Repräsentativer Konzentrationspfad

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Szenarien atmosphärischer CO2-Äquivalent­konzentra­tionen aller Treibhausgase (in PPM pro Volumen) gemäß den vier RCPs laut Fünftem IPCC-Sachstandsbericht.

Der Begriff repräsentativer Konzentrationspfad (anhören/?, engl. representative concentration pathway, daher abgekürzt RCP) wird seit dem Fünften Sachstandsbericht des Weltklimarates (IPCC) zur Beschreibung von Szenarien für den Verlauf der absoluten Treibhausgas­konzentration in der Atmosphäre verwendet.

Für bessere Vergleiche zwischen verschiedenen Studien und einer einfacheren Kommunikation von Modellergebnissen wurde vorgeschlagen, einen gemeinsamen Satz von Szenarien des Klimawandels in der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu verwenden.[1] Die RCPs schaffen dabei Synergien und bieten eine Grundlage für weitere Forschung und Bewertung, einschließlich Emissionsminderung und Folgenanalysen. In der Bezeichnung der Repräsentativen Konzentrationspfade bedeutet das Wort repräsentativ, dass jeder der RCPs einen größeren Satz von Szenarien in der Literatur repräsentiert, so dass die RCPs zusammen das gesamte Spektrum der wissenschaftlichen Literatur abdecken. Mit dem Begriff Konzentrationspfad soll betont werden, dass sich die Szenarien an ausgewählten zeitlichen Verläufen der Treibhausgas-Konzentrationen orientieren und weniger an Emissionen und den zugrundeliegenden sozioökonomischen Modellen.[2]

Bei der Bewertung von RCP-Szenarien ist es von grundlegender Bedeutung, dass es sich bei Szenarien nicht um Vorhersagen handelt, weshalb sie auch nicht mit Wahrscheinlichkeiten verbunden sind. Vielmehr dienen Szenarien dazu, Entscheidungsträgern die Ergebnisse einer möglichst breiten Palette plausibler Möglichkeiten zu präsentieren, um sie bei ihren Entscheidungen zu unterstützen.[3]

Die Zahlenwerte sollten dabei nicht als Werte für einen zu erwartenden Temperaturanstieg fehlgedeutet werden. So bedeutet etwa RCP4.5 nicht, dass die Temperatur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt um 4,5 °C ansteigen wird. Vielmehr ist ein Temperaturanstieg die Folge des durch die Werte ausgedrückten Strahlungsantriebs durch erhöhte Treibhausgaskonzentrationen (für RCP4.5 somit 4,5 W/m2). Auch beziehen sich die Werte nicht auf den jährlichen Ausstoß an Treibhausgasen, sondern auf die durch die Treibhausgaskonzentration ausgedrückte kumulierte Gesamtmenge bis zum Jahr 2100 bzw. den daraus resultierenden Strahlungsantrieb.

Im Fünften Sachstandsbericht werden vier Szenarien ausgewiesen, die entsprechend dem angenommenen Bereich des Strahlungsantriebs im Jahre 2100 (z. B. 2,6 W/m2) als RCP2.6, RCP4.5, RCP6.0 und RCP8.5 bezeichnet werden.

RCP2.6 entspricht dabei einem Szenario mit deutlichen Anstrengungen beim Klimaschutz, die auch Anstrengungen im Bereich negativer Emissionen einschließen; RCP8.5 entspricht einem „Weiter-so-wie-bisher“-Szenario (sog. Baseline)[4].

Beim RCP 8.5-Szenario[5] bezieht sich das „Weiter-so-wie-bisher“ (bzw. engl. business as usual) auf die Modellannahmen, dass einerseits die Klimapolitik von etwa 2010 unverändert fortgesetzt wird und andererseits, dass die Förderung der immer knapper werdenden fossilen Energieträger noch lange Zeit weiter wirtschaftlich attraktiv bleibt, trotz wachsendem Förderaufwand. Inwiefern das RCP8.5-Szenario bei fehlenden Klimaschutzmaßnahmen wie beschrieben eintreffen würde, ist bisher noch unklar[6]. Manche Wissenschaftler vermuten, dass die Wahrscheinlichkeit für diesen Pfad zukünftig immer weiter abnimmt und fordern daher, dieses in der öffentlichen Kommunikation eher als ein Worst-Case-Szenario anstatt als Business-as-usual zu kennzeichnen.[7] Ihre Argumentation bezieht sich dabei auf die nutzbaren Mengen an fossilen Brennstoffen, insbesondere Kohle, deren kumulativer Verbrauch bis 2100 in IPCC Worst-Case-Szenarien um ein Vielfaches höher angenommen wird als die förderbaren Reserven.[8]:46[9]:31 Von anderen Wissenschaftlern wurde jedoch auf die Nützlichkeit des RCP8.5-Szenarios und dessen Nähe zur Realität hingewiesen. Da die RCPs auf der Grundlage historischer Treibhausgas-Emissionen bis 2005 entwickelt wurden, konnte im Jahr 2020 eine erste Bilanz über die vergangenen 15 Jahre gezogen werden. Demnach wurde das RCP8.5 am besten durch die Messungen bestätigt und außerdem passe es bis in die Mitte des 21. Jahrhunderts auch weiterhin am besten zur derzeitigen und angekündigten Klimapolitik.[3] Der Pfad entlang des RCP8.5 sollte jedoch von Entscheidungsträgern nicht als die Option für den dauerhaft bequemsten Weg missverstanden werden, da die Beschreibung als Business-as-usual vom IPCC nicht im allgemeinen Sinne, also etwa als das unbekümmerte Nachgehen des Tagesgeschäfts gemeint ist, sondern nur bezogen auf die Energiewirtschaft und das (hypothetische) dauerhafte Festhalten am gleichbleibenden Anteil fossiler Energie, was über einen langen Zeitraum jedoch gerade nicht notwendigerweise der Zukunft mit der größten gesellschaftlichen Kontinuität entspricht.[10]

Wissenschaftlicher Konsens herrscht jedoch darin, dass die globale Erwärmung auch in den anderen Szenarien zu dramatischen Veränderungen führen wird und die Anstrengungen im Klimaschutz daher deutlich verstärkt werden müssen.[11] So ergeben Modellrechnungen aus dem Jahr 2019, dass bereits bei Eintritt des als optimistisch eingeschätzten RCP4.5-Szenarios viele Städte in eine andere Klimazone wandern würden; so wäre das Klima im spanischen Madrid bereits im Jahr 2050 dem aktuellen Klima im marokkanischen Marrakesch ähnlicher als dem heutigen in Madrid und analog wandeln sich die klimatischen Verhältnisse von Stockholm zu denen von Budapest, London zu Barcelona, Moskau zu Sofia, Seattle zu San Francisco, Tokio zu Changsha.[12] Beobachtungen des Meeresspiegelanstiegs deuten zuletzt auf einen Pfad zwischen RCP4.5 und RCP8.5.[13]

Projektionen für die Pflanzeneignung bis 2100 und 2500 unter dem moderat-hohen RCP6.0-Emissionsszenario
Projizierter Temperatur- und Meeresspiegelanstieg im Vergleich zum Mittelwert 2000–2019 für RCP-Klimaszenarien bis 2500[14][15]
Mittlere Anzahl der Monate pro Jahr, in denen Hitzestress 38 °C (UTCI-Skala) übersteigt, in heutigen (2020) und zukünftigen Klimazonen
  • IPCC, 2014: Climate Change 2014: Synthesis Report. Contribution of Working Groups I, II and III to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Core Writing Team, R.K. Pachauri and L.A. Meyer (eds.)]. IPCC, Geneva, Switzerland, 151 pp.

Einzelnachweise

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  1. Richard H. Moss, Jae A. Edmonds, Kathy A. Hibbard, Martin R. Manning, Steven K. Rose: The next generation of scenarios for climate change research and assessment. In: Nature. Band 463, Nr. 7282, Februar 2010, ISSN 0028-0836, S. 747–756, doi:10.1038/nature08823 (nature.com).
  2. Detlef P. van Vuuren, Jae Edmonds, Mikiko Kainuma, Keywan Riahi, Allison Thomson: The representative concentration pathways: an overview. In: Climatic Change. Band 109, Nr. 1-2, November 2011, ISSN 0165-0009, S. 5–31, doi:10.1007/s10584-011-0148-z (springer.com).
  3. a b Christopher R. Schwalm, Spencer Glendon, Philip B. Duffy: RCP8.5 tracks cumulative CO2 emissions. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. 3. August 2020, doi:10.1073/pnas.2007117117.
  4. vgl. Climate Change 2014: Synthesis Report, Summary for Policymakers, Kap. SPM 2.1 Key drivers of future climate, S. 8
  5. Keywan Riahi, Shilpa Rao, Volker Krey, Cheolhung Cho, Vadim Chirkov: RCP 8.5—A scenario of comparatively high greenhouse gas emissions. In: Climatic Change. Band 109, Nr. 1-2, November 2011, ISSN 0165-0009, S. 33–57, doi:10.1007/s10584-011-0149-y (springer.com [abgerufen am 21. Oktober 2021]).
  6. Jean Laherrère: Are there enough fossil fuels to generate the IPCC CO2 baseline scenario? ASPO France, 30. August 2019, abgerufen am 7. November 2021: „In the last IPCC report AR5 the” baseline” RCP8.5 […] assumes a cumulative CO2 emission from fossil fuels 4 times what is considered as the most probable and in 2100 an annual FF production 7 times the most probable: it is completely unrealistic. […] Only RCP4.5 is close to the most probable FF production.“
  7. Zeke Hausfather, Glen P. Peters: Emissions – the ‘business as usual’ story is misleading. In: Nature. Band 577, 29. Januar 2020, S. 618–620, doi:10.1038/d41586-020-00177-3: „We must all — from physical scientists and climate-impact modellers to communicators and policymakers — stop presenting the worst-case scenario as the most likely one. Overstating the likelihood of extreme climate impacts can make mitigation seem harder than it actually is. This could lead to defeatism, because the problem is perceived as being out of control and unsolvable. […] Emission pathways to get to RCP8.5 generally require an unprecedented fivefold increase in coal use by the end of the century, an amount larger than some estimates of recoverable coal reserves.“
  8. Spencer Dale et al.: Statistical Review of World Energy. 70th edition. In: Statistical Review of World Energy. BP, 2. Juli 2021, abgerufen am 24. August 2022.
  9. David Rutledge: Estimating long-term world coal production with logit and probit transforms. In: International Journal of Coal Geology. Band 85, Nr. 1. Elsevier, Januar 2011, S. 23–33, doi:10.1016/j.coal.2010.10.012 (online [abgerufen am 24. August 2021]): „The maximum cumulative production through 2100 is 3500 Gt for the IPCC's A1C AIM scenario (Volkers, 2000). This is five times the estimate for long-term production given here. In addition, production is still rising in this scenario in 2100, so the eventual implied production would be even larger.“
  10. IPCC, 2021: Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Masson-Delmotte, V., P. Zhai, et al. Cambridge University Press. Siehe zur Deutung der Szenarien auch Kapitel 1.6.1.4 The likelihood of reference scenarios, scenario uncertainty and storylines
  11. Sonderbericht 1,5 °C globale Erwärmung – SR1.5 - de-IPCC. In: de-ipcc.de. 8. Oktober 2018, abgerufen am 9. Oktober 2018.
  12. J.-F. Bastin et al.: Understanding climate change from a global analysis of city analogues. In: PLoS One. Nr. 14(7), 2019, e0217592. doi:10.1371/journal.pone.0217592
  13. Jinping Wang, John A. Church, Xuebin Zhang, Xianyao Chen: Reconciling global mean and regional sea level change in projections and observations. In: Nature Communications. 12. Februar 2021, doi:10.1038/s41467-021-21265-6.
  14. By 2500 earth could be alien to humans In: Scienmag: Latest Science and Health News, 14. Oktober 2021. Abgerufen am 18. Oktober 2021 
  15. Christopher Lyon, Erin E. Saupe, Christopher J. Smith, Daniel J. Hill, Andrew P. Beckerman, Lindsay C. Stringer, Robert Marchant, James McKay, Ariane Burke, Paul O’Higgins, Alexander M. Dunhill, Bethany J. Allen, Julien Riel-Salvatore, Tracy Aze: Climate change research and action must look beyond 2100. In: Global Change Biology. n/a. Jahrgang, n/a, 2021, ISSN 1365-2486, doi:10.1111/gcb.15871, PMID 34558764 (englisch).