Robert Hecht

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Gedenktafel im Gebäude der Österreichischen Postsparkasse

Robert Hecht (* 9. März 1881 in Wien, Österreich-Ungarn; † 30. Mai 1938 im Konzentrationslager Dachau, Deutsches Reich) war ein österreichischer Jurist und Spitzenbeamter zur Zeit der Ersten Republik und des Bundesstaates Österreich („Ständestaat“).

Robert Hecht wuchs als zweiter Sohn von Karl Hecht und dessen Ehefrau Berta (geb. Subak) in einer jüdischen Familie auf, konvertierte aber 1900[1] vom mosaischen zum evangelischen Glauben und 1934 zum Katholizismus. Er besuchte das Maximilians-Gymnasium Wasagasse in Wien-Alsergrund, studierte ab 1900 an der Universität Wien Rechtswissenschaften und wurde 1905 zum Dr. jur. promoviert. Er begann als Rechtspraktikant an einem Wiener Bezirksgericht und wurde 1911 Richter in Bad Ischl. Hecht rückte im Ersten Weltkrieg 1914 als Leutnant an die Front ein, wurde aber nach einigen Monaten zur Militärgerichtsbarkeit versetzt. Bei Kriegsende war er Hauptmann-Auditor im Kriegsministerium; hier machte Hecht folgend Karriere und wurde 1925 zum Sektionschef ernannt.[2] Er avancierte zum Berater und Vertrauten des langjährigen Heeresministers Carl Vaugoin, dann ab 1932 zu dem des Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß.

Innenpolitische Arbeit unter Engelbert Dollfuß

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Als damaliger Sektionschef des Heeresministeriums erarbeitete Hecht für die Regierung Dollfuß die Vorgehensweise, um das kriegswirtschaftliches Ermächtigungsgesetz (KWEG) aus 1917 einzusetzen, wodurch das von christlichsozialer und deutschnationaler Seite politisch gewünschte Notverordnungsrecht des Bundeskanzlers zu legitimieren sei. Diese juristische Konstruktion kann dahingehend als illegal bezeichnet werden, als dass das KWEG die Regierung nur dazu ermächtigte „während der Dauer der durch den Krieg hervorgerufenen außerordentlichen Verhältnisse“ Verordnungen zu erlassen[3] eine Situation, die zu dieser Zeit nicht mehr vorlag. Das KWEG wurde demnach nur als „scheinlegale Basis“[4] eingesetzt, um die Regierung ohne Einbeziehung des Parlaments zu ermächtigen, die Erlassung von Rechtsnormen ändernden oder auch neuen Verordnungen zu rechtfertigen ein Vorgang, der durch die Gewaltenteilung eigentlich verhindert werden soll. Der Inhalt der Verordnungen wurde durch das KWEG auf die „Förderung und Wiederausrichtung des wirtschaftlichen Lebens“, die „Abwehr wirtschaftlicher Schäden“ und die „Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und anderen Bedarfsgegenständen“ begrenzt.[3] Die beispielsweise angeführte Abänderung des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1930 per Verordnung,[5] welche zur Ausschaltung des Verfassungsgerichtshofes führte und ebenfalls auf einen Plan von Hecht zurückging, fiel ebenso nicht in die Anwendungsbereich des KWEG.

Mit der „Selbstausschaltung des Parlamentes“ (4. März 1933) wurde der Weg zum autoritären Austrofaschismus per Staatsstreich geebnet. Hecht unterstützte die Regierung bei dem Vorgang, die Parteien der Opposition, wie die NSDAP oder die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschösterreichs (SDAP), zu verbieten.[4] Von ihm wurde gleichzeitig der Plan ausgearbeitet, den betroffenen Parlamentsabgeordneten das Regierungsmandat zu entziehen. Er wies dabei darauf hin, dass ein Betätigungsverbot nicht automatisch die Aufhebung des Mandates bedeute, der bisherige (bis 1933 dafür zuständig gewesene) Verfassungsgerichtshof diesen Schritt aber nicht mehr durchführen könne und er daher durch die Regierung erledigt werden müsse.[6]

Hecht war auch an der Formulierung und Interpretation der Maiverfassung von 1934 und weiterer wichtiger Gesetze für den vorgeblich christlichen „Ständestaat[7] beteiligt, so etwa beim Bundesgesetz betreffend die „Vaterländische Front vom 1. Mai 1934[8], mit der die „Front“ zur einzigen legalen Partei Österreichs erklärt wurde.

Da sein juristischer und politischer Einfluss stark auf dem persönlichen Vertrauensverhältnis zu Engelbert Dollfuß basierte, nahm nach dessen Ermordung im „Juliputsch“ 1934 seine eigene Bedeutung im weiteren ligistische Geschehen zwar ab,[4] Robert Hecht kam jedoch in der Periode des Austrofaschismus bis zu Dollfuß’ Tod eine wesentliche Rolle im systematischen Prozess von der schrittweisen Aushebelung bis zur vollständigen Abschaffung der Demokratie zu.

Leben nach 1934

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Am 20. Oktober 1936 wurde Hecht Leiter des Österreichischen Postsparkassenamtes in der Wiener Postsparkasse. Dabei blieb ihm der offizielle Titel eines Gouverneurs (Präsidenten) verwehrt, ungeachtet seiner bisherigen Leistungen; hierfür dürfte der Antisemitismus in österreichischen Politik, der ihn während seiner ungewöhnlichen Karriere im Staatsapparat weiterhin begleitet hatte, ein Grund gewesen sein.[9]

Mit dem „Anschluss Österreichs“, gleich nach dem Einmarsch der deutschen Truppen am 12. März 1938, wurde Hecht als weithin bekannter und zudem jüdischer Gegner der DNSAP und NSDAP in „Schutzhaft“ genommen. Am 1./2. April deportierte man ihn mit dem ersten, sogenannten „Prominententransport“ von Wien in das Konzentrationslager Dachau, wo er sich schließlich das Leben nahm.[10] Während seinem jüngeren Bruder, dem Juristen Otto Hecht (18861969), die Emigration nach London gelang, beging sein 1876 geborener Bruder, der Kinderarzt und a. o. Prof. Dr. Franz Adolf Hecht, am 19. Dezember 1938 in Wien Suizid.[11]

Schriften (Auswahl)

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  • Sind die Vorschriften über die Personalvertretung der Bundesbahnen gültig? Manz, Wien 1930.
  • Volksvertretung und Staatsführung in der neuen Verfassung. Manz, Wien 1934.
  • Das Bundesgesetz über die „Vaterländische Front“. Österr. Staatsdruckerei, Wien 1936.

Auszeichnungen (Stand 1933)

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  • Peter Huemer: Sektionschef Robert Hecht und die Zerstörung der Demokratie in Österreich. Eine historisch-politische Studie. Verlag für Geschichte und Politik, Wien 1975 / R. Oldenbourg, München 1975 (Dissertation am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien 1968).
  • Walter Kleindel, Hans Veigl: Das große Buch der Österreicher. Wien 1987, S. 183.

Einzelnachweise

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  1. Anna L. Staudacher: "… meldet den Austritt aus dem mosaischen Glauben". 18000 Austritte aus dem Judentum in Wien, 1868–1914: Namen – Quellen – Daten. Peter Lang, Frankfurt am Main u. a. 2009, ISBN 978-3-631-55832-4, S. 237.
  2. „Hechts Genie für die politischkreative Nutzung scheinbar unpolitischer Ausführungsbestimmungen entfaltete sich in der Großaktion „Entpolitisierung“ des Heeres, in deren Verlauf er durch eine bunte Palette von Verwaltungstricks, geplanten Versetzungen, sorgfältig gesteuerten Neuwerbungen schließlich aus einem ursprünglich eher „roten“ Heer mit Soldatenräten und bewußt demokratischer Gesinnung ein verläßliches Instrument des christlichsozialen Lagers machte.“ Rezension zu Peter Huemer Sektionschef Robert Hecht und die Zerstörung der Demokratie in Österreich von Christoph Stölzl in: Bohemia. Zeitschrift für Geschichte und Kultur der böhmischen Länder 18 (1977) Nr. 1, S. 436.
  3. a b Reichsgesetzblatt 307/1917 auf alex.onb.ac.at
  4. a b c Ursula Floßmann, Herbert Kalb u. a.: Geschichte des öffentlichen Rechts. Teil 2. Institut für Fernunterricht in den Rechtswissenschaften/Johannes-Kepler-Universität Linz, 3(2004), S. 411 (Linzer Rechtsstudien).
  5. Bundesgesetzblatt 191/1933 auf alex.onb.ac.at
  6. Ursula Floßmann, Herbert Kalb u. a.: Geschichte des öffentlichen Rechts. Teil 2. 3(2004), S. 422.
  7. Vgl. etwa die Katholische Kirche Österreich aus heutiger Sicht in 1934: Eher "Kanzlerdiktatur" als "Christlicher Ständestaat".
  8. Siehe BGBl. II Nr. 4/1934, S. 53–54, ÖNB-ALEX - Bundesgesetzblatt 1934-1938.
  9. Gertrude Enderle-Burcel: Antisemitismus am Beispiel der Spitzenbeamten. – In: Gertrude Enderle-Burcel, Ilse Reiter-Zatloukal (Hrsg.): Antisemitismus  in Österreich 1933–1938. Böhlau Verlag, Wien u. a. 2018, S. 574–575.
  10. https://www.doew.at/erinnern/fotos-und-dokumente/1938-1945/der-erste-dachau-transport-aus-wien-1-april-1938/hecht-robert-dr
  11. https://gedenkbuch.univie.ac.at/person/adolf-franz-hecht