Siliciumtetraazid

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Strukturformel
Struktur von Siliciumtetraazid
Allgemeines
Name Siliciumtetraazid
Andere Namen

Tetraazidosilan

Summenformel Si(N3)4
Kurzbeschreibung

weißer kristalliner Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 27890-58-0
PubChem 57461327
ChemSpider 35764491
Wikidata Q424947
Eigenschaften
Molare Masse 196,17 g·mol−1
Löslichkeit

löslich in Diethylether und Benzol[1][2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Siliciumtetraazid ist eine thermisch instabile Silicium-Stickstoff-Verbindung mit einem Stickstoffgehalt von 85,7 %. Die hochenergetische Substanz neigt zu einer spontanen explosiven Zersetzung und konnte bisher nur in Lösung charakterisiert werden.[1][4] Eine weitere Koordination zur sechsfach koordinierten Struktur wie in Hexaazidosilicaten [Si(N3)6]2−[5] oder in Addukten mit zweiwertigen Liganden Si(N3)4L2[4] führt zu relativ stabilen, kristallinen Feststoffen, die bei Raumtemperatur normal gehandhabt werden können.

Darstellung und Gewinnung

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Die Synthese von Siliciumtetraazid gelingt durch die Umsetzung von Siliciumtetrachlorid mit Natriumazid in benzolischer Lösung.[1][2]

Die Umsetzung von Siliciumtetrachlorid mit einem Überschuss an Natriumazid bei Raumtemperatur in Acetonitril führt zunächst zum Natriumhexaazidosilicat, welches durch Zugabe von zweiwertigen Liganden wie 2,2′-Bipyridin und 1,10-Phenanthrolin in stabile Siliciumtetraazid-Addukte umgewandelt werden kann.[4] Andere Basen wie Pyridin und Tetramethylethylendiamin reagieren nicht mit dem Hexaazidosilicatanion.[4]

Eine weitere Darstellung eines Bis(triphenylphosphin)iminiumhexaazidosilicatsalzes ((PPN)2Si(N3)6, [Ph3P=NPPh3][Si(N3)6]) erfolgt durch die Umsetzung von Bis(triphenylphosphine)iminiumazid (PPNN3, [Ph3P=NPPh3]+N3) mit Siliciumtetrachlorid in Acetonitril.[5]

Siliciumtetraazid ist eine weiße kristalline Substanz, die schon bei 0 °C zur explosionsartigen Zersetzung neigt.[1] Die reine Substanz, aber auch mit Siliciumchloridtriazid und Siliciumdichloriddiazid verunreinigte Proben können scheinbar ohne äußere Ursache z. B. bei der Lagerung spontan explodieren.[6] Die Verbindung ist hydrolyseempfindlich.[2] Der Stoff ist in Diethylether und Benzol löslich.[1]

Die Additionverbindung mit 2,2′-Bipyridin ist wesentlich stabiler. Hier wird ein Schmelzpunkt von 212 °C mit einer Schmelzenthalpie von 110 J·g−1 beobachtet. Die DSC-Messung zeigt ab 265 °C eine stark exotherme Zersetzung mit einer Zersetzungswärme von −2400 J·g−1.[4] Ein ähnliches Verhalten zeigt die Additionsverbindung mit 1,10-Phenanthrolin. Die als Hemiacetonitrilsolvat angefallene Verbindung gibt um 100 °C das gebundene Lösungsmittel ab, zeigt dann in einer DSC-Messung ab 240 °C eine stark exotherme Zersetzung mit einer Zersetzungswärme von −2300 J·g−1.[4] Die Zersetzungswärmen liegen höher als die von Natriumazid mit −800 J·g−1[7], aber noch unter den Werten für klassische Explosivstoffe wie RDX mit −4500 J·g−1.[4] Die Additionsverbindungen sind in Lösung stabil. Die IR- und 1H-NMR-spektroskopischen Daten zeigen keine Dissoziation in Siliciumtetraazid und 2,2'-Bipyridin bzw. 1,10-Phenanthrolin.[4] Das Bis(triphenylphosphin)iminiumhexaazidosilicatsalz ((PPN)2Si(N3)6) ist ebenfalls relativ stabil. Die Verbindung schmilzt bei 214 °C und zeigt in einer DSC-Messung ab 250 °C eine Zersetzungsreaktion.[5] Eine mit einem Massenspektrometer gekoppelte thermogravimetrische Untersuchung ergab als Zersetzungsprodukte Stickstoff, Siliciumtetraazid und Stickstoffwasserstoffsäure.[5]

Eine praktische Verwendung von freiem Siliciumtetraazid ist wegen der hohen Instabilität ausgeschlossen. In Lösung bietet sich die Substanz trotzdem als Ausgangsstoff für die Synthese stickstoffreicher Verbindungen an.[4] Eine Anwendung als Hilfsstoff bei der Herstellung von Polyolefinpolymeren wurden patentiert.[8] Die wesentlich stabileren Addukte können als energetische Verbindungen oder als Initialsprengstoffe als Ersatz für das Bleiazid dienen.[4]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f Wilberg, E.; Michaud, H.: Zur Kenntnis eines Siliciumterazids Si(N3)4. In: Zeitschrift für Naturforschung B. 9, 1954, S. 500 (online).
  2. a b c Gmelins Handbook of Inorganic Chemistry, 8th Edition, Silicon Supplement Volume B4, Springer-Verlag 1989, S. 46.
  3. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  4. a b c d e f g h i j Portius, P.; Filippou, A.C.; Schnakenburg, G.; Davis, M.; Wehrstedt, K.-D.: Neutrale Lewis-Basen-Addukte des Siliciumtetraazids in Angew. Chem. 122 (2010) S. 8185–8189, doi:10.1002/ange.201001826
  5. a b c d Filippou, A.C.; Portius, P.; Schnakenburg, G.: The Hexaazidosilicate(IV) Ion: Synthesis, Properties, and Molecular Structure in J. Am. Chem. Soc. 124 (2002) S. 12396–12397, doi:10.1021/ja0273187
  6. Bretherick's Handbook of Reactive Chemical Hazards, 7th revised edition, Academic Press 2006, ISBN 978-0123725639.
  7. T. Grewer: Thermal Hazards of Chemical Reactions, Industrial Safety Series 4, Elsevier 1994.
  8. Patent EP0206034B1: Polyolefinzusammensetzung. Angemeldet am 5. Juni 1986, veröffentlicht am 22. Januar 1992, Anmelder: Idemitsu Petrochemical Co Ltd, Erfinder: Manabu Nomura, Ryuzo Tomomatsu, Toshifumi Shimazaki.