Secure Hash Algorithm

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von SHA-0)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Begriff Secure Hash Algorithm (kurz SHA, englisch für sicherer Hash-Algorithmus) bezeichnet eine Gruppe standardisierter kryptologischer Hashfunktionen. Diese dienen zur Berechnung eines Prüfwerts für beliebige digitale Daten (Nachrichten) und sind unter anderem die Grundlage zur Erstellung einer digitalen Signatur.

Der Prüfwert wird verwendet, um die Integrität einer Nachricht zu sichern. Wenn zwei Nachrichten den gleichen Prüfwert ergeben, soll die Gleichheit der Nachrichten, nach normalem Ermessen, garantiert sein. Darum fordert man von einer kryptologischen Hashfunktion die Eigenschaft der Kollisionssicherheit: es soll praktisch unmöglich sein, zwei verschiedene Nachrichten mit dem gleichen Prüfwert zu erzeugen.

Geschichte – SHA/SHA-0

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das National Institute of Standards and Technology (NIST) entwickelte zusammen mit der National Security Agency (NSA) eine Hash-Funktion als Bestandteil des Digital Signature Algorithms (DSA) für den Digital Signature Standard (DSS). Die Funktion wurde 1993 veröffentlicht. Diese als Secure Hash Standard (SHS) bezeichnete Norm spezifiziert den sicheren Hash-Algorithmus (SHA) mit einem Hash-Wert von 160 Bit Länge für beliebige digitale Daten von maximal 264 − 1 Bit (≈ 2 Exbibyte) Länge.

SHA ist wie die von Ronald L. Rivest entwickelten MD4 und MD5 eine Merkle-Damgård-Konstruktion mit Davies-Meyer-Kompressionsfunktion, und die Kompressionsfunktion ist auch ähnlich wie bei diesen konstruiert. Mit seinem längeren Hash-Wert von 160 Bit gegenüber 128 Bit bei MD4 und MD5 ist SHA aber widerstandsfähiger gegen Brute-Force-Angriffe zum Auffinden von Kollisionen.

Die Nachricht wird mit einem Endstück erweitert, das die Länge der ursprünglichen Nachricht codiert. Dann wird sie in 512 Bit lange Blöcke geteilt, welche nacheinander verarbeitet werden. Dazu wird ein interner Datenblock von 160 Bit mittels einer Blockverschlüsselung verschlüsselt, mit dem Nachrichtenblock als Schlüssel. Zum Schlüsseltext wird dann der Klartext wortweise modulo addiert. Der so berechnete Datenblock wird nun mit dem nächsten Nachrichtenblock verschlüsselt oder nach dem Einarbeiten des letzten Nachrichtenblocks als Hashwert ausgegeben.

Aufbau einer Runde von SHA-0 und SHA-1

Der ursprüngliche SHA wurde wegen eines „Konstruktionsfehlers“ schon 1995 korrigiert und spielte deswegen in der Praxis kaum eine Rolle. Er ist heute als SHA-0 bekannt, die korrigierte Variante als SHA-1.

Die Korrektur besteht nur in einem kleinen Detail (Rotation eines Datenwortes in der Schlüsseleinteilung), nicht jedoch in der Anzahl der durchlaufenen Runden oder sonstiger Maßnahmen, die unmittelbar eine wesentlich höhere Sicherheit erwarten lassen. Die Kryptoanalyse bestätigt jedoch, dass die Rotation die Berechnung von Kollisionen erheblich erschwert.

Am 15. Februar 2005 meldete der Kryptographieexperte Bruce Schneier in seinem Blog[1], dass die Wissenschaftler Xiaoyun Wang, Yiqun Lisa Yin und Hongbo Yu von Shandong University in China erfolgreich SHA-1 gebrochen hätten. Ihnen war es gelungen, den Aufwand zur Kollisionsberechnung von 280 auf 269 zu verringern.[2] 269 Berechnungen könnten eventuell mit Hochleistungsrechnern durchgeführt werden.

Kurze Zeit später, am 17. August 2005, wurde von Xiaoyun Wang, Andrew Yao und Frances Yao auf der Konferenz CRYPTO 2005 ein weiterer, effizienterer Kollisionsangriff auf SHA-1 vorgestellt, welcher den Berechnungsaufwand auf 263 reduziert.

Im August 2006 wurde auf der CRYPTO 2006 ein weit schwerwiegenderer Angriff gegen SHA-1 präsentiert. Dabei sind bis zu 25 % der gefälschten Nachricht frei wählbar. Bei bisherigen Kollisionsangriffen wurden die so genannten Hash-Zwillinge nur mit sinnlosen Buchstabenkombinationen des Klartextes gebildet. Diese waren leicht erkennbar.

Ein kritisches Angriffsszenario erfordert, dass Angreifer eine zweite, in Teilen sinnvolle Variante eines Dokuments erzeugen, die den gleichen SHA-1-Wert und damit die gleiche Signatur ergibt. Die beim Angriff verbleibenden 75 % sinnloser Zeichen (also Datenmüll) können vor ungeschulten Betrachtern ggf. technisch verborgen werden. Der Angreifer kann behaupten, die gefälschte Variante sei anstatt der originalen Variante signiert worden.

Im Oktober 2015 veröffentlichten Marc Stevens, Pierre Karpman und Thomas Peyrin eine Freestart-Kollision für die Kompressionsfunktion von SHA1. Damit waren bis dahin geltende Abschätzungen, wann es zu welchen Kosten möglich ist, für SHA-1 aufgrund steigender Rechenleistung Chosen-Prefix-Kollisionen zur Fälschung von TLS-Zertifikaten zu finden, hinfällig.[3][4] Sie empfahlen, von SHA-1 baldmöglichst zu SHA-2 oder SHA-3 überzugehen.

Im Februar 2017 veröffentlichten Google-Mitarbeiter eine erste Kollision von SHA-1. Sie erzeugten zwei verschiedene funktionierende PDF-Dateien mit gleichem SHA-1-Prüfwert unter enormem Aufwand. Eine einzelne CPU hätte etwa 6500 Jahre dafür benötigt.[5]
Im Jahre 2019 benötigten öffentlich bekannte Chosen-Prefix-Angriffe 266,9 bis 269,4 SHA-1-Berechnungen, um Kollisionen zu finden. Das entsprach im Jahre 2017 100 GPU-Jahren Rechenkapazität.[6]

Als Reaktion auf die bekanntgewordenen Angriffe gegen SHA-1 hielt das National Institute of Standards and Technology (NIST) im Oktober 2005 einen Workshop ab, in dem der aktuelle Stand kryptologischer Hashfunktionen diskutiert wurde. NIST empfiehlt, SHA-1 nicht mehr für digitale Signaturen zu verwenden, lässt die Nutzung für Anwendungszwecke, die keine Kollisionsresistenz benötigen, aber noch bis 2030 zu.[7][8] Das BSI empfiehlt die Verwendung von SHA-2 oder SHA-3 anstelle von SHA-1.[9] Im Oktober 2015 empfahl Bruce Schneier, SHA-1 nicht mehr zu verwenden.[4]

Beispiel-Hashes

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
SHA1("Franz jagt im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern")
 = 68ac906495480a3404beee4874ed853a037a7a8f

Ein Tippfehler (G statt F) ändert den Text um nur ein Bit (ASCII-Code 0x47 statt 0x46):

SHA1("Granz jagt im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern")
 = 89fdde0b28373dc4f361cfb810b35342cc2c3232

Eine kleine Änderung der Nachricht erzeugt also einen komplett anderen Hash. Diese Eigenschaft wird in der Kryptographie auch als Lawineneffekt bezeichnet.

Der Hash eines Strings der Länge null ist:

SHA1("")
 = da39a3ee5e6b4b0d3255bfef95601890afd80709

Es folgt der Pseudocode für den SHA-1.

// Beachte: Alle Variablen sind vorzeichenlose 32-Bit-Werte und
// verhalten sich bei Berechnungen kongruent (≡) modulo 2^32
// Initialisiere die Variablen:
var int h0 := 0x67452301
var int h1 := 0xEFCDAB89
var int h2 := 0x98BADCFE
var int h3 := 0x10325476
var int h4 := 0xC3D2E1F0
// Vorbereitung der Nachricht 'message':
var int message_laenge := bit_length(message)
erweitere message um bit "1"
erweitere message um bits "0" bis Länge von message in bits  448 (mod 512)
erweitere message um message_laenge als 64-Bit big-endian Integer
// Verarbeite die Nachricht in aufeinander folgenden 512-Bit-Blöcken:
für alle 512-Bit Block von message
   unterteile Block in 16 32-bit big-endian Worte w(i), 0 ≤ i ≤ 15
   // Erweitere die 16 32-Bit-Worte auf 80 32-Bit-Worte:
   für alle i von 16 bis 79
       w(i) := (w(i-3) xor w(i-8) xor w(i-14) xor w(i-16)) leftrotate 1
   // Initialisiere den Hash-Wert für diesen Block:
   var int a := h0
   var int b := h1
   var int c := h2
   var int d := h3
   var int e := h4
   // Hauptschleife:
   für alle i von 0 bis 79
       wenn 0 ≤ i ≤ 19 dann
           f := (b and c) or ((not b) and d)
           k := 0x5A827999
       sonst wenn 20 ≤ i ≤ 39 dann
           f := b xor c xor d
           k := 0x6ED9EBA1
       sonst wenn 40 ≤ i ≤ 59 dann
           f := (b and c) or (b and d) or (c and d)
           k := 0x8F1BBCDC
       sonst wenn 60 ≤ i ≤ 79 dann
           f := b xor c xor d
           k := 0xCA62C1D6
       wenn_ende
       temp := (a leftrotate 5) + f + e + k + w(i)
       e := d
       d := c
       c := b leftrotate 30
       b := a
       a := temp
   // Addiere den Hash-Wert des Blocks zur Summe der vorherigen Hashes:
   h0 := h0 + a
   h1 := h1 + b
   h2 := h2 + c
   h3 := h3 + d
   h4 := h4 + e
digest = hash = h0 append h1 append h2 append h3 append h4 //(Darstellung als big-endian)

Beachte: Anstatt der Original-Formulierung aus dem FIPS PUB 180-1 können alternativ auch folgende Formulierungen verwendet werden:

(0 ≤ i ≤ 19): f := d xor (b and (c xor d)) (Alternative)
(40 ≤ i ≤ 59): f := (b and c) or (d and (b or c)) (Alternative 1)
(40 ≤ i ≤ 59): f := (b and c) or (d and (b xor c)) (Alternative 2)
(40 ≤ i ≤ 59): f := (b and c) + (d and (b xor c)) (Alternative 3)
(40 ≤ i ≤ 59): f := (b and c) xor (d and (b xor c)) (Alternative 4)

Das NIST hat vier weitere Algorithmen veröffentlicht, die größere Hash-Werte erzeugen. Es handelt sich dabei um den SHA-224, SHA-256, SHA-384 und SHA-512, wobei die angefügte Zahl jeweils die Länge des Hash-Werts (in Bit) angibt. Später kamen noch die Versionen SHA-512/256 und SHA-512/224 hinzu. Diese Weiterentwicklungen werden häufig unter der Bezeichnung SHA-2 zusammengefasst. Sie sind nach dem gleichen Konstruktionsprinzip aufgebaut wie SHA-1, man hat nur den internen Datenblock auf 256 bzw. 512 Bit vergrößert und die Blockverschlüsselung modifiziert, auf der die Kompressionsfunktion basiert.

Von den Algorithmen SHA-1 und SHA-256 hat man die Blockverschlüsselung SHACAL abgeleitet. Diese besteht im Wesentlichen in der internen Blockverschlüsselung von SHA-1 bzw. SHA-256, die hier für sich allein genutzt wird.

Weil man im Jahr 2004 grundlegende Schwächen der Merkle-Damgård-Konstruktion entdeckte, suchte das NIST nach einer neuen Hashfunktion, die wesentlich zukunftssicherer als SHA-2 sein sollte. Es rief dazu zu einem Wettbewerb auf, wie zuvor bereits für den Advanced Encryption Standard (AES). Die Wahl fiel im Oktober 2012 auf Keccak, die dann im August 2015 unter der Bezeichnung SHA-3 in verschiedenen Varianten standardisiert wurde. SHA-3 ist grundlegend anders als SHA-2 aufgebaut, nämlich als sogenannte Sponge-Konstruktion.

Spezifikationen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • D. Eastlake, P. Jones: RFC 3174 – US Secure Hash Algorithm 1 (SHA1). September 2001 (englisch).
  • D. Eastlake, T. Hansen: RFC 4634 – US Secure Hash Algorithms (SHA and HMAC-SHA). Juli 2006 (englisch).
  • D. Eastlake, T. Hansen: RFC 6234 – US Secure Hash Algorithms (SHA and SHA-based HMAC and HKDF). Mai 2011 (löst RFC 4634 ab, englisch).

Zu den Schwächen von SHA

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Bruce Schneier: SHA-1 Broken. 15. Februar 2005, abgerufen am 10. Dezember 2011 (englisch).
  2. Xiaoyun Wang, Yiqun Lisa Yin und Hongbo Yu: Finding Collisions in the Full SHA-1. In: CRYPTO. 2005, S. 17–36 (PDF).
  3. https://sites.google.com/site/itstheshappening/
  4. a b https://www.schneier.com/blog/archives/2015/10/sha-1_freestart.html
  5. Marc Stevens, Elie Bursztein, Pierre Karpman, Ange Albertini, Yarik Markov: The first collision for full SHA-1, shattered.io
  6. G. Leurent, T. Peyrin: From Collisions to Chosen-Prefix Collisions. Application to Full SHA-1, Inria
  7. NIST Special Publication 800-131A, Revision 2: Transitioning the Use of Cryptographic Algorithms and Key Lengths. März 2019. Seite 18f.
  8. NIST Transitioning Away from SHA-1 for All Applications. 15. Dezember 2022.
  9. BSI (Hrsg.): TR-02102-1 Kryptographische Verfahren: Empfehlungen und Schlüssellängen. 2024-01 Auflage. 2. Februar 2024, 1.5. Umgang mit Legacy-Algorithmen, S. 24 (bund.de [abgerufen am 6. September 2024]): „SHA1 ist keine kollisionsresistente Hashfunktion. [...] Als grundsätzliche Sicherungsmaßnahme wird empfohlen, auch in diesen Anwendungen eine Hashfunktion der SHA2- oder der SHA3-Familie einzusetzen.“