Limonen

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Strukturformel
Strukturformel von Limonen (ohne Stereochemie)
Vereinfachte Strukturformel mit markiertem Stereozentrum (*)
Allgemeines
Name Limonen
Andere Namen
  • 1-Methyl-4-(prop-1-en-2-yl)cyclohex-1-en (IUPAC)
  • Carven
  • p-Mentha-1,8-dien
  • 1-Methyl-4-isopropenyl-1-cyclohexen
  • 1-Methyl-4-(1-methylethenyl)cyclohexen
  • 4-Isopropenyl-1-methylcylohexen
  • Dipenten
  • Kautschin
  • Cinen
  • Cajeputene
  • LIMONENE[1], 1-METHYL-4-METHYLVINYL-CYCLOHEXENE (INCI)[2]
Summenformel C10H16
Kurzbeschreibung

farblose, entzündbare Flüssigkeit mit zitrusartigem Geruch[3]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 138-86-3 (unspezifiziert)
EG-Nummer 231-732-0
ECHA-InfoCard 100.028.848
PubChem 22311
Wikidata Q278809
Eigenschaften
Molare Masse 136,24 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

0,84 g·cm−3 (α- und β-Form, 20 °C)[4]

Schmelzpunkt

−89 °C[3]

Siedepunkt

175 °C[3]

Dampfdruck
  • 2,04 hPa (20 °C)[3]
  • 3,73 hPa (30 °C)[3]
  • 6,64 hPa (40 °C)[3]
  • 11,1 hPa (50 °C)[3]
Löslichkeit

wenig in Wasser (14 mg·l−1 bei 25 °C)[3]

Brechungsindex
  • 1,4720 [D-(+)-Limonen][4]
  • 1,4717 [L-(−)-Limonen][4]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[5] ggf. erweitert[3]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 226​‐​315​‐​317​‐​410
P: 210​‐​273​‐​280​‐​302+352[3]
MAK

D-Limonen:

  • Deutschland: 20 ml·m−3 bzw. 110 mg·m−3[3]
  • Schweiz: 7 ml·m−3 bzw. 40 mg·m−3[6]
Toxikologische Daten

4400 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[7]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Limonen [limoˈneːn] ist ein Naturstoff aus der Gruppe der Terpene (monocyclisches Monoterpen).

Limonen kommt in Form zweier Enantiomere vor, dem (R)-(+)-Limonen [auch als D-(+)-Limonen oder kurz (+)-Limonen bezeichnet] und dem (S)-(−)-Limonen [auch als L-(−)-Limonen oder kurz (−)-Limonen bezeichnet]. Das Racemat der beiden Enantiomere wird auch Dipenten genannt.

Limonen
Name (R)-Limonen (S)-Limonen
Andere Namen (+)-Limonen
D-Limonen
(−)-Limonen
L-Limonen
Strukturformel
CAS-Nummer 5989-27-5 5989-54-8
138-86-3 (unspez.)
EG-Nummer 227-813-5 227-815-6
205-341-0 (unspez.)
ECHA-Infocard 100.025.284 100.025.286
100.004.856 (unspez.)
PubChem 440917 439250
22311 (unspez.)
FL-Nummer 01.045 01.046
Wikidata Q27888324 Q27089405
Q278809 (unspez.)

Limonen wurde erstmals 1878 von Gustave Bouchardat durch Erhitzen von Isopren hergestellt.

