Unabhängigkeitspartei (Island)

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Sjálfstæðisflokkurinn
Unabhängigkeitspartei
Partei­vorsitzender Bjarni Benediktsson
General­sekretär Þórður Þórarinsson
Stellvertretende Vorsitzende Þórdís Kolbrún R. Gylfadóttir
Gründung 25. Mai 1929
Hauptsitz Reykjavík
Ausrichtung Liberaler Konservatismus
EU-Skepsis
Farbe(n) Blau
Jugendorganisation Junge Unabhängige (SUS)
Sitze Althing
16 / 63 (25,4 %)
Internationale Verbindungen Internationale Demokratische Union (IDU)
Website www.xd.is

Die Unabhängigkeitspartei (isländisch Sjálfstæðisflokkurinn, auch übersetzt als Selbständigkeitspartei)[1] ist die nach Mitgliederzahlen größte Partei Islands und verfolgt eine liberal-konservative Politik. 2011 schloss sie sich der Allianz der Europäischen Konservativen und Reformer (AEKR), der heutigen Partei Europäische Konservative und Reformer (EKR), an, aus der sie 2021 austrat.

Davíð Oddsson, Parteivorsitzender 1991–2005
Geir H. Haarde, Parteivorsitzender 2005–2009
Logo zur Parlamentswahl 2013

Die Partei wurde 1929 gegründet. Zwischen 1944 und 2009 war sie mit jeweils 27 bis 40 % der Stimmen die stärkste Kraft im Land, war jedoch weder ständig in der Regierungsverantwortung noch jemals zu einer Alleinregierung fähig. Der langjährige Ministerpräsident und Parteiführer Davíð Oddsson wurde Ende 2005 von Geir Hilmar Haarde abgelöst, der sein Amt 2009 an Bjarni Benediktsson übergab.

Bei den Wahlen im Mai 2007 erhielt die Partei 36,6 Prozent der Wahlstimmen (+2,9 Prozent) und erreichte 25 Sitze (+3). Sie gab daraufhin die bestehende Koalition mit der Fortschrittspartei zugunsten einer Großen Koalition mit der Allianz auf.

In den Jahren der Regierungsbeteiligung konnte Island bis 2007 stets ein Wirtschaftswachstum verzeichnen. In einer Statistik des Wall Street Journals, in welchem die wirtschaftliche Freiheit der Länder eingeschätzt wird, konnte sich Island bis zum Jahr 2006 auf Platz 5 vorarbeiten. Nach den Protesten infolge der Finanzkrise trat die Regierung unter Premier Geir Haarde zurück. Bei der daraufhin angesetzten Neuwahl im April 2009 musste die Partei starke Verluste hinnehmen und rutschte auf den zweiten Platz ab. Sie war seitdem in der Opposition.

Bei der Wahl im Jahr 2013 wurde die Unabhängigkeitspartei die stärkste Kraft und bildete wieder eine Regierungskoalition mit der Fortschrittspartei. Da diese Koalition bei der vorgezogenen Parlamentswahl vom 29. Oktober 2016 durch das schlechte Resultat der Fortschrittspartei ihre Mehrheit verlor, die Unabhängigkeitspartei aber stärkste Partei blieb, wurde ihr Vorsitzender Bjarni Benediktsson vom isländischen Staatspräsidenten mit der Regierungsbildung beauftragt.[2] Sein Versuch, eine Koalition mit Viðreisn und Björt framtíð zu bilden, kam erst nach über zwei Monaten, in denen die bisherige Regierung die Geschäfte kommissarisch weiterführte und auch anderen Parteien keine Regierungsbildung gelang, im Januar 2017 zustande.[3] Die Koalition brach bereits im September 2017 wieder auseinander, da Björt framtíð diese aus Protest gegen das Verhalten der Unabhängigkeitspartei in einem politischen Skandal verlassen hatte.[4] In der Folge kam es wieder zu einer vorgezogenen Neuwahl, nach der die Unabhängigkeitspartei zwar stärkste Kraft blieb, aber auch den größten Sitzverlust erlitten hatte,[5] und keine Partner für eine Koalition unter ihrer Führung finden konnte. Sie ist seit dem 30. November 2017 Partner in einer von der Links-Grünen Bewegung geführten Koalition aus Links-Grünen, Unabhängigkeitspartei und Fortschrittspartei unter Premierministerin Katrín Jakobsdóttir (Links-Grüne). Bjarni Benediktsson ist in dieser Koalition Finanzminister.[6]

Die Partei wird von der wichtigsten Tageszeitung Islands, dem Morgunblaðið, unterstützt.

Politische Positionen

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Die Partei gilt als starke Befürworterin der NATO, steht jedoch einem EU-Beitritt ablehnend gegenüber. Die Partei änderte ihre Position Ende März 2009 dahingehend, dass zuerst ein Referendum über die Aufnahme von Beitrittsgesprächen und nach deren Abschluss eine weitere Volksabstimmung über die Annahme der von der EU angebotenen Bedingungen abgehalten werden solle.[7] 2013 kündigte die Regierungskoalition aus Unabhängigkeitspartei und Fortschrittspartei jedoch an, das EU-Beitrittsgesuch zurückzuziehen, was sie 2015 auch umsetzte, ohne eine Volksabstimmung durchgeführt zu haben.[8] Dies gilt als Motivation für die Gründung der EU-freundlichen Partei Viðreisn,[9] die in den Medien als Abspaltung der Unabhängigkeitspartei beschrieben wird.[10]

In Wirtschaftsfragen tritt die Partei für freie Marktwirtschaft ein. Als der Ökonom Milton Friedman 1984 Island besuchte, beeindruckte er die intellektuellen Kreise (u. a. auch Davíð Oddsson) in der Unabhängigkeitspartei, die sich seither für Privatisierung von Staatsbetrieben, niedrige Steuern, weniger Staatsausgaben, eine Liberalisierung des Devisentransfers und Kapitalmarktes und die Streichung aller Subventionen starkmacht.

Bei den im April 2009 abgehaltenen Wahlen verlor die Partei knapp 13 Prozent der Stimmen und war nicht mehr stärkste Kraft im Althing. Bei den im April 2013 abgehaltenen Wahlen konnte sie jedoch die Verluste teilweise wiedergutmachen und wurde erneut stärkste Kraft im Parlament. Nach einem weiteren Erfolg und Sitzgewinnen 2016 verlor sie 2017 mehrere Sitze. In der Parlamentswahl vom 25. September 2021 konnte die Unabhängigkeitspartei mit einem gegenüber 2017 fast unveränderten Stimmenanteil ihre 16 Sitze im Althing halten.[11]

Jahr Stimmen Prozent +/− Sitze +/−
1995 61.183 37,1 % −1,7 % 25 −1
1999 67.513 40,7 % +3,6 % 26 +1
2003 61.701 33,7 % −7,0 % 22 −4
2007 66.749 36,6 % +2,9 % 25 +3
2009 44.369 23,7 % −12,9 % 16 −9
2013 50.454 26,7 % +3,0 % 19 +3
2016 54.990 29,0 % +2,3 % 21 +2
2017 49.543 25,2 % −3,8 % 16 −5
2021 48.708 24,4 % −0,8 % 16 ±0
  1. Unabhängigkeitspartei z. B. in: Jón R. Hjálmarsson: Die Geschichte Islands. Iceland Review, Reykjavík 1994, ISBN 9979-51-093-5, S. 165. Selbständigkeitspartei z. B. in: Grétar Thor Eythórsson, Detlef Jahn: Das politische System Islands. In: Die politischen Systeme Westeuropas. 4., aktualisierte und überarbeitete Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-531-16464-9, S. 200.
  2. Vala Hafstað: Independence Party Leader to Form Government. In: Iceland Review Online. 2. November 2016, abgerufen am 13. November 2016 (englisch).
  3. Paul Fontaine: Iceland’s New Right-Wing Government To Be Announced Tomorrow. In: The Reykjavík Grapevine. 9. Januar 2017, abgerufen am 14. Januar 2017 (englisch).
  4. aev/Reuters: Politischer Skandal: Regierung in Island bricht auseinander. In: Spiegel Online. 15. September 2017, abgerufen am 2. Dezember 2017.
  5. Paul Fontaine: Elections ’17: Independence Party Strongest, Next Gov’t Unclear. In: The Reykjavík Grapevine. 29. Oktober 2017, abgerufen am 2. Dezember 2017 (englisch).
  6. Geir Finnsson: Five Women, Six Men in New Cabinet. In: Iceland Review. 30. November 2017, abgerufen am 2. Dezember 2017 (englisch).
  7. Iceland's Independence Party seeks two votes on EU. Reuters, 27. März 2009, abgerufen am 13. November 2016 (englisch).
  8. Benedikt Jóhannesson: Thousands Protest Government’s EU Application Withdrawal. In: Iceland Review. 15. März 2015, abgerufen am 13. November 2016 (englisch).
  9. Who is the new kid on the block in Icelandic politics? In: Iceland Monitor. 7. September 2016, abgerufen am 13. November 2016 (englisch).
  10. Jon Henley: Iceland elections leave ruling centre-right party in driving seat. In: The Guardian. 30. Oktober 2016, abgerufen am 13. November 2016 (englisch).
  11. Úrslit Alþingiskosninga í september 2021. In: mbl.is. Morgunblaðið, 26. September 2021, abgerufen am 28. Oktober 2021 (isländisch).