Parlamentswahl in Marokko 2007

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die turnusmäßige Parlamentswahl in Marokko 2007 fand am 7. September 2007 statt.

Internationale Beobachter resümieren: Die Wahl verlief wohlorganisiert und nach internationalen Standards, doch es bedürfe Maßnahmen, welche das Vertrauen in die politischen Organe stärken, um mehr Wähler zu mobilisieren.[1]

Als Sieger ging die Partei Istiqlal aus der Wahl hervor, welche das erste Mal seit Jahrzehnten wieder stärkste Parlamentsfraktion wurde. Ihr Parteivorsitzender Abbas al-Fassi wurde im Anschluss von König Mohammed VI. mit der Regierungsbildung betraut.

Das gewählte Parlament hat lediglich beratende Macht. Bei der Ernennung eines Ministerpräsidenten ist der König nicht an die Mehrheitsverhältnisse im Parlament gebunden. Schon im Vorfeld der Wahl wird deutlich, wie sehr die politischen Bedingungen, unter denen die Wahl durchgeführt wird, vom König kontrolliert und beeinflusst sind. Dies äußert sich am Ende auch in einer historisch niedrigen Wahlbeteiligung von lediglich 37 % der in Wählerlisten registrierten Wahlberechtigten, sowie letztlich einem sehr hohen Anteil (ca. 19 %) von ungültigen Stimmen. Der Wahltermin war im Vorfeld heftig umstritten, fiel er doch in den religiösen Fastenmonat Ramadan, weshalb befürchtet wurde, dass die Stimmabgabe dadurch stärker religiös motiviert ausfallen könne.[1]

In den gemäß Verfassung alle 5 Jahre vorgesehenen Parlamentswahlen, der direkten Wahl der Repräsentantenversammlung im Zwei-Kammer-Parlament Marokkos, werden insgesamt 325 Parlamentssitze vergeben, davon 295 über Parteilisten sowie 30 Sitze über eine sogenannte „nationale Liste“, welche für Frauen reserviert ist.

33 Parteien stellten Abgeordnete zur Wahl, ergänzt von diversen parteilosen Kandidaten. Alle Parteilisten und Kandidaten wählen ein „Wahlsymbol“, um auch für Analphabeten wählbar zu sein.

Bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung von 33,24 Millionen sind offiziell 15.462.362 Bürger in Wählerlisten als wahlberechtigt registriert.[2] Insgesamt wurden 4.607.494 gültige Stimmen abgegeben. Bei einer Beteiligung von ca. 37 % (gegenüber 51,6 % im Jahre 2002) verbleiben also nur noch ca. 30 % der wahlberechtigten Stimmen.

Stärkste Partei wurde zum ersten Mal seit Jahrzehnten die Istiqlal mit 52 Sitzen. Sie besiegte damit deutlich ihren bisherigen Koalitionspartner USFP, welche seit 1998 die stärkste Fraktion gestellt hatte und nach einem Verlust von 12 Sitzen nun nur noch fünftstärkste Kraft wurde, während andere linke Parteien aber durchaus deutliche Stimmgewinne verzeichnen konnten.

Die Islamisten (PJD) sind die großen Verlierer der Wahl. Mit nur 4 dazugewonnenen Sitzen ggü. der Wahl von 2002, bei der sie nicht in allen Bezirken angetreten waren, aber dennoch 42 Sitze gewonnen hatten, sind die allgemeinen Erwartungen an ihr Wahlergebnis vollständig verfehlt worden. Ihre Beschwerden über Korruption und Stimmkauf wirken angesichts der allgemein geringen Wählermobilisierung eher wie eine Themenverfehlung, selbst wenn es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein sollte. Wenn die Gründe für ihre Niederlage also eher in der Wahrnehmung ihrer politischen Arbeit der zurückliegenden Wahlperiode und ihrem teils schwachen Wahlkampf zu suchen sind, bleibt dennoch ein Trend zu einem erstarkenden Islamismus im Land unverändert festzustellen.[3]

Insgesamt blieben die politischen Blöcke und Lager also stabil, während es innerhalb der Parteien-Koalitionen und Gruppen zu deutlichen Verschiebungen kam.[2]