Limonen ist das in Pflanzen am häufigsten vorkommende Monoterpen. (R)-(+)-Limonen ist vor allem in Pomeranzenschalenöl, in Kümmelöl, in Dill,[8] in Grünem Kardamom,[9] in Sellerie,[9] in Korianderöl, in Krauseminzöl,[10] in Lorbeer,[9] in Muskatnuss,[9] in Petersilie,[9] in Teebaumöl,[9] in Zitronenöl (ca. 65 %)[11] und in Orangenöl (meist >90 %)[12] enthalten. Es weist einen orangenartigen Geruch auf. Dagegen ist (S)-(−)-Limonen in Minzölen[13] (wie Pfefferminze, Acker-Minze,[14] Speer-Minze,[14] Polei-Minze[14] und Wasserminze[14]) sowie in Baldrian (Valeriana officinalis),[14] Edeltannen- und Koniferenöl[13] und in Hanf (Cannabis sativa L.)[15] enthalten und riecht nach Terpentin. Das racemische Limonen kommt unter anderem im Kienöl, im sibirischen Bayöl,[16] Fichtennadelöl, Neroliöl, Muskatnussöl[17] und Campheröl, im Basilikum,[18] Wacholder[19] und in Waldkiefern[19] vor.

Gewinnung/Darstellung

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Limonen wird in erster Linie durch Naturstoffextraktion gewonnen. (R)-(+)-Limonen fällt in großen Mengen als Nebenprodukt bei der Orangensaftproduktion an und wird durch Wasserdampfdestillation der dabei anfallenden Schalen gewonnen.[20] (S)-(−)-Limonen wird in verhältnismäßig kleinen Mengen aus den entsprechenden Ölen extrahiert. Das racemische Limonen fällt als Nebenprodukt bei der säurekatalysierten Isomerisierung von α- und β-Pinen an.

Die Biosynthese von Limonen geht von Geranylpyrophosphat (GPP) aus.

Biosynthese aus Geranylpyrophosphat (GPP)
Biosynthese aus Geranylpyrophosphat (GPP)

Physikalische Eigenschaften

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Der spezifische Drehwinkel beträgt [α]20D +126,3° [D-Limonen] bzw. −126,3° [(S)-Limonen].[21]

Chemische Eigenschaften

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Limonen ist licht-, luft-, wärme-, alkali- und säureempfindlich und autoxidiert zu Carvon.

Durch zwei aufeinander folgende Reaktionen mit Sauerstoff und Kohlendioxid entsteht Polylimonencarbonat, ein Stoff mit Polystyrol-ähnlichen Eigenschaften. Es ist Ausgangsstoff zur Synthese des β-Selinen, wobei es im ersten Schritt mit Diboran reagiert und dann mit Wasserstoffperoxid oxidiert wird.

Sicherheitstechnische Kenngrößen

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Limonen bildet bei höherer Temperatur entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt bei 50 °C.[3][22] Der Explosionsbereich liegt zwischen 0,7 Vol.‑% (39 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 6,1 Vol.‑% (345 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).[3][22] Die Grenzspaltweite wurde mit 1,14 mm bestimmt.[3][22] Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIA.[3][22] Die Zündtemperatur beträgt 255 °C.[3][22] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T3.

Reines (R)-Limonen riecht höchstens schwach nach Orange. Der Orangengeruch von (R)-Limonen wird größtenteils von Verunreinigungen aus dem Ausgangsprodukt Orangenöl erzeugt. (S)-Limonen hingegen riecht nicht nach Zitrusfrüchten, sondern terpentinartig.[23]

INCI-konforme Deklaration der Inhaltsstoffe einer Zahnpasta

Traditionell wird Limonen als preiswerter Duftstoff eingesetzt.[24] Es ist als Aromastoff in Lebensmitteln zugelassen.[25]

Das gramnegative Bakterium Pseudomonas putida DSM 12264 vermag R-(+)-Limonen regioselektiv zur R-(+)-Perillasäure zu oxidieren, einem natürlichen Konservierungsmittel für Kosmetika.[26] Die biotechnologische Herstellung von R-(+)-Perillasäure aus R-(+)-Limonen im Labormaßstab wurde im Jahr 2010 verbessert. Der entwickelte Bioprozess stellt eine vielversprechende Option für eine industrielle Anwendung dar.[27]

Das R-(+)-Limonen wird als pflanzliches Insektizid verwendet.

Auch dient es als Ausgangsstoff für die Synthese von synthetischem THC (Dronabinol).[28] In neueren Prozessen dient Limonen auch als Ausgangsprodukt für Biokunststoffe.[29][30]

Heute wird es vorwiegend als biogenes Lösungsmittel verwendet und dient als Reiniger und Verdünnungsmittel, beispielsweise in der Lackindustrie.

Biologische Bedeutung

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Beim Metabolismus des Limonens entsteht hauptsächlich Perillinsäure, Dihydroperillinsäure, Limonen-1,2-diol und Uroterpenol. Limonen wirkt reizend. Seine Oxidationsprodukte D-(−)-Carvon und mehrere Isomere des Limonenoxid, die aus Limonen an der Luft entstehen, sind allergieauslösend.[31]

Sicherheitshinweise

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R-(+)-Limonen wurde als für den Menschen nicht karzinogen eingestuft.[32]

Commons: Limonen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Eintrag zu LIMONENE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 23. Oktober 2021
  2. Eintrag zu 1-METHYL-4-METHYLVINYL-CYCLOHEXENE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 28. Dezember 2020.
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p Eintrag zu Dipenten in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 18. Februar 2017. (JavaScript erforderlich)
  4. a b c R. T. O’Connor, L. A. Goldblatt: Correlation of Ultraviolet and Infrared Spectra of Terpene Hydrocarbons, in: Analytical Chemistry. 26, 1954, S. 1726–1737; doi:10.1021/ac60095a014.
  5. Eintrag zu (±)-1-Methyl-4-(1-methylvinyl)cyclohexen im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 15. April 2023. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  6. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 5989-27-5 bzw. D-Limonen), abgerufen am 2. November 2015.
  7. Oyo Yakuri: Limonen. In: Pharmacometrics. Band 9, 1975, S. 387.
  8. Birgit Faber, Kerstin Bangert, Armin Mosandl: GC-IRMS and enantioselective analysis in biochemical studies in dill (Anethum graveolens L.). In: Flavour and Fragrance Journal. Band 12, Nr. 5, September 1997, S. 305–309, doi:10.1002/(SICI)1099-1026(199709/10)12:5<305::AID-FFJ659>3.0.CO;2-7.
  9. a b c d e f (+)-LIMONENE (englisch). In: Dr. Duke's Phytochemical and Ethnobotanical Database, Hrsg. U.S. Department of Agriculture, abgerufen am 28. August 2023.
  10. Valtcho D. Zheljazkov, Charles L. Cantrell, Tess Astatkie, M. Wayne Ebelhar: Productivity, Oil Content, and Composition of Two Spearmint Species in Mississippi. In: Agronomy Journal. Band 102, Nr. 1, Januar 2010, S. 129–133, doi:10.2134/agronj2009.0258.
  11. Eintrag zu Zitronenöl. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 15. Juni 2014.
  12. Eintrag zu Limonen. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 15. Juni 2014.
  13. a b Karl‐Georg Fahlbusch, Franz‐Josef Hammerschmidt, Johannes Panten, Wilhelm Pickenhagen, Dietmar Schatkowski, Kurt Bauer, Dorothea Garbe, Horst Surburg: Flavors and Fragrances. In: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry. Band 15, 2012, S. 73–198, doi:10.1002/14356007.a11_141.
  14. a b c d e (-)-LIMONENE (englisch). In: Dr. Duke's Phytochemical and Ethnobotanical Database, Hrsg. U.S. Department of Agriculture, abgerufen am 28. August 2023.
  15. Nils Günnewich, Jonathan E. Page, Tobias G. Köllner, Jörg Degenhardt, Toni M. Kutchan: Functional Expression and Characterization of Trichome-Specific (-)-Limonene Synthase and (+)-α-Pinene Synthase from Cannabis sativa. In: Natural Product Communications. Band 2, Nr. 3, März 2007, S. 1934578X0700200, doi:10.1177/1934578X0700200301.
