Literarischer Salon

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Der literarische Salon von Madame Geoffrin (1755)

Ein literarischer Salon war ein zumeist privater gesellschaftlicher Treffpunkt für Diskussionen, Lesungen oder musikalische Veranstaltungen vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Neben literarischen und sonstigen künstlerischen Salons gab es auch politische (Spitzemberg, Treuberg) und wissenschaftliche (Helmholtz) Salons. Träger waren unter anderem einzelne Mäzene oder auch Vereine. Vor allem wohlhabende gebildete Frauen, oft adeliger Herkunft, betätigten sich als Gastgeberinnen und wurden in dieser Eigenschaft Salonnière genannt.

Vorläufer der frühneuzeitlichen Salons können in den Musenhöfen des Mittelalters und der Renaissancezeit gesehen werden. Beispiele sind die Höfe der Eleonore von Aquitanien, des Kaisers Friedrich II. oder der Isabella d’Este. Die kleineren italienischen Höfe der Zeit des Renaissance-Humanismus förderten Literatur und bildende Kunst sowie das Gespräch darüber, etwa die Höfe der Gonzaga in Mantua, der Este in Ferrara, des Federico da Montefeltro in Urbino und der Medici in Florenz.[1] Auch in den Machtzentren Europas wurden Kunst und Kultur in den Dienst von Politik und Herrschaftsausübung gestellt, etwa durch Kaiser Maximilian I. oder Franz I. von Frankreich.

Der französische Adel zog nach der Etablierung des Absolutismus im 17. Jahrhundert von seinen ländlichen Herrschaftsdomänen in den Bannkreis des Königshofs nach Paris und Versailles, wo sich nach den Verrohungen der Hugenottenkriege eine stilbildende Salonkultur als zivilisatorische Gegenbewegung entwickelte. Die schöngeistigen Zirkel verstanden sich als Ausdruck einer neuen Geselligkeitskultur, die bei aller Formvollendung lockerer blieb als das strenge Hofzeremoniell. Architektur, Mode und Dekoration betonten Eleganz, das Benehmen der höfischen Gesellschaft Höflichkeit. Die ab Ende der 1650er Jahre aufgekommene sogenannte Preziosität galt als höchster, teils übersteigerter Ausdruck kultureller Verfeinerung.[2]

In Paris entstanden zahlreiche Adelspalais (Hôtels particuliers), deren Raumfolge (Enfilade) den Einladungen zahlreicher Gäste entgegenkam. So entstanden im mittelalterlichen Marais prunkvolle neue Palais, ebenso wie im barocken Faubourg Saint-Germain (siehe: Hôtel particulier in Paris). Das wohlhabende Bürgertum schloss sich dieser Lebensform bald an. Die „Salons“ waren gesellige Veranstaltungen, bei denen zumeist das Kartenspiel um Geld im Mittelpunkt stand; sie nahmen oft den regelmäßigen Charakter eines Jour fixe an. Auch König Ludwig XIV. selbst lud allabendlich zu sogenannten «appartements» ein, einem geselligen Beisammensein im Grand Appartement von Schloss Versailles, an dem die wichtigsten Familienmitglieder und ausgesuchte Würdenträger teilnehmen durften. Es wurde musiziert, getanzt sowie gegessen und getrunken, beliebt bei den Höflingen war das Kartenspiel um (teils riesige Summen) Geld; der König selbst spielte auch gern Billard (siehe: Lever).

Manche Gastgeber, die sich besonders für Musik, Literatur oder Philosophie interessierten, zogen Musiker, Schriftsteller oder Gelehrte heran, um ihren Gästen eine anspruchsvollere Unterhaltung zu bieten. So entwickelte sich der „literarische Salon“, ebenso wie die Kammermusik. Die noch intimere ruelle („Kämmerlein“) bot vor allem Frauen einen Raum des Austauschs. Diese kulturell ausgerichteten Salons dienten dem freien Ideenaustausch, ungeachtet der Schranken von Klasse und Geschlecht, und förderten die Aufklärung. Philosophen wie Voltaire und Diderot verkehrten in den Pariser Salons und bereiteten dort den Boden für die Französische Revolution.[3] Der durch sie bewirkte Bildersturm in der Zeit der Terrorherrschaft zerstörte dann zahlreiche Kunstwerke und Baudenkmäler. Doch in der bald folgenden Zeit des Directoire zeigte sich, dass die verfeinerte Kunstauffassung Frankreich nachhaltig geprägt hatte; Eleganz in Dekoration und Kleidermode sowie in den Umgangsformen, die von höfischer Etikette geprägt waren, erlebten mit dem napoleonischen Kaiserreich und dem Empirestil eine neue Blüte.

In Deutschland kam der literarische Salon ebenfalls im 18. Jahrhundert als Ort der Geselligkeit in Mode. Auch hier mischten sich Adel und Bildungsbürgertum. Der „Weimarer Musenhof“ ist ein besonders prominentes Beispiel für die Vermengung von adliger Hofgesellschaft mit bürgerlichen Schriftstellern und Künstlern. Aufgrund der herausragenden Werke der Weimarer Klassik wurde er seit Ende des 19. Jahrhunderts idealisiert. Berühmt wurden auch die Salons der Frühromantik, zum Beispiel der Jenaer Salon der Caroline Schelling und der Berliner Salon der Rahel Varnhagen. In der Zeit des Biedermeier waren sie Zeichen eines bürgerlichen Rückzugs ins Private. Diese Salons dienten oft der Förderung junger Talente in Literatur und Musik. Eine Art musikalisch-literarischer Salon waren die Treffen der Freunde um Franz Schubert im Wien der 1820er Jahre, die sogenannten „Schubertiaden“. Vor allem im 19. Jahrhundert bildeten sich unter Forschern und Gelehrten auch „wissenschaftliche Salons“, wie das physikalische Colloquium des Heinrich Gustav Magnus im Berliner Magnus-Haus. Auch Anna von Helmholtz führte einen Salon, in dem Gelehrte auf Künstler und Schriftsteller trafen. Die unterschiedlichen Salons im Paris des späten 19. Jahrhunderts, von exklusiven Adelssalons bis zu bourgeoisen Salons, ihre Pflege von Kunst und Musik sowie die Verhaltens- und Denkweisen ihrer Besucher beschreibt Marcel Proust sehr anschaulich in seiner Romanfolge Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.

Nach dem Ersten Weltkrieg kamen die Salons aus der Mode oder gingen in einer mondänen Unterhaltungskultur auf. Relikte wie der jour fixe des Nicolaus Sombart bestanden aber bis ins 21. Jahrhundert. Auch führen private Kunstvereine die Tradition fort. Mit Formaten wie dem Kunstsalon Köln und dem internationalen Salonfestival[4] wird das Engagement durch Lesungen, musikalische Veranstaltungen und Diskussionen in den privaten Häusern der Städte wiederbelebt. Öffentliche Einrichtungen sind die zahlreichen Literaturhäuser und Kunstakademien, wie die Berliner Akademie der Künste.

Liste von Salons und Salonnières

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Dänisches Sprachgebiet

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Deutscher Sprachraum

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Bettina von Arnim
Ludwig Doell: Julie von Bechtolsheim, 1817
Henriette Herz, 1823
Elise Hohenhausen Ruediger
Fanny Lewald
Sophie von La Roche
Marianne von Werefkin, Selbstbildnis 1910
Fanny von Arnstein
Maria Theresia Paradis, 1784
Madame de Scudery
Porträt der Madame de Staël als Corinne (von Marie Louise Elisabeth Vigée-Lebrun)
Madeleine Lemaire
Natalie Barney
Gertrude Stein
Isabella Teotochi Albrizzi
Awdotja Panajewa
Mrs. Reginald (Daisy) Fellowes (von John Singer Sargent)

Französischsprachiger Raum

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Englische Salons und Kaffeehäuser

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Italienische Salons

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Polnische Salons

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Russische Salons

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Schwedische Salons

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Slowenische Salons

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Spanische Salons

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US-amerikanische Salons

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  • Die Erfinderinnen des Salons. Ursprünge der Frauenemanzipation. Regie: Carole Wrona, ARTE F, Frankreich, 53 Minuten, 2020

Einzelnachweise

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  1. Alison Cole: Renaissance von Mailand bis Neapel. Die Kunst an den Höfen Italiens. Köln 1996.
  2. Kersten Knipp: Die Erfindung der Eleganz. Europa im 17. Jahrhundert und die Kunst des geselligen Lebens, Reclam Verlag 2022, ISBN 978-3-15-011419-3
  3. Meisterhaft dargestellt hat die französische Salonkultur Charles-Augustin Sainte-Beuve: Menschen des XVIII. Jahrhunderts. Übersetzt von Ida Overbeck, initiiert von Friedrich Nietzsche. Mit frisch entdeckten Aufzeichnungen von Ida Overbeck neu ediert von Andreas Urs Sommer. Die Andere Bibliothek, Berlin 2014, ISBN 978-3-8477-0355-6.
  4. Idee und Ziel, auf salonfestival.de