Anatolischer Leopard
Anatolischer Leopard | ||||||||||||
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Präparierter Anatolischer Leopard im Nationalmuseum Georgiens | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Panthera pardus tulliana | ||||||||||||
(Valenciennes, 1856) |
Der Anatolische Leopard (Panthera pardus tulliana), auch Kleinasiatischer Leopard, ist eine Unterart des Leoparden, die in der Türkei und im Südkaukasus vorkommt.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Knochenfunde aus frühbronzezeitlichen und frühchalkolithischen Kontexten des Çukuriçi Höyük legen nahe, dass Leoparden schon vor über 6000 Jahren in Anatolien gejagt wurden. Auch bildliche Überlieferungen in Çatalhöyük legen dies nahe.[1] Der anatolische Leopard wurde zuerst anhand eines Felles von Achille Valenciennes beschrieben. Dieser Leopard war im äußersten Westen Kleinasiens bei Izmir geschossen worden.[2]
Lange war unklar, ob es überhaupt noch Exemplare des anatolischen Leoparden gibt, in den letzten Jahren gab es allerdings wieder Sichtungen. Im Mai 2022 veröffentlichten die Behörden ein 2021 aufgenommenes Foto eines anatolischen Leoparden.[3] Am 28. November 2023 veröffentlichte das Ministerium für Land- und Forstwirtschaft Fotos eines mit einer Wildkamera Kamerafalle aufgenommenen Exemplars. In einem im Mai 2021 veröffentlichten Forschungsartikel wurden drei verschiedene Fotos aus den Jahren 2018 und 2019 veröffentlicht, von denen angenommen wird, dass es sich um dasselbe Tier handelt.[4] Es war von einer auf dem Cudi Dağı in der Provinz Şırnak aufgestellten Kamerafalle abgelichtet worden. Im Mai 2024 nahm eine Wärmebildkamera in der Bergregion um den Cudi eine Situation auf, in der sich ein Anatolischer Leopard und eine Hyäne begegneten.[5]
Taxonomie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die systematische Stellung des Anatolischen Leoparden ist noch nicht restlos geklärt. Bei der IUCN ist Panthera pardus tulliana derzeit ein Synonym von Panthera pardus ciscaucasica (Persischer Leopard).[6] Die Form könnte aber auch eine eigene Unterart von Panthera pardus bilden.[7]
Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der anatolische Leopard ist dem persischen Leoparden in Aussehen und Fellfärbung sehr ähnlich. Seine Kopf-Rumpf-Länge beträgt 100 bis 150 cm, die Schwanzlänge 60 bis 70 cm. Das Gewicht kann bis zu 90 kg betragen.[8]
Verbreitung und Lebensraum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Anfangs galt der Lebensraum als beschränkt auf den Westen der Türkei.[9] Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des anatolischen Leoparden war aber wohl der ägäische Raum der Türkei, die Region um Adana, die Region des Euphrats, der Nordosten des Landes und die Berge südlich des Vansees.[10] Im Februar 1965 erstach ʿAbdullah Qasim Maḥamid (arabisch عبدالله قاسم محاميد; hebräisch עַבְּדאללָה קָאסִם מַחָאמִיד, gestorben 1977), Hirte aus dem israelischen ʿArab alʿAramischah, im westgaliläischen Wadi Karkara des Nachal Betzet einen Leoparden mit seiner Linken,[11] der ihn angefallen hatte und seinen rechten Unterarm bereits im Maul hielt, nachdem er das Raubtier beim Beutemachen in seiner Ziegenherde gestellt hatte.[12] Das Männchen maß etwa zwei Meter in der Länge und wog etwa 120 Kilogramm, nachdem es kurz vorher den Bock der Herde gefressen hatte.[12]
1974 wurde ein Leopard in Bağözü bei Beypazarı getötet, als er eine Frau angriff. 30 Jahre lang galt dies als letzte bestätigte Sichtung eines Leoparden.[13][14] Da es seit den 1980er Jahren in dieser Region gar keine Sichtungen von Leoparden mehr gab, zweifelten Zoologen, ob es dort noch Leoparden gäbe. Sichtungsberichte aus der Region um Alanya im Südwesten der Türkei führten zu Vermutungen, dass es in den 1990er Jahren noch eine kleine Population zwischen Finike, Antalya und Alanya geben könnte. Frische Kotspuren wurden 1992 dann im Nationalpark Termessos gefunden.[15] Untersuchungen und Befragungen Mitte der 2000er Jahre legten allerdings nahe, dass es zu diesem Zeitpunkt auch hier keine Exemplare mehr gab.[16]
Während Untersuchungen in den Jahren 1993 bis 2002 fanden Zoologen Hinweise darauf, dass es in den höheren Waldgebieten und den alpinen Zonen des Pontischen Gebirges im nördlichen Anatolien noch Leoparden geben könnte, deren Unterart-Zugehörigkeit allerdings unbekannt ist.[13] In dieser Region gehören zu den möglichen Beutetieren Huftiere, wie Hirsche, Gämse, Ziegen, Wildschweine, aber auch Feldhasen und Kaukasus-Birkhühner.[13] Auch im georgischen Nationalpark Tuscheti soll es Exemplare geben.[17]
2010 wurde ein Leopard in der Provinz Siirt getötet. Die erste Fotografie eines anatolischen Leoparden gelang im September 2013 mit einer Kamerafalle in der Provinz Trabzon am Schwarzen Meer.[18] Im November 2013 wurde ein Leopard aus Selbstschutz in der Provinz Diyarbakır getötet.[19] Eine DNA-Analyse ergab, dass es sich allerdings um einen persischen Leoparden handelte.[20]
2023 teilte die türkische Naturschutzbehörde mehrere Aufnahmen vom anatolischen Leopard auf Youtube.[21] Die Aufnahmen sind aktuell und stammen von unterschiedlichen Regionen der Türkei. Verschiedene Nachrichtenagenturen hatten bereits die Jahre zuvor Sichtungen auf Youtube geteilt.[22] [1] Im September 2024 verbreitete die Naturschutzbehörde ein Video das Thermalkameraaufnahmen eines Leoparden in der westlichen Türkei zeigt; vorsichtshalber wurde die Gegend nicht genau angegeben, doch handelt es sich um einen Ort „im Inneren der Ägaisregion“.[23]
Der Kaplani von Samos
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Naturgeschichtliche Museum der Ägäis auf Samos wird ein ausgestopfter Leopard ausgestellt, der in den 1870er Jahren auf der Insel geschossen wurde. Er wird als Kaplani (griechisch Καπλάνι) bezeichnet und es wird vermutet, dass der Leopard aus Kleinasien auf die Insel kam. Größe, Aussehen und Fellfarbe sind allerdings eher ungewöhnlich für einen Leoparden, dies könnte aber an dem unsachgemäßen Konservierungs- und Taxidermieprozess liegen.[24] Die Geschichte des Leoparden inspirierte die griechische Autorin Alki Zei zu der Kindergeschichte „Wildkatze unter Glass“ (griechisch Το καπλάνι της βιτρίνας).[25][26]
Das Tier lebte in einer Höhle und unternahm Jagden in der Umgebung auf das Vieh der Bauern und Schäfer. Die kamen auf die Idee, die Höhle mit schweren Steinen zu verschließen, sodass das Tier an Hunger und Durst sterben würde. Nach drei Monaten öffnete Gerasimos Gliarmis die Höhle und kletterte unbewaffnet hinein. Der Leopard hatte überlebt und griff den Dorfbewohner an. Gliarmis’ Bruder Nikolaos konnte seinem Bruder zu Hilfe eilen und tötete das Tier. Gerasimos Gliarmis war bei dem Angriff der Wildkatze schwer verletzt worden und starb wenig später an einer Infektion. Ob diese Geschichte der Wahrheit entspricht, ist allerdings unklar.[24]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ A. Galik, B. Horejs, B. Nessel: Der nächtliche Jäger als Beute. Studien zur prähistorischen Leopardenjagd. In: Prähisthistorische Zeitschrift, 2012, 87 (2), S. 261–307, degruyter.com ( des vom 12. April 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF)
- ↑ M. A. Valenciennes: Sur une nouvelles espèce de Panthère tuée par M. Tchihatcheff à Ninfi, village situé à huit lieues est de Smyrne. In: Comptes rendus hebdomadaires des séances de l’Académie des sciences, Nr. 42, 1856, S. 1035–1039
- ↑ Bakan Kirişci açıkladı: 48 yıl sonra Anadolu leoparı görüldü, NTV, 25. Mai 2022, abgerufen am 25. Oktober 2024
- ↑ Yok olduğu sanılıyordu Şırnak'ta görüldü, Sözcü, 11. Mai 2021, abgerufen am 25. Oktober 2024
- ↑ Cudi Dağı'nda, Anadolu parsı ve sırtlan karşı karşıya geldi: O anlar termal kamerayla görüntülendi, Hürriyet, 24. Mai 2024, abgerufen am 25. Oktober 2024
- ↑ Panthera pardus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Eingestellt von: I. Khorozyan, 2008.
- ↑ Igor G. Khorozyan, Gennady F. Baryshnikov, Alexei V. Abramov: Taxonomic status of the leopard, Panthera pardus (Carnivora, Felidae) in the Cuacasus and adjacent areas. In: Russian J. Theriol., 5(1), 2006, S. 41–52
- ↑ Der anatolische Leopard in der Zootierliste
- ↑ O. E. Can: Status, conservation and management of large carnivores in Turkey. Convention on the Conservation of European Wildlife and Natural Habitats. Standing Committee, 24th meeting, 29 November-3 December 2004, Strasbourg 2004.
- ↑ Turhan Baytop: “Neue Beobachtungen über die Verbreitung des kleinasiatischen Leoparden (Panthera pardus tulliana) in der Türkei”. In: Zoologisches Bulletin, Heft 3, 24/1973, S. 183 f.
- ↑ N.N., “רועה שנאבק עם נמר ניצל מנוחת”, in: לַמֶּרְחָב (LaMerchav), 14. Februar 1965, S. 6.
- ↑ a b Mirit Kuschnir-Strumtza (מִירִית קוֹשְׁנִיר-סְטְרוּמְצָה), “אגדת אבו נימר: רועה הצאן הבדואי הרג נמר” (27. April 2012), auf: Ynet יְדִיעוֹת הַצָּפוּן; abgerufen am 2. Oktober 2024.
- ↑ a b c Sagdan Baskaya, Ertugrul Bilgili: Does the leopard Panthera pardus still exist in the Eastern Karadeniz Mountains of Turkey? In: Oryx, Vol. 38, Nr. 2, April 2004, S. 1–5, ktu.edu.tr (PDF; 108 kB)
- ↑ M. Ertüzün: The last Anatolian Panther. 2006
- ↑ B. Ullrich, M. Riffel: New evidence for the occurrence of the Anatolian Leopard, Panthera pardus tulliana (Valenciennes, 1856), in Western Turkey. In: Zoology in the Middle East, 1993, 8 (1), S. 5–14
- ↑ G. Giannatos, T. Albayrak, A. Erdogan: Status of the Caracal in Protected Areas in Southwestern Turkey. In: Cat News, 2006, 45, S. 23–24
- ↑ Naturschutzgebiete & Nationalparks. Georgia Insight; abgerufen am 12. April 2016
- ↑ “Panthera pardus” spotted in Turkey. World Bulletin, 11. September 2013.
- ↑ Anatolischer Leopard wurde schon einmal beschossen. Focus Online, 6. November 2013
- ↑ DNA-Analyse: Getöteter Leopard stammte nicht aus Anatolien. ( vom 12. April 2016 im Internet Archive) Deutsch-Türkische Nachrichten, 20. November 2013. Abgerufen am 7. April 2024.
- ↑ Anadolu Leoparı iki ayrı bölgemizde yeniden görüntülendi. Abgerufen am 14. Februar 2024 (deutsch).
- ↑ Yıllar sonra canlı görülen Anadolu Parsı yüzleri güldürdü. Abgerufen am 14. Februar 2024 (deutsch).
- ↑ Anadolu parsı bir kez daha görüntülendi. Abgerufen am 21. September 2024 (türkisch).
- ↑ a b Marco Masseti: Homeless mammals from the Ionian and Aegean islands. In: Bonn zoological Bulletin, 57 (2), 2010, S. 367–373, alt.zfmk.de ( vom 22. März 2016 im Internet Archive) (PDF)
- ↑ Alki Zei: Το Καπλ́ανι τ́ης βιτρ́ινας μυθιστ́ορημα. Κ́ερδος, Athen
- ↑ Alki Zei: Wildcat under Glass. Holt, Rinehart & Winston, New York 1968