In der belgischen Revolution von 1830 erhob sich die überwiegend katholische Bevölkerung der südlichen Provinzen des Vereinigten Königreichs der Niederlande gegen die Vorherrschaft der mehrheitlich protestantischen Nordprovinzen. Innerhalb weniger Wochen im August und September führte der Aufstand zur Abspaltung der flämischen und wallonischen Landesteile und zur Gründung des belgischen Staates. Der junge belgische Staat vermochte es bis 1839 die volle Unabhängigkeit zu erlangen und legte in dieser Zeit das politische System fest, das in den Grundzügen bis heute gültig geblieben ist. Nur Teile Luxemburgs blieben bis 1890 in Personalunion mit den Niederlanden verbunden.
Gustave Rolin-Jaequemyns war ein belgischer Jurist, Politiker und Diplomat. Im September 1873 gründete er zusammen mit dem Schweizer Juristen Gustave Moynier das Institut de Droit international, eine 1904 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete und bis in die Gegenwart bestehende Institution. Er war von 1873 bis 1878 der erste Generalsekretär des Instituts und wurde 1892 zum ersten Ehrenpräsidenten ernannt. Darüber hinaus wirkte er als Mitglied für die Unitaire Liberale Partij, der ersten in Belgien gegründeten politischen Partei, und von 1878 bis 1884 als Innenminister seines Heimatlandes. Obwohl er ein zutiefst religiöser Mensch war, galt er auf Grund seines überzeugten Eintretens für die Trennung von Religion und Staat als antiklerikal und setzte sich im Rahmen der Auseinandersetzungen zwischen klerikalen und antiklerikalen Strömungen in den Jahrzehnten nach der Belgischen Revolution für die Ziele der Liberalen ein.
Samsonfiguren sind eine spezielle Form von Umzugsriesen, große Figuren, die bei verschiedenen Arten von Festumzügen getragen werden. Ein Teil der in mehreren europäischen Ländern populären Umzugsriesen stellt biblische oder mythologische Riesen dar. Vierzehn von diesen Figuren sind überlebensgroße Nachbildungen des biblischen Samson mit der Ausrüstung eines römischen Legionärs beziehungsweise eines Soldaten aus der napoleonischen Zeit. Sie bestehen aus Holz oder Leichtmetall und werden bei traditionellen Straßenumzügen von je einer Person getragen. Es gibt sie in Ath, im Westen der Wallonie (Belgien), und im inneralpinen Österreich. Die Samsonfigur von Ath ist eine von mehreren Riesen-Figuren des jährlichen Festivals Ducasse d’Ath.
In der Schlacht bei Ligny trafen am 16. Juni 1815 – zwei Tage vor der Schlacht bei Waterloo – die französischen Truppen der Grande Armée unter Napoleon auf eine preußische Armee unter dem Kommando des Feldmarschalls Blücher. Ligny war Napoleons letzter Sieg. Er konnte die Truppen Blüchers unter Einsatz der Alten Garde zwar schlagen, aber nicht völlig vernichten. Dies sollte in Waterloo fatale Folgen für ihn haben – so war der britisch-preußische Sieg in der Schlacht bei Waterloo am 18. Juni 1815 auch eine indirekte Folge der Ereignisse, die sich zwei Tage zuvor bei Ligny abgespielt hatten. Nur einen Tag nach seiner Rückkehr nach Paris dankte Napoleon am 22. Juni zugunsten seines Sohnes ab.
Siger von Brabant war Philosophielehrer an der Pariser Artistenfakultät und Vertreter eines radikalen Aristotelismus, der sich eng an den Aristoteleskommentaren von Averroes orientierte und deshalb später, in Anknüpfung an den von Thomas von Aquin geprägten Begriff averroista („Averroist“), als Averroismus bezeichnet wurde. Die Person und die Werke Sigers waren über Jahrhunderte in Vergessenheit geraten und wurden erst seit dem 19. Jahrhundert durch die von Ernest Renan und Pierre Mandonnet initiierte Forschung allmählich wiederentdeckt. In der Zuschreibung, Datierung und Deutung der überlieferten Schriften, in der Beurteilung ihrer Orthodoxie und nicht zuletzt in der Frage, wie Thomas von Aquin und Dante Alighieri zu Siger standen, ist die Forschung vielfach kontrovers verlaufen und manches klärungsbedürftig geblieben.
Georges Simenon war ein belgischer Schriftsteller. Bekannt wurde er vor allem als Autor von insgesamt 75 Kriminalromanen um die Figur des Kommissars Maigret. Daneben schrieb Simenon über 100 weitere Romane und 150 Erzählungen unter seinem Namen, sowie knapp 200 Groschenromane und mehr als 1000 Kurzgeschichten unter verschiedenen Pseudonymen. Er schrieb in französischer Sprache und verwendete bis zum Erfolg unter seinem eigenem Namen hauptsächlich das Pseudonym Georges Sim. Trotz seines großen kommerziellen Erfolgs und zahlreicher begeisterter Einzelstimmen war die Literaturkritik unschlüssig in seiner Einordnung. Auch mit den höheren literarischen Ambitionen seiner „Non-Maigret“-Romane überwand er nicht den Ruf eines Krimiautors und Vielschreibers.
Die Sprachgesetzgebung in Belgien regelt den Gebrauch der drei offiziellen Landessprachen Niederländisch, Französisch und Deutsch im belgischen öffentlichen Leben. Während die Verfassung des Königreichs Belgien für Privatpersonen in der Regel einen freien Gebrauch der Sprachen vorsieht, müssen die öffentlichen Dienste des Staates eine Reihe von Regeln beachten, die sowohl den Sprachengebrauch innerhalb der Dienste als auch zwischen den verschiedenen Diensten und gegenüber dem Bürger betreffen. Insbesondere richten sich Sprachgesetze an die Gesetzgeber, die Verwaltungen, die Gerichte, die Streitkräfte und das Personal des Unterrichtswesens in Belgien. Die belgische Sprachgesetzgebung ist eine der Folgen des flämisch-wallonischen Konfliktes. Das Ziel dieser Gesetze war eine allmähliche Gleichberechtigung der niederländischen und der französischen Sprache.
Charles De Visscher war ein belgischer Jurist. Nach frühen Arbeiten im Zivil-, Sozial- und Arbeitsrecht profilierte er sich unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges im Bereich des Völkerrechts und nahm im Laufe seiner Karriere eine Reihe von hochrangigen Positionen und Ämtern ein. So wirkte er als Juraprofessor an den Universitäten in Gent und Löwen sowie als Gastdozent an der University of Chicago und der Akademie für Völkerrecht in Den Haag, deren Kuratorium er ab 1932 angehörte. Darüber hinaus war er Generalsekretär und Präsident des Institut de Droit international (Institut für Völkerrecht), ab 1923 Mitglied des Ständigen Schiedshofes in Den Haag sowie von 1937 bis 1945 Richter am Ständigen Internationalen Gerichtshof und von 1946 bis 1952 an dessen Nachfolgeinstitution, dem Internationalen Gerichtshof.
Als Völkermord in Ruanda werden umfangreiche Gewalttaten in Ruanda bezeichnet, die am 6. April 1994 begannen und bis Mitte Juli 1994 andauerten. Sie kosteten zirka 800.000 bis 1.000.000 Menschen das Leben, die niedrigsten Schätzungen gehen von mindestens 500.000 Toten aus. In annähernd 100 Tagen töteten Angehörige der Hutu-Mehrheit etwa 75 Prozent der in Ruanda lebenden Tutsi-Minderheit sowie moderate Hutu, die sich am Völkermord nicht beteiligten oder sich aktiv dagegen einsetzten. Die Täter kamen aus den Reihen der ruandischen Armee, der Präsidentengarde, der Nationalpolizei (Gendarmerie) und der Verwaltung. Zudem spielten die Milizen der Impuzamugambi sowie vor allem der Interahamwe eine besonders aktive Rolle. Auch weite Teile der Hutu-Zivilbevölkerung beteiligten sich am Völkermord. Der Genozid ereignete sich im Kontext eines langjährigen Konflikts zwischen der damaligen ruandischen Regierung und der Rebellenbewegung Ruandische Patriotische Front (RPF). Im Verlauf und im Nachgang der Ereignisse wurden die Vereinten Nationen (UN) und Staaten wie die USA, Großbritannien und Belgien wegen ihrer Untätigkeit kritisiert. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, aus welchen Gründen eine frühzeitige humanitäre Intervention nicht erfolgte, bzw. warum Friedenstruppen der UNAMIR vor Ort verkleinert wurden.
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Adrien de Gerlache de Gomery war ein belgischer Marineoffizier und Polarforscher. Geboren als ältester Sohn eines adligen Offiziers, trat er gegen den Willen seines Vaters 1886 in die belgische Marine ein. Mit zweiundzwanzig Jahren wurde er in den Rang eines „Zweiten Leutnants auf großer Fahrt“ und im Oktober 1890 zum Leutnant befördert. Er verrichtete Dienst auf Schiffen der belgischen Fischereiaufsicht, der Küstenwache und der Fährlinie Oostende – Dover, wünschte sich jedoch ein abenteuerlicheres Leben. 1895 nahm de Gerlache de Gomery an einer Fahrt nach Jan Mayen und Ostgrönland teil, die ihn bestärkte, sein Leben der Polarforschung zu widmen.
Die Dritte Flandernschlacht im Ersten Weltkrieg war ein Versuch der Alliierten, einen Durchbruch im Raum Ypern zu erzielen, daher auch der Name Dritte Ypernschlacht. Sie begann am 31. Juli 1917 und endete am 6. November 1917 mit der Eroberung des Dorfes Passchendaele. Der Durchbruch gelang nicht und die Geländegewinne waren, wie an der Westfront üblich, sehr gering und mussten mit enormen menschlichen und materiellen Verlusten erkämpft werden. Deswegen steht die Flandernoffensive heute für die Brutalität und Sinnlosigkeit des Krieges. Die Offensive bestand eigentlich aus mehreren Schlachten. Der erste Angriff wird als Schlacht von Messines bezeichnet, die späteren Offensiven im Oktober/November als Schlacht von Passchendaele oder einfach nur Passchendaele.
Der Genter Altar ist ein Flügelaltar in der Genter St. Bavo-Kathedrale. Er wurde 1432 von Jan van Eyck und möglicherweise dessen Bruder Hubert van Eyck geschaffen. Die lange als recht sicher angenommene Mitwirkung des letzteren, die auf einer später zugefügten Inschrift auf dem Altarbild beruht, wird inzwischen von der Forschung verworfen. Stifter des Bildes waren der Genter Kaufmann Jodocus Vijd und seine Frau Elisabeth Borluut. Thema des Retabels ist die Anbetung des Gotteslammes - die Schlussszene der Apokalypse des Johannes und der Einzug der Auserwählten nach dem Jüngsten Gericht in das Neue Jerusalem.
Georges Ruggiu ist ein belgisch-italienischer Journalist und Rundfunkmoderator. Er beteiligte sich während des Völkermords in Ruanda an Verbrechen. Dafür wurde er am 1. Juni 2000 vom Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (ICTR) wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Er ist der einzige Europäer, gegen den der ICTR ein Urteil fällte. Zehneinhalb Jahre seiner Haft verbrachte Ruggiu im Gefängnis des ICTR in Tansania. In dieser Zeit sagte er mehrfach in Prozessen dieses Gerichtshofs als Belastungszeuge aus. Ende Februar 2008 erfolgte sein Transfer nach Italien, wo er den Rest seiner Strafe verbüßen sollte. Am 21. April 2009 wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen.
Das Hansekontor in Brügge war das wirtschaftlich bedeutsamste der vier Kontore der Hanse. Das Kontor führte ein Siegel mit dem doppelköpfigen Reichsadler, das ihm im Jahr 1486 von Kaiser Friedrich III. verliehen worden war. Das Hansekontor in Brügge war eine völkerrechtlich anerkannte Interessenvertretung der Hanse. Sie hatte eine eigene Jurisdiktion. Die in Brügge tätigen Kaufleute aus Hansestädten waren Zwangsmitglieder. Das Hansekontor in Brügge hatte die Stellung einer auswärtigen Handelskammer der Hanse in Brügge mit konsularischen Befugnissen.
