Rüstungsindustrie

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Die Rüstungsindustrie ist der Wirtschaftszweig, der Ausrüstung für das Militär herstellt. Der Kernbereich ist die Herstellung von Waffen, mobilen und stationären Waffensystemen und Munition zur Erfüllung hoheitlicher Sicherheitsaufgaben. Diese nehmen jedoch nur den geringen Teil des gesamten Güteraufkommens ein. Der weitaus größere Anteil, und der als Schwerpunkt bezeichnete Teil der Branche, geht auf den sogenannten erweiterten Bereich zurück wie beispielsweise Kommunikations- oder Überwachungstechnologien, die auch in der Privatwirtschaft z. B. an Flughäfen genutzt werden.[1]

Rüstungsgüter

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Kategorisierung

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Kernbereich Sicherheits- und Verteidigungsindustrie

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Güter für Interdiktion und Wirkung[1][2]

  • Waffensysteme, Waffen und Munition

Erweiterter Bereich Sicherheits- und Verteidigungsindustrie

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Güter für Prävention und Einsatzmanagement[1][2]

  • Einsatzbereitschaft (z. B. Analysesoftware)
  • Einsatzmobilität (z. B. Boote der Küstenwache)
  • Überwachung, Aufklärung, Alarmierung (z. B. Videoüberwachung)
  • Schutz (z. B. Körperschutz vor Feuer)
  • Führung, Kontrolle, Kommunikation (z. B. Navigationstechnik)
  • Schadensminimierung (z. B. Überschwemmungsbekämpfung)

Bereitstellung von Rüstungsgütern

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Rüstungsgüter werden hergestellt um das öffentliche Gut Landesverteidigung zu gewährleisten. Der Staat ist für die Bereitstellung öffentlicher Güter verantwortlich. Ein öffentliches Gut liegt vor, wenn Nichtausschließbarkeit vom Konsum und keine Rivalität im Konsum herrscht. Die effiziente Bereitstellung von Rüstungsgütern ist problematisch, da diese immer auch ein Marktversagen hervorrufen; aufgrund von Informationsasymmetrien und externen Effekten.[3]

Produziert aber werden Rüstungsgüter (im Auftrag der Bundesregierung) von etlichen privatwirtschaftlichen Unternehmen. Es lassen sich keine vollständigen Zahlen und Namen von Firmen finden, die erkennen lassen, wer alles zur deutschen Rüstungsindustrie gehört.[1]

„Der Markt für Rüstungsgüter unterscheidet sich von anderen Märkten vor allem dadurch, daß in den meisten Industrieländern der Staat Monopsonist auf diesem Markt ist; allenfalls kommt es vor, daß ausländische Nachfrager – meist wiederum Regierungen – zugelassen sind.“[4]

Um die Nachfrageseite der Rüstungsindustrie zu betrachten, muss zwischen dem deutschen Staat und den „restlichen“ Nachfragern unterschieden werden. Dabei schließen sich die Bezeichnungen Monopson, also Nachfrage-Monopol und ein Auftreten auf dem Weltmarkt nicht zwingend aus. Denn durch das Kriegswaffenkontrollgesetz könnte die Öffentliche Hand generell als alleiniger Nachfrager am Markt auftreten, da dieses vorgibt, welche Rüstungsgüter hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden dürfen. Dennoch hat auch der Staat ein Interesse daran, dass diese Güter – unter bestimmten Voraussetzungen – weltweit verkauft werden. Es besteht demnach eine gegenseitige Abhängigkeit. Beispielsweise durch die Sicherung mehrerer zehntausend Arbeitsplätze, das Erhalten von Know-how bei der Entwicklung und Produktion und den Verkauf jener Güter.[1]

Alle Unternehmen die Rüstungsgüter produzieren, sind marktwirtschaftlich organisiert. Trotzdem muss die Angebotsseite des Rüstungsmarktes mit einigen Besonderheiten leben. Je nachdem, wie diversifiziert die Produktpalette des Unternehmens ist, sind diese mehr oder weniger vom Staat abhängig – da nur dieser einen Auftrag über Rüstungsgüter ausschreiben darf (siehe: Bereitstellung von Rüstungsgüter).[5] Stellt ein Unternehmen ausschließlich Rüstungsgüter für den militärischen Einsatz her, so ist die Auftragslage des Unternehmens stark abhängig von der jeweiligen Regierung; ob diese viel oder wenig Steuergeld für Rüstungsgüter ausgeben möchte.

Es gibt Gesetze und Regularien, die klar definieren, in welchem Handlungsfeld sich die Rüstungsindustrie bewegen darf. So besagt das Kriegswaffenkontrollgesetz, dass bestimmte Waffen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in den Verkehr gebracht werden dürfen.[6] Außerdem gibt es seitens der Regierung Maßnahmen um Korruption zu verhindern, deutsche Rüstungsexporte zu regulieren oder zur Kontrolle, falls ehemalige Beamte in die Rüstungsindustrie wechseln möchten.[5]

Als es nach dem Ersten Weltkrieg zu einer Welle der Empörung über die Rüstungsindustrie kam, die vom Krieg profitiert und ihn mit herbei geführt habe, legte ein Ausschuss des Völkerbundes für Rüstungsbegrenzung 1921 einen Bericht vor, nach dem die Rüstungsfirmen über die Kontrolle von Zeitungen im In- und Ausland die Öffentliche Meinung beeinflusst und Kriegspsychosen erzeugt haben, Staatsbeamte im Inland und Ausland bestochen haben, mit falschen Berichten über Militärprogramme zu Rüstungsausgaben angestachelt haben, sowie internationale Rüstungskartelle und Konzerne gebildet haben um das Wettrüsten anzuheizen und die Preise für Rüstungsgüter zu erhöhen. Allerdings lag dem Bericht keine wirkliche Untersuchung zu Grunde. Ein bemerkenswertes und wiederholt zitiertes Memorandum der britischen Admiralität aus dem Jahr 1919 sprach von einer „heimliche[n] Verschwörung gegen den Frieden“ durch internationale Rüstungskartelle.[7]

In seiner Abschiedsrede als Präsident vom 17. Januar 1961 warnte Eisenhower eindringlich vor den Gefahren, die ein einflussreicher, von ihm erstmals so bezeichneter „militärisch-industrieller Komplex“ für die USA in Zukunft mit sich bringen würde:

„Wir in den Institutionen der Regierung müssen uns vor unbefugtem Einfluss – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – durch den militärisch-industriellen Komplex schützen. Das Potenzial für die katastrophale Zunahme fehlgeleiteter Kräfte ist vorhanden und wird weiterhin bestehen. Wir dürfen es nie zulassen, dass die Macht dieser Kombination unsere Freiheiten oder unsere demokratischen Prozesse gefährdet. Wir sollten nichts als gegeben hinnehmen. Nur wachsame und informierte Bürger können das angemessene Vernetzen der gigantischen industriellen und militärischen Verteidigungsmaschinerie mit unseren friedlichen Methoden und Zielen erzwingen, so dass Sicherheit und Freiheit zusammen wachsen und gedeihen können.“[8]

Unter anderem steht die Rüstungsindustrie immer wieder aufgrund mangelnder Funktionsfähigkeit von Waffen – wie bei dem Sturmgewehr G36 von Heckler & Koch – oder Verzögerungen von Lieferungen in der Kritik.

Unter ökonomischen Gesichtspunkten lassen sich diese Probleme zumeist damit erklären, dass es sich bei der Auftragsvergabe um öffentliche Ausschreibungen handelt. Der wirtschaftlich günstigste Bieter bekommt den Zuschlag vom Staat und darf die Rüstungsgüter produzieren. Durch enorme Informationsasymmetrien gegenüber den jeweiligen Rüstungsfirmen kann der Staat schwerlich nachprüfen – und wenn, nur mit hohen Transaktionskosten – ob die veranschlagten Kosten bzw. Kostensteigerungen ihre Legitimität haben und nicht möglicherweise von dem jeweiligen Unternehmen getragen werden müssten.[9]

Beispiele für Kostensteigerungen

Bei einer kleinen Anfrage (Kostensteigerung bei Großwaffensystemen, hier speziell wegen des Schützenpanzers Puma) an den Bundestag war die Antwort der Regierung: „Vertragsstrafen sind im Beschaffungsvertrag nicht vereinbart, da sie im Zuge der Vertragsverhandlungen aufgrund der Monopolstellung des Auftragnehmers nicht durchsetzbar waren.“[10]

Errechneter Stückpreis: 6,5 Millionen Euro, tatsächlicher Stückpreis: 9,9 Millionen Euro[10]

Eines der wohl längsten und teuersten Rüstungsprojekte ist das Kampfflugzeug Euro Hawk. Die Idee einer Aufklärungsdrohne für die Bundeswehr entstand im Jahr 2000. Beteiligt daran waren der amerikanische Rüstungskonzern Northrop Grumman und der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern EADS. Anscheinend gab es frühe Hinweise darauf, dass die Drohne bei Weitem nicht die geforderten Standards für eine Zulassung besaß. Trotzdem wurden weiterhin Steuergelder für das Projekt verwendet und weitere Testflüge angeordnet. Der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat erst 2013 beschlossen, das Drohnenprojekt stillzulegen, da es nicht absehbar war, eine Zulassung für den deutschen Luftraum zu bekommen. Bis dahin hat das Ganze den deutschen Steuerzahler etwa 600 Millionen Euro gekostet, ohne dass er einen Nutzen davon gehabt hätte.[11][12]

Die Rüstungsindustrie entwickelte sich im Laufe der Industrialisierung in Westeuropa im 19. Jahrhundert stetig weiter. Am Anfang standen einzelne Betriebe, traditionell meist in staatlicher Regie, die Feuerwaffen produzierten. Allmählich entwickelten sich große und sehr vielseitige private Großbetriebe wie zum Beispiel Rheinmetall und Krupp in Deutschland, Schneider in Frankreich, Škoda in Österreich-Ungarn, Bethlehem Steel in den Vereinigten Staaten. Neben der Produktion von Handfeuerwaffen gewann die Herstellung von Geschützmaterial immer mehr an Bedeutung.

Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 zeigte sich die Bedeutung moderner Waffen: Die stählernen Hinterlader-Geschütze von Alfred Krupp erwiesen sich als ausschlaggebende Artillerie. Sie konnten über 4 km weit schießen (mehr als das Doppelte der bis dahin möglichen Reichweite). Das damals neueste dieser Geschütze hieß C/64/67; es hatte zahlreiche Vorteile. Speziell bei der Schlacht bei Sedan zeigte sich, dass eine hohe Kadenz (bis zu zehn Schuss pro Minute) zusammen mit einer großen Reichweite bei guter Trefferleistung eine verheerende Wirkung erzeugte. Die Franzosen hatten Vorteile bei Reichweite und Kadenz mit dem neuen Chassepot-Gewehr und dem Mitrailleuse-Maschinengewehr. Ersteres war dem preußischen Hinterlader-Zündnadelgewehr überlegen.

Die Erfindung und Weiterentwicklung der Brisanzgranate um 1890 brachte große Umwälzungen in der Kriegsführung:

  • Klassische Festungsanlagen mit Wällen aus Mauerwerk und Erde konnten den neuen Granaten nicht widerstehen. Die Forts (teilweise erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbaut, z. B. die französische Barrière de fer) wurden aufgrund dieser Brisanzgranatenkrise teils mit Beton verstärkt; sie verloren ihre Bedeutung spätestens gegen Ende des Ersten Weltkriegs praktisch vollständig. So hatte beispielsweise die französische Festung Maubeuge bereits einen Monat nach Kriegsbeginn kapitulieren müssen, nachdem sie während einer zweiwöchigen Belagerung von der deutschen Artillerie mit Brisanzgranaten zusammengeschossen worden war.
  • Brisanzgranaten konnten auf kurze bis mittlere Gefechtsentfernungen an den ungepanzerten Teilen von Kriegsschiffen große Zerstörungen erzielen.
Herstellung von Panzerfahrzeugen bei Rheinmetall für die NS-Kriegsrüstung

Die Aufrüstung der kaiserlichen Marine vor dem Ersten Weltkrieg sicherte in Deutschland den aufstrebenden Unternehmen Aufträge und unterstützte den Ausbau ihrer Kapazitäten. 1898 beschloss der Reichstag ein neues Flottengesetz, welches den weiteren Ausbau festlegte. Der Marinebedarf war vor 1914 der technologisch und innovativ am weitesten vorangetriebene Rüstungssektor.

Frauen bei der Arbeit in einem britischen Rüstungsbetrieb (1915)

Nach dem Ersten Weltkrieg, der als enormer Schrittmacher für neue Rüstungszweige (Luftfahrtindustrie, Kraftfahrzeugindustrie, Panzer, Chemische Waffen) gewirkt hatte, wurden der Rüstungsindustrie Deutschlands im Versailler Vertrag enge Grenzen gesetzt. Die Waffenproduktion wurde international überwacht und der Waffenexport vollständig verboten. Das NS-Regime bescherte ihr mit seiner Aufrüstung der Wehrmacht und seiner Kriegspolitik ein enormes Wachstum. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Rüstungsindustrie 1945 im Rahmen der Demilitarisierung Deutschlands aufgelöst. In der Bundesrepublik Deutschland erlebte sie im Rahmen von Westintegration und Wiederbewaffnung in der Mitte der 1950er Jahre einen Neubeginn.

In der Vergangenheit nahmen Rüstungsindustrielle mehrfach Einfluss auf das politische Geschehen, um Bedingungen für ihren Wirtschaftszweig zu verbessern. Dabei kam es auch zu illegalen Schmiergeldzahlungen von Rüstungslobbyisten. Bekannte Beispiele sind der Waffenhändler Karlheinz Schreiber sowie der ehemalige Staatssekretär und Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Ludwig-Holger Pfahls.

In den Reihen der Friedensbewegung, der Friedensforschung und auch der Gewerkschaften werden seit den 1980er Jahren Konzepte entwickelt, wie der Übergang von militärischer zu ziviler Produktion gestaltet werden kann (Rüstungskonversion). Diese Konzepte werden oft nicht umgesetzt, es ist teilweise eher der gegenläufige Trend zu beobachten. Im Zuge des Kriegs gegen den Terror seit 2001 (9/11) expandierte die Rüstungsindustrie. So stieg der Jahresdurchschnitt des internationalen Handels mit schweren konventionellen Waffen in den Jahren 2005 bis 2009 um 22 Prozent im Vergleich zum Jahresdurchschnitt für die Jahre 2000–2004.[13] Unternehmen, die militärische und zivile Produkte herstellen, versuchen teilweise, den zivilen Unternehmensteil zu verkaufen (z. B. hat BAE Systems seinen Airbusanteil 2006 verkauft) und den militärischen Anteil zu erhöhen. Im deutschen Rüstungssektor sank die Zahl der Beschäftigten von etwa 290.000 (1990) auf 80.000 im Jahr 2002.[14]

Stand 2022 wird die Rüstungsindustrie in Deutschland, nach Eigenbezeichnung auch Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (SVI) genannt[15], von wenigen großen Unternehmen – allen voran Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann – dominiert. Lediglich etwa die Hälfte der 350 deutschen Rüstungsfirmen ist laut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in der Eigentümerschaft unabhängig von den großen Unternehmen.[16]

Bis zum Jahr 2017 verzichtete SIPRI aufgrund mangelnder Daten darauf, Zahlen zu chinesischen Rüstungsfirmen zu publizieren. Erst in der Publikation des Jahres 2020 ordnete das Institut die chinesischen Unternehmen für das Jahr 2018 in die fünfzig weltgrößten Rüstungsfirmen ein.[17]

Die 13 größten Rüstungsunternehmen der Welt + 2 deutsche Rüstungsunternehmen im Jahr 2021[18]
Unternehmen Land Rang Umsatz
Rüstungsgeschäft
Umsatz
gesamt
Anteil
Rüstungs-
geschäft
Be-
schäf-
tigte
2021 2020 2019 2021 2020 2019 2021 2021 2021
Vereinigte StaatenVereinigte Staaten 60,3 58,2 54,0 67,0 90 % 114.000
Vereinigte StaatenVereinigte Staaten (a)  41,8 36,8 39,0 (b) 64,4 65 % 195.000
Vereinigte StaatenVereinigte Staaten 33,4 32,1 34,1 62,3 54 % 141.500
Vereinigte StaatenVereinigte Staaten 29,9 30,4 29,7 35,7 84 % 88.000
Vereinigte StaatenVereinigte Staaten 26,4 25,8 24,9 38,5 69 % 102.900
Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich 26,0 24,0 22,5 26,8 97 % 89.600
China Volksrepublik 21,6 17,9 16,0 81,6 26 % 230.000
AVIC China Volksrepublik 20,1 17,0 17,2 80,4 25 % 418.000
CASC China Volksrepublik 19,1 16,9 0 43,4 44 % 170.000
CETC China Volksrepublik 10  15,0 14,6 15,5 55,4 27 % 177.443
CASIC China Volksrepublik 11  13  12  14,5 11,9 0 46,1 31 % 148.000
ItalienItalien 12  14  14  13,9 11,2 11,3 16,7 83 % 50.500
L3Harris Technologies Vereinigte StaatenVereinigte Staaten 13  10  10  13,4 14,2 14,1 17,8 75 % 47.000
Deutschland 31  29  32  4,45 4,24 4,03 6,7 66 % 24.000
Deutschland FrankreichFrankreich 44  70+83  71+82  3,03 2,6 (b) 2,7 (b) 3,2 95 % 8.300
Umsätze in Mrd. US-Dollar, Stand 2021 - (a) = Fusion Raytheon u. United Technologies Corporation - (b) = Addition Umsätze

Die größten Waffenlieferanten der Welt sind die Vereinigten Staaten von Amerika, gefolgt von Russland, Deutschland, Frankreich, China und Großbritannien. All diese Länder besitzen hochentwickelte Rüstungsbetriebe und stehen im gegenseitigen Konkurrenzkampf bei der Entwicklung neuer und wirkungsvollerer Waffensysteme. Die Zahlen der folgenden Tabelle entstammen der SIPRI-Datenbank 2016 und sind gerundet in Milliarden US-Dollar basierend auf den Preisen von 1990 angegeben.[19]

Land 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 11,553 7,591 5,682 4,955 5,618 6,752 6,758 7,521 7,834 6,814 6,822 8,169 9,111 9,018 7,384 10,194 10,184 9,894
Russland Russland 4,264 4,546 5,427 5,635 5,307 6,250 5,227 5,113 5,561 6,264 5,102 5,993 8,556 8,402 8,462 5,971 5,554 6,432
Deutschland Deutschland 1,871 1,619 0,923 0,916 1,731 1,139 2,081 2,710 3,257 2,388 2,547 2,725 1,359 1,161 0,942 1,200 1,792 2,813
Frankreich Frankreich 1,859 1,116 1,455 1,474 1,441 2,324 1,842 1,702 2,408 2,063 1,959 0,911 1,770 1,067 1,578 1,978 2,080 2,226
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 1,380 1,638 1,392 1,102 0,752 1,221 1,069 0,995 0,984 0,990 1,021 1,101 1,010 0,930 1,484 1,704 1,139 1,393
China Volksrepublik Volksrepublik China 0,332 0,302 0,515 0,518 0,693 0,386 0,281 0,643 0,479 0,591 1,138 1,459 1,336 1,666 2,068 1,083 1,764 2,123
Italien Italien 0,504 0,204 0,243 0,468 0,355 0,251 0,825 0,527 0,713 0,393 0,493 0,524 0,939 0,828 0,953 0,786 0,692 0,802
Israel Israel 0,190 0,387 0,439 0,572 0,442 0,677 0,509 0,399 0,529 0,347 0,734 0,647 0,587 0,530 0,756 0,824 0,694 1,260
Ukraine Ukraine 0,731 0,270 0,511 0,307 0,295 0,198 0,291 0,542 0,623 0,378 0,377 0,470 0,534 1,450 0,708 0,664 0,347 0,528
Niederlande Niederlande 0,349 0,284 0,203 0,233 0,336 0,218 0,625 1,155 1,210 0,460 0,485 0,381 0,538 0,783 0,357 0,561 0,474 0,466
Schweden Schweden 0,392 0,375 0,914 0,171 0,526 0,303 0,537 0,397 0,342 0,457 0,419 0,664 0,705 0,488 0,407 0,394 0,185 0,249
Spanien Spanien 0,043 0,046 0,008 0,016 0,095 0,052 0,108 0,840 0,601 0,602 0,961 0,277 1,437 0,546 0,733 1,110 1,151 0,483
Schweiz Schweiz 0,273 0,174 0,206 0,157 0,181 0,249 0,247 0,286 0,295 0,461 0,227 0,238 0,310 0,250 0,193 0,350 0,437 0,186
Angaben in Milliarden US-Dollar

Wie problematisch ein Waffenexport sein kann, wurde zum Beispiel in den folgenden Fällen bewusst:

  • im Falklandkrieg (1982) kämpfte das argentinische Militär mit zahlreichen Waffen gegen das Vereinigte Königreich, die von westlichen Ländern an Argentinien verkauft worden waren. Die argentinische Luftwaffe besaß
    • Mirage-III-Jagdflugzeuge, Mirage-5-Jagdbomber,
    • alte (aber immer noch sehr leistungsfähige) Douglas-A-4-Jagdbomber und
    • veraltete English-Electric-Canberra-Bomber,[20] außerdem
    • zwei zu Betankungsflugzeugen umgebaute Lockheed C-130
    • Vier damals hochmoderne Exocet-Luft-Schiff-Raketen standen bei Kriegsbeginn nach argentinischen Angaben zur Verfügung.
    • Die Marineflieger besaßen fünf Dassault Super Étendards; diese waren für Luftbetankung ausgerüstet. 14 Flugzeuge waren bestellt, bis zum Ausbruch des Krieges waren fünf geliefert, wovon eines infolge eines Embargos als Ersatzteilspender am Boden bleiben musste.[21]
    • die Marine besaß unter anderem drei moderne französische d’Estienne d’Orves-Korvetten mit Exocet-Flugkörpern und zwei moderne, in der Bundesrepublik Deutschland hergestellte Küstenunterseeboote der U-Boot-Klasse 209.
  • Im Krieg in Afghanistan wurden die US-Amerikaner und ihre Verbündeten oft mit Waffen bekämpft, die sie selbst nach dem Einmarsch der Sowjets in Afghanistan (1979) den Mujaheddin und anderen Rebellengruppen (damals auch „Freiheitskämpfer“ genannt) geliefert hatten.
  • Der Internationale Militäreinsatz in Libyen 2011 richtet sich gegen die libyschen Streitkräfte. Diesen verkauften westliche Unternehmen bzw. Regierungen jahrelang Waffen.[22]
  • Ein von der Bundesregierung 2011 geplanter Export von 200 Leopard-Panzern nach Saudi-Arabien erregte viel öffentliche Kritik, weil Saudi-Arabien im benachbarten Bahrain kurz zuvor mit Panzern an der Unterdrückung von Demonstrationen teilgenommen hatte (siehe Proteste in Bahrain 2011).

Der Export und auch Import von Waffen ist von Land zu Land sehr unterschiedlich und lässt sich teils durch eine Verlagerung der Produktion ins Ausland umgehen. In Deutschland wird der Export durch das Außenwirtschaftsgesetz und Kriegswaffenkontrollgesetz reglementiert. Die Erlaubnis zum Export wird von dem unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagenden Bundessicherheitsrat der Bundesregierung erteilt. Es gibt kein parlamentarisches Kontrollgremium und Waffenexporte benötigen auch keine Zustimmung des Bundestages. Die erfolgten Exporte werden einmal im Jahr im Rüstungsexportbericht veröffentlicht.[23]

Die fünf größten Waffenexportländer und ihre Hauptabnehmer
Waffenlieferanten
Anteil am
weltweiten
Waffenexport
Hauptabnehmer (Anteil am Exportvolumen des Lieferanten)
1. 2. 3.
Vereinigte Staaten 30 % Südkorea (14 %) Australien (9 %) Vereinigte Arabische Emirate (8 %)
Russland 23 % Indien (33 %) Volksrepublik China (23 %) Algerien (13 %)
Deutschland 11 % Griechenland (15 %) Südafrika (11 %) Türkei (10 %)
Frankreich 7 % Singapur (23 %) Vereinigte Arabische Emirate (16 %) Griechenland (12 %)
Vereinigtes Königreich 4 % USA (23 %) Saudi-Arabien (19 %) Indien (13 %)
Daten aus dem Zeitraum 2006–2010[24]

Zu beachten ist, dass es keine weltweit gültigen Standards zur Erfassung und Veröffentlichung von Rüstungsexporten gibt. Das Stockholmer SIPRI-Institut beschreibt z. B. Deutschland für den Zeitraum von 2003 bis 2008 als drittgrößten Rüstungsexporteur der Welt, mit einem Marktanteil von 10 Prozent (nach den Vereinigten Staaten und Russland). Demgegenüber sieht eine Studie des International Institute for Strategic Studies (IISS) Deutschland für 2006 mit deutlichem Abstand hinter Großbritannien auf Platz 4. Der deutsche Weltmarktanteil lag nach dieser Studie für 2006 bei 3,7 Prozent (zum Vergleich: Vereinigte Staaten 51,9 Prozent, Russland 21,5 Prozent, Vereinigtes Königreich 12,2 Prozent).[25]

Zu den Rüstungsgütern zählen unter anderem Kleinwaffen und leichte Waffen, international mit SALW (Small Arms and Light Weapons) abgekürzt. Eine detaillierte Aufstellung der Waffenexporte, die nur Schusswaffen beinhalten, zu denen auch zivile Jagd- und Sportgewehre, sowie Kurzwaffen zählen, findet man hier:

Insbesondere die deutschen Ausfuhren an europäische Abnehmer stiegen an: Im Vergleich zum Fünfjahres-Zeitraum von 1998 bis 2003 nahmen sie laut SIPRI um 123 Prozent zu.[27]

Chinas Rüstungsindustrie wächst und holt technologisch auf. Beispiel: China feierte im Januar 2011 den ersten „offiziellen“ Testflug eines Tarnkappenbombers (J-20). Die J-20 hat Ähnlichkeit mit der russischen Mig 1.44 (die nie in Serie ging) und den Raptor-Flugzeugen der US-Armee.[28]

China exportiert immer mehr Waffen und macht der russischen Rüstungsindustrie immer mehr Konkurrenz. Dabei hat der aufstrebende Exporteur China einige Vorteile gegenüber Russland. Beide Länder haben vor allem Schwellenländer, die nach mehr militärpolitischer Unabhängigkeit vom Westen streben, als Absatzmarkt für ihre Waffen im Visier.[29]

  • Heinz-J. Bontrup, Norbert Zdrowomyslaw: Die deutsche Rüstungsindustrie: Vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik. Ein Handbuch. Distel Verlag, Heilbronn 1988, ISBN 3-923208-18-9.
  • Dieter Hanel: Die Bundeswehr und die deutsche Rüstungsindustrie, Bonn 2003, ISBN 3-7637-6238-8.
  • Hartmut Küchle: Die deutsche Heeresindustrie in Europa. Perspektiven internationaler Kooperationen und industriepolitischer Nachholbedarf (= Edition Hans-Böckler-Stiftung. Nr. 200). Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-86593-080-4 (online).
  • Wilhelm Muehlon: Ein Fremder im eigenen Land. Erinnerungen und Tagebuchaufzeichnungen eines Krupp-Direktors 1908–1914. Herausgegeben und eingeleitet von Wolfgang Benz. Donat Verlag, Bremen 1989, ISBN 3-924444-44-7.
  • Anthony Sampson: Die Waffenhändler: Von Krupp bis Lockheed. Die Geschichte eines tödlichen Geschäfts. Deutsch von Margaret Carroux. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1977, ISBN 3-498-06118-6. (Originalausgabe: The arms bazaar: The companies, the dealers, the bribes. From Vickers to Lockheed. Hodder and Stoughton, London 1977, ISBN 0-340-21331-0).
  • Rudolf Jaun, David Rieder (Hrsg.): Schweizer Rüstung. Politik, Beschaffungen und Industrie im 20. Jahrhundert. Baden 2013, ISBN 978-3-03919-279-3.
Commons: Rüstungsindustrie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Rüstungsindustrie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. a b c d e S. Schubert, J. Knippel: Quantifizierung der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie für den deutschen Wirtschaftsstandort. (PDF) WifOR-Institut, 2012, abgerufen am 20. April 2017.
  2. a b Carlos Martí Sempere: The European Security Industry: A Research Agenda. Economics of Security Working Paper No. 29. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin 2010 (Online [PDF; 4,1 MB; abgerufen am 3. Mai 2020]).
  3. L. Wildmann: Einführung in die Volkswirtschaftslehre, Mikroökonomie und Wettbewerbspolitik. 2. Auflage. Oldenbourg Verlag, München 2010.
  4. H. Glismann, E. Horn: Rüstung und Wohlfahrt: Theoretische und strukturelle Besonderheiten des Rüstungsmarktes. (PDF) In: Nr. 517. Kiel Institute for the World Economy (IfW), 1992, abgerufen am 19. April 2017.
  5. a b H. Heidenkamp: Deutsche Rüstungspolitik. Hrsg.: WIFIS - Wissenschaftliches Forum für Internationale Sicherheit e. V. Band 50. Verlag Barbara Budrich, Opladen/ Berlin/ Toronto 2015, ISBN 978-3-8474-0180-3.
  6. Ausführungsgesetz zu Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes.
  7. Anthony Sampson: Die Waffenhändler. Von Krupp bis Lockheed. Die Geschichte eines tödlichen Geschäfts. Reinbek bei Hamburg 1977, 68 ff.
  8. Jürgen Heideking, Christof Mauch: Geschichte der USA. Hrsg.: A. Francke. 6. Auflage. UTB, ISBN 978-3-8252-1938-3, S. 274: „In the councils of government, we must guard against the acquisition of unwarranted influence, whether sought or unsought, by the military-industrial complex. The potential for the disastrous rise of misplaced power exists and will persist. We must never let the weight of this combination endanger our liberties or democratic processes. We should take nothing for granted. Only an alert and knowledgeable citizenry can compel the proper meshing of huge industrial and military machinery of our defense with our peaceful methods and goals, so that security and liberty may prosper together.“
  9. U. Lenz: Kostensteigerungen bei öffentlichen Aufträgen: Am Beispiel der Rüstungsgüter. Springer-Verlag, Wiesbaden 1990, ISBN 3-8244-0064-2, S. 3.
  10. a b Kostensteigerung bei Großwaffensystemen. (PDF) In: 18/650. Deutsche Bundesregierung, 24. Februar 2014, abgerufen am 8. Juni 2017.
  11. Marco Seliger: Euro Hawk wird nicht zugelassen. FAZ, 13. Mai 2013, abgerufen am 8. Juni 2017.
  12. Peter Maxwill: Skandaldrohne „Euro Hawk“ kostet weitere Millionen. In: Spiegel Online. 3. Juli 2015, abgerufen am 8. Juni 2017.
  13. Deutsche Zusammenfassung des SIPRI Jahresbuch 2010. (PDF; 535 kB) Friedrich Ebert Stiftung, 1. Juli 2010, S. 14, archiviert vom Original am 14. Juli 2011; abgerufen am 26. Juni 2011.
  14. Michael Dauer: Deutsche Rüstungsindustrie vor dem Rohrkrepierer? In: Manager-Magazin. 5. Juli 2002.
  15. Tätigkeitsfelder. In: bdsv.de. Archiviert vom Original am 4. Juli 2017; abgerufen am 28. April 2017.
  16. Martin Hesse, Gerald Traufetter: (S+) Ukraine-Krieg: Die deutsche Rüstungsindustrie ist bedingt lieferbereit. In: Der Spiegel. 21. April 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 21. April 2022]).
  17. China ist zweitgrößter Waffenproduzent, Tagesschau.de, 27. Januar 2020
  18. SIPRI Fact Sheet, Stockholm International Peace Research Institute (PDF; 280 kB). The SIPRI Top 100 arms-producing and military services companies in the world, 2020.
  19. SIPRI Database Waffenexporte: SIPRI Arms Transfers Database of Top 50. (Memento vom 14. Februar 2013 im Internet Archive) In: sipri.org, (englisch).
  20. James S. Corum: Argentine Airpower in the Falklands War: An Operational View. In: airpower.maxwell.af.mil (englisch).
  21. weitere Details im Artikel Falklandkrieg
  22. Die Süddeutsche vom 9. Mai 2011, S. 7 nennt unter anderem Streubomben aus Spanien (Instalaza, Baujahr 2007), Panzer mit Ausrüstung aus Großbritannien, Raketen aus Frankreich (EADS) sowie italienische Hubschrauber (Agusta A109K).
  23. Alexander Heinrich: Sand im Getriebe. In: Das Parlament. Ausgabe 28–30, 2011.
  24. Trends in International Arms Transfer 2010. (PDF; 292 kB) In: books.sipri.org. SIPRI, März 2011, archiviert vom Original am 12. August 2011; abgerufen am 3. August 2011.
  25. Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahre 2007. (Memento vom 20. Dezember 2008 im Internet Archive) In: bmwi.de, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. (PDF; 1,4 MB) S. 43 f.
  26. a b Small Arms Survey Report 2009. (Memento vom 13. November 2011 im Internet Archive) In: smallarmssurvey.org, (PDF; 141 kB, englisch).
  27. Tagesschau: SIPRI-Bericht, Deutschland steigert Waffenverkäufe um 70 Prozent. (Memento vom 30. April 2009 im Internet Archive)
  28. Chinesen feiern Tarnkappen Bomber mit Feuerwerk. In: welt.de, 11. Januar 2011, abgerufen am 5. September 2015. (Der US-amerikanische Verteidigungsminister Robert Gates räumte ein, das Projekt habe selbst den US-amerikanischen Geheimdienst überrascht.)
  29. China bedrängt Russland auf dem Weltwaffenmarkt. In: sputniknews.com, 3. Mai 2011, abgerufen am 5. September 2015. (Der Direktor des Moskauer Forschungszentrums für Rüstungsindustrie und Waffenhandel, Ruslan Puchow, im Mai 2011 zu RIA Novosti.)