Riesengürteltier

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Riesengürteltier

Riesengürteltier
(Präparat des Nationalmuseums Prag)

Systematik
Ordnung: Gepanzerte Nebengelenktiere (Cingulata)
ohne Rang: Gürteltiere (Dasypoda)
Familie: Chlamyphoridae
Unterfamilie: Tolypeutinae
Gattung: Priodontes
Art: Riesengürteltier
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Priodontes
F. Cuvier, 1825
Wissenschaftlicher Name der Art
Priodontes maximus
(Kerr, 1792)

Das Riesengürteltier (Priodontes maximus) ist eine Säugetierart aus der Gruppe der Gürteltiere (Dasypoda). Es bildet eine eigene Gattung (Priodontes) und ist der größte lebende Vertreter seiner Familie. Die Gürteltierart kommt in einem großen Bereich Südamerikas östlich der Anden vor, ist aber eher selten und tritt so mit einer nur sehr geringen Populationsdichte auf. Das Riesengürteltier bewohnt sowohl offene Landschaften als auch Wälder, gräbt Erdbaue und ernährt sich fast ausschließlich von Insekten. Über die Fortpflanzung der Tiere ist wenig bekannt. Da ein deutlicher Rückgang des Bestandes auszumachen ist, gilt die Art als gefährdet, wobei die Jagd als größter Bedrohungsfaktor angesehen wird.

Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 75 bis 100 cm, zuzüglich eines 48 bis 60 cm langen Schwanzes, einer Schulterhöhe von 46 bis 49 cm und einem Gewicht von 18 bis 45 kg (in menschlicher Obhut sogar bis zu 80 kg) ist das Riesengürteltier die größte lebende Gürteltierart. Allerdings sind Weibchen durchschnittlich kleiner als Männchen. Der Kopf ist mit einer Länge von rund 21 cm relativ klein, die Schnauze weist eine konische Form auf mit einem leicht gerundeten Ende und einer nur kleinen Maulöffnung. Die Ohren stehen weit auseinander und sind mit maximal 6 cm sehr kurz. Bedeckt wird der Kopf von einem Schild von ovaler Form, der aus einzelnen Knochenplättchen aufgebaut ist. Der Rückenpanzer besteht ebenfalls aus einzelnen, viereckig geformten Knochenplättchen, die in Reihen und Bändern angeordnet sind. Er wird etwa 80 cm lang und über die Krümmung gemessen bis zu 70 cm breit. Generell ist er etwas abgeflacht und nicht so starr wie bei anderen Gürteltieren, auch reicht er seitlich nicht so weit nach unten. Er weist, wie bei den Gürteltieren typisch, zwei festere Teile auf, je eines über dem Schulter- und Beckenbereich. Zwischen diesen befinden sich 11 bis 13 sehr bewegliche Bänder. Ebenfalls drei bewegliche Bänder aus Knochenschildchen sind am Nacken ausgebildet. Neben dem allgemein übereinstimmenden Aufbau ist jeder Panzer individuell gestaltet. Dies drückt sich durch unvollständige randlich oder mittig angeordnete Bänder oder Reihen, verschiedentlich übergroß oder verkleinert ausgeprägte sowie isolierte, nicht zu Bändern beziehungsweise Reihen gehörende Knochenplättchen und ähnliches aus, wodurch einzelne Tiere identifiziert werden können.[1] Der mittellange Schwanz ist zusätzlich mit fünfeckigen Platten bedeckt, die aber nicht in Reihen angeordnet sind. Der Panzer des Riesengürteltiers ist graubraun bis dunkelbraun gefärbt mit einem etwas helleren Rand; auch hier bestehen individuelle Unterscheidungsmöglichkeiten anhand der Anzahl der hellen und dunklen Knochenplättchen je Reihe. Der Bauch des Tieres erscheint gleichfalls heller, ebenso der Kopf und der Schwanz. Zwischen den einzelnen Plättchen sprießen nur vereinzelt Haare. Die Gliedmaßen enden in je fünf Zehen, die alle Krallen tragen. Besonders ausgeprägt und zusätzlich sehr flach sind diese an der jeweils dritten Zehe der Vorderfüße, wo sie eine Länge von bis zu 20 cm erreichen und damit zu den längsten Krallen im Tierreich gehören. Der Hinterfuß misst in der Länge rund 19 cm. Weibliche Tiere besitzen zwei Milchdrüsen.[2][3][4][5]

