Chlorprothixen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Taractan)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strukturformel
Strukturformel von Chlorprothixen
Allgemeines
Freiname Chlorprothixen
Andere Namen

(Z)-3-(2-Chlor-9H-thioxanthen-9-yliden)-N,N-dimethylpropan-1-amin (WHO, IUPAC)

Summenformel C18H18ClNS
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 113-59-7
EG-Nummer 204-032-8
ECHA-InfoCard 100.003.666
PubChem 667466
ChemSpider 580848
DrugBank DB01239
Wikidata Q423809
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N05AF03

Wirkstoffklasse

Antipsychotikum, Sedativum

Eigenschaften
Molare Masse 315,86 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

97,5 °C[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301
P: 301+310[2]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Chlorprothixen ist ein niedrigpotentes Antipsychotikum aus der Gruppe der Thioxanthene. Es wird in Form von Tabletten, Lösungen zum Einnehmen oder Injektionen angewendet zur Behandlung von Unruhe- und Erregungszuständen bei speziellen geistig-seelischen Erkrankungen und von Zuständen, die durch krankhaft gehobene Stimmung und Antrieb gekennzeichnet sind. Da Chlorprothixen körperliche Spannungszustände mildern kann, wird es bei chronischen Schmerzen in manchen Fällen als Mittel der zweiten Wahl zusätzlich zu Analgetika verabreicht.

Chlorprothixen wurde 1959 auf dem deutschen Markt unter den Handelsnamen Truxal und Taractan[3] eingeführt. Die anxiolytisch, schlafanstoßend, anticholinerg, antiadrenerg und antiemetisch wirkende Substanz[4] wurde auch als medikamentöse Prämedikation zur (intramuskulären oder oralen[5]) Gabe vor chirurgischen Eingriffen (bei Kindern mit 2 mg/kg Körpergewicht)[6] benutzt.

Chlorprothixen besitzt ein sehr breites Wirkungsspektrum. Es wirkt in erster Linie sedierend, in höheren Dosen antipsychotisch, antiemetisch, lokalanästhetisch, ganglienblockierend, anticholinerg, antiadrenerg und antihistaminisch.[7] Die Wirkung kommt zustande durch die postsynaptische Blockade an Dopamin D1- und D2-, 5-HT2-, Alpha-1, H1- sowie Muskarin-Rezeptoren. Chlorprothixen wirkt zudem als FIASMA (funktioneller Hemmer der sauren Sphingomyelinase).[8]

Mögliche Indikationen sind das agitiert-ängstliche oder depressive Syndrom meist im Rahmen von psychotischen oder bipolaren Störungen. Im Unterschied zu Deutschland besitzt Chlorprothixen in der Schweiz auch eine spezifische und offizielle Indikation für die Behandlung von Angst, Unruhe und Aggressivität bei Alkoholikern und Toxikomanen sowie zur Begleitmedikation bei chronischen Schmerzen.

Chlorprothixen darf nicht angewendet werden bei bekannter Überempfindlichkeit gegen Thioxanthene und bei Zuständen tiefer Bewusstlosigkeit (komatöse Zustände). Beim Vorliegen krankhaft trauriger Verstimmung (endogene Depression) darf Chlorprothixen nur unter besonderer Vorsicht angewendet werden.

Die häufigsten Nebenwirkungen sind periphere vegetative Wirkungen wie anticholinerge Effekte durch die Blockade von Muskarinrezeptoren, beispielsweise Mundtrockenheit, Akkommodationsstörung und Mydriasis mit Gefahr eines Glaukomanfalls, Obstipation, Miktionsbeschwerden mit Gefahr einer Harnsperre, Tachykardie. Bei längerer Therapie nehmen diese Effekte allerdings ab.

Weitere relevante Nebenwirkungen können durch die Blockade peripherer α1-Adrenozeptoren bedingt sein, also Orthostase mit Blutdruckabfall oder reflektorische Tachykardie, oder durch direkt kardiale Wirkung durch chinidinartige Eigenschaften wie Erregungsleitungsstörungen (PQ-/QRS-Verbreiterung).

Zentrale Nebenwirkungen sind Sedierung, Schläfrigkeit, Delir (bei älteren Patienten), Appetitsteigerung, Gewichtszunahme, Schlafstörungen und epileptische Krämpfe bei disponierten Personen. Dyskinesien sind ebenfalls möglich.

Vergiftungserscheinungen sind ähnlich denen einer Atropin-Vergiftung, also bei geringen Dosen Mundtrockenheit, Trockenheit der Haut, leichte Bradykardie.

Bei höheren Dosen kommt es zu Durst, Tachykardie, Mydriasis, Blendungsgefühl, Lichtscheu, bei fortschreitender Vergiftung zu Schluckstörungen (durch Versiegen der Speichelproduktion), Akkommodation ist nicht mehr möglich, Darmatonie, Harnverhalt, Ruhelosigkeit, Verwirrtheit, Halluzinationen, AV-Block.

Im Endstadium steigt die Körpertemperatur als Folge der Hemmung der Schweißsekretion und durch die Störung der zentralen Regulation; die Haut ist heiß, trocken und rot. Schließlich kann die zentrale Erregung in Somnolenz und Atemlähmung übergehen.

Pharmazeutisch-chemische Information

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Salze des Chlorprothixens sind Chlorprothixenacetat,[9] Chlorprothixencitrat[10] und Chlorprothixenhydrochlorid.[11] Das E-Isomer (E)-3-(2-Chlor-9H-thioxanthen-9-yliden)-N,N-dimethylpropan-1-amin[12] kann als Verunreinigung im Chlorprothixenhydrochlorid auftreten.[13]

Monopräparate

  • Taractan (USA), Truxal (CH, AT), sowie Generika (D).

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c Eintrag zu Chlorprothixene in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  2. a b Datenblatt Chlorprothixene hydrochloride bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 22. März 2011 (PDF).
  3. Vgl. etwa B. Pellmont, F. A. Steiner, H. Besendorf, H. P. Bächtold, Eugen Läuppi: Zur Pharmakologie des „Taractan“, eines Neurolepticums mit besonderem Wirkungscharakter. In: Helvetica physiologica et pharmacologica acta Band 18, 1960, S. 241 ff.
  4. Vgl. auch H. Grimmeisen: Erfahrungen mit dem Neuroleptikum Taractan in Anästhesie und klinischer Praxis. In: Münchener Medizinische Wochenschrift. Band 40, 1961, S. 1922 ff.
  5. U. Bauer-Miettinen, R. Horazdovsky: Chlorprothixen als Prämedikation bei Kindern: Orale contra intramuskuläre Verabreichungen. In: Der Anaesthesist. Band 24, 1975, S. 354 ff.
  6. W. K. Hirlinger, W. Dick, H.-H. Mehrkens, M. Lehmann: Vergleichende klinische Untersuchungen zur parenteralen und oralen Prämedikation im Kindesalter unter besonderer Berücksichtigung der Magensaftmenge und Azidität. In: Der Anaesthesist. Band 33, Heft 1, Januar 1984, S. 39–46.
  7. Chlorprothixen. (Memento vom 28. Mai 2014 im Internet Archive) lumrix.de
  8. J Kornhuber, M Muehlbacher, S Trapp, S Pechmann, A Friedl, M Reichel, C Mühle, L Terfloth, T Groemer, G Spitzer, K Liedl, E Gulbins, P Tripal: Identification of novel functional inhibitors of acid sphingomyelinase. In: PLoS ONE. 6. Jahrgang, Nr. 8, 2011, S. e23852, doi:10.1371/journal.pone.0023852.
  9. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Chlorprothixenacetat: CAS-Nr.: 58889-16-0, PubChem: 24892861, ChemSpider: 23346294, Wikidata: Q27281935.
  10. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Chlorprothixencitrat: CAS-Nr.: 861959-57-1, PubChem: 24892862, ChemSpider: 30791766, Wikidata: Q27269202.
  11. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Chlorprothixenhydrochlorid: CAS-Nr.: 6469-93-8, EG-Nr.: 229-289-3, ECHA-InfoCard: 100.026.627, PubChem: 5282478, ChemSpider: 4445622, Wikidata: Q27254072.
  12. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu (E)-Chlorprothixen: CAS-Nr.: 4546-35-4, Wikidata: Q89912079.
  13. European Pharmacopoeia 9.0 (2016), S. 2189.