Nationale Widerstandsfront von Afghanistan
Nationale Widerstandsfront von Afghanistan | |
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Die Flagge der Islamischen Republik Afghanistan und die Flagge der Nordallianz werden in Pandschschir verwendet[1] | |
Aktiv | 15. August 2021 bis 6. September 2021 (de facto)[2] |
Stärke | ca. 10.000[3] |
Standort | Pandschschir-Tal |
Website | nationalresistance.org |
Führung | |
Kommandeur | Ahmad Massoud (seit 2021, im Exil[4]) |
Der Pandschschir-Widerstand (Selbstbezeichnung Nationale Widerstandsfront von Afghanistan, NRF oder NRFA) ist eine de facto niedergeschlagene[2] Allianz ehemaliger Mitglieder der sogenannten Nordallianz und weiterer Gegner der Taliban, gegründet als Reaktion auf den Vormarsch der Taliban in Afghanistan 2021. Anführer der NRF sind der afghanische Politiker und militärische Befehlshaber Ahmad Massoud sowie der Vizepräsident der Islamischen Republik Afghanistan, Amrullah Saleh. Ziel der NRF war es, eine autonome Regierung in den von ihr damals noch kontrollierten Provinzen aufzubauen.[5]
Bismillah Mohammadi, der ehemalige Verteidigungsminister der islamischen Republik, gehört ebenfalls dem Pandschschir-Widerstand an.[6][7][8] Es sollen sich auch Truppen des früheren Vizepräsidenten und Generals Abdul Rashid Dostum dem Widerstand angeschlossen haben.[9]
Ausgangspunkt des Widerstands ist das Pandschschir-Tal, ein Ausläufer des Hindukusch. Das Tal war das letzte verbliebene Gebiet unter Kontrolle der Islamischen Republik Afghanistan.[10][11]
Am 17. August 2021 beanspruchte Amrullah Saleh, gemäß der Verfassung Afghanistans Präsident Afghanistans zu sein, da der ehemalige Präsident Aschraf Ghani das Land verlassen habe.[12] Am 6. September 2021 gaben die Taliban an, das Pandschschir-Tal erobert zu haben.[13] Medienberichten zufolge flohen daraufhin die Anführer des Widerstands, Saleh und Massoud, nach Tadschikistan[4] und Frankreich, was faktisch den Widerstand in Pandschschir beendete.[2]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 13. Juli 2021 berichtete The Economic Times, dass ehemalige Mitglieder der vormaligen Widerstandsgruppe namens Nationale Islamische Vereinigte Front zur Rettung Afghanistans sich zusammenschließen würden, um gegen die Taliban zu kämpfen.[14] Am 28. Juli 2021 berichtete The Washington Post, dass diese Gruppen sich unter dem Namen „Widerstand II“ formieren würden.[10] Nach der Eroberung Kabuls durch die Taliban wurde berichtet, dass eine große Zahl an Taliban-Gegnern unter der Führung von Vizepräsident Amrullah Saleh sich im Pandschschir-Tal zusammenfinden würde, dem einzigen Gebiet, das zu dieser Zeit nicht durch die Taliban kontrolliert wurde. Ziel sei es, eine neue Widerstandsgruppe aufzubauen.[15][16][17]
Am 17. August gab es Berichte, nach denen sich Flüchtlinge dem Widerstand angeschlossen hätten. Zudem seien ehemalige Angehörige der afghanischen Armee eingetroffen und hätten sich dem Widerstand ebenso angeschlossen. Diese hätten Panzer und weitere Fahrzeuge mit sich geführt.[18]
Am 18. August veröffentlichte die Washington Post einen Artikel von Massoud, in dem dieser die internationale Staatengemeinschaft um Unterstützung des Widerstands in Pandschschir bat.[19] Weiterhin schrieb er, dass die Milizen unter seinem Kommando kampfbereit seien und über größere Vorräte an Munition und Waffen verfügten. Dennoch sei eine Unterstützung von außen unabdingbar, besonders angesichts der Einkesselung Pandschschirs durch die Taliban.[19]
In einem Bericht vom 19. August wurde die Mannstärke auf 10.000 geschätzt.[3] Wenige Tage später gaben die Taliban an, mehrere Hundert Kämpfer seien auf dem Weg in das Tal, um den Widerstand zu brechen.[20] Am 23. August berichteten Medien über Kämpfe an den Zugängen zu der Region.[21]
Am 28. August veröffentlichte der Spiegel einen dreiseitigen Brief, der von Amrullah Saleh digital an eine Reporterin des Spiegels gesendet wurde. Darin übt er Kritik am Abkommen von Doha und der US-Regierung.[22]
Im August traten Unterhändler der Taliban in Verhandlungen mit der Führung des Pandschschir-Widerstands.[23] Nach Angaben der Widerstandskämpfer wurden Ende August die ersten Angriffe der Taliban zurückgeschlagen.[24]
Am 3. September 2021 erklärten die Taliban das Pandschir-Tal für erobert. Dies wurde von Amrullah Saleh dementiert.[25]
Am 6. September hissten die Taliban ihre Flagge vor dem Gouverneurspalast der Provinz Pandschir in Bazarak und wiederholten ihre Behauptung vom 3. September.[26] Die NRF hatte zuvor einen Waffenstillstand vorgeschlagen.[27] Ahmad Massud gab über Twitter bekannt, dass er in Sicherheit sei, und rief zu einer nationalen Revolte auf. Die NRF teilte mit, dass die Taliban nicht stark genug seien, den Widerstand zu brechen und dass die NRF nicht gegen die Taliban, sondern gegen die pakistanische Armee kämpft.[26] Der Widerstand behauptete, dass pakistanische Kampfflugzeuge und Drohnen im Pandschir-Tal eingesetzt wurden.[28] Der Pressesprecher der Taliban in Kabul erklärte, dass der Krieg beendet sei.[26] Laut Medienberichten flohen Saleh und Massoud nach Tadschikistan.[4]
Nach Angaben des Sohnes von Amrullah Saleh erschossen die Taliban den Bruder von Amrullah, als sie diesen bei einer Fahrzeugkontrolle im September 2021 identifizierten.[29][30]
Im Juni 2022 konnte der Widerstand im Pandschirtal einen Helikopter der Taliban vom Typ MI-17 abschießen. Fünf Crew-Mitglieder wurden gefangen genommen und zwei weitere Taliban getötet.[31]
Im Oktober 2022 beherrschte die NRF nach eigenen Angaben Teile des Distrikts Schekai in der Provinz Badachschan im Nordosten des Landes an der Grenze zu Tadschikistan. Ein regionaler Taliban-Sprecher bestätige die Gefangennahme des Distriktsgouverneurs und weiterer Taliban-Kämpfer.[32]
Reaktionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der russische Botschafter in Afghanistan, Dmitri Schirnow, nannte den Widerstand „dem Untergang geweiht“,[33] militärisch habe das Bündnis keine Chance. Schirnow sagte, Salehs Selbstproklamation zum Übergangspräsidenten sei verfassungswidrig. Er selbst wolle Gespräche zwischen den Taliban und den NRF vermitteln.[34]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die Bewohner des Panjshir-Tals rüsten sich erneut für den Krieg, Neue Zürcher Zeitung vom 8. April 2021
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ 'Northern Alliance' flag hoisted in Panjshir in first resistance against Taliban. In: Hindustan Times. 17. August 2021, abgerufen am 17. August 2021 (englisch).
- ↑ a b c Foreign Policy: Afghan Resistance Mulls Formation of Government in Exile, 24. September 2021
- ↑ a b Othmara Glas: Die letzte Bastion im Pandschir-Tal. In: FAZ. 19. August 2021, abgerufen am 19. August 2021.
- ↑ a b c Afghan resistance leaders, long backed by CIA, have fled following Taliban takeover. 21. September 2021, abgerufen am 26. September 2021 (englisch).
- ↑ Anti-Taliban resistance group says it has thousands of fighters. In: BBC News. 23. August 2021, abgerufen am 23. August 2021.
- ↑ The Panjshir Valley: what is the main bastion of resistance against the Taliban advance in Afghanistan. In: Market Research Telecast. 17. August 2021, abgerufen am 4. April 2023 (englisch).
- ↑ As Taliban takes over, one Afghan province is still standing strong - Here's the story of Ahmad Shah Massoud and his bastion Panjshir. In: Free Press Journal. Abgerufen am 17. August 2021 (englisch).
- ↑ Widerstand gegen Taliban im afghanischen Pandschir-Tal. In: DW. Abgerufen am 18. August 2021.
- ↑ Widerstandsbastion. „Bereit, es mit den Taliban aufzunehmen“. ORF, 19. August 2021, abgerufen am 4. April 2023.
- ↑ a b Brick Murtazashvili: Northern Afghanistan once kept out the Taliban. Why has it fallen so quickly this time? In: The Washington Post via Twitter. 17. August 2021, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 16. August 2021; abgerufen am 4. April 2023.
- ↑ Yalda Hakim: An anti-Taliban coalition seems to be forming, including Vice President AmrullahSaleh and Ahmad Massoud, son of Ahmad Shah Massoud - they are in Panjsher, about three hours drive from Kabul #Afghanistan. In: BBC News via Twitter. 16. August 2021, abgerufen am 4. April 2023 (englisch).
- ↑ Saleh Amrullah: Clarity: As per d constitution of Afg, in absence, escape, resignation or death of the President the FVP becomes the caretaker President. I am currently inside my country & am the legitimate care taker President. Am reaching out to all leaders to secure their support & consensus. In: Twitter. Abgerufen am 4. April 2023.
- ↑ Taliban Claim Control Over Panjshir Valley, but Resistance Vows to Fight On. In: New York Times. 17. August 2021, abgerufen am 26. August 2021.
- ↑ Dipanjan Roy Chaudhury: Northern Alliance plans to regroup: Resistance leaders seek arms to fight Taliban in Northern Afghanistan. In: The Economic Times. Abgerufen am 17. August 2021.
- ↑ Defiant Afghan ex-VP vows new fight with Taliban. In: Digital Journal. AFP, 17. August 2021, abgerufen am 17. August 2021 (englisch).
- ↑ As Taliban takes over, one Afghan province is still standing strong – Here’s the story of Ahmad Shah Massoud and his bastion Panjshir. In: Free Press Journal. Abgerufen am 17. August 2021 (englisch).
- ↑ An anti-Taliban front forming in Panjshir? Ex top spy Saleh, son of 'Lion of Panjshir' meet at citadel. In: The Week. Abgerufen am 17. August 2021 (englisch).
- ↑ Panjshir flies flag of resistance again; Amrullah says he is President of Afghanistan. In: The Tribune India. 18. August 2021, abgerufen am 4. April 2023 (englisch).
- ↑ a b Ahmad Massoud: Opinion | The mujahideen resistance to the Taliban begins now. But we need help. In: Washington Post. 18. August 2021, abgerufen am 24. August 2021.
- ↑ Taliban schicken "Hunderte Kämpfer" ins widerständige Panjshir-Tal. 22. August 2021, abgerufen am 23. August 2021.
- ↑ Taliban attacks resistance fighters in last holdout region of Afghanistan in: Financial Times ( vom 23. August 2021 im Webarchiv archive.today)
- ↑ Afghanistan-Krise: Vizepräsident Amrullah Saleh - »Wir ergeben uns nicht«. In: Der Spiegel. Abgerufen am 28. August 2021.
- ↑ Christoph Reuter: Taliban in Afghanistan: Im Dilemma des Triumphs. In: Der Spiegel. Abgerufen am 29. August 2021.
- ↑ Widerstand gegen die Taliban: Erster Kampf am Pandschir-Tal, dpa-Meldung auf sueddeutsche.de vom 31. August 2021, abgerufen am 4. September 2021.
- ↑ Widerstand im Pandschir-Tal gegen Taliban. In: tagesschau.de. Abgerufen am 4. September 2021.
- ↑ a b c Taliban verkünden Eroberung von Widerstandshochburg Pandschir. In: tagesschau.de. Abgerufen am 6. September 2021.
- ↑ Taliban erklären Pandschirtal für erobert. In: zeit.de. Abgerufen am 6. September 2021.
- ↑ Alexander Haneke: Half Pakistan den Taliban in Pandschir? In: faz.net. 16. September 2021, abgerufen am 4. April 2023.
- ↑ Afghanistan: Taliban sollen Bruder von Ex-Vizepräsident Saleh getötet haben. In: Der Spiegel. Abgerufen am 11. September 2021.
- ↑ Brother of Afghan opposition figure executed by Taliban, family says. 10. September 2021, abgerufen am 11. September 2021 (englisch).
- ↑ Rebellen: Hubschrauber der Taliban im Pandschir-Tal abgeschossen. In: t-online.de. 17. Juni 2022, abgerufen am 18. Juni 2022.
- ↑ Taliban verlieren ersten Distrikt an Widerstandsbewegung, dpa-Meldung auf der Webseite der Marbacher Zeitung vom 4. Oktober 2022, abgerufen am 4. Oktober 2022.
- ↑ Resistance to Taliban is doomed, says Russian envoy to Afghanistan. Reuters, 20. August 2021, abgerufen am 24. August 2021 (englisch).
- ↑ Russia set to help Taliban reach political deal with 'resistance' leaders at Panjshir. Abgerufen am 24. August 2021 (englisch).