Schädel- und Skelettmerkmale

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Wie alle Gürteltiere weist auch das Riesengürteltier von den anderen Säugetieren abweichende Zähne auf. Diese sind ohne Zahnschmelz und einwurzelig aufgebaut sowie zudem hochkronig (hypselodont) und kaum differenziert (homodont). Da die Zähne häufig dazu tendieren, nach der Abnutzung auszufallen, ist die Anzahl dieser im Laufe des Lebens eines Tieres sehr variabel. Im Durchschnitt befinden sich 20 bis 25 Zähne in jedem Kieferbogen, insgesamt also 80 bis 100, was die größte Zahl bei allen landbewohnenden Säugetieren darstellt.[2] Charakteristisch ist auch der Bau der vorderen Gliedmaßen. Die Ulna erreicht bis zu 13,2 cm Länge, wovon das obere Gelenk, das Olecranon, bis zu 6,4 cm einnimmt. Solche großen Gelenke an den vorderen Beinen sind in der Regel typisch für Tiere mit grabender Lebensweise.[6][4]

Sinnesleistungen und Lautäußerungen

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Vor allem der Geruchssinn ist beim Riesengürteltier gut ausgeprägt und wird bei der Nahrungssuche eingesetzt, der Sehsinn ist dagegen unterentwickelt. Über Lautäußerungen ist nichts bekannt.[2]

Verbreitungsgebiet (rotbraun) des Riesengürteltiers

Das Riesengürteltier lebt in großen Teilen Südamerikas östlich der Anden und kommt vom nördlichen Venezuela über das Amazonasbecken bis Paraguay und das nördliche Argentinien vor. Es tritt aber nicht im östlichen Brasilien und auch nicht in Uruguay auf, wobei es im letztgenannten Land möglicherweise ausgestorben ist. Aus historischer Zeit sind Berichte über die Gürteltierart auch aus südlicheren Bereichen Argentiniens bekannt. Sie ist generell bis in eine Höhe von rund 500 m über dem Meeresspiegel anzutreffen, im nordöstlichen Peru konnten einzelne Tiere sogar bis in Lagen um 1180 m beobachtet werden.[7] Das gesamte Verbreitungsgebiet wird mit einer Größe von 9,75 Millionen Quadratkilometern angegeben, die Ausdehnung der tatsächlich bewohnten Gebiete ist aber unbekannt. Allgemein ist die Populationsdichte sehr gering. Für den Emas-Nationalpark im zentralen Brasilien wird sie mit ein bis fünf Individuen auf 100 km² angenommen,[8][3] im östlichen Teil des Llanos in Kolumbien konnte sie mit Hilfe von Kamerafallen auf 5,8 Individuen auf einer vergleichbar großen Fläche bestimmt werden.[9] Mit 7,7 Tieren auf 100 km² ist sie im Pantanal etwa höher, die Erhebung basiert ebenfalls auf Kamerafallen.[10] Dabei bewohnt das Riesengürteltier eine Reihe von unterschiedlichen Habitaten, darunter tropische Regenwälder, aber auch offenes Busch- und Grasland, wobei es häufig Wassernähe sucht. In seinem südlichen Verbreitungsgebiet ist es auch in trockeneren Gebieten des Gran Chaco nachgewiesen, vor allem in mit Lapacho- und Palo-Santo-Bäumen bestandenen Wäldern. Ebenso ist es in den Cerrado-Savannen aber auch im feuchteren Pantanal[11] und in den Atlantischen Küstenwäldern (Mata Atlântica)[12] beobachtet worden.[2][5]

