Schokokuss

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Ganzer und halbierter Schokokuss
Produktionsprozess in der schweizerischen Schokokussfabrik Dubler in Waltenschwil

Ein Schokokuss, Schaumkuss (Deutschland und Schweiz) oder eine Schwedenbombe (Österreich), veraltet bzw. veraltend[1][2] auch Negerkuss oder Mohrenkopf, ist eine Süßigkeit aus weichem Schaumzucker, der auf eine Waffel dressiert und mit Schokolade oder Fettglasur überzogen wird.

Schokokuss und (seltener) Schaumkuss kommen vor allem in Mittelwest- und Südwestdeutschland vor.[3] Nach deutschem, österreichischem und Schweizer Lebensmittelrecht ist die Bezeichnung Schokokuss (und vergleichbare Namen, die auf Schokolade hinweisen) nur für Produkte zulässig, die mit echter Schokolade überzogen sind, nicht mit Fettglasur.[4][5][6]

In Westösterreich (Vorarlberg), in der Schweiz und in Deutschland war als Bezeichnung auch Mohrenkopf, in Deutschland zudem Negerkuss[7] verbreitet. Diese Bezeichnungen wurden schon Ende der 1970er Jahre[8] wegen der rassistischen Konnotation der Ausdrücke Mohr und Neger kritisiert, und aus denselben Gründen werden sie heute im formellen Sprachgebrauch auch vermieden.[9]

Die Bezeichnung Mohrenkopf wird vereinzelt noch von herstellenden Unternehmen wie Dubler verwendet.[10][11][12] Als Mohrenkopf ist regional allerdings auch ein anderes Gebäck bekannt. In Österreich wird die Süßigkeit als Schwedenbombe bezeichnet und unter dieser Bezeichnung ursprünglich von Edmund Niemetz und aktuell von der Nachfolgefirma Heidi Chocolat hergestellt.[13] In der Schweiz werden auch die Bezeichnungen Choco-Köpfli[14] bzw. Schoko-Köpfe[15] verwendet.

Die Herstellungsverfahren variieren. Der gezuckerte Eiweißschaum, der manchmal mit Kakao und/oder Rumaroma versetzt ist, wird auf eine Waffel aufgebracht und mit Kuvertüre überzogen, bei einigen Produkten auch mit Fettglasur. Früher wurde der weiße Schaum dazu in die Überzugsmasse getaucht, wodurch er vor dem Umdrehen einen charakteristischen „Zipfel“ auf der Oberseite ausbildete. Im modernen Herstellverfahren wird die Glasur im Überzugsverfahren aufgebracht.

Auswahl an Varianten

Der Schokokuss ist mit vielerlei Schokoladensorten erhältlich und kann nach dem Überziehen mit Kokosraspeln, Krokantstreuseln oder Mandeln bestreut werden.

Eine vor allem bei Schulkindern beliebte Form des Verzehrs ist das Schokokussbrötchen, u. a. auch Boxer,[16] Mohrenkopfbrötchen,[17] Negerkussbrötchen,[18] Matschbrötchen, Datschweck, Gedatschter, Gammler, Klatschbrötchen, Fortunabrötchen[19] oder Schaumkussbrötchen genannt, bei dem ein Schokokuss zwischen zwei Brötchenhälften zerdrückt wird.[20][21] Um gesündere Ernährung zu fördern, wurde im Umfeld einzelner Schulen der Verkauf von Schokoküssen untersagt, was teils zu Schülerprotesten führte.[22]

Auf Gemeindefesten und Kindergeburtstagen werden bisweilen Schokokuss-Wurfmaschinen eingesetzt, die meist selbst gebaut sind.[23] Dabei muss mit einem Ball ein Auslöser getroffen werden. Bei einem Treffer schleudert eine Sprungfeder oder ein federgespannter Wurfarm einen Schokokuss in Richtung des Werfers. Dieser muss ihn dann mit der Hand oder dem Mund auffangen.

In Deutschland werden jährlich ca. 1 Milliarde Schokoküsse verzehrt.[24] International ist der Schokokuss ebenfalls verbreitet. In Israel ist der Schokokuss unter der Bezeichnung krembo, in Dänemark als flødebolle, in den Niederlanden als Chocozoen und in Italien als moretto bzw. negretto bekannt.

Die ersten Schokoküsse sollen um das Jahr 1800 in Dänemark hergestellt worden sein.[25] Im 19. Jahrhundert entstanden in französischen Konditoreien die „Têtes de nègre“, auf Deutsch „Negerköpfe“, hergestellt aus einer baiserartigen Masse und einem Schokoladenguss. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es sie dann auch in deutschen Konditoreien.

1920 begann Mayer Junior in Bremen mit der Fertigung dieser Spezialität in Deutschland und fertigt sie bis heute in kleinen Chargen. Aus der 1890 gegründeten Konditorei von Edmund Niemetz in Linz wurde 1930 die Süßwarenmanufaktur Walter Niemetz. Hier wurde 1926 die Schwedenbombe entwickelt, so benannt nach einem aus Schweden stammenden Mitarbeiter.

In den 1940er Jahren stellte die Firma Köhler in Hainburg eine Variante des Schokokusses her, Köhler’s Wunder-Mohren-Tüte. Es waren Hörnchen mit einer Füllung aus Köhlerküssen, und in der Waffel waren kleine Überraschungen versteckt. Die Massenproduktion in Deutschland begann um 1950.

  • Michael Reichelt: Judenapfel, Zigeunerschnitzel und Negerkuss – die Verwendung ethnischer Gruppenzuschreibungen bei Nahrungsmittelbezeichnungen. In: Hannah Dingeldein, Eva Gredel (Hrsg.): Diskurse des Alimentären – Essen und Trinken aus kultur-, literatur- und sprachwissenschaftlicher Perspektive. LIT Verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-643-13562-9
Commons: Schokokuss – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Schokokuss – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Schwedenbombe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Negerkuss – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Mohrenkopf, der. In: Duden online. Abgerufen am 9. Mai 2023.
  2. Negerkuss, der. In: Duden online. Abgerufen am 9. Mai 2023.
  3. Ulrich Ammon, Regula Nyffenegger: Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz und Deutschland sowie in Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol. Walter de Gruyter, 2004.
  4. M. Mahler: Schokocroissants & Co. – Alles Schokolade? Kenntlichmachung von schokoladeartigen Überzügen und Füllungen. Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe, 29. Februar 2012, abgerufen am 1. April 2014.
  5. Österreichisches Lebensmittelbuch, Codexkapitel B 15 – Kakao- und Schokoladeerzeugnisse, Lebensmittel mit Kakaoerzeugnissen oder Schokoladen, Abschnitt 3.4.7 (online (Memento vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive))
  6. Gehaltsanalyse bei Gebäck mit Füllung oder Überzug aus Schokolade. (PDF, 1 MB) In: Jahresbericht 2006. Kantonales Labor Zürich, S. 75, archiviert vom Original am 12. Juni 2018; abgerufen am 26. Juli 2020.
  7. Auf das Schaumgebäck angewendet, soll der Begriff „Negerkuss“ seit den 1950er Jahren bekannt sein, für eine Biskuitkugel war er jedoch schon 1934 enzyklopädisch erfasst worden (Große Herder, Bd. 8, Sp. 540, Stichwort Mohrenkopf). So Jürgen Eichhoff: Zu einigen im 20. Jahrhundert entstandenen geographischen Unterschieden des Wortgebrauchs in der deutschen Sprache, In: Sprache und Brauchtum. Festschrift Martin, 1980, S. 170–173
  8. So nennen andere Hersteller die «Mohrenköpfe» In: nau.ch, 12. Juni 2020
  9. Titus Arnu: Diskussion über „Mohrenköpfe“ – Schaum im Mund. In: Süddeutsche Zeitung. 17. Juni 2020, abgerufen am 16. November 2022.
  10. Dubler Mohrenköpfe der Robert Dubler AG in Waltenschwil, Schweiz
  11. Othmar Richterichs Mohrenköpfe in Laufen, Schweiz
  12. Titus Arnu: Mohrenkopf und Mohrenstraße: Diskussion über politisch korrekte Namen. 17. Juni 2020, abgerufen am 26. Mai 2023.
  13. Die Schwedenbombe hat für den Aufsichtsratschef noch viel Potenzial. (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive), S. 192
  14. Die Perrier „Choco-Köpfli“ haben den ersten Preis der Swiss Marketing Trophy gewonnen. In: Presseportal, 17. Januar 2001, abgerufen am 26. Juli 2020
  15. Villars Maître Chocolatier S.A. Eintrag im Markenlexikon auf markenlandschaft.ch, abgerufen am 26. Juli 2020
  16. Vgl. etwa www.flitzerglitzer.de
  17. Isabel Carqueville: Schulwege in den beiden deutschen Staaten: Kinder- und Jugendkulturen zwischen Elternhaus und Schule. Julius Klinkhardt, 2016, ISBN 978-3-7815-2100-1, S. 117.
  18. Anko Ankowitsch: Alles Bonanza!: ein Album der 70er Jahre in der BRD, zusammengetragen von Surfern im Internet. Böhlau, 2000, ISBN 978-3-205-99249-3, S. 59.
  19. www.fortunabrötchen.de.
  20. Matschbrötchen – Negerkussbrötchen. In: erinnerstdudich.de. Abgerufen am 23. Januar 2023.
  21. Schokokuss-Brötchen kontra Getreidebratling?: Schulcafés und gesunde Ernährung; Dokumentation eines Erfahrungsaustausches. Verbraucherzentrale Hessen, 1994
  22. Wolfgang Horch: Der Kampf ums Negerkussbrötchen. In: abendblatt.de. Hamburger Abendblatt, 23. Juni 2009, abgerufen am 23. Januar 2023.
  23. Bauanleitung für eine Wurfmaschine (PDF; 5 MB)
  24. Träume Schäume sind. Der Tagesspiegel, 30. Oktober 2011.
  25. Israelis consume 50 million 'krembos' every year. In: The Jerusalem Post. 15. Oktober 2007, abgerufen am 21. Juli 2016.