Partei Ausprägung Führender Kopf.[2] Resultate
2002[4]
Resultate
2007[5]
Istiqlal oder „Partei der Unabhängigkeit“
(PI)
Konservatismus, Nationalismus Abbas al-Fassi
(designierter Ministerpräsident)
7,8 % der Stimmen
48 Sitze
10,7 % der Stimmen
52 Sitze
Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung
(PJD)
Konservatismus, Islamismus,
Wirtschaftsliberalismus
Saadeddine Othmani 7,4 % der Stimmen
42 Sitze
10,9 % der Stimmen
46 Sitze
Volksbewegung
(MP)
Royalismus,
Vertretung des ländlichen Raums
Mohand Laenser 5,0 % der Stimmen
27 Sitze
9,3 % der Stimmen
41 Sitze
Nationaler Zusammenschluss der Unabhängigen
(RNI)
Liberalismus, Mitte-rechts Ahmed Osman 7,2 % der Stimmen
41 Sitze
9,7 % der Stimmen
39 Sitze
Sozialistische Union der Volkskräfte
(USFP)
Sozialdemokratie Mohammed El-Yazghi 9,6 % der Stimmen
50 Sitze
8,9 % der Stimmen
38 Sitze
Konstitutionelle Union
(UC)
Royalismus, Konservatismus,
Wirtschaftsliberalismus
Mohammed Abied ?,? % der Stimmen
16 Sitze
7,3 % der Stimmen
27 Sitze
Partei des Fortschritts und des Sozialismus
(PPS)
Sozialismus Ismael Alaoui 3,4 % der Stimmen
11 Sitze
5,4 % der Stimmen
17 Sitze
Partei der Nationalen Demokraten (PND)
& al-Ahd (Koalition)
Liberalismus Abdalah Kadiri ?,? % der Stimmen
12 Sitze
5,5 % der Stimmen
14 Sitze
Front der Demokratischen Kräfte
(FFD)
Sozialismus Thami El Khyari 3,6 % der Stimmen
12 Sitze
4,5 % der Stimmen
9 Sitze
Demokratische und Soziale Bewegung
(MDS)
Konservativismus Mahmoud Archane ?,? % der Stimmen
7 Sitze
3,7 % der Stimmen
9 Sitze
Föderation der demokratischen Linken
(FGD-Koalition)
Sozialismus (nein) 0,0 % der Stimmen
0 Sitze
3,2 % der Stimmen
6 Sitze
Arbeiterpartei (Marokko)
(PT)
Sozialdemokratie Abdelkrim Benatiq 0,0 % der Stimmen
0 Sitze
1,7 % der Stimmen
5 Sitz
Partei der Umwelt und Entwicklung
(PED)
Ökologie Ahmed Alami 1,0 % der Stimmen
2 Sitze
1,7 % der Stimmen
5 Sitze
Partei der Erneuerung und Gerechtigkeit
(PRE)
Liberalismus Chaquir Achahbar ?,? % der Stimmen
0 Sitze
1,4 % der Stimmen
4 Sitz

Die übrigen 13 Sitze verteilen sich auf 6 weitere Parteien sowie 5 unabhängige Abgeordnete.

Regierungsbildung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

König Mohammed VI. beauftragte den Führer der stimmstärksten Partei mit der Regierungsbildung, also Abbas al-Fassi von der Istiqlal. Er bildet umgehend eine Regierungskoalition aus den Al-Kutla-Parteien, also der USFP und der PPS, sowie außerdem der RNI und der MP, welche am 15. Oktober 2015 offiziell berufen wurde.[6]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Mezgarne.com-Blog vom September 2007 (Memento des Originals vom 10. April 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mezgarne.com
  2. a b c Election Guide: Parlamentswahl Marokko 2007
  3. „Wahlen in Marokko: Konservative gewinnen“ Der Spiegel vom 9. September 2007
  4. psephos.adam-carr.net: Ergebnisse 2002
  5. psephos.adam-carr.net: Ergebnisse 2007
  6. Maroc.ma: Liste der Regierungen Marokko’s