Spinorbündel

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Ein Spinorbündel – auch Spinbündel[1] genannt – ist ein mathematisches Objekt aus der Differentialgeometrie beziehungsweise der globalen Analysis. Es ist eine spezielle Art eines Vektorbündels über einer Mannigfaltigkeit. Spinorbündel können nur für Spin-Mannigfaltigkeiten definiert werden. Dies sind spezielle riemannsche Mannigfaltigkeiten mit einer Spinstruktur auf dem Tangentialbündel. Ob ein Tangentialbündel mit einer Spinstruktur ausgestattet werden kann, kann durch die zweite Stiefel-Whitney-Klasse gemessen werden.

Der Raum der glatten Schnitte eines Spinorbündels wird auch als Raum der Spinoren oder Spinorfelder bezeichnet und dient als eine natürliche Definitionsmenge für den Dirac-Operator.

Das mathematische Teilgebiet, das sich mit Spinorbündeln und Spin-Mannigfaltigkeiten sowie mit verwandten Themen, wie zum Beispiel Dirac-Operatoren und deren Indextheorie beschäftigt, wird als Spin-Geometrie bezeichnet.[2]

Sei eine riemannsche Mannigfaltigkeit und ein orientiertes hermitesches Vektorbündel der Dimension . Mit wird die Spin-Gruppe von bezeichnet. Sie kann als eine zweiblättrige Überlagerung der orthogonalen Gruppe aufgefasst werden. Eine Spinstruktur auf ist ein -Hauptfaserbündel zusammen mit einer zweiblättrigen Überlagerung

des -Hauptfaserbündels , so dass für alle und alle gilt.[3]

Spin-Mannigfaltigkeit

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Eine Spin-Mannigfaltigkeit ist eine orientierbare riemannsche Mannigfaltigkeit, die eine Spinstruktur auf ihrem Tangentialbündel erlaubt.[4]

Da die Stiefel-Whitney-Klasse einer Mannigfaltigkeit definiert ist als die Stiefel-Whitney-Klasse ihres Tangentialbündels ist, bedeutet das, dass eine orientierbare riemannsche Mannigfaltigkeit genau dann eine Spinstruktur zulässt, wenn gilt. Dann werden die verschiedenen Spinstrukturen von den Elementen von bestimmt.[5]

Definition des Spinorbündels

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Sei eine riemannsche Mannigfaltigkeit mit gerader Dimension und einer Spinstruktur auf dem Tangentialbündel , also kurz eine Spin-Mannigfaltigkeit mit gerader Dimension. Sei die Darstellung der komplexen Clifford-Algebra (auch Spinor-Modul genannt). Die -Gruppe hat als Teilmenge von ebenfalls eine Darstellung .

Das Spinorbündel über der Mannigfaltigkeit ist definiert als das assoziierte komplexe Vektorbündel[6]

Hierbei bezeichnet das Faserprodukt von mit über . In diesem konkreten Fall bedeutet dies

für , und .

Verallgemeinerung

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Statt der Spin-Gruppe können ebenso die Spinᶜ-Gruppe und Spinʰ-Gruppe betrachtet werden, welche aus dieser durch Vertwistung entstehen. Auch diese sind von großem Interesse. Etwa ergeben sich aus einer -Struktur zwei komplexe Ebenenbündel, welche gleiches Determinantenbündel und daher auch gleiche erste Chern-Klasse haben. Zusammen bilden diese ein Spinorbündel, dessen beide Teile jeweils negative und positive Chiralität von Spinoren beschreiben. Dadurch kann etwa die Dirac-Gleichung aus der relativistischen Quantenfeldtheorie betrachtet werden. Eine ganz andere Anwendung ergibt sich in der Seiberg-Witten-Theorie, bei welcher -Strukturen allgemeiner zur Untersuchung von 4-Mannigfaltigkeiten dienen können.

Wegen der kanonischen Inklusionen (welche mit den Projektionen auf kompatibel sind) ist jede Spin- eine Spinᶜ-Struktur und jede Spinᶜ- eine Spinʰ-Struktur. Für beide Implikationen gelten die Umkehrungen nicht unbedingt. Im ersten Fall ist der zweite komplexe projektive Raum und im zweiten Fall ist die Wu-Mannigfaltigkeit ein Gegenbeispiel. Da Orientierbarkeit äquivalent zu einer verschwindenden ersten Stiefel-Whitney-Klasse und die Existenz einer Spin-Struktur äquivalent zu einer zusätzlich (zur Orientierbarkeit) verschwindenden zweiten Stiefel-Whitney-Klasse sind, lässt sich auch bei Spinᶜ- und Spinʰ-Strukturen untersuchen, welche charakteristischen Klassen eine Obstruktion darstellen. Im Falle der Spinᶜ-Struktur ist dies eine zusätzlich (zur Orientierbarkeit) verschwindende dritte integrale Stiefel-Whitney-Klasse, welche sich durch Komposition mit dem Bockstein-Homomorphismus ergibt. Im Falle der Spinʰ-Struktur kann keine einzelne Kohomologieklasse über deren Existenz entscheiden, da die Homotopiefaser von kein Eilenberg-MacLane-Raum ist. Ein Teil der Obstruktion ist jedoch eine verschwindende fünfte integrale Stiefel-Whitney-Klasse. Beide Beispiele zeigen, dass auch diese Strukturen weitreichende Verbindungen ausweisen.

  • Thomas Friedrich: Dirac-Operatoren in der Riemannschen Geometrie. Mit einem Ausblick auf die Seiberg-Witten-Theorie. Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1997, ISBN 3-528-06926-0.

Einzelnachweise

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  1. Thomas Friedrich: Dirac-Operatoren in der Riemannschen Geometrie. Mit einem Ausblick auf die Seiberg-Witten-Theorie. Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig, 1997. ISBN 3-528-06926-0, S. 467–468.
  2. spin geometry. In: nlab. Abgerufen am 31. März 2021 (englisch).
  3. H. B. Lawson, M. Michelsohn: Spin Geometry. Princeton University Press, 1989, ISBN 978-0-691-08542-5, S. 80.
  4. H. B. Lawson, M. Michelsohn: Spin Geometry. Princeton University Press, 1989, ISBN 978-0-691-08542-5, S. 96.
  5. H. B. Lawson, M. Michelsohn: Spin Geometry. Princeton University Press, 1989, ISBN 978-0-691-08542-5, S. 96–97.
  6. Nicole Berline, Ezra Getzler, Michèle Vergne: Heat kernels and Dirac operators (= Grundlehren der mathematischen Wissenschaften 298). Berlin u. a. Springer 1992, ISBN 0-387-53340-0, S. 111.