Toromiro

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Toromiro

Toromiro (Sophora toromiro)

Systematik
Eurosiden I
Ordnung: Schmetterlingsblütenartige (Fabales)
Familie: Hülsenfrüchtler (Fabaceae)
Unterfamilie: Schmetterlingsblütler (Faboideae)
Gattung: Schnurbäume (Sophora)
Art: Toromiro
Wissenschaftlicher Name
Sophora toromiro
Skottsb.

Der Toromiro (Sophora toromiro) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Schnurbäume (Sophora) in der Unterfamilie der Schmetterlingsblütler (Faboideae). Diese seltene Art, die zeitweise als ausgestorben galt, ist ein Endemit auf der Osterinsel.[1]

Der Toromiro ist ein langsam wachsender, kleiner Baum oder Strauch mit einer Wuchshöhe von vermutlich bis zu 3 Metern. „Es ist unklar, ob der Toromiro ein Strauch ist oder nach einiger Zeit zu einem Baum heranwächst (wie zum Beispiel die nah verwandten, bis 10 Meter Wuchshöhe erreichenden Arten Sophora microphylla und Sophora tetraptera).“[2] Wie aus den wenigen erhaltenen Schnitzereien in den Völkerkundemuseen zu schließen ist, kann der Hauptstamm einen Durchmesser von bis zu 30 Zentimetern erreichen, möglicherweise auch mehr. Die grau-braune Rinde ist glatt, aber dicht mit kleinen, hellgrau erscheinenden Rissen bedeckt. Die unpaarig gefiederten Laubblätter besitzen an der Unterseite und den Blattstielen eine feine, silbergraue Behaarung, die jedoch nur in der Vergrößerung erkennbar ist; sie lässt die Blattunterseite heller erscheinen. Die hellgrünen Einzelblättchen sind etwa 5 Millimeter lang und oval.

Die einzelstehenden, gelben Blüten sind etwa 2 Zentimeter lang und besitzen zehn Staubblätter. Die bis zu 10 Zentimeter langen Hülsenfrüchte enthalten jeweils vier bis fünf Samen.[3]

Archäobotanische Untersuchungen der University of Reading, Großbritannien, lassen den Schluss zu, dass Sophora toromiro ursprünglich im Unterholz in den Randbereichen der einst ausgedehnten Palmwälder auf der Osterinsel wuchs.[4]

Die erste schriftliche Erwähnung des Toromiro verdanken wir Georg Forster, der diese Pflanzenart als Teilnehmer der zweiten Südseereise von James Cook (1772 bis 1775) auf der Osterinsel entdeckte:[5]

„Obwohl wir einige Male gerastet hatten, konnten wir schließlich den Gipfel des Hügels erreichen, von dem wir die westliche See und das ankernde Schiff sahen. Der Hügel war mit buschiger Mimosa [Forster hielt den Toromiro für eine Mimose] bedeckt, die hier zu einer Höhe von acht oder neun Fuß wuchs, und einige der Stämme hatten etwa die Dicke eines männlichen Oberarmes.“

Georg Forster

Forster sammelte Pflanzenteile für das Herbarium des British Museum of Natural History, die sich noch heute in dieser Sammlung befinden.

Der französische Entdecker Jean-François de La Pérouse, der 1786 die Osterinsel besuchte, schreibt:[6]

„Hie und da wächst zwar die Mimosa, aber nur in einzelnen dünnen Sträuchern, deren stärkste Zweige nie über drei Zoll im Diameter haben.“

Jean-François de La Pérouse

Der Zahlmeister William Thomson, der 1886 an Bord des amerikanischen Schiffes Mohican die Osterinsel besuchte, berichtete von einer bereits weitgehend zerstörten Flora als Folge des Verbisses von Haustieren:[7]

„An verschiedenen Plätzen . . . fanden wir kleine Ansammlungen von Edwardsia [Thompson verwendet den veralteten Gattungsnamen „Edwardsia“ für den Toromiro], Broussonetia und Hibiscus, aber alle waren tot, all ihre Rinde war von den Schafherden abgebissen worden, die über die ganze Insel streunten. Keiner dieser Bäume war höher als 10 Fuß und der dickste Stamm, den wir fanden, hatte gerade mal 5 Zoll im Durchmesser.“

William Thomson

Der Archäologe Alfred Métraux fotografierte 1935 einen der letzten, zu diesem Zeitpunkt beinahe schon ausgestorbenen Toromiro im unteren Hangbereich des Kraters Rano Kao. Das Schwarz-Weiß-Foto befindet sich heute im Archiv des Musée de l’Homme in Paris. Es zeigt (mit einer hockenden Frau als Vergleichsmaßstab) eine buschig wachsende, noch dicht belaubte Pflanze von etwa zwei Metern Höhe mit mehreren Stämmchen, die eine maximale Dicke von schätzungsweise 20 cm haben.

Der Botaniker Efrain Volovsky sammelte 1953 für den Botanischen Garten der Universität Viña del Mar Herbarbelege und beschreibt die Pflanzenart im Rano Kao – vermutlich dieselbe, die Métraux gesehen hatte – als einen Baum von 3 m Höhe und 25 cm Stammdurchmesser.

Der Legende nach wurde der Toromiro-Baum von Hotu Matua auf die Osterinsel gebracht. Sophora toromiro wurde aber in archäobotanischen Pollenanalysen der Osterinsel bereits vor 35.000 Jahren nachgewiesen, sodass als gesichert gelten kann, dass sich die Pflanze ohne menschlichen Einfluss auf der Osterinsel angesiedelt hat.[8] Ein naher Verwandter des Toromiro, Sophora cassioides (Synonyme: Edwardsia cassioides Phil., Sophora microphylla Ait.), ist heute noch in Chile verbreitet. Die Samen vieler Sophora-Arten überstehen auch einen längeren Aufenthalt im Salzwasser, sodass die natürliche Verbreitung durch Meeresströmungen, ausgehend vom chilenischen Festland, anzunehmen ist.

Das harte und feinporige, mit zunehmender Alterung tiefrot nachdunkelnde Holz wurde in der Osterinsel-Kultur vielfältig genutzt, als Baumaterial, zur Herstellung von häuslichen Gebrauchsartikeln und Waffen, aber überwiegend als Grundmaterial für rituelle Schnitzereien (Moai-Holzfiguren, Rei-Miro, Ao und Rapa sowie Zeremonialstäbe und -keulen). Die intensive menschliche Nutzung trug vermutlich bereits vor der Ankunft der Europäer zum Niedergang der Art bei. Als im 19. und 20. Jahrhundert die Osterinsel für ein britisch-chilenisches Firmenkonsortium intensiv als Viehweide genutzt wurde, erlosch der Bestand vollends, da die von den Europäern eingebrachten Haustiere die Rinde der Bäume und Sträucher abweideten. Thor Heyerdahl brachte bei seiner Osterinsel-Expedition (1955/56) Samen des vermutlich letzten erhaltenen Toromiro-Baumes aus dem Krater des Rano Kau nach Europa (möglicherweise dasselbe Exemplar, das Métraux zwanzig Jahre zuvor fotografiert hatte).[9] Nach Heyerdahls Schilderung war die Pflanze stark geschädigt und fast aller Äste beraubt.

Erhaltung und Vermehrung

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Thor Heyerdahl sandte die im Rano Kao gesammelten sechs oder sieben Samen nach Schweden, wo sie nach einigen Umwegen dem Botanischen Garten in Göteborg übergeben wurden. Erst drei Jahre nach der Ankunft versuchte man daraus Pflanzen zu ziehen. Fünf Samen konnten im folgenden Jahr zum Keimen gebracht werden.[10] Aus Stecklingen wurden weitere Pflanzenexemplare gewonnen, die an andere Botanische Gärten weitergegeben, dort aufgezogen und vermehrt wurden. Lange Zeit befand sich der einzige auf der Osterinsel wachsende Toromiro im Garten des Gouverneurs, welches ein aus dem Botanischen Garten in Viña del Mar importiertes kleines Exemplar war.

Im Botanischen Garten Bonn wurde 1988 ein Exemplar wiederentdeckt, das vermutlich aus dem Bestand von Göteborg aus den Jahren 1972–1975 stammte.[11][12] Die Pflanze ist inzwischen ca. 1,5 m hoch und wurde schon vielfach vermehrt. Im Winter werden die Bäumchen in einem kühlen Gewächshaus bei 10 bis 15 °C gehalten, in der frostfreien Zeit im Freien. Der Toromiro gedeiht am besten in einem kalkarmen, leicht sauren Boden.

1993 wurde die Toromiro Management Group gegründet, deren Ziel es war, Toromiros wieder auf der Osterinsel anzusiedeln. Ihr gehörten die Botanischen Gärten in Bonn, Göteborg und der Kew Garden bei London sowie die chilenische Forstbehörde (CONAF) und weitere Experten an. 1995 wurden 180 Jungpflanzen aus den Botanischen Gärten in Bonn und Göteborg zurückgebracht und der chilenischen Forstbehörde übergeben. Offenbar starben viele der Pflanzen in der Quarantäne an einer Pilzinfektion, doch überlebten mehrere Exemplare, die bislang gut gedeihen.[13] Ob die vollständige Wiederansiedlung jemals gelingen würde, galt wegen der schmalen genetischen Basis als unsicher.[14] Allerdings gibt es inzwischen aufgrund des fortgesetzten Wiederansiedlungsprogramms mehr als 1000 Exemplare des Toromiro auf der Osterinsel, wodurch sein Überleben sehr wahrscheinlich wird.[15]

1990 gelang es der französischen Botanikerin Catherine Orliac an Holzproben aus Göteborg die Zellstruktur des Toromiro mikroskopisch zu identifizieren, sodass nunmehr die Echtheit von Kunstobjekten der Osterinsel zweifelsfrei nachzuweisen ist.[16]

Einzelnachweise

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  1. B. Mackinder, M. Staniforth: Sophora – The History and Taxonomy In: Curtis´s Botanical Magazine, Volume 14, S. 221–226.
  2. Zitat aus: Björn Alden und Georg Ziska: Der Toromiro – eine ausgestorbene Pflanze wird wiederentdeckt In: Natur und Museum, 119 (5), Frankfurt a. M. 1989, S. 147
  3. Carl Skottsberg: Natural History of Juan Fernandez and Easter Island, Uppsala 1922, Band 2, S. 73
  4. Mike Maunder: Sophora Toromiro – Current Conservation Status in Curtis´s Botanical Magazine, Volume 14, S. 226–231
  5. Georg Forster: A voyage round the world in His Britannic Majesty´s sloop Resolution commanded by Capt. James Cook during the years 1772, 1773, 1774 und 1775, London 1777, Volume 1, S. 592
  6. La Perouse´ns Entdeckungsreise in den Jahren 1785, 1786, 1787 und 1788, herausgegeben von M.C.A. Milet Mureau, aus dem Französischen übersetzt von J.R. Forster und E.L. Sprengel, Berlin, 1799
  7. William J. Thomson: Te Pito Te Henua, or Easter Island, by Paymaster William J. Thomson, U. S. Navy, Washington 1891, S. 451
  8. J.R. Flenley und Sarah King: Late Quaternary pollen records from Easter Island, in Nature, Vol. 307, 1984, S. 47–50
  9. Geschichte des Toromiro bis 1995 (en) W. Liller, The Oldest Toromiro in the World (1995) in Rapa Nui Journal, Vol. 9(3), Seiten 65-68
  10. B. Aldén: Le Toromiro, l´arbre des Pascuans fleurit toujours en Suéde, in Nouveau regard sur l’Île de Pâques, Chapitre IX: Histoire de la végétation de l’Île de Pâques, Rapa Nui, 1982, S. 119–120.
  11. Wolfram Lobin: Sophora Toromiro in the Botanical Garden University Bonn, in Courier Forschungsinstitut Senckenberg, Band 125, S. 229 – 231, 1990
  12. Wolfram Lobin & Wilhelm Barthlott: Sophora toromiro (Leguminosae); the lost tree of Easter Islands in Botanic Gardens Conservation News, Band 1 No.3, Seite 32 – 34; 1988
  13. Wiederansiedlung des Tomhohiro laut Botanischer Garten Bonn, abgerufen am 26. März 2017
  14. M.Maunder, A. Cullen, B. Alden, G. Zizka, C. Orliac, W. Lobin, A. Bordeu, J. Ramirez & S. Glissmann-Gough: Conservation of the Toromiro Tree: Case Study in the Management of a Plant Extinct in the Wild in Conservation Biology, Volume 14, No. 5, 2000, Seite 1341–1350.
  15. Stand des Aufzuchtprogramms (de) laut latina-press.com vom 5. Februar 2016, abgerufen am 26. März 2017
  16. Catherine Orliac: Sophora Toromiro, One of the Raw Materials Used by Pascuan Carvers in Courier Forschungsinstitut Senckenberg, Band 125, S. 221–227
Commons: Toromiro (Sophora toromiro) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien