Silber-Raugras
Silber-Raugras | ||||||||||||
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Silber-Raugras (Achnatherum calamagrostis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Achnatherum calamagrostis | ||||||||||||
(L.) P.Beauv. |
Das Silber-Raugras (Achnatherum calamagrostis), auch kurz Raugras genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Achnatherum in der Familie der Süßgräser (Poaceae).
Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vegetative Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Silber-Raugras ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 40 bis 120 Zentimeter erreicht.[1] Sie ist horstbildend.[2] Die Laubblätter sind in Blattscheide und Blattspreite gegliedert. Die geriefte Blattscheide ist glatt und kahl und durch eine auffallende Linie von der Blattspreite abgesetzt.[2] Die Ligula ist ein kragenförmiger, häutiger etwa 0,5 Millimeter langer Saum.[2] Die einfache Blattspreite ist bis 60 Zentimeter lang und bis zu 8 Millimeter breit, flach ausgebreitet, auf der Oberseite und an der Rändern rau, unterseits glatt.[1]
Generative Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Blütezeit reicht vom Juni bis September. Der dichte, rispige Blütenstand ist bei einer Länge von 20 bis 30 Zentimetern sowie einer Breite von 4 bis 6 Zentimetern im Umriss lanzettlich, aufrecht oder etwas nickend.[1] Drei bis sieben Seitenäste gehen in Büscheln von der Hauptachse ab und sind mit mehr als zehn Ährchen besetzt.[1] Die Ährchen sind einblütig, ohne Granne 7 bis 9 Millimeter lang, hellgrün bis strohfarben und glänzend.[2] Die Hüllspelzen sind untereinander fast gleich und 7 bis 9 Millimeter lang. Die nur an den Rändern zottig behaarte Deckspelze ist fünfnervig und 3 bis 4 Millimeter lang, am oberen Ende etwas eingekerbt und zwischen den Seitenlappen begrannt, auf dem Rücken und im obersten Teil rau.[2] Die Granne ist 8 bis 12 Millimeter lang, im unteren Teil sichelförmig gebogen und kahl, aber rau. Die Vorspelze ist 2,5 bis 3 Millimeter lang und zweinervig.[1] Die Staubbeutel sind 2,8 bis 3,3 Millimeter lang und am oberen Ende pinselartig behaart.[1]
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 24, seltener 44.[3]
Unterschiede zu ähnlichen Arten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Silber-Raugras unterscheidet sich von dem ähnlichen Kurzgrannigen Pfriemengras (Achnatherum bromoides (L.) P. Beauv.) durch folgende Merkmale:[1]
- Deckspelze auf dem Rücken kahl, aber an den Rändern mit je einer Längsreihe 3 Millimeter langer abstehender Haare; Blütezeit ist Juni bis September => Achnatherum calamagrostis
- Deckspelze auf dem Rücken dicht behaart, ohne Haarreihe an den Rändern; Blütezeit ist Mai bis August => Achnatherum bromoides.[1]
Ökologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beim Silber-Raugras handelt es sich um einen Hemikryptophyten.[2] Das Silber-Raugras ist ein Schuttstauer und Schuttfestiger.
Vorkommen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Silber-Raugras ist in Mittel- und Südeuropa vor und von Zentralasien bis Sibirien und China weitverbreitet und kommt in Marokko vor.[4] In Mitteleuropa gedeiht es in sonnigen Steinschuttrasen auf trockenen bis mäßig frischen, kalkreichen, humusarmen, zum Teil mergelhaltigen, lockeren, bewegten Feinschutt- oder Felsböden.
Es ist eine Charakterart des Stipetum calamagrostis aus dem Verband Stipion calamagrostis, kommt als Schwemmling auch in Pflanzengesellschaften der Verbands Epilobion fleischeri oder in Felsbandgesellschaften des Verbands Potentillion caulescentis vor.[3]
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt & al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 1+w (trocken aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 5 (basisch), Temperaturzahl T = 3 (montan), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[5]
In Deutschland kommt es nur in den Alpen, im Alpenvorland und im Donaudurchbruchstal der Schwäbischen Alb vor. In den Allgäuer Alpen steigt es in Bayern nahe dem Oytalhaus und beim Gleitweg bis in Höhenlagen von 1280 Metern auf.[6] In Graubünden steigt es bei Creusen und am Tasnatobel bis 1600 Meter und im Kanton Wallis bei Arpette bis 1700 Meter Meereshöhe auf.[1]
Taxonomie und Systematik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Erstveröffentlichung erfolgte 1759 unter dem Namen (Basionym) Agrostis calamagrostis durch Carl von Linné in Systema Naturae ...Editio decima, reformata..., ed. 10, Band 2, S. 872. Die Neukombination zu Achnatherum calamagrostis (L.) P.Beauv. wurde 1812 durch Ambroise Marie François Joseph Palisot de Beauvois in Essai d'une nouvelle agrostographie ... S. 19, tab. 6 fig. 146 veröffentlicht. Weitere Synonyme für Achnatherum calamagrostis (L.) P.Beauv. sind: Stipa calamagrostis (L.) Wahlenb., Lasiogrostis calamagrostis (L.) Link.
Man kann 2 Unterarten unterscheiden:[7]
- Achnatherum calamagrostis (L.) P.Beauv. subsp. calamagrostis: Sie kommt ursprünglich vor in Spanien, Frankreich, Deutschland, in der Schweiz, in Österreich, Italien, Slowenien, Kroatien, Serbien, Kosovo, Albanien, Griechenland, Bulgarien und Rumänien.[7]
- Achnatherum calamagrostis subsp. mesatlasicum (Quézel) Dobignard (Syn.: Calamagrostis argentea subsp. mesatlasica Quézel): Sie kommt in Marokko vor.[7]
Die Gattung Achnatherum umfasst, in breiter Abgrenzung, etwa 20 eurasische, 35 nordamerikanische und eine neuseeländische Art, Verbreitungszentrum der eurasischen Arten ist China. Nach jüngeren Erkenntnissen ist die so umgrenzte Gattung keine monophyletische Einheit. Achnatherum calamagrostis gehört in eine monophyletische Artengruppe, die als Achnatherum Sektion Achnatherum (Syn.: Stipa sect. Lasiagrostis) gefasst wird. Diese ist ausschließlich eurasisch verbreitet.[8]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hans Joachim Conert: Stipa. In: Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Aufl., Band I, Teil 3, Seite 396–426. Verlag Paul Parey, Berlin, Hamburg, 1992, ISBN 3-489-52020-3.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f g h i Hans Joachim Conert: Familie Poaceae. In Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band I, Teil 3, Seite 404–408. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1992. ISBN 3-489-52020-3.
- ↑ a b c d e f Achnatherum calamagrostis (L.) P. Beauv., Silber-Raugras. auf FloraWeb.de
- ↑ a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer, 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 261.
- ↑ Achnatherum calamagrostis. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 25. November 2016.
- ↑ Info Flora. Achnatherum calamagrostis (L.) P. Beauv. Medik. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 3. März 2021.
- ↑ Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 152.
- ↑ a b c B.Valdés & H.Scholz; with contributions from E. von Raab-Straube & G.Parolly (2009+): Poaceae (pro parte majore). Datenblatt Achnatherum calamagrostis In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
- ↑ Konstantin Romaschenko, Paul M. Peterson, Robert J. Soreng, Nuria Garcia-Jacas, Oksana Futorna, Alfonso Susanna (2012): Systematics and evolution of the needle grasses (Poaceae: Pooideae: Stipeae) based on analysis of multiple chloroplast loci, ITS, and lemma micromorphology. Taxon 61 (1): 18–44.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Silber-Raugras. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben).