Fibel von Meldorf
Die Fibel von Meldorf, auch Runenfibel von Meldorf, ist ein archäologischer Fund aus der Nähe von Meldorf in Schleswig-Holstein. Es handelt sich um eine bronzene Rollenkappenfibel (Gewandspange), "die aus typologischen Gründen in die 1. Hälfte des 1. Jhs. n. Chr. datiert".[1] Die Fibel besitzt auf der Nadelrast vier eingestochene Zeichen, die von einer sicheren Hand mit einem sauberen Tremolierstich ausgeführt wurden. Bei den Zeichen handelt es sich vermutlich um eine Runeninschrift.
Fundgeschichte und Deutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Februar 1979 stieß der Archäologe Michael Gebühr im Magazin des archäologischen Landesmuseums Schloss Gottorf zufällig auf die Fibel. Die vorherige Fundgeschichte und die früheren Fundumstände sowie der exakte Fundort sind jedoch unbekannt. Die Fibel wurde erst 1968 ausgepackt und katalogisiert.[2] Gebühr deutete die auf ihr angebrachten Zeichen als Schriftzeichen. In der Folge entwickelte sich eine rege Diskussion in der internationalen Fachwelt über die Deutungsmöglichkeiten und Echtheit der Zeichen. Gegen die Deutung als Verzierung spricht das Fehlen vergleichbarer Verzierungen auf den Nadelfüßen anderer Fibeln dieses Typs. Gegen eine Deutung als Runeninschrift spricht vor allem das hohe Alter der Fibel sowie die fehlende Entsprechung der eingestochenen Zeichen mit bekannten Schriftsystemen vor der allgemeinen Verbreitung der Runenschrift. Weitere Deutungsmöglichkeiten wären eine verkümmerte lateinische Inschrift oder die Imitation lateinischer Schriftzeichen durch einen nicht schriftkundigen Handwerker, eine sogenannte Pseudoschrift. Die Ähnlichkeit der Zeichen mit den später verbreiteten Runen lässt die Deutung als Runeninschrift jedoch am wahrscheinlichsten erscheinen. Da die Runen vermutlich nach dem Vorbild der lateinischen Schrift entwickelt wurden, könnte es sich um eine Übergangsform oder eine Mischung von lateinischen und runischen Zeichen handeln.
Lesung und Deutung der Zeichen sind nach wie vor umstritten; am ehesten handelt es sich um einen Frauennamen im Dativ. Handelt es sich um Runen, so könnte die Gravur rechtsläufig (von links nach rechts) gelesen hiwi (ᚺᛁᚹᛁ) heißen und etwa für die Häusliche bedeuten, liest man aber linksläufig (von rechts nach links), könnte es auch eine lateinische Inschrift sein und Idin die germanische Form für Ida heißen.
Angenommen, die Deutung als Runeninschrift sei korrekt, so handelte es sich um den ältesten Runenfund überhaupt und zweifellos um eine Frühstufe der Runen, die ab der Mitte des 2. Jahrhunderts zweifelsfrei nachzuweisen sind.
Die Fibel befindet sich in der Dauerausstellung des Archäologischen Landesmuseums Schleswig-Holstein in Schloss Gottorf.
Fotografische Abbildungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Tineke Looijenga: Tafel 13b–c. In: Dies. Texts & contexts of the oldest Runic inscriptions, Brill, Leiden/Boston 2003, ISSN 1569-1462, ISBN 90-04-12396-2. (The Northern World Vol. 4)
- Thomas Brock: Runen – die magischen Zeichen. In: Abenteuer Archäologie. Nr. 1. Spektrum der Wissenschaft Verl.-Ges., 2006, ISSN 1612-9954, S. 84–86 (thomasbrock.de [PDF]).
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Keramikscherbe von Osterrönfeld
- Runenfibel von Beuchte
- Bügelfibel von Freilaubersheim auch Runenfibel von Freilaubersheim
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Elmer H. Antonsen: Die ältesten Runenschriften in heutiger Sicht. In: Heinrich Beck (Hrsg.): Germanenprobleme in heutiger Sicht, de Gruyter, Berlin/New York 1986, ISBN 3-11-010806-2, S. 321–343. (Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 1)
- Klaus Düwel, Michael Gebühr: Die Fibel von Meldorf und die Anfänge der Runenschrift. In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur (ZfdA) 110 (1981), S. 159–175.
- Klaus Düwel, Michael Gebühr: Meldorf. In: Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer (Hrsg.) Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 19, de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-017163-5, S. 520–522.
- Klaus Düwel: Die Fibel von Meldorf. 25 Jahre Diskussion und kein Ende – zugleich ein Beitrag zur Interpretationsproblematik und Forschungsgeschichte. In: Stefan Burmeister, Heidrun Derks, Jasper v. Richthofen (Hrsg.): Zweiundvierzig. Festschrift für Michael Gebühr zum 65. Geburtstag. Leidorf, Rahden/Westf. 2007, ISBN 978-3-89646-425-5, S. 167–174.
- Klaus Düwel: Runenkunde. 4. überarbeitete und aktualisierte Auflage, J.B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2008, ISBN 978-3-476-14072-2.
- Bernard Mees: A New Interpretation of the Meldorf Fibula Inscription. In: ZfdA 126 (1997), S. 131–139.
- Bengt Odenstedt: The inscription on the Meldorf Fibula. In: ZfdA 112 (1983), S. 153–161.
- Bengt Odenstedt: Further Reflections on the Meldorf Inscription. In: ZfdA 118 (1989), S. 77–85.
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Düwel, Klaus: Runenkunde. 4., überarbeitete und aktualisierte Auflage, Stuttgart 2008, S. 23; außerdem: Beschreibung der Fibel von Meldorf durch das Runenprojekt Kiel ( des vom 18. September 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. sowie englischsprachige Wikipedia
- ↑ Düwel, Klaus: Runenkunde. 4., überarbeitete und aktualisierte Auflage, Stuttgart 2008, S. 23 sowie Beschreibung der Fibel von Meldorf durch das Runenprojekt Kiel ( des vom 18. September 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.