  16. J. Abaul, P. Bourgeois, J. M. Bessiere: Chemical composition of the essential oils of chemotypes ofPimenta racemosa var.racemosa (P. Miller) J. W. Moore (Bois d'Inde) of Guadeloupe (F.W.I.). In: Flavour and Fragrance Journal. Band 10, Nr. 5, September 1995, S. 319–321, doi:10.1002/ffj.2730100506.
  17. DL-LIMONENE (englisch). In: Dr. Duke's Phytochemical and Ethnobotanical Database, Hrsg. U.S. Department of Agriculture, abgerufen am 28. August 2023.
  18. Ocimum basilicum (Lamiaceae) (englisch). In: Dr. Duke's Phytochemical and Ethnobotanical Database, Hrsg. U.S. Department of Agriculture, abgerufen am 28. Juni 2021.
  19. a b R. Hiltunen, I. Laakso: Gas chromatographic analysis and biogenetic relationships of monoterpene enantiomers in Scots Pine and juniper needle oils. In: Flavour and Fragrance Journal. Band 10, Nr. 3, Mai 1995, S. 203, doi:10.1002/ffj.2730100314.
  20. Rosaria Ciriminna, Monica Lomeli-Rodriguez, Piera Demma Carà, Jose A. Lopez-Sanchez und Mario Pagliaro: Limonene: a versatile chemical of the bioeconomy, Chem. Comm., 2014, 50, S. 15288–15296, doi:10.1039/c4cc06147k.
  21. Horst Surburg, Johannes Panten (Hrsg.): Common Fragrance and Flavor Materials: Preparation, Properties and Uses. 6. Auflage. Wiley-VCH, 2016, S. 54, doi:10.1002/9783527693153.
  22. a b c d e E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenngrößen. Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase. Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft, Bremerhaven 2003.
  23. Klaus Roth et al.: Limonen: auf der Suche nach dem verborgenen Duft. In: Chemie in unserer Zeit. Band 57, Nr. 5. Wiley-Vch, Weinheim 2023, doi:10.1002/ciuz.202200038.
  24. Juliane Daphi-Weber, Heike Raddatz, Rainer Müller: Untersuchung von Riechstoffen – Kontrollierte Düfte, S. 94–95, in Band V der Reihe HighChem hautnah – Aktuelles aus der Lebensmittelchemie (Herausgegeben von der Gesellschaft Deutscher Chemiker) 2010, ISBN 978-3-936028-64-5.
  25. Eintrag zu Limonene in der Food and Feed Information Portal Database, abgerufen am 25. September 2023.
  26. Ruben Eckermann: Mit Bakterien gegen Bakterien. In: Nachrichten aus der Chemie. Band 59, 2011, S. 619–620.
    Für die biotechnologische Herstellung von Perillasäure verlieh die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ (AiF) den Otto von Guericke-Preis 2011 an Jens Schrader vom Karl-Winnacker-Institut (heute DECHEMA-Forschungsinstitut).
  27. M. A. Mirata et al.: Integrierte Bioproduktion und selektive Aufreinigung von Perillasäure, Chemie Ingenieur Technik. 82, 2010, S. 101–109.
  28. ApSimon: "The Total Synthesis of Natural Products" Vol. 4 John Wiley & Sons, New York Chichester Brisbane Toronto, S. 233.
  29. Bähr, M.; Bitto, A.; Mühlhaupt, R.: Cyclic limonene dicarbonate as a new monomer for non-isocyanate oligo- and polyurethanes (NIPU) based upon terpenes. In: Green Chemistry 14 (1012), S. 1447–1454, doi:10.1039/C2GC35099H.
  30. Firdaus, M.; Meier, M.A.R.: Renewable polyamides and polyurethanes derived from limonene. In: Green Chemistry 15 (1013), S. 370–380, doi:10.1039/C2GC36557J.
  31. A.T. Karlberg et al. (1992): Air oxidation of d-limonene (the citrus solvent) creates potent allergens. In: Contact Dermatitis. Bd. 26, S. 332–340, PMID 1395597.
  32. Eintrag zu Limonen in der Hazardous Substances Data Bank (via PubChem), abgerufen am 3. März 2010.