Prokrustes
Prokrustes (altgriechisch Προκρούστης Prokroústēs, deutsch ‚Ausstrecker‘) ist der Beiname des Polypemon (altgriechisch Πολυπήμων Polypḗmōn, deutsch ‚viel Elend‘) oder Damastes (altgriechisch Δαμαστής Damastḗs, deutsch ‚Überwältiger‘), eines Unholds der griechischen Mythologie. Er war ein Riese, Sohn des Poseidon, und attischer Wegelagerer in der Umgegend von Eleusis. Sein Andenken wird heute im gehobenen Sprachgebrauch durch die metaphorische Bedeutung vom Prokrustesbett bewahrt, womit ein Schema gemeint ist, in das etwas gekünstelt hineingezwängt wird.
Sage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In seiner Weltgeschichte berichtet der altgriechische Geschichtsschreiber Diodor (1. Jahrhundert v. Chr.) Folgendes über Prokrustes:
Prokrustes bot Reisenden ein Bett an, aber in manchen Sagen zwang er auch Wanderer, sich auf ein Bett zu legen. Wenn sie zu groß für das Bett waren, hackte er ihnen die Füße bzw. überschüssige Gliedmaßen ab; waren sie zu klein, hämmerte und reckte er ihnen die Glieder auseinander, indem er sie auf einem Amboss streckte.
Prokrustes wurde von Theseus auf seiner Wanderung nach Athen als letzter der Bösewichte am Kephisos erschlagen.
Rezeption
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Geschichte des Prokrustes erlangte als Erzählmotiv in späteren Perioden weitere folkloristische Verbreitung und tritt z. B. im Babylonischen Talmud in Erscheinung, wo Eliëser von Damaskus, dem Haussklaven von Abraham, eine Begegnung mit Prokrustes zugeschrieben wird (Traktat Sanhedrin 109b).
Als Prokrustesbett oder Bett des Prokrustes bezeichnet man redensartlich eine Form oder ein Schema, wohinein etwas gezwungen wird, das dort eigentlich nicht hineinpasst.[1]
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bakchylides 18,19–30
- Xenophon, memorabilia 2,1,14
- Diodor 4,59
- Ovid, Metamorphosen 7,438
- Plutarch, Theseus 11,5bc
- Hyginus, Fabulae 38
- Talmud Bablī, Sanh. 109b
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Heinrich Wilhelm Stoll: Damastes. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 1,1, Leipzig 1886, Sp. 942 (Digitalisat).
- Johannes Ilberg: Polypemon. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 3,2, Leipzig 1909, Sp. 2683 (Digitalisat).
- Otto Höfer: Polypemonides. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 3,2, Leipzig 1909, Sp. 2683–2689 (Digitalisat).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Brockhaus/Wahrig: Deutsches Wörterbuch. Stuttgart 1983; Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. Mannheim/Wien/Zürich 1980 und das Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. Berlin 1974, jeweils unter „Prokrustesbett“