte, der aus Kalksteinblöcken errichtet worden war. Dabei ist allerdings nicht gesichert, ob diese Kalksteine nur die Fundamente eines Lehmziegelbaus bildeten oder ob der Bau in ganzer Höhe in Kalkstein errichtet wurde. Die Fassade des Tempels wurde mit einer Nischengliederung gestaltet. Im Inneren befindet sich ein T-förmiger Hof oder Saal. Neben diesem Haupttempel fanden sich andere Anlagen, darunter auch der sog. Steinstifttempel, ein Bau, dessen Wände mit geometrischen Mosaiken dekoriert sind. Auch Holzbalken von zwölf Metern Länge, Reste von Großskulpturen und Reliefs, Tierfiguren, aufwendig gestaltete Steingefäße und Rollsiegel wurden gefunden. Die Tempelanlage wurde mehrmals umgebaut und erweitert und erhielt in der Zeit der dritten Dynastie von Ur eine Zikkurat, die von Ur-Nammu errichtet wurde.

Sumer und Elam zur Zeit des Königs Lugal-Zagesi (reg. 2375–2347 v. Chr.)

Auch die Zikkurat des Gottes An wurde hier errichtet („Weißer Tempel“ genannt); sie ist der andere bedeutende Tempelkomplex in Uruk.

Um 3000 v. Chr. wurde der gesamte Siedlungshügel eingeebnet und neue Bauten wurden errichtet. Die Stadt erreichte auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung mit einer Fläche von 5,5 km² eine Größe wie ähnlich dimensionierte Stadtanlagen, die in Regionen der Indus-Kultur archäologisch erschlossen wurden, beispielsweise Harappa und Mohenjo-Daro. Diese Zentren waren zu jener Zeit wahrscheinlich die größten Städte der Alten Welt. Uruk wurde erst um 600 v. Chr. von Babylon in der Größe übertroffen.

Vor den Eroberungen des Sargon von Akkad war Uruk die Hegemonialmacht in Sumer.

Im regenarmen Mesopotamien wurde Wasser für den Ackerbau durch Kanäle und Dämme zu den Feldern geleitet. Es bestand immer die Gefahr, dass die Anlagen von Feinden zerstört wurden.

Historiker sind der Ansicht, dass in Uruk etwa um 3000 v. Chr. eine Katastrophe durch einen Dammbruch stattfand. Die Schriftaufzeichnungen enden zu dieser Zeit plötzlich. Wahrscheinlich wurde der Damm absichtlich oder als Folge der Kämpfe zwischen Sumerern und Semiten zerstört. Es wird vermutet, dass sich dieses Ereignis in den mesopotamischen Sintflutberichten widerspiegelt.

Sumerische Zeit: Frühdynastische Zeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch in der Frühdynastischen Zeit war Uruk eine der wichtigsten Städte in einem System konkurrierender Stadtstaaten. In der Frühdynastischen Zeit I (FD I) war die Stadt von einer großen Stadtmauer umgeben, die eine Länge von etwa neun Kilometern hatte. Die Stadtmauer ist bisher nur punktuell untersucht.[6] Das Gilgamesch-Epos berichtet, die Mauer sei von Gilgamesch, dem legendären König von Uruk, selbst erbaut worden.

Neubabylonische, seleukidische und parthische Zeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Uruks umfangreiche und erhaltene Tempelarchive der neubabylonischen Zeit dokumentieren ihre soziale Bedeutung als Verteilungszentrum. In Zeiten des Hungers konnten Familien ihre Kinder dem Tempel als Laienbrüder/-schwestern weihen.

Auch in hellenistischer Zeit war Uruk eine bedeutende Stadt. Die wichtigsten Tempel der Stadt sind instand gehalten und renoviert worden. Daneben gab es aber auch Tempelneubauten wie den Anu- und den Antum-Tempel, Teil der Kultstätte Bit Resch, und ein Irigal genanntes Tempelgebäude. Erstere sind ausgesprochen große und monumentale Anlagen. Auch die Zikkurat im Eanna-Tempelbezirk wurde in dieser Zeit renoviert.

Aus parthischer Zeit stammen ebenfalls einige Tempelneubauten wie der sog. Gareus-Tempel, während die Anlagen sumerischer Gottheiten langsam verfielen oder nach Bränden nicht wieder aufgebaut wurden. Es wurden Teile von parthischen Wohnvierteln ausgegraben, die teilweise Häuser mit reichen Ausstattungen (Stuck­dekorationen) zu Tage förderten. Unter den Wohnbauten, oftmals in deren Höfe gegraben, fanden sich zahlreiche Bestattungen, teilweise in glasierten Tonsärgen. Die Stadt bestand auch noch in sassanidischer Zeit.

In der Nähe befindet sich ferner die Anlage Nufedschi, über deren Bedeutung die Forschung noch immer rätselt.

Könige von Uruk

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Den sumerischen Königslisten zufolge wurde Uruk von Enmerkar gegründet, der den offiziellen Königstitel aus der Stadt Eanna mitbrachte. Sein Vater Mesch-ki-ag-gascher „verschwand auf See“. Andere historische Könige von Uruk sind Lugal-Zagesi (welcher Uruk eroberte) und Utuḫengal. Der halbmythische Gilgamesch war laut den sumerischen Königslisten von ungefähr 2652 v. Chr. bis 2602 v. Chr. hier König. Er vervollständigte die Unabhängigkeit Uruks und versah die Stadt mit Mauern. Von Gilgamesch behauptete man auch, er habe den Eanna-Tempel in Auftrag gegeben. Später spielte Uruk eine bedeutende Rolle in den Kämpfen Babylons gegen das Reich Elam um 1200 v. Chr., bei denen es ernsthafte Verluste hinnehmen musste.

  • Rainer Michael Boehmer: Uruk-Warka. In: Eric M. Meyers (Hrsg.): The Oxford Encyclopedia of Archaeology in the Near East. Band 5. Oxford University Press (u. a.), Oxford 1997, ISBN 0-19-506512-3, S. 294–298.
  • Rainer Michael Boehmer, Friedhelm Pedde, Beate Salje (Hrsg.): Uruk. Die Gräber (= Deutsches Archäologisches Institut. Abteilung Baghdad. Ausgrabungen in Uruk-Warka. Endberichte. Band 10). Mainz 1985.
  • Burchard Brentjes: Völker an Euphrat und Tigris. Koehler und Amelang, Leipzig/Wien 1981, ISBN 3-7031-0526-7.
  • Nicola Crüsemann et al.: Uruk. 5000 Jahre Megacity. Imhof-Verlag, Petersberg 2013, ISBN 978-3-86568-844-6.
  • Margarete van Ess: 1912/13: Uruk (Warka). Die Stadt des Gilgamesch und der Ischtar. In: G. Wilhelm (Hrsg.): Zwischen Tigris und Nil. 100 Jahre Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Vorderasien und Ägypten. Zabern, Mainz 1998, S. 32–41.
  • Margarete van Ess: Die Ausgrabungen in Uruk-Warka. In: Deutsches Archäologisches Institut, Orient-Abteilung – Außenstelle Baghdad, 50 Jahre Forschungen im Irak 1955–2005. Berlin 2005, S. 31–39.
  • Margarete van Ess, Elisabeth Weber-Nöldeke (Hrsg.): Briefe aus Uruk-Warka: 1931–1939/Arnold Nöldeke. Reichert, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-89500-485-8.
  • Julius Jordan: Uruk Warka. Nach den Ausgrabungen der deutschen Orient-Gesellschaft (= Wissenschaftliche Veröffentlichungen der Deutschen Orientgesellschaft. 51). J. C. Hinrichs, Leipzig 1928.
  • Gunvor Lindström: Uruk. Siegelabdrücke auf hellenistischen Tonbullen und Tontafeln. von Zabern, Mainz 2003, ISBN 3-8053-1902-9.
  • Mario Liverani: Uruk, The First City. Equinox, London 2006, ISBN 9781845531911.
  • Adolf Leo Oppenheim: Ancient Mesopotamia – portrait of a dead civilization. Rev. ed by Erica Reiner. University of Chicago Press, Chicago 1977, ISBN 0-226-63186-9.
  • Michael Roaf: Weltatlas der Alten Kulturen. Mesopotamien. München 1990, S. 59–61.
Commons: Uruk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Uruk – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Zur Landschaftsform siehe Siedlungsraum der Marsch-Araber um den Schatt al-Arab.
  2. Iraq World Heritage List (engl.)
  3. Margarete van Ess, H. Becker, J. Fassbinder, R. Kiefl, I. Lingenfelder, G. Schreier, A. Zevenbergen: Detection of Looting Activities at Archaeological Sites in Iraq using Ikonos Imagery, In: J. Strobl, Th. Blaschke, G. Griesebner: Angewandte Geo-Informatik 2006. Beiträge zum 18. AGIT Symposium Salzburg 2006 (2006) S. 669–678, hier zitiert aus dem Kurzbericht Kulturerhalt des Irak des DAI, dainst.org (Memento vom 29. Juni 2013 im Internet Archive)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt
  4. DAI - Uruk-VR: Neue Technologie ermöglicht Schaffung großflächiger digitaler Zwillinge. Abgerufen am 17. Juli 2024 (deutsch).
  5. Adolf Leo Oppenheim: „In Uruk, in Süd-Mesopotamien, erreichte die sumerische Zivilisation ihren kreativen Höhepunkt. Das erkennt man an den Verweisen auf diese Stadt in religiösen und speziell in literarischen Texten, auch mit mythologischem Hintergrund; die historische Tradition, wie sie in den sumerischen Königslisten überliefert wurde, bestätigt dies. Von Uruk ging der politische Schwerpunkt offensichtlich auf Ur über.“ (Lit.: Oppenheim)
  6. Uruk (Warka): Struktur einer altorientalischen Großstadt. Stadtforschung in der Metropole des legendären König Gilgamesch (5. Jahrtausend v. Chr. bis 4. Jahrhundert n. Chr.), dainst.org (Memento vom 2. August 2014 im Internet Archive)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt

Koordinaten: 31° 19′ 20″ N, 45° 38′ 10″ O