Das Herzogtum Limburg war ein historisches Territorium im (Heiligen) Römischen Reich Deutscher Nation, dessen Kerngebiet weitgehend im Nordosten des heutigen Belgien (Provinz Lüttich) liegt. Der geschichtliche Ursprung liegt im frühen 11. Jahrhundert; sein definitives Ende besiegelten die Franzosen, als sie das Gebiet 1793 annektierten und an Frankreich anschlossen. Zunächst nur Grafen, erstritten sich die Limburger im 12. Jahrhundert aufgrund des mehrfach erhaltenen Titels Herzog von Niederlothringen den Herzogtitel auf Dauer. Nach dem Aussterben der Hauptlinie der Limburger Herzöge entbrannte der Limburger Erbfolgestreit, der in der Schlacht von Worringen im Jahr 1288 seinen blutigen Höhepunkt fand. Seitdem wurde Limburg in Personalunion von den Herzögen von Brabant mitregiert. Seit diesem Zeitpunkt kann man kaum mehr von einer eigenen Geschichte des Herzogtums sprechen. Bestrebungen der Limburger Stände, im Rahmen der Brabanter Revolution (1789) eine gewisse Eigenständigkeit zurückzuerlangen, scheiterten.
Johann III. Ohnegnade, der dritte Sohn Herzog Albrechts I., war von 1390 bis 1418 Fürstelekt von Lüttich und von 1404 bis zu seinem Tod Herzog des wittelsbachischen Teilherzogtums Straubing-Holland. Johann war eine schillernde Persönlichkeit, die für ihren politischen Scharfblick ebenso gerühmt wurde wie für ihren Kunstsinn. Johann stieß mit seiner autoritären Politik in Lüttich auf den erbitterten Widerstand der Städte und des Adels, die schließlich sogar einen Gegenbischof wählten. Seit 1395 mehrmals vertrieben, konnte Johann von Bayern seine Herrschaft in der Schlacht von Othée wiederherstellen. Die nachfolgenden Konfiskationen und Hinrichtungen seiner Gegner brachten Johann den Beinamen „Ohnegnade“ ein. Erst der römisch-deutsche König Sigismund erreichte 1417 einen endgültigen Ausgleich zwischen Elekt und Bistum, in dem Johann Lüttichs alte Rechte anerkannte.
Die Metro Brüssel bildet zusammen mit der Straßenbahn das Rückgrat des schienengebundenen öffentlichen Personennahverkehrs in der Region Brüssel-Hauptstadt, welche neben dem administrativen Stadtgebiet Brüssels 18 weitere selbstständige Gemeinden umfasst, die jedoch ein zusammenhängendes städtisches Siedlungsgebiet bilden. Die einzige Untergrundbahn Belgiens entwickelte sich aus der Untertunnelung von Straßenbahnstrecken, welche stufenweise auf U-Bahn-Betrieb umgestellt wurden. Die Eröffnung der ersten U-Bahnstrecke fand 1976 statt. Betreiber des Systems mit derzeit vier Linien ist die Société des Transports Intercommunaux de Bruxelles/Maatschappij voor het Intercommunaal Vervoer te Brussel, kurz STIB/ MIVB. Das Brüsseler Metrosystem hat eine Länge von 38 Kilometern, verfügt über 59 Stationen und ist von 5:00 Uhr bis 1:00 Uhr im Einsatz. Brüssel hat insgesamt vier U-Bahn-Linien, wobei sich je zwei Linien weite Streckenabschnitte teilen.
Der Westfeldzug bezeichnet die Eroberung der Niederlande, Belgiens, Luxemburgs und Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges vom 10. Mai bis 25. Juni 1940. Zu Beginn des Polenfeldzuges hatten Frankreich und Großbritannien dem Deutschen Reich am 3. September 1939 den Krieg erklärt, ohne militärisch wirksam einzugreifen. Dieser „Sitzkrieg“ endete April 1940, als es zu einem britisch-deutschen Wettlauf um die Besetzung Norwegens kam. Das „Unternehmen Weserübung“ war Anfang Mai weitgehend zugunsten Deutschlands entschieden, woraufhin der Angriffsbefehl im Westen erteilt wurde. Deutsche Panzerkommandeure drangen binnen weniger Tage „blitzkriegartig“ durch die Ardennen bis zur Kanalküste vor. Anfang Juni erfolgte der Angriff auf das französische Kernland, der mit der Besetzung von Paris vorentschieden wurde. Der Waffenstillstand, der am 25. Juni 1940 in Kraft trat, teilte Frankreich in das verbliebene Vichy-Regime im Süden, in eine deutsche Besatzungszone entlang der Küsten im Westen und Norden, sowie in eine italienische Zone in den Westalpen, die Benito Mussolini in den letzten Kriegstagen erobern ließ. Die Kampfhandlungen mit Großbritannien wurden in der Luftschlacht um England fortgeführt.