Polyester

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Allgemeine Struktur von Polyestern
Links: Wiederholeinheit bei Polyestern, die aus Lactonen hergestellt werden. Diese Polyester sind Carbonsäureester. Rechts: Wiederholeinheit bei Polycarbonaten, dies sind Kohlensäureester (Carbonate). Sie sind oft Kondensate aus Dihydroxyverbindungen und Phosgen [Cl–(CO)–Cl]. Die beiden unterschiedlichen Esterfunktionen sind blau gekennzeichnet. R steht für den „Rest“ der zur Synthese eingesetzten Verbindungen.
Wiederholeinheiten von Polyestern, die aus Dicarbonsäuren und Dihydroxyverbindungen hergestellt werden. R1 steht für den „Rest“ der eingesetzten Dicarbonsäure, R2 für den „Rest“ der eingesetzten Dihydroxyverbindung.
Wiederholeinheiten bei Copolymeren von Carbonaten und Carbonsäureestern (Polyestercarbonate). R2 steht für den „Rest“ der eingesetzten Dicarbonsäure, R1 für den „Rest“ der eingesetzten Dihydroxyverbindung.

Polyester sind Polymere mit Esterfunktionen in ihrer Hauptkette. Auch in der Natur kommen solche Stoffe vor, aber in der Regel wird der Begriff Polyester für die Mitglieder einer großen Familie synthetischer Polymere (Kunststoffe) verwendet. Darin finden sich Materialien mit großer technischer Bedeutung wie die Polycarbonate (PC) oder das thermoplastische Polyethylenterephthalat (PET).[1] Eine weitere Form sind ungesättigte Polyesterharze (UP-Harze), die durch Härtung zu Duroplasten werden und als preisgünstige Matrix weite Verwendung im Bereich der Faserverbundkunststoffe finden.

Aromatische Polyester lassen sich zu flüssigkristallinen Polymerketten anordnen, wodurch sich das Eigenschaftsprofil eines Hochleistungskunststoffes ergibt.

Natürliche Polyester sind seit etwa 1830 bekannt. Der erste synthetische Polyester Glycerinphthalat wurde im Ersten Weltkrieg als Imprägnierungsmittel verwendet; Alkydharze kamen als Glyptal bei General Electric in den 1920er Jahren auf den Markt.[2] Als Textilfaser wurden sie in der Gruppe von Wallace Hume Carothers bei DuPont entwickelt, allerdings waren diese noch nicht hitzebeständig, was erst John Rex Whinfield Anfang der 1940er Jahre in England gelang. Die erste solche Faser wurde bald nach dem Zweiten Weltkrieg als Terylene bei Imperial Chemical Industries produziert.[3]

Flexible Leiterplatte aus Polyester (Mylar) mit Bauteilen und einer Kontaktstruktur für eine Bedientaste; rechts: Oberseite, links: Unterseite
Polyesterpolyol: Sauerstoffatome der Ester-Brücken und das Kohlenstoffatom der Carbonylgruppe des Esters sind blau markiert. Endständig die Hydroxygruppen, die zur Polyurethan-Herstellung essentiell sind.

Kurzbezeichnungen

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Allgemein erfolgt die Polyestersynthese in einer Polykondensationsreaktion oder durch ringöffnende Polymerisation.

Azeotrope Veresterung

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Die Azeotrope Veresterung ist eine klassische (Labor-)Methode, bei der ein Alkohol und eine Carbonsäure zu einem Carbonsäureester reagieren. Um ein Polymer aus Diol und Dicarbonsäure herzustellen, muss das bei der Reaktion entstehende Wasser ständig durch azeotrope Destillation entfernt werden, um das chemische Gleichgewicht auf die Esterseite zu verschieben. Die Reaktion wird von Titan- oder Zinn(IV)-alkoholaten bei 180–240 °C katalysiert. Man kann ca. 2 % Xylol als Wasserschlepper zusetzen. Durch geeignete Wahl der Edukte kann man Hydroxygruppen-haltige Polyester erzeugen. Der Veresterungsgrad ist üblicherweise > 95 %, bestimmt durch eine begleitende Säurezahl-Bestimmung.

Bei der Umesterung wird ein Diol in der Schmelze am Katalysatorkontakt mit einem Dicarbonsäureester (z. B. Dimethylterephthalat) umgesetzt. Mit dieser Methode werden die Massenkunststoffe Polybutylenterephthalat (PBT) und Polyethylenterephthalat (PET) hergestellt.

Carbonsäurechloridmethode

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Anstatt Carbonsäuren werden Carbonsäurechloride verwendet. Die Polykondensation geschieht so unter Abspaltung von Chlorwasserstoff (HCl) anstelle von Wasser. Diese Acylierungsmethode kann in Lösungsmitteln, als Interphasen- oder als Schmelzreaktion erfolgen.

Silylmethode
In dieser Variante der Salzsäuremethode wird das Carbonsäurechlorid mit dem Trimethylsilylether der Alkoholkomponente umgesetzt; es wird Trimethylsilylchlorid abgespalten.

Acetatmethode (Umesterung)

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In dieser nur für phenolische Hydroxygruppen geeigneten Methode reagiert die Säure mit der bereits mit Essigsäure veresterten Alkoholkomponente. Bei der Kondensation entsteht Essigsäure, die nicht so einfach wie Wasser oder Salzsäure zu entfernen ist, wodurch der pH-Wert sinkt und es häufig zu sauren Nebenreaktionen kommt.

Silylacetatmethode
In dieser Variante der Acetatmethode wird nicht die Carbonsäure, sondern deren Trimethylsilylester verwendet. Es entsteht der Essigsäuretrimethylsilylester, der nicht sauer ist.

Ringöffnende Polymerisation

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Bei der ringöffnenden Polymerisation können aus Lactonen über anionische, kationische, koordinative Kettenpolymerisation oder Enzym-basiert[5] ohne Kondensationsreaktion unter sehr milden Bedingungen aliphatische Polyester hergestellt werden.

Fasern, Gewebe sowie Fleecestoffe (Faserpelz) aus Polyester werden unter verschiedenen Handelsnamen vertrieben:[6]

Polyester- bzw. PET-Folien sind hervorragende Dielektrika und Isolierstoffe. Daraus hergestellte Folienkondensatoren haben das Kürzel MKS (WIMA) bzw. MKT (epcos/TDK). Siehe auch Biaxial orientierte Polyester-Folie (Mylar).

Polyesterlacke sind Lösungen ungesättigter Polyester (z. B. Maleinsäureglycolester) in einem Monomer (z. B. Styrol), dem man organische Peroxide als Reaktionsbeschleuniger zusetzt. Polyesterlacke werden als lösungsmittelfreie oder lösungsmittelarme Lacke verwendet. Die erhaltenen Filme besitzen eine hohe Witterungs- und Chemikalienbeständigkeit. Das Hauptverwendungsgebiet der Polyesterlacke bildet die Herstellung von farblosen und pigmentierten Holzlacken sowie von Spachtelmassen für Holz und Eisen. Darüber hinaus wird Polyester in der Herstellung und Anwendung von Pulverlacken gebraucht.[8]

Ökologische Auswirkungen

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Polyester erzeugt in mehrfacher Hinsicht Umweltprobleme:

  • Die Herstellung beruht auf Erdöl; die Herstellung ist energie- und wasserintensiv. Ein Recycling ist möglich, aber ebenfalls energieintensiv.
  • Mikroplastik und Mikrofasern, die sich beim Waschen aus Polyester-Textilien lösen und so ins Abwasser und Meer gelangen.[9][10]

Andererseits kann Polyester durch molekulare „Sollbruchstellen“ hydrolytisch abgebaut oder chemisch recycelt werden, was eine Lösung für das Mikroplastikproblem liefern könnte.[11]

Commons: Polyester – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Polyester – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Wolfgang Kaiser: Kunststoffchemie für Ingenieure, 3. Auflage, Carl Hanser, München, 2011, S. 331.
  2. Charles Carraher: Polyesters, Chemistry explained.
  3. Artikel Whinfield, Lexikon bedeutender Chemiker, Harri Deutsch, 1989.
  4. Oskar Nuyken, Heidi Samarian, Ilse Wurdack: Polymere in der Medizintechnik. In: ChemgaPedia. ChemgaPedia der Wiley Information Services GmbH, S. 8, abgerufen am 30. August 2016.
  5. Indra K. Varma, Ann-Christine Albertsson, Ritimoni Rajkhowa, Rajiv K. Srivastava: Enzyme catalyzed synthesis of polyesters. In: Progress in Polymer Science. Band 30, Nr. 10, S. 949–981, doi:10.1016/j.progpolymsci.2005.06.010 (elsevier.com [abgerufen am 25. Januar 2018]).
  6. Fachuni Chemie Berlin – Kunststofftabelle (Polykondensate/Polyester) (Memento vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive).
  7. Hinweis auf Grisuten als Warenzeichen der DDR.
  8. Lexikoneintrag Lacke, Internetpräsenz der Zeitschrift 'Spektrum der Wissenschaft'.
  9. Melanie Klawitter: Polyester: Geht so nachhaltiges Plastik? Utopia.de, 6. Februar 2022.
  10. Mikrofasern aus Kleidungsstücken belasten die Ozeane. Greenpeace, Februar 2017.
  11. [1] Häußler, M., Eck, M., Rothauer, D. et al. Closed-loop recycling of polyethylene-like materials. Nature 590, 423–427 (2021).