Thiem & Töwe

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Thiem&Töwe, Einband eines Prospekts 1914
Thiem&Töwe, Einband eines Prospekts 1913

Thiem & Töwe war ein in Halle (Saale) ansässiges Unternehmen, das Apparate zur Erzeugung von Benoidgas zur privaten und städtischen Energieversorgung herstellte. Das Unternehmen befand sich auf dem Grundstück Hordorfer Straße 4 in Halle, dem späteren Sitz des VEB Elektrowaren Halle und der VEB Neontechnik.

Thiem & Töwes, Fabrikantenvilla
Zeitgenössisches Plakat um 1912
Von Thiem & Töwe ausgeführte Anlage in Laage, um 1910
Buchcover von 1909

Das Unternehmen wurde von Walter Thiem und Max Töwe gegründet, die 1903 ein neues Verfahren zur Erzeugung von Benoidgas entwickelten und patentiert bekamen.[1] Die Finanzierung erfolgte maßgeblich über Thiems Vater, den Börsenmakler und Kunstsammler Adolph Thiem, der zu diesem Zweck u. a. das in seinem Eigentum befindliche Gemälde „Man with a Steel Gorget“ von Rembrandt an den US-Amerikaner Benjamin Altman verkaufte, der es später dem Metropolitan Museum of Art schenkte.[2]

1905 hatte das Unternehmen etwa 400 Benoidgas-Maschinen im Einsatz, hauptsächlich für Einzelgebäude. In der Stadt Laage wurde die erste Anlage zur städtischen Versorgung eingerichtet. 70 Hausanschlüsse und 30 Straßenlaternen wurden von zwei Maschinen mit einer stündlichen Gaserzeugungskapazität von 23 m³ versorgt.[3][4]

Im thüringischen Bad Berka wurde Thiem & Töwe 1905 mit der Einrichtung einer Gaszentrale beauftragt, mit der das alleinige Recht zur Erzeugung, Abgabe und Verteilung von Licht und Heizung auf die Dauer von 30 Jahren verbunden war. Die Stadt verpflichtete sich, keine weiteren Licht- und Heizungsanlagen auf städtischem Grund und Boden zu gestatten. Die Zentrale wurde auf dem Eckgrundstück Bachgasse / Harthstraße (heute Bachstraße 1) errichtet und ging am 1. Mai 1906 in Betrieb. Am 16. Mai wurde die mit Benoidgas betriebene Straßenbeleuchtung bestehend aus 48 Straßenlaternen eingeweiht. Bis 1911 wurden 90 private Gasanschlüsse gelegt. Im Zuge der Elektrifizierung kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Thiem & Töwe und der Stadt Bad Berka. Um die 30-jährige Sperrfrist zu umgehen, kaufte die neugegründete Bad Berkaer Gaswerksgesellschaft das Gaswerk für die Stadt zurück, 1923 wurde die Gesellschaft aus wirtschaftlichen Gründen aufgelöst.[5]

Im Jahr 1914 hatte das Unternehmen, inzwischen mit den Inhabern Felix Rabe und Svend Olsen, über 3000 Anlagen in Betrieb, z. B. beim serbischen Kriegsministerium in Sarajevo, in verschiedenen Amtsgerichten im Elsass und in Lothringen, beim kaiserlichen Militärbauamt in Metz und in der Kadettenanstalt in Odessa, Russland. Zu den mehrfachen Auftraggebern gehörte das preußische Ministerium der öffentlichen Arbeiten, insbesondere der Seezeichenausschuss.[6]

Neben Benoidgas-Apparaten stellte das Unternehmen auch Scheidmaschinen (z. B. für Tabak), gasbetriebene Pumpen und Autokühler her. Außerdem wurde die Siebschlagmühle Perplex 1000 entwickelt und hergestellt.[7] Während des Dritten Reichs fertigte ein Nachfolge-Unternehmen Ersatzteile für die Luftwaffe, der Betrieb ging später im VEB Elektrowaren und schließlich im VEB Neontechnik auf.[8] Heute gehört das Fabrikgelände Gabriel Machemer.[8]

  • Einreichdatum: 25. Juli 1906 Patentnummer: R.P.B.N. 150 504. Beschreibung: Carburiervorrichtung Thiem & Töwe. Halle a. Saale[9]
  • Einreichdatum: 20. März 1909 Patentnummer: B. 42123. 4g. 375 464. Beschreibung: Bunsenrohr für Gasglühlichtbrenner mit innen angeordneter Umlaufkammer Thiem & Töwe. Halle a. Saale[10]
  • Einreichdatum: 15. März 1915 Patentnummer: R.P.B.N. 253 414. Beschreibung: Wasserversorgungsanlage mit Druckwindkessel Thiem & Töwe. Halle a. Saale[11]
  • Einreichdatum: 10. Mai 1912 Patentnummer: R.P.B.N. KL 4ь. Nr. 260594. Beschreibung: Gebläsebrenner für arme Gase, besonders für Luftgas. Thiem & Töwe. Halle a. Saale[12]

Gaswerksanlagen

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  • Wasungen in Thüringen (für die Stadtbeleuchtung)[13]
  • Bad Berka (für die Stadtbeleuchtung)

Werbung durch Thiem & Töwe

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„Der Mangel an Gas und Wasser hält manchen davon ab, sich nach Bedarf eine Wirkungs- oder Wohnstätte zu gründen. Außerhalb der Städte ist es um die Gas- und Wasserverhältnisse meistens schlecht bestellt. Das empfinden nicht nur die Privatleute, die abseits vom Lärm der Großstadt sich ansiedeln wollen, sondern auch die Fabriken, Hotels, Sanatorien usw., die ihre Räumem in allen Einrichtungen mit neuzeitlichem Komfort und moderner Hygiene ausstatten müssen. Jedoch kann ihnen allen geholfen werden durch eine moderne Gas- und Wasserversorgungsanlage wie sie die Benoid-Gas- und Wasserapparate der Firma Thiem & Töwe in Halle(Saale) herstellen. Die Anlagen ersetzen die städtische Gas- und Wasserleitung in jedem Falle und ermöglichen sämtliche Bequemlichkeiten, wie Beleuchten, Heizen, Kochen, Braten, Backen und Plätten mit Gas, Badeeinrichtungen, heißes und kaltes Wasser in allen Räumen, Klosettspülung usw. Benoid-Gas- und Wasseranlagen sind nicht nur im Haushalt, sondern auch in Tausenden von Fabriken, Laboratorien und anderen gewerblichen Betrieben zur Beheizung und Wasserversorgung von Maschinen usw. tätig. Die Apparate arbeiten in einer unbeschränkten Anzahl von Flammen. Zapfstellen; sie sind einfach zu installieren und lassen sich allen Verhältnissen bequem anpassen. Prospekte und Kataloge, in denen alles Nähere enthalten ist, versendet die genannte Firma kostenlos.“

Inserat in der Fachzeitschrift Berliner Architekturwelt im Jahr 1913[14]
  • Der Benoid-Gasapparat der Fa. Thiem & Töwe. In: Deutsche Landwirtschaftliche Presse, 33. Jahrgang 1906, ...
  • Zeitschrift für Naturwissenschaften, 1903, Band 76, S. 128 ff.

Einzelnachweise

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  1. Zeitschrift für den physikalischen und chemischen Unterricht, Band 19/20 (1906)
  2. Auf Kunst gebaut. (Memento vom 11. Juli 2015 im Internet Archive) In: Mitteldeutsche Zeitung, 24. Mai 2013
  3. Fühlings landwirtschaftliche Zeitung, 1905, Band 54, S. 701.
  4. Abgerissene Gasbehälter (Gasometer) und Gaswerke in Europa. (Memento des Originals vom 27. November 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gaswerk-augsburg.de gaswerk-augsburg.de; abgerufen am 11. April 2020.
  5. Hella Tänzer: Es war einmal …vor 100 Jahren in Berka. (PDF; 518 kB) In: Amtsblatt der Stadt Bad Berka vom 3. Juni 2006.
  6. Dokumente zur Firma Thiem & Töwe im Bestand des Deutschen Historischen Museums
  7. Hammerschlagmühle Google Books. In: Houben-Weyl Methods of Organic Chemistry. Vol. I/2, 4th Edition. Thieme Verlag, 1959, ISBN 978-3-13-179634-9, S. 22
  8. a b Hallescher Maler mit eigener Insel. In: Mitteldeutsche Zeitung, 24. Mai 2013; abgerufen am 4. Juni 2021
  9. Rudolf Biedermann Julius Springer: Technisch-Chemisches Jahrbuch, Band 27, 1906, S. 684
  10. Patentblatt, herausgegeben von dem Kaiserl. Patentamt, Band 33, Teil 1C. Heymanns Verlag, 1909. S. 826
  11. Wasser und Abwasser: Sammelblatt für Wasserversorgung, Abwasser- und Müllbeseitigung, Boden- und Lufthygiene ..., Band 9 Cover Gebrüder Borntraeger, 1915. S. 301
  12. Chemisches Zentralblatt - Band 2,Teil 1;Band 84, Teil 3. Akademie-Verlag, Berlin 1913, S. 186.
  13. Zeitschrift für Beleuchtungswesen, Heiz and Luftungstechnik, Bände 12/13 1906, S. 243.
  14. Inserat. In: Berliner Architekturwelt. Nr. 12, März 1913 (zlb.de).
  15. Udo Leuschner: Die deutsche Gasversorgung von den Anfangen bis 1998. S. 10.