Phosphor-Ylide

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Mesomerie (Beispiel:
Triphenyl-
phosphoniummethylid)
Ylid (oben), Yliden (unten)
Mesomerie

Phosphor-Ylide, auch Phosphonium-Ylide oder abgekürzt P-Ylide, sind chemische Verbindungen. Es handelt sich um innere Salze mit Kohlenstoff als Anion und Phosphor als Kation (also ein Zwitterion). In der organischen Synthesechemie sind P-Ylide wichtige Reagenzien zur Herstellung von Alkenen mittels der Wittig-Reaktion.[1]

Relative Stabilität von
Triphenylphosphoniumyliden
Ylid A
labiles Ylid
Ylid B
labiles Ylid
Ylid C
semistabiles Ylid
Ylid D
stabiles Ylid
Ylid E
stabiles Ylid

Elektronische Struktur von P-Yliden

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Ylid bezeichnet eine Grenzstruktur mit Ladungstrennung, wobei die beteiligten Atome jeweils Oktettkonfiguration aufweisen. Lange wurde die unpolaren Ylen-Resonanzstruktur (s. o.) angenommen, in der das Phosphoratom zehn Elektronen trägt, weshalb energetisch hoch liegende d-Orbitale an der Bindung beteiligt sein sollten. Computerchemische Untersuchungen zeigte jedoch, dass die d-Orbitale kaum zur Stabilisierung dieser Verbindungen beitragen. Strukturuntersuchungen sprechen der Ylid-Struktur, also einer zwitterionischen mit positiv geladenem Phosphoratom und negativ geladenem Kohlenstoffatom (Carbanion) den höchsten Anteil zu.[2][3] Weiterhin wird zwischen nicht-stabilisierte Ylide, bei denen an das Phosphoratom eine Alkylidengruppe (z. B. Methylen, =CH2) gebunden ist, und stabilisierten Yliden, in denen die negative Ladung am direkt an das Phosphoratom gebundenen Kohlenstoffatom durch elektronenziehende Gruppen wie COOR, C(=O)R, CN... stabilisiert wird, unterschieden.[4]

Herstellung von Alkylidentriphenylphosphoranen

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Als Startmaterial benötigt man ein Phosphoniumhalogenid mit mindestens einem α-ständigen H-Atom. Die Umsetzung dieses Phosphoniumhalogenids (z. B. Methyltriphenylphosphoniumchlorid) mit starken Basen (z. B. Methyllithium) liefert ein P-Ylid.[5]

P-Ylid Synthese
P-Ylid Synthese

Statt Methyllithium können auch andere starke Basen, wie Butyllithium, Phenyllithium, Natriumamid oder Methylsulfinylcarbanionen zur Abspaltung des α-ständigen H-Atoms verwendet werden.[5]

Mit einem Keton wie Cyclohexanon reagiert z. B. Methylentriphenylphosphoran zum entsprechenden Alken.[6]

Oxiran-Synthese
Oxiran-Synthese

Dies ist ein einfaches Beispiel für eine Wittig-Reaktion. Bei dieser Reaktionen wird Triphenylphosphanoxid (Ph3P=O) in stöchiometrischen Mengen abgespalten.[5] Insofern ist die Atomeffizienz dieser Synthese gering. Trotzdem wird durch eine Wittig-Reaktion in technischen Maßstab Vitamin A hergestellt.[7]

Einzelnachweise

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  1. Jonathan Clayden, Nick Greeves, Stuart Warren: Organische Chemie, 2. Auflage, Springer Spektrum, 2013, ISBN 978-3-642-34715-3, S. 757–761.
  2. Steven M. Bachrach: Molecular structure of phosphonium ylides. In: The Journal of Organic Chemistry. Band 57, Nr. 16, Juli 1992, S. 4367–4373, doi:10.1021/jo00042a012.
  3. Viktoria H. Gessner: Modern ylide chemistry : applications in ligand design, organic and catalytic transformations. Cham, Switzerland 2018, ISBN 978-3-319-89545-1.
  4. Reinhard Brückner: Reaktionsmechanismen, Springer Verlag, 3. Auflage, 2004, ISBN 978-3-8274-1579-0, S. 455–466.
  5. a b c Siegfried Hauptmann: Organische Chemie, 2. durchgesehene Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1985, ISBN 3-342-00280-8, S. 539–540.
  6. Ivan Ernest: Bindung, Struktur und Reaktionsmechanismen in der organischen Chemie, Springer-Verlag, 1972, ISBN 3-211-81060-9, S. 200.
  7. Werner Reif, Hans Grassner: Die technische Vitamin‐A‐Synthese der BASF. In: Chemie Ingenieur Technik. Band 45, Nr. 10, 1973, S. 646–652b, doi:10.1002/cite.330450920.