Territorialverhalten

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Das Riesengürteltier ist nachtaktiv, seine Aktivitäten erreichen zwischen 22:00 und 00:00 Uhr ihren Höhepunkt. Mutter- mit Jungtieren sind aber möglicherweise schon zur Abenddämmerungszeit unterwegs.[9] Zudem tritt er als Einzelgänger auf, der sich nur zur Paarung mit Artgenossen trifft. Er nutzt Aktionsräume, die in ihrer Größe variieren und bis zu 15 km² erreichen können. Im Nationalpark Serra da Canastra im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais sind sie durchschnittlich 4,5 km² groß, im Nationalpark Emas im zentralen Brasilien bis zu 10,1 km²[3] Wiederum im Pantanal wurden Flächenausdehnungen zwischen 1,8 und 3,1 km² bei einem Durchschnitt von 2,5 km² festgestellt. Hier übertreffen die Aktionsräume männlicher Tiere die der weiblichen um teils mehr als das Doppelte an Größe.[10] Die Ränder können sich mit den Aktionsräumen anderer Individuen überschneiden. Tagsüber zieht sich das Riesengürteltier in seinen Bau zurück, den es mit seinen großen Krallen der Vorderfüße selbst angelegt hat. Die kräftigen Krallen können auch harte Böden und harte Termitenhügel, in denen der Unterschlupf manchmal auch angelegt wird, aufreißen. Die Baue befinden sich nach Untersuchungen im Nationalpark Serra da Canastra häufig in offenen Landschaften, selten in Wäldern und haben Eingänge mit einer Weite von rund 45 cm und einer Höhe von etwa 32 cm, von denen aus die Gänge in einem Winkel von gut 34° in den Untergrund führen. Zudem liegen sie in Richtung der windabgewandten Seite,[13] bei Untersuchungen im Gran Chaco wurde weiterhin eine häufige Ausrichtung nach West festgestellt, möglicherweise um das Maximum an Sonnenwärme einzufangen, da in dieser Region auch recht kalte Tage auftreten können.[14] Im Llanos-Gebiet von Kolumbien sind die Eingänge durchschnittlich 42 cm weit sowie 35 cm hoch und liegen häufig in Wassernähe an Hängen mit einer Neigung von 25°. Hier stand keiner der Baue im Bezug zu Ameisen- oder Termitenhügeln.[9] Die Baue werden mehrmals hintereinander aufgesucht, in manchen Fällen bis zu 17-mal, ein Tier wurde beobachtet, das seinen Bau über drei Tage nicht verließ. Ein einzelnes Tier unterhält dabei mehrere Baue in seinem Aktionsgebiet, sodass bei Studien im Emas-Nationalpark je drei auf einer Fläche von 2 ha registriert werden konnten. Die intensiven Grabungstätigkeiten des Riesengürteltiers haben auch Einfluss auf seine unmittelbare Umgebung, da auf diese Weise neue, für andere Tierarten nutzbare Habitate entstehen. So wurden bei Untersuchungen im Pantanal rund zwei Dutzend andere Tierarten registriert, die die Baue oder den Aushub auf unterschiedliche Weise nutzten, im Llanosgebiet sind bis zu 26 identifiziert worden. die Spanne reicht von anderen Vertretern der Nebengelenktiere über Paarhufer, Raubtiere, Fledertiere und Nagetiere bis hin zu Vögeln und Reptilien.[15][9][16] Auf seinen nächtlichen Nahrungsstreifzügen legt das Riesengürteltier bis zu 7,5 km zurück, im Durchschnitt sind es bei Tieren im Nationalpark Serra da Canastra rund 2,77, bei solchen im Pantanal 1,65 km.[10] Bei der Fortbewegung tritt ein Tier mit den Sohlen der Hinterfüße auf und stützt sich mit den Spitzen der Vorderfüße ab, indem es die langen Krallen seitlich abwinkelt.[6] Das Riesengürteltier vermag sich zudem auf die Hinterbeine aufzustellen, wobei der Schwanz als Stütze dient, um in der Luft eine Duftspur zu erschnüffeln, sei es um Nahrung aufzuspüren oder eine Bedrohungslage zu ermitteln. Weiterhin ist es ein ausgesprochen guter Schwimmer.[2][3][4][5]

Das Riesengürteltier ist ein hochspezialisierter Insektenfresser. Seine Nahrung besteht größtenteils aus Termiten und Ameisen sowie deren Larven. Untersuchungen von Mageninhalten aus der Cerrado-Region ergaben mengenmäßig zu mehr als 56 % Ameisen und zu über 42 % Termiten, hauptsächlich der Gattungen Cornitermes und Velocitermes, der erstgenannte Termitenvertreter erreichte dabei 60 % der gesamten aufgenommenen Biomasse. Die Nester von Cornitermes sind häufig extrem fest, allerdings neigen Termiten mit solchen Nestern dazu, weniger starke chemische Abwehrstoffe zu entwickeln. Mit nur 0,2 % absolut untergeordnet wurden Käfer vertilgt.[17] In der Chaco-Region gehören auch Nester und Honig bodenbewohnender Bienen zum Nahrungsspektrum, im Amazonasbecken plündern die Tiere unter Umständen die Baue von Stachellosen Bienen, etwa der Gattung Trigona.[18] Nur gelegentlich frisst das Riesengürteltier auch andere Wirbellose, wie etwa Spinnen und Würmer und äußerst selten auch Wirbeltiere, etwa kleinere Schlangen. Die Nahrungsaufnahme, vor allem der Insekten, erfolgt mit Hilfe der bis zu 16 cm langen, wurmförmigen Zunge, die mit klebrigem Speichel bedeckt ist. Einen aufgebrochenen Termitenhügel trägt das Riesengürteltier in der Regel vollständig ab, was bei einem einzelnen Fressvorgang meist zur Zerstörung der gesamten Kolonie führt, in einigen Fällen errichtet es auch seinen Bau darin.[2] Neben der allgemein tierischern Nahrung wurde anhand von Magenresten beobachtet, dass die Gürteltierart auch Samen von Feigen und Früchte von Annona- und Jacaratia-Bäumen zu sich nimmt. Der Verzehr von pflanzlichen Resten scheint aber saisonabhängig zu sein.[19][4][5]

Über die Fortpflanzung des Riesengürteltiers ist kaum etwas bekannt. Beobachtungen oder Sichtungen von Mutter-Jungtiergruppen in freier Wildbahn sind äußerst selten. Viele Annahmen wie der Eintritt der Geschlechtsreife (mit 10 bis 12 Monaten), die Dauer der Tragzeit (rund vier Monate) oder das Einsetzen der Entwöhnung (nach sechs Monaten) sind rein spekulativ.[2][20] Von Februar bis August 2014 konnten erstmals mehrere Muttertiere mit ihrem jeweils einzigen Jungtier mittels Kamerafallen im zentralen Kolumbien beobachtet werden. Das Alter der Jungtiere lässt eine Geburt im Verlauf der Regenzeit annehmen, die von März bis November andauert. Das Geburtsgewicht wird auf 1,9 bis 3,5 kg geschätzt, das Junge hat einen ledrigen Panzer, der heller ist als bei ausgewachsenen Tieren. Einen Teil der Entwicklungsphase verbringt das Jungtier in einem unterirdischen Bau, dessen Eingang mit Erde oder Vegetation verdeckt ist, was möglicherweise das Eindringen von Raubtieren verhindert. Bemerkenswert ist das mehrfach beobachtete Ankrallen des Jungtiers mit den Vorderfüßen auf dem Rücken des Muttertiers, was zuvor von anderen Gürteltieren nicht bekannt war. Eventuell dient es der Entwicklung der motorischen Fähigkeiten, könnte aber auch auf ein eher ursprüngliches Verhalten hinweisen, da die verwandten Ameisenbären ihren Nachwuchs auf dem Rücken tragen, was bei den Gürteltieren aus anatomischen Gründen nicht möglich ist.[20] Im Pantanal gebar ein Weibchen innerhalb von sechs Jahren drei Jungen. Das erste starb infolge eines Infantizid nach vier Wochen. Das zweite Junge wurde acht Monate nach der ersten Geburt zur Welt gebracht und überlebte zwei Jahre. Gut drei Jahre nach der zweiten Geburt folgte ein drittes Jungtier. Genauere Daten zur Individualentwicklung liegen für das zweite Junge vor. Die ersten Tage nach der Geburt verbringt das Muttertier bis zu 21 Stunden im Bau mit ihrem Nachwuchs. Danach verkürzt sich die Verweildauer und Trennungsintervalle von bis zu 80 Stunden treten auf. Das Jungtier öffnet nach rund 53 Tagen erstmals die Augen. Beim gemeinsamen Verlassen des Baues verschließt die Mutter den Eingang mit Sand, wodurch Unterschlupfe, in den sich Jungtieren befinden, häufig einen flächig verteilten Sandhaufen in der Nähe aufweisen. Eigene Ausflüge unternimmt das Jungtier ab dem vierten Lebensmonat, es bleibt aber anfangs nur maximal 20 Minuten außerhalb. Die Zeit kann im siebenten Monat auf bis zu drei Stunden anwachsen. In den ersten sechs Monaten wechseln die Mutter und ihr Nachwuchs rund ein Dutzend Mal den Bau. Die jeweilige Aufenthaltsdauer in einem Bau beträgt fünf bis 20 Tage, der neue Unterschlupf liegt bis zu 300 m vom alten entfernt. Teilweise läuft die Mutter beim Nestwechsel rückwärts und hält Körperkontakt mit dem Jungen. Das Junge ist die ersten sechs bis acht Monate vollständig abhängig von der Milch der Mutter. Die Entwöhnung findet nach rund einem Jahr statt. Der Nachwuchs nutzt aber teilweise noch bis zum 18. Lebensmonat den Bau der Mutter. Erst dann fängt es an, eigene Baue zu graben.[21] Genetische Daten aus dem Pantanal in Brasilien zeigen, dass es gelegentlich zum Infantizid von Jungtieren durch ausgewachsene männliche Individuen kommt.[22] Die Lebenserwartung des Riesengürteltiers in freier Wildbahn ist unbekannt. Im Gran Chaco und im Pantanal wurden mittels Kamerafallen jeweils ein Individuum über einen Zeitraum von 10 beziehungsweise 15 Jahren beobachtet, so dass die maximale Lebensspanne bis zu 18 Jahren betragen könnte.[23] Bei Tieren in menschlicher Obhut liegt sie bei 12 bis 16 Jahren.[2][4][5]

Beutegreifer und Feindverhalten

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Aufgrund der Größe hat das Riesengürteltier kaum Fressfeinde, nur sehr selten erbeuten Jaguare oder Pumas ein Tier. Sofern Gefahr aufzieht, schnüffelt es in der Luft und flieht in einen Bau oder gräbt sich ein. Häufig werden die Krallen in den Boden gerammt, so dass es kaum bewegt werden kann.[2]

Äußere Parasiten stellen vor allem Zecken dar, bedeutend sind hier verschiedene Arten von Amblyomma.[24] Als Endoparasit ist lediglich die zu den Fadenwürmern gehörende Gattung Aspidodera bekannt. Weiterhin ist die Gürteltierart auch Träger des Erregers Toxoplasma gondii, der die Toxoplasmose verursacht.[2]

Innere Systematik der Gürteltiere nach Gibb et al. 2015[25]
  Dasypoda  
  Dasypodidae  

 Dasypus


  Chlamyphoridae  
  Euphractinae  

 Euphractus


   

 Chaetophractus


   

 Zaedyus




   
  Chlamyphorinae  

 Chlamyphorus


   

 Calyptophractus



  Tolypeutinae  
  Priodontes  

 Priodontes maximus


   

 Tolypeutes


   

 Cabassous







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Das Riesengürteltier ist die einzige Art aus der Gattung Priodontes, die somit monotypisch erscheint. Art und Gattung gehören zur Gruppe der Gürteltiere (Dasypoda) und zur Ordnung der Gepanzerten Nebengelenktiere (Cingulata). Zusammen mit seinen nächsten Verwandten, den Kugelgürteltieren (Tolypeutes) und den Nacktschwanzgürteltieren (Cabassous), formt das Riesengürteltier die Unterfamilie der Tolypeutinae innerhalb der Familie der Chlamyphoridae. Die nächstverwandte Gruppe stellen die Chlamyphorinae dar, die den Gürtelmull (Chlamyphorus truncatus) und den Burmeister-Gürtelmull (Calyptophractus retusus) einschließen, weiter außerhalb stehen die Euphractinae mit unter anderem dem Sechsbinden-Gürteltier (Euphractus sexcinctus).[26][27][25] Laut molekulargenetischen Untersuchungen spalteten sich die Chlamyphorinae und Tolypeutinae im Oligozän vor 33 Millionen Jahren auf. Bereits im Unteren Miozän vor rund 22 Millionen Jahren diversifizierten sich die Tolypeutinae, wobei sich möglicherweise erst Priodontes abspaltete und kurze Zeit später aus dessen Schwesterlinie Cabassous und Tolypeutes hervorgingen. Aus anatomischer Sichtweise werden Cabassous und Priodontes als wesentlich enger verwandt angesehen, beide bilden die Tribus der Priodontini. Das Riesengürteltier und die Nacktschwanzgürteltiere sind sich äußerlich sehr ähnlich, ersteres unterscheidet sich aber weitgehend durch seine massive Größe und den gepanzerten Schwanz von den letzteren. Tolypeutes wiederum wird aufgrund seines charakteristischen Panzers zur Tribus Tolypeutini gestellt.[28] Die Unterfamilie enthält auch einige ausgestorbene Gattungen, so unter anderem das aus dem Oligozän stammende Kuntinaru.[29] Fossile Nachweise des Riesengürteltiers sind nicht bekannt.[30][25]

Unterarten des Riesengürteltiers sind nicht bekannt, die Art ist somit wie die Gattung monotypisch. Erste Berichte über die große Gürteltierart sind in Europa durch die französischen Naturforscher Georges-Louis Leclerc de Buffon und Louis Jean-Marie Daubenton im 18. Jahrhundert veröffentlicht worden, zu jener Zeit wurde sie aber häufig mit den Nacktschwanzgürteltieren vereinigt.[31] Die Erstbeschreibung erfolgte im Jahr 1792 durch Robert Kerr unter dem Namen Dasypus maximus, er berief sich dabei auf Buffon und gab wie dieser als Typuslokalität Cayenne in Französisch-Guayana an.[32] Erst 1825 verwies Frédéric Cuvier das Riesengürteltier zur eigenen Gattung Priodontes.[33] Von Frédérics Bruder Georges Cuvier stammt die vor allem im 19. Jahrhundert häufig genutzte Synonymbezeichnung Dasypus gigas, welche er im Jahr 1817 einführte.[34] Eine sehr genaue Beschreibung erfolgte 1801 von Félix de Azara im Bericht Le Grand Tatou aus seiner Schriftensammlung Essais sur l’Histoire Naturelle des Quadrupèdes de la Province du Paraguay.[35][2]

Bedrohung und Schutz

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Riesengürteltier (im Bioparque Los Ocarros in Villavicencio, Kolumbien)

Die größte Gefahr für das seltene Riesengürteltier geht heute von der Jagd aus, da das Fleisch als bekömmlich angesehen wird. Eine von 1993 bis 1994 durchgeführte Untersuchung unter der damals rund 800 Personen umfassenden „Waimiri Atroari“-Volksgruppe des zentralen Amazonastieflandes ergab, dass sie in diesem, ein Jahr umfassenden Zeitraum insgesamt 6 Riesengürteltiere erlegt hatten. Das Gesamtgewicht umfasste etwa 180 kg, was einen Anteil von rund 0,4 % der gesamten, über das Jahr erlegten Biomasse ausmachte.[36] Die Seltenheit des Riesengürteltiers animiert zudem zur Trophäenjagd und ist dadurch ebenfalls bedrohlich für den Bestand. Zudem wird das Fett als Heilmittel gegen Asthma und Bronchitis eingesetzt. Ein weiterer Jagdgrund ist das gelegentliche Verwüsten von Feldern auf der Suche nach Nahrung; auch ein Handel mit lebenden Tieren auf dem Schwarzmarkt ist zu verzeichnen. Besonders bedrohlich ist die Zerstörung des Lebensraumes durch Umwandlung in Acker- und Weideland. Seit etwa 1980 gab es einen Rückgang des Bestandes um 20 bis 30 %, einige Forscher nehmen bis zu 50 % an. Aus weiten Bereichen ihres östlichen Verbreitungsgebietes ist die Gürteltierart verschwunden. Die IUCN listet das Riesengürteltier aufgrund der Seltenheit als „bedroht“ (vulnerable),[37] lokal bestehen auch stärkere Bedrohungen, die zukünftig seitens der IUCN nach Aussagen von Experten auch für die Beurteilung des Gesamtbestandes berücksichtigt werden müssen.[38] Das Riesengürteltier ist in mehreren geschützten Gebieten vertreten, die zudem zur genaueren Beobachtung und wissenschaftlichen Auswertung mit Kamerafallen ausgestattet sind, so unter anderem im 1320 km² großen Emas-Nationalpark in Brasilien.[3]

  • Tracy S. Carter, Mariella Superina und David M. Leslie Jr.: Priodontes maximus (Cingulata: Chlamyphoridae). Mammalian Species 48 (932), 2016, S. 21–34, doi:10.1093/mspecies/sew002
  • Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, 1999, ISBN 0-8018-5789-9
  • Mariella Superina und Agustín Manuel Abba: Chlamyphoridae (Chlamyphorid armadillos). In: Don E. Wilson und Russell A. Mittermeier (Hrsg.): Handbook of the Mammals of the World. Volume 8: Insectivores, Sloths and Colugos. Lynx Edicions, Barcelona 2018, S. 48–71 (S. 69) ISBN 978-84-16728-08-4

Einzelnachweise

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  1. Daniel Barasoain, Pedro Cuaranta und Romina Adela Mauriño: Diversity and variation of dorsal carapace structures in the giant armadillo Priodontes maximus (Kerr, 1792) and their potential use for individual identification. Edentata 22, 2021, S. 1–8
  2. a b c d e f g h i j k Paul Smith: Giant armadillo Priodontes maximus (Kerr, 1792). Mammals of Paraguay 6, 2007, S. 1–11
  3. a b c d e Leandro Silveira, Anah Tereza de Almeida Jácomo, Mariana Malzoni Furtado, Natália Mundim Torres, Rahel Sollmann und Carly Vynne: Ecology of the Giant Armadillo (Priodontes maximus) in the Grasslands of Central Brazil. Edentata 8–10, 2009, S. 25–34
  4. a b c d e Tracy S. Carter, Mariella Superina und David M. Leslie Jr.: Priodontes maximus (Cingulata: Chlamyphoridae). Mammalian Species 48 (932), 2016, S. 21–34
  5. a b c d e Mariella Superina und Agustín Manuel Abba: Chlamyphoridae (Chlamyphorid armadillos). In: Don E. Wilson und Russell A. Mittermeier (Hrsg.): Handbook of the Mammals of the World. Volume 8: Insectivores, Sloths and Colugos. Lynx Edicions, Barcelona 2018, S. 48–71 (S. 69) ISBN 978-84-16728-08-4
  6. a b S. F. Vizcaíno und N. Milne: Structure and function in armadillo limbs (Mammalia: Xenarthra: Dasypodidae). Journal of Zoology 257, 2002, S. 117–127
  7. Néstor Allgas, Sam Shanee, Alejandro Alarcón und Noga Shanee: Nuevos registros de Xenarthra para el nororiente del Perú, con notas sobre su distribución y conservación. Edentata 16, 2015, S. 28–36
  8. Mariella Superina und Agustín. M. Abba: Priodontes maximus. Edentata 11 (2), 2010, S. 172
  9. a b c d Carlos Aya-Cuero, Abelardo Rodríguez-Bolaños und Mariella Superina: Population density, activity patterns, and ecological importance of giant armadillos (Priodontes maximus) in Colombia. Journal of Mammalogy 98 (3), 2017, S. 770–778, doi:10.1093/jmammal/gyx006
  10. a b c Arnauld Leonard Jean Desbiez, Danilo Kluyber, Gabriel Favero Massocato, L. G. R. Oliveira-Santos und N. Attias: Spatial ecology of the giant armadillo Priodontes maximus in Midwestern Brazil. Journal of Mammalogy 101 (1), 2020, S. 151–163, doi:10.1093/jmammal/gyz172
  11. Grasiela Edith de Oliveira Porfirio, Pedro Sarmento, Nilson Lino Xavier Filho, Stephanie Paula da Silva Leal, Viviane Fonseca Moreira, Fernanda Almeida Rabelo, Joana Cruz und Carlos Fonseca: New records of giant armadillo Priodontes maximus (Cingulata: Dasypodidae) at Serra do Amolar, Pantanal of Brazil. Edentata 13, 2012, S. 72–75
  12. Ana Carolina Srbek-Araujo, Leandro M. Scoss, André Hirsch und Adriano G. Chiarello: Records of the giant-armadillo Priodontes maximus (Cingulata: Dasypodidae) in the Atlantic Forest: are Minas Gerais and Espírito Santo the last strongholds of the species?. Zoologia 26 (3), 2009, S. 461–468
  13. Tracy S. Carter und Christiane D. Encarnação: Characteristics and Use of Burrows by Four Species of Armadillos in Brazil. Journal of Mammalogy 64, 1983, S. 103–108
  14. Natalia Ceresoli und Eduardo Fernandez-Duque: Size and orientation of giant armadillo burrow entrances (Priodontes maximus) in western Formosa province, Argentina. Edentata 13, 2012, S. 66–68
  15. Arnaud Léonard Jean Desbiez und Danilo Kluyber: The Role of Giant Armadillos (Priodontes maximus) as Physical Ecosystem Engineers. Biotropica 45 (5), 2013, S. 537–540
  16. Gabriel Fávero Massocato und Arnaud L. J. Desbiez: Presença e importância do tatu-canastra, Priodontes maximus (Kerr, 1792), na maior área protegida do leste do Estado de Mato Grosso do Sul, Brasil. Edentata 18, 2017, S. 26–33
  17. Teresa Cristina da Silveira Anacleto: Food Habits of Four Armadillo Species in the Cerrado Area, Mato Grosso, Brazil. Zoological Studies 46 (4), 2007, S. 529–537
  18. Tomaz Nascimento de Melo und David Silva Nogueira: Giant armadillo (Priodontes maximus Kerr, 1792; Cingulata: Chlamyphoridae) attacks nest of stingless bee Trigona amalthea (Olivier, 1789) (Hymenoptera: Apidae). Edenata 21, 2020, S. 38–41
  19. Robert B. Wallace und R. Lilian E. Painter: Observations on the diet of the giant armadillo (Priodontes maximus Kerr, 1792). Edentata 14, 2013, S. 85–86
  20. a b Carlos Aya-Cuero, Mariella Superina und Abelardo Rodríguez-Bolaños: Primeros registros de crías de ocarro (Priodontes maximus Kerr, 1792) en Colombia. Edentata 16, 2015, S. 57–64
  21. Arnauld Leonard Jean Desbiez, Gabriel Favero Massocato und Danilo Kluyber: Insights into giant armadillo (Priodontes maximus Kerr, 1792) reproduction. Mammalia 84 (3), 2020, S. 283–293, doi:10.1515/mammalia-2019-0018
  22. Nayra T. Rodrigues, Gabriel F. Massocato, Danilo Kluyber, Carla C. Gestich, Bruno H. Saranholi, Pedro M. Galetti Jr und Arnaud L. J. Desbiez: Genetic analysis brings evidence of the sexual selection hypothesis for an infanticide event in giant armadillos (Priodontes maximus). Mammalia 88 (6), 2024, S. 596–600, doi:10.1515/mammalia-2024-0017
  23. Arnaud Leonard Jean Desbiez, Duston Larsen, Gabriel Favero Massocato, Nina Attias, Danilo Kluyber und Damián I. Rumiz: First estimates of potential lifespan of giant armadillo (Priodontes maximus) in the wild. Edentata 22, 2021, S. 9–15
  24. Flávia Regina Miranda, Rodrigo Hidalgo Friciello Teixeira, Gilberto Salles Gazêta, Nicolau Maués Serra-Freire und Marinete Amorim: Presence of Amblyomma cajennense in Wild Giant Armadillos (Priodontes maximus) of the Pantanal Matogrossense, Brazil. Edentata 11 (1), 2010, S. 73–75
  25. a b c Gillian C. Gibb, Fabien L. Condamine, Melanie Kuch, Jacob Enk, Nadia Moraes-Barros, Mariella Superina, Hendrik N. Poinar und Frédéric Delsuc: Shotgun Mitogenomics Provides a Reference Phylogenetic Framework and Timescale for Living Xenarthrans. Molecular Biology and Evolution 33 (3), 2015, S. 621–642
  26. Frédéric Delsuc, Mariella Superina, Marie-Ka Tilak, Emmanuel J. P. Douzery und Alexandre Hassanin: Molecular phylogenetics unveils the ancient evolutionary origins of the enigmatic fairy armadillos. Molecular Phylogenetics and Evolution 62, 2012, 673–680
  27. Maren Möller-Krull, Frédéric Delsuc, Gennady Churakov, Claudia Marker, Mariella Superina, Jürgen Brosius, Emmanuel J. P. Douzery und Jürgen Schmitz: Retroposed Elements and Their Flanking Regions Resolve the Evolutionary History of Xenarthran Mammals (Armadillos, Anteaters and Sloths). Molecular Biology and Evolution 24, 2007, S. 2573–2582.
  28. Paul Smith: The Xenarthra famalies Myrmecophagidae and Dasypodidae. Fauna Paraguay Handbook of the Mammals of Paraguay 2012, S. 1–35
  29. Guillaume Billet, Lionel Hautier, Christian de Muizon und Xavier Valentin: Oldest cingulate skulls provide congruence between morphological and molecular scenarios of armadillo evolution. Proceedings of the Royal Society B 278, 2011, S. 2791–2797
  30. Frédéric Delsuc, Sergio F Vizcaíno und Emmanuel J. P. Douzery: Influence of Tertiary paleoenvironmental changes on the diversification of South American mammals: a relaxed molecular clock study within xenarthrans. BMC Evolutionary Biology 4 (11), 2004, S. 1–13
  31. Leopold Joseph Fitzinger: Die natürliche Familie der Gürteltiere (Dasypodes). Sitzungsberichte der Methematisch-Naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften, Wien, Abteilung 1 64, 1871, S. 209–276 und 329–390
  32. Robert Kerr: The animal kingdom or zoological system, of the celebrated Sir Charles Linnaeus. class I. Mammalia. Edinburgh, 1792, S. 1–644 (S. 112) ([1])
  33. Frédéric Cuvier: Des dents de mammifères, considérées comme caractères zoologiques. Paris, 1825, S. 1–258 (S. 198) ([2])
  34. Georges Cuvier: Le règne animal distribué d’après son organisation: pour servir de base à l’histoire naturelle des animaux et d’introduction à l’anatomie comparée. Paris, 1817, S. 1–540 (S. 221) ([3])
  35. Félix de Azara: Essais sur l’Histoire Naturelle des Quadrupèdes de la Province du Paraguay. Paris, 1801, S. 1–499 (S. 132–141) ([4])
  36. Roselis Remor de Souza-Mazurek, Temehe Pedrinho, Xinymy Feliciano, Waraié Hilário, Sanapyty Gerôncio und Ewepe Marcelo: Subsistence hunting among the Waimiri Atroari Indians in central Amazonia, Brazil. Biodiversity and Conservation 9, 2000, S. 579–596
  37. Mariella Superina und Agustín. M. Abba: Priodontes maximus. In: IUCN 2012. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2012.2. ([5]), zuletzt abgerufen am 23. April 2013
  38. Paul Smith: Assessing the assessment, the relevance of the 2006 Paraguayan mammal Red List to the reality of Xenarthra conservation in 2012. Edentata 13, 2012, S. 18–28
Commons: Riesengürteltiere – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien