Reiterstandbild
Ein Reiterstandbild oder Reiterdenkmal ist die aus der römischen Antike übernommene öffentliche und zumeist überlebensgroße bronzene Darstellungsform eines Herrschers oder eines Feldherrn zu Pferd. Reiterstandbilder stehen – abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen – auf hohen, steinernen Postamenten an herausgehobenen Stellen (meist Plätze) und unter freiem Himmel in Städten.
Abgrenzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das zumeist Heerführern und Herrschern vorbehaltene „Reiterstandbild“ (vgl. Vandalismus und Denkmalsturz) ist zu unterscheiden vom meist Rednern bzw. Politikern vorbehaltenem Standbild und dem Musiker-, Dichter- und Gelehrtendarstellungen vorbehaltenen Sitzbild (z. B. Theodor-Mommsen-Denkmal in Berlin). Die Denkmalbüste dagegen ist die öffentliche Form der Porträtplastik.
Seit dem Hoch- und Spätmittelalter werden auch einige wenige christliche Glaubensstreiter als unterlebensgroße „Reiterfiguren“ dargestellt (s. u.); hierfür verwendete man Stein und Holz als Material. Derartige Figuren sind zumeist im Innern von Kirchen (seltener auch in Rathäusern etc.) angebracht.
Darstellungsformen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während kleinere Reiterstandbilder zumeist in Stein oder Holz gefertigt wurden, werden monumentale Reiterstandbilder in der Regel als Bronzeguss in spezialisierten Bildgießereien ausgeführt; sie werden zumeist in Teilen gegossen, die erst am Aufstellungsort montiert werden. Die antike Herkunft dieser Darstellungsform bedingt einen steinernen Sockel. Statisch nur schwer zu bewerkstelligen und deshalb sehr selten sind Reiterbildnisse mit einem sich aufbäumenden Pferd.
Das großformatige Reiterbildnis ist auch ein Thema der Monumentalmalerei.
Bekannte Reiterstandbilder
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Reiterstandbild Mark Aurels (2. Jahrhundert, Rom)
- Reiterstandbild des Gattamelata, Heerführer, von Donatello (1453, Padua)
- Reiterstandbild des Bartolomeo Colleoni von Andrea del Verrocchio (1488, Venedig)
- Reiterstandbild des Cosimo I. de’ Medici, Großherzog der Toskana, von Giambologna (1587, Florenz)
- Reiterstatue König Ludwig XIII. (1639 in Bronze und 1829 in Stein, Place des Vosges, Paris)
- Reiterstandbild des Großen Kurfürsten (1703, Berlin)
- Reiterstandbild des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz (1711, Düsseldorf)
- Reiterstandbild des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs August des Starken, genannt Goldener Reiter (1736, Dresden)
- Der eherne Reiter (1782, Sankt Petersburg)
- Reiterstandbild Karls IV. (1803, Mexiko-Stadt)
- Reiterstandbild Maximilians I. (1839, München)
- Reiterstandbild Friedrichs des Großen (1851, Berlin)
- Denkmal für Nikolaus I. (1859, Sankt Petersburg)
- Ernst-August-Denkmal (1861, Hannover)
- Reiterstandbild Ludwigs I. (1862, München)
- Prinz-Eugen- und Erzherzog-Karl-Denkmal (1865, Heldenplatz, Wien)
- Ban Jelačić Statue (1866, Ban-Jelačić-Platz, Zagreb, Kroatien)
- Reiterstandbild Friedrich Wilhelms von Braunschweig-Wolfenbüttel (1874, Braunschweig)
- Reiterstandbild Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel (1874, Braunschweig)
- Reiterstandbild Friedrich Wilhelms III. (1876, Berlin)
- Reiterstandbild Giuseppe Garibaldis vor dem Teatro Carlo Felice (1879, Genua)
- König-Johann-Denkmal (1889, Theaterplatz, Dresden)
- Reiterstatue des Prinzregenten Luitpold von Bayern auf dem Rathausplatz, ein Werk Wilhelms von Rümann, (1892, Landau/Pfalz)
- Kaiser-Wilhelm-Denkmal (1896, Düsseldorf)
- Reiterstandbild Viktor Emanuels II. (1896, Piazza del Duomo, Mailand)
- Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Deutschen Eck, größtes Reitermonument Deutschlands (1897, Koblenz)
- Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal (1897, Berlin)
- Kaiser-Wilhelm-I.-Denkmal (1898, Altona und 1903, Hamburg)
- Reiterstandbild Prinzregent Luitpolds von Bayern (1899, Bamberg)
- Reiterstandbild des Absalon von Lund (1902, Kopenhagen, Dänemark)
- Reiterstandbild Karls IX. (1904, Göteborg, Schweden)
- Kaiser-Wilhelm-I.-Denkmal (1905, Egidienplatz, Nürnberg)
- Bismarck-Denkmal (1910, Bremen)
- Reiterstandbilder vor der Hohenzollernbrücke (1911, Köln)
- Reiterstandbild Viktor Emanuels II. auf dem Monumento Vittorio Emanuele II (1911, Rom)
- Reiterdenkmal (1912, Windhoek)
- Wenzelsdenkmal auf dem Wenzelsplatz (1913, Prag)
- Reiterstandbilder des Bertrand du Guesclin in Dinan und Caen (um 1920)
- Reiterstandbilder von Jeanne d’Arc in Orléans und Reims (um 1925)
- Atatürk-Siegerdenkmal des österreichischen Bildhauers Heinrich Krippel zum Gedenken an den türkischen Befreiungskrieg (1927, Ankara)
- Reiterstandbild Shivajis (Mumbai, Indien)
- Reiterstandbild Fürst Skanderbeg am Skanderbeg-Platz (1968, Tirana, Albanien)
- Reiterstandbild Habib Bourguiba (1973, Tunis)[1]
- Reiterstandbild Pre Bell Man von Nam June Paik vor dem Museum für Kommunikation (1990, Frankfurt am Main)
- Reiterstandbild des Dschingis Khan (2008, Mongolei)
- Reiterstandbild Angela Merkels, 3D-Druck-Plastik aus Leichtbeton von Wilhelm Koch, 2023 zusammengebrochen[2]
Bildergalerie
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Standbild Friedrichs des Großen im Schlosspark Sanssouci
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Leibdragonerdenkmal in Karlsruhe
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Philipp IV. in Madrid, erstes Reiterstandbild mit steigenden Pferd, Pietro Tacca, 1634–1640
-
Ludwig der IV Reiterdenkmal Friedensplatz in Darmstadt
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Reiterstandbild von Prinzessin Alexandrine von Preußen im Damensitz auf dem Alexandrinenplatz in Ludwigslust, 2003
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Reiterdenkmal Ferdinands I. auf der Piazza Santissima Annunziata in Florenz, Entwurf Giambologna und ausgeführt durch Pietro Tacca
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Reiterstandbild Karls IV., Mexiko-Stadt (1803)
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Reiterdenkmal von Willibald Fritsch, Berlin, 1925
-
Generalissimus Alexander Suworow mit seinem Führer Antonio Gamba aus Taverne bei der Überquerung des Gotthardpasses (D. N. Tugarinow, 1999)
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Andere Reiterfiguren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gelegentlich wird die Bezeichnung „Reiterfigur“ auch allgemein für Personendarstellungen zu Pferde verwendet; in diesem Zusammenhang zu erwähnen sind die hochmittelalterlichen Statuen des „Bamberger Reiters“ oder des „Magdeburger Reiters“ sowie verwandte Bildnisse.
Über ganz Europa verbreitet sind mittelalterliche und frühneuzeitliche Reiterfiguren des drachentötenden hl. Georg und des mantelteilenden hl. Martin; in Spanien wird Santiago in seiner Rolle als „Maurentöter“ (matamoros) regelmäßig als Reiter zu Pferde gezeigt.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hjalmar Friis: Rytterstatuens Historie i Europa. Fra Oldtiden intil Thorvaldsen. Kopenhagen 1933
- Wolfgang Vomm: Reiterstandbilder des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in Deutschland. Dissertation, Universität Köln 1979
- Joachim Poeschke, Thomas Weigel, Britta Kusch-Arnhold (Hgg.), Praemium Virtutis III – Reiterstandbilder von der Antike bis zum Klassizismus. Rhema-Verlag, Münster 2008, ISBN 978-3-930454-59-4
- Raphael Beuing: Reiterbilder der Frührenaissance – Monument und Memoria. Rhema-Verlag, Münster 2010, ISBN 978-3-930454-88-4
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Reiterstandbild im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Roß und Reiter. Eine vergleichende Betrachtung – Hintergründe und Fotos zum Thema Reiterbild
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Karima Dirèche, Nessim Znaien, Aurélia Dusserre: Histoire du Maghreb depuis les indépendances: États, sociétés, cultures. Éditions Armand Colin, Malakoff 2023, ISBN 978-2-200-63179-6, S. 109 ff.
- ↑ Reiterstandbild von Angela Merkel zusammengebrochen. 14. September 2023, abgerufen am 14. September 2023.