Rer Bare

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Kalafo (Äthiopien)
Kalafo (Äthiopien)
Kalafo
Lage von Kalafo in Äthiopien

Die Rer Bare oder Rer Barre (das Somali-Wort reer bedeutet „Leute aus“, „Nachkommen von“, „Stamm“) sind eine sesshaft-bäuerliche Minderheitengruppe, die in der Umgebung von Kalafo in der Somali-Region im Osten Äthiopiens am Fluss Shabelle ansässig ist.

Sie gehören zu einer Reihe von ethnischen Minderheiten im von Somali bewohnten Gebiet am Horn von Afrika, die sich durch dunklere Haut und krauseres Haar von der Somali-Mehrheit unterscheiden und von den Somali als Jarir („harthaarig“ oder „kraushaarig“) oder auch als Adone oder Adona[1] (von addoon, „Sklave“) bezeichnet werden.

Herkunft und Sprache

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Sie sprechen heute Somali. Es ist unklar, ob sie früher eine eigene Sprache hatten; im Ethnologue ist „Rer Bare“ als unklassifizierte ausgestorbene Sprache mit ISO 639-3-Code rer gelistet.[2] Die Herkunft der Rer Bare ist ebenfalls nicht geklärt. Sie könnten von Sklaven der Somali abstammen, aber auch von einer einheimischen Bevölkerung, die vor den Somali in jenem Gebiet gelebt hat.

Für ähnliche schwarze, Ackerbau betreibende Minderheitengruppen in Somalia ist seit Anfang der 1990er Jahre die Bezeichnung „somalische Bantu“ aufgekommen, ausgehend von denjenigen Gruppen im Jubba-Tal, die eindeutig von Bantu abstammen, die im 19. Jahrhundert als Sklaven aus anderen Teilen Ostafrikas in das Somali-Gebiet gebracht wurden. Die Bezeichnung wurde auch auf Gruppen ausgeweitet, die womöglich (teilweise) von einer Vor-Somali-Bevölkerung abstammen, die vielleicht ursprünglich Bantusprachen sprach. Die Rer Bare wurden analog dazu als „äthiopische Bantu“[3] bezeichnet. Tobias Hagmann erwähnt sie als „somalisierte Bantu“.[4] Ulrich Braukämper schreibt von den Adone am Shabelle, dass sie „offensichtlich die Nachfahren von Bantu-Sklaven [sind], die sich dort seit dem 19. Jahrhundert ansiedelten und ausbreiteten“.[5]

Die wohl erste wissenschaftliche Erwähnung einer möglichen Sprache Rer Bare oder „Rerebere“ findet sich 1975 bei Lionel Bender. Dieser hatte damals eher eine Verbindung zu Sprachgruppen im Sudan vermutet, insbesondere zur nilosaharanischen Sprachfamilie:

„D. W. Mcclure, Sr. berichtete mir erstmals von der Präsenz von sudanesischen Einwanderern am Fluss Wabi Shebelle bei Gode im östlichen Ogaden. Es heißt von ihnen, dass sie eine eigene Sprache haben, die diese Fremdbezeichnung [Rerebere] trägt. Später informierte mich Taye Reya darüber, dass sudanesische Einwanderer auch entlang den Flüssen Ganale und Dawa zu finden sind und dass sie von den Somali als rer bare bezeichnet werden (rer bedeutet Unterstamm auf Somali). Sie sind auch als adona bekannt, und sie sprechen Somali wie auch ihre eigene Sprache. (…) Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob sie eine oder mehrere Sprachen sprechen und was für welche diese sind. (…) Bislang sind mir keine linguistischen Daten zugekommen.“[6]

Adone-Gruppen leben in Äthiopien auch weiter flussaufwärts am Shabelle im Grenzgebiet zwischen den Somali und Oromo, wo sie von den Oromo Warra Dubba genannt werden,[5] (auch als Dube[1] oder Wara Dubie[7] geschrieben) und am Weyb in der Afder-Zone[1]. Eine weitere Gruppe sind die Garri Maro (oder Gherrimero[1]) am Ganale und anderen Flüssen in der Liben-Zone im Süden der Somali-Region.[8][4]

Gesellschaft und Politik

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Die Rer Bare sind dem Somali-Clan der Hawiya angeschlossen und leben zusammen mit sesshaft gewordenen Hawiya und anderen Somali in Dörfern in der Woreda Kalafo in der Gode-Zone. Ihre Lebensgrundlage ist der Ackerbau, wichtigste Anbauprodukte sind Sorghum und Mais. Daneben werden in diesen Dörfern auch Augenbohnen und Sesam sowie Gemüse angebaut, die sowohl zur Diversifizierung des Speiseplans als auch zum Verkauf gegen Geld dienen. Zur Versorgung mit Milch halten viele Bauern zudem eine bis drei Kühe.[9]

Die verbündeten Hawiya und Rer Bare teilen sich in Untergruppen ein, die mythologisch auf zwei Vorväter, Badbedan und Kunle, zurückgeführt werden:[9]

  • Badbedan
    • Ali Mad
    • Dagine
    • Rer Gedow
  • Kunle
    • Bajimal
    • Rer Ise
    • Gasar.

Ali Mad und Dagine umfassen fast ausschließlich Rer Bare, während die übrigen Gruppen gemischt sind. Den Rer Gedow, Rer Ise und Gasar gehören viele Hawiya – vor allem Ajuran – an, während unter den Bajimal auch etliche Dir sind.[9]

Die Rer Bare gelten hierbei als untergeordnet gegenüber den dominierenden Hawiya. Die beiden Gruppen charakterisieren ihre Beziehung als bah iyo boqor, was so viel wie „Untertanen und Könige“ bedeutet. Obwohl sie zusammen leben und gemeinsame Vorfahren postulieren, gibt es kaum Mischehen.[9]

1992 entstand neben etlichen anderen Parteien einzelner Clans auch eine politische Partei der Rer Bare in der Somali-Region. Diese Partei schloss sich 1994 mit anderen Parteien zur Ethiopian Somali Democratic League zusammen, die ihrerseits 1998 in der Somali People’s Democratic Party aufging.[10][11] 2004 wurde eine neue Rer-Bare-Partei mit Namen Dilwabi gegründet, um bei den Wahlen von 2005 anzutreten.[4] Diese Partei nimmt auch an den Wahlen 2010 teil.[12]

  1. a b c d Gebru Tareke: Ethiopia: Power and Protest. Peasant Revolts in the Twentieth Century, Red Sea Press 1996, ISBN 978-1-56902-019-7, S. 141
  2. Ethnologue.com: Rer Bare
  3. vgl. Bodoy.org (Memento vom 27. Januar 2007 im Internet Archive)
  4. a b c Tobias Hagmann: Challenges of decentralisation in Ethiopia's Somali Region (Memento des Originals vom 16. Januar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/tobiashagmann.freeflux.net, Briefing for Review of African Political Economy Vol. 32, No. 103, 2005 (PDF; 748 kB), S. 5
  5. a b Ulrich Braukämper: Islamic History and Culture in Southern Ethiopia. Collected Essays, Göttinger Studien zur Ethnologie 9, 2003, ISBN 978-3-8258-5671-7 (S. 15, 137)
  6. Lionel Bender: The Ethiopian Nilo-Saharans, 1975, S. 74: „D. W. Mcclure, Sr. first reported to me the presence of Sudanese immigrants on the Wabi Shebelle River at Gode in the eastern Ogaden. They are said to have their own language, bearing the given name [Rerebere]. Later Taye Reya informed me that Sudanese immigrants are found along the Ganale and Dawa Rivers as well, and that they are referred to by the Somali as rer bare (rer means sub-tribe in Somali.) They are also known as adona, and they speak Somali as well as their own language... I cannot say with certainty whether they speak one or more languages of what any of them is... So far no linguistic data has come my way.“
  7. Internal Displacement Monitorin Centre: Somali region: Root causes of, and background to displacement (August 2003) (Memento des Originals vom 18. Februar 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.internal-displacement.org
  8. UNDP Emergencies Unit for Ethiopia: Socio-economic conditions of the population in Liben zone, Ethiopian Somali National Regional State, 1996
  9. a b c d UNDP/Ahmed Yusuf Farah: Permanent Agricultural Settlements Along The Webi Shabelle River In Gode Zone Of The Ethiopian Somali National Regional State (1995) (Memento vom 21. Januar 2007 im Internet Archive) (PDF; 408 kB)
  10. John Markakis: The Somali in the New Political Order of Ethiopia, in: Review of African Political Economy, Vol. 21, No. 59 (März 1994), S. 75f.
  11. Katharine Murison (Hrsg.): Africa South of the Sahara 2004, Europa Regional Surveys of the World, 33. Auflage, Routledge 2004, ISBN 978-1-85743-183-4 (S. 426)
  12. Nationale Wahlbehörde Äthiopiens: Political Parties that are Actively Participating in the Upcoming Election. Abgerufen am 1. April 2010.