Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von STH Basel)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel (STH Basel)
Gründung 1970 als Freie Evangelisch-Theologische Akademie (FETA)
Ort Riehen
Kanton Basel-Stadt
Land Schweiz
Rektor Jacob Thiessen[1]
Studierende 100 (2020)[2]
Website sthbasel.ch
Eingangsbereich STH Basel
Die Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel am Mühlestiegrain 50 in Riehen

Die Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel (STH Basel) in Riehen bei Basel ist eine evangelisch geprägte Hochschule, die Studenten unterschiedlicher christlicher Konfessionen offensteht. Die STH Basel versteht sich als Alternative zu den theologischen Fakultäten der staatlichen Universitäten und wurde 2022 als universitäre Institution durch die Schweizerische Universitätskonferenz (SUK) reakkreditiert.[3][4][5] Die Absolventen des Theologiestudiums erwerben die akademischen Grade des Bachelor oder Master der Theologie. Ein Grossteil der Absolventen ist nach dem Masterstudium im Bereich der Freikirchen oder Landeskirchen sowie in der Theologischen Lehre und Forschung tätig.[6]

Rechtliche und finanzielle Trägerin der STH ist die Immanuel-Stiftung in Riehen BS.

Nach längeren Vorbereitungen wurde im Jahr 1970 die STH Basel unter dem Namen Freie Evangelisch-Theologische Akademie (FETA) von Samuel R. Külling (1924–2003)[7] gegründet und im Kirchgemeindehaus Oekolampad in Basel eröffnet. Sie erhielt die staatliche Genehmigung zur Errichtung einer Hochschule zur Ausbildung evangelischer Pfarrer.[8]

Die Gründung der damaligen FETA erfolgte im Umfeld eines konservativ-evangelikalen Aufbruchs,[9] der in (West-)Deutschland Mitte der 1960er Jahre Kontur angenommen hatte. Zu ihm gehörten auch Organisationen wie die Bekenntnisbewegung Kein anderes Evangelium und die Konferenz Bekennender Gemeinschaften in den Evangelischen Kirchen Deutschlands,[9] in denen auch FETA-Gründungsmitglied Georg Huntemann aktiv war.[10] Auch die Gründung der FTH Giessen (früher FTA) kann diesem Aufbruch zugerechnet werden.[9]

Anlass der Aufbruchsbewegung waren die stark rationalen, entmythologisierenden Bibelauslegungen um den Theologen Rudolf Bultmann in den 1950er Jahren, die auch den Weg auf etliche Kirchenkanzeln fanden, sowie eine zunehmende Politisierung in der evangelischen Kirche der alten Bundesrepublik, gegen die sich eine Gegenbewegung aus konservativen Kirchenkreisen formierte.[11]

1973 konnte die Liegenschaft am Mühlestiegrain 50 in Riehen erworben werden, wo der Studienbetrieb seither durchgeführt wurde. Im Jahr 1977 wurden Studien an der FETA Basel vom schweizerischen Konkordat der Landeskirchen als gleichwertig mit denen an staatlichen Fakultäten anerkannt.[8] Diese Anerkennung besteht heute nicht mehr. 1983 wurde mit dem Immanuel Verlag ein eigener Buchverlag ins Leben gerufen, der auch Mitglied im Schweizerischen Buchhändler- und Verlegerverband war. 1987 wurde für Doktoratsstudien das Freie Seminar der Theologie in Genf eröffnet.[8]

Die Umbenennung der FETA in Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel erfolgte 1994.[8] Im Jahr 1998 erteilten das schweizerische Bundesamt für Bildung und Wissenschaft (BBW) und die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) der Hochschule die Einstufung als «universitäre Institution» im Zusammenhang mit der Lissabon-Konvention.[8] Die Umstellung des Studienangebotes gemäss den Bologna-Richtlinien erfolgte ab dem Studienjahr 2007/2008. 2010 und 2012 konnten diese Reformen auf den Stufen Bachelor und Master umgesetzt werden.[8] Im November 2014 wurde die STH durch die Schweizerische Universitätskonferenz (SUK) als universitäre Institution akkreditiert.[12]

2022 verlieh die Hochschule Peter Hahne die Ehrendoktorwürde.

Bibelverständnis

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die FETA verstand sich von Beginn an als Alternative zum herkömmlichen Theologiestudium an staatlichen Hochschulen, das der vormalige FETA-Student und heutige FTH-Dozent[13] Thomas Schirrmacher 1983 aus der Sicht eines sich als bibeltreu verstehenden Christen so beschrieb:

«Theologiestudium ist kein Zuckerschlecken ... Manch einer sollte es lieber lassen, anstatt umzukommen. Wer es dennoch wagt, braucht die klare Unterstützung einer Beterschar und einer bibelgläubigen Gemeinde, einen erfahrenen Seelsorger und die Bereitschaft, doppelt zu studieren: einmal an der Universität das falsche und dann, leider oft im Selbststudium, die biblischen Grundlagen.»[14]

Das Bibelbekenntnis der FETA hatte folgenden Wortlaut:

«Die Bibel Alten und Neuen Testaments ist in allen ihren Aussagen vom Heiligen Geist inspirierte göttliche Offenbarung und daher die einzige massgebliche Quelle von Wahrheit und Glauben und die uneingeschränkte Autorität in jeder Hinsicht, namentlich für Lehre und Leben. Sie ist das auf allen Gebieten völlig zuverlässige, sachlich richtige, wahre, widerspruchsfreie Wort Gottes. Ihre Voraussagen (Prophezeiungen) sind echt und haben sich erfüllt oder werden sich noch erfüllen.»[15]

Obwohl innerhalb der evangelikalen Bekenntnisbewegungen keine Einigkeit darüber zu erzielen war, was denn nun als das authentisch angenommene Wort Gottes zu verstehen ist, war FETA-Gründungsmitglied[16] Georg Huntemann ein hartnäckiger Verfechter einer einzigen wortwörtlichen und als wahr anzuerkennenden Bibelauslegung.[17] Huntemann verschob das Problem mangelnder Einigkeit in als grundlegend empfundenen Glaubensfragen wie der Frauenordination dahingehend, dass man in der Bekenntnisbewegung in der Besinnung auf die «Unfehlbarkeit der Bibel nicht radikal genug gewesen» sei.[18]

Heute formuliert die STH in ihrem Internetauftritt, für sie sei die Bibel die Grundlage für ihr theologisches Arbeiten und im Anschluss an das Zweite Helvetische Bekenntnis das «wahre Wort Gottes». Im gleichen Zuge weist sie darauf hin, dass «Keine Methode oder theologische Richtung [...] dieses Geheimnis der göttlichen Offenbarung völlig auszuloten» vermag. Daher begegnet sie der Bibel «mit Offenheit und Respekt, geht dabei von ihrer Zuverlässigkeit und göttlichen Inspiration aus, erforscht mit wissenschaftlicher Gründlichkeit deren Bedeutung und bedenkt deren Relevanz für die gegenwärtige Situation von Kirche und Gesellschaft.»[19] So wird unter anderem die Evolutionstheorie hinterfragt und es wurden Seminare mit Vertretern des Intelligent Designs wie Siegfried Scherer angeboten.[20][21]

Im Zuge der Bologna-Reform durchlief die private, vom Kanton Basel-Stadt zugelassene STH Basel den Akkreditierungsprozess für den Bachelor und Masterabschluss in Theologie.[3][22] War sie 2012 auf der Liste der anerkannten Schweizer Hochschulen der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten noch nicht aufgeführt,[23] so gelang ihr im November 2014 im zweiten Anlauf[24] die Akkreditierung als universitäre Institution sowie die Akkreditierung des Bachelor- und des Masterstudiengangs in Theologie durch die Schweizerische Universitätskonferenz (SUK).[12]

«Das Konkordat für die Ausbildung der reformierten Pfarrerinnen und Pfarrer und ihre Zulassung zum Kirchendienst (in der Schweiz) hat mit Entscheid vom 26. November 2015 eine neue Regelung für den Eintritt ins Lernvikariat für STH-Absolventen getroffen. Damit werden die Abschlüsse der STH Basel von der Kirche anerkannt. Neben dem Studium an der STH Basel sind insgesamt noch Studienleistungen im Umfang von 60 KP (= zwei Semester) an einer der theologischen Fakultäten von Basel oder Zürich zu erwerben (jeweils etwa die Hälfte im Bachelor- und im Masterstudiengang), um für das Vikariat zugelassen zu werden. Diese Studienleistungen können ihrerseits vonseiten der STH Basel angerechnet werden.»[25]

Die STH Basel hat im Kanton Genf seit 1987 die Genehmigung, am Seminaire Libre de Théologie à Genève Doktoratsstudien mit der Möglichkeit zur Promotion anzubieten. Dies führt zum akademischen Grad Doktor der Theologie (Dr. theol.). Das Seminaire Libre knüpft historisch an der Faculté de l’Oratoire an. Diese aus dem Genfer Réveil hervorgegangene Bildungsinstitution bestand von 1832 bis 1921.[26]

Im Zuge der Akkreditierung durch die Schweizerische Universitätskonferenz 2014 verleiht die STH Basel seit 2017 den akademischen Grad eines Doktor der Theologie (Dr. theol.).[27]

Seit 2020 verleiht die STH Basel mit der Habilitation die höchste akademische Qualifikation und den bevorzugten Weg zur Ordentlichen Professur.[28]

Professoren und Dozenten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Friedhelm Jung: Die deutsche evangelikale Bewegung. Grundlinien ihrer Geschichte und Theologie. (zugl.: Marburg, Univ., Diss., 1991) 3., erweiterte Auflage, Verlag für Kultur und Wissenschaft, Bonn 2001, ISBN 3-932829-21-2.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel: Organisation & Ansprechpartner. Hochschulleitung. 2019, abgerufen am 23. November 2019.
  2. Daniela Städter: STH Basel: Der Bibel offen und respektvoll begegnen, ideaSpektrum idea Spezial 3.2020
  3. a b Kurzportrait und Positionsbestimmung der STHB.
  4. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 8. Dezember 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cus.ch Schweizerische Universitätskonferenz, Institutionen und Studiengänge. Die Akkreditierung ist gültig bis 26. November 2021.
  5. STH Basel ist akkreditiert. 6. Oktober 2022, abgerufen am 11. November 2022 (deutsch).
  6. Master of Theology. Abgerufen am 15. Dezember 2020.
  7. http://www.livenet.ch/themen/kirche_und_co/kirchen_gemeinden_werke/114110-samuel_kuelling_79jaehrig_gestorben.html
  8. a b c d e f STH Basel: Portrait – Zur Geschichte der STH Basel.
  9. a b c Reinhard Scheerer: Bekennende Christen in den evangelischen Kirchen Deutschlands 1966–1991. Geschichte und Gestalt eines konservativ-evangelikalen Aufbruchs. Haag und Herchen, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-86137-560-5, S. 17ff. bzw. 29f.
  10. Georg Huntemann: Diese Kirche muss anders werden! Ende der Volkskirche – Zukunft der Bekenntniskirche. Verlag der Liebenzeller Mission, Bad Liebenzell 1997, ISBN 3-88002-080-9.
  11. Reinhard Scheerer: Bekennende Christen in den evangelischen Kirchen Deutschlands 1966–1991. Geschichte und Gestalt eines konservativ-evangelikalen Aufbruchs. Haag und Herchen, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-86137-560-5, S. 8ff.
  12. a b STH Basel: Die STH Basel wurde als universitäre Institution akkreditiert, abgerufen am 3. Dezember 2014; Schweizerische Universitätskonferenz: Akkreditierte Institutionen und Studiengänge (Memento des Originals vom 8. Dezember 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cus.ch, abgerufen am 3. Dezember 2014
  13. Freie Theologische Hochschule Gießen: Dozenten.
  14. Thomas Schirrmacher: Umzingelt – Fronten im Theologiestudium. in: Informationsbrief der Bekenntnisbewegung. Lüdenscheid 1983, zitiert nach: Reinhard Scheerer: Bekennende Christen in den evangelischen Kirchen Deutschlands 1966–1991. Geschichte und Gestalt eines konservativ-evangelikalen Aufbruchs. Haag und Herchen, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-86137-560-5, S. 34.
  15. Reinhard Scheerer: Bekennende Christen in den evangelischen Kirchen Deutschlands 1966–1991. Geschichte und Gestalt eines konservativ-evangelikalen Aufbruchs. Haag und Herchen, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-86137-560-5, S. 30.
  16. Christian Frei: Georg Huntemann, einer der markantesten und originellsten Theologen wird 80. In: STH-Postille 3, S. 3.
  17. Georg Huntemann: Diese Kirche muss anders werden! Ende der Volkskirche – Zukunft der Bekenntniskirche. Bad Liebenzell 1979, ISBN 3-88002-080-9, vgl. S. 77ff., insbes. 79.
  18. Georg Huntemann: Diese Kirche muss anders werden! Ende der Volkskirche – Zukunft der Bekenntniskirche. Bad Liebenzell 1979, ISBN 3-88002-080-9, S. 79.
  19. Leitbild der der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel (STH Basel). In: Internetpräsenz der STH Basel. STH Basel, abgerufen am 15. Dezember 2020.
  20. https://sthbasel.ch/veranstaltungen/apologetikseminar-naturwissenschaft-glaube/
  21. http://www.siegfriedscherer.de/wissen.html
  22. Die Theologie droht zur Religionswissenschaft zu werden. Magazin INSIST 04/2013, abgerufen am 2. Juli 2014.
  23. http://www.crus.ch/information-programmes/reconnaissance-swiss-enic/hautes-ecoles-suisses-reconnues.html (abgerufen am: 1. August 2012).
  24. http://www.livenet.ch/magazin/gesellschaft/213872-sth_basel_muss_ein_zweites_mal_ansetzen.html (abgerufen am: 20. April 2012).
  25. Vgl. Mitteilung auf der Website der STA Basel, inkl. Hinweis auf «Regelung der Anerkennung von Studienabschlüssen der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel (STH Basel) in Riehen und Eintritt ins Lernvikariat des Konkordats»
  26. Archivierte Kopie (Memento vom 30. September 2012 im Internet Archive) (abgerufen am: 2. August 2012).
  27. Hochschulrat der STH Basel: Doktoratsordnung der STH Basel. STH Basel, abgerufen am 15. Dezember 2020.
  28. Harald Seubert: Neu: Habilitationsprogramm der STH Basel. In: STHPerspektive. STH Basel, S. 6, abgerufen am 15. Dezember 2020.

Koordinaten: 47° 34′ 38,8″ N, 7° 39′ 0,3″ O; CH1903: 615910